VwGH 2007/03/0057

VwGH2007/03/005726.4.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des A S in E, vertreten durch DI Mag. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 34, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. Jänner 2007, Zl BMI-VA1900/0171-III/3/07, betreffend Ausstellung eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:

Normen

WaffG 1996 §21 Abs2;
WaffG 1996 §22 Abs2;
WaffG 1996 §21 Abs2;
WaffG 1996 §22 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Devolutionsweg ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Waffenpasses gemäß § 21 Abs 2 in Verbindung mit § 22 Abs 2 des Waffengesetzes 1996, BGBl Nr 12/1997 (WaffG), abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen Folgendes aus:

Der Beschwerdeführer führe als Geschäftsführer eines näher genannten Unternehmens die Inbetriebnahme und das Service von Maschinensteuerungen sowie den Umbau und die Erweiterung bestehender Steuerungen vor Ort durch, wobei seine Tätigkeit das gesamte Bundesgebiet umfasse und sowohl bei Tag als auch bei Nacht durchgeführt werde. In seinem Fahrzeug führe er Werkzeuge, Messgeräte und Ersatzteile mit, die insgesamt einen Wert von bis zu EUR 35.000,-- darstellen könnten. Die mitgeführten Gegenstände könnten nicht am jeweiligen Arbeitsplatz zurückgelassen werden und würden regelmäßig, wenn eine Rückkehr zum Firmenstandort auf Grund der Entfernung nicht möglich sei, über Nacht im Hotelzimmer verwahrt. An den Einsatzorten würde vom Beschwerdeführer zudem das Inkasso vorgenommen und in diesem Zusammenhang Barzahlungen in einem EUR 15.000,-- auch überschreitenden Wert entgegengenommen. Die geschäftlichen Fahrten erfolgten nicht zu gleichbleibenden Zeitpunkten, auch die Fahrtstrecken seien unregelmäßig.

An diese Feststellungen anknüpfend führte die belangte Behörde nach einer Darstellung der maßgebenden Rechtslage aus, dass der Beschwerdeführer eine konkrete Gefährdung, der am zweckmäßigsten durch den Gebrauch einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe entgegengetreten werden könne, nicht glaubhaft gemacht habe. Das Inkasso auch größerer Geldbeträge allein könne keinen Bedarf im Sinne des § 22 Abs 2 WaffG darstellen. Besondere Gefahrenmomente, die über jene hinausgingen, denen jeder am Geschäftsleben teilnehmende Unternehmer ausgesetzt sei, könnten nicht erkannt werden. Der Umstand, dass manche Kunden nicht über ausreichende Liquidität verfügten und ein Misstrauen gegenüber unbekannten Personen sie von Vorauszahlungen abhalte, gelte in gleicher Weise als "Regelfall für die Geschäftswelt im Allgemeinen". Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Gefahr, das Geld und die mitgeführten Gegenstände könnten zwischen Verlassen seines Fahrzeugs und Betreten eines Hotels gestohlen oder geraubt werden, könne etwa durch Verwendung einer Hotelgarage oder "Inanspruchnahme von Hilfeleistungen des Hotelpersonals" minimiert werden. Auch der Transport von Geräten in einem nicht unerheblichen Wert könne keinen Bedarf begründen, zumal die Fahrten zu unterschiedlichen Zeiten und auf unterschiedlichen Strecken durchgeführt würden, sodass sie für Dritte unvorhergesehen seien, weshalb eine besondere Gefahr, einer Beraubung oder einem Diebstahl ausgesetzt zu sein, nicht vorliege. Da die festgestellten Umstände auch nicht einer Bedarfslage nahe kämen, bestehe auch keine Grundlage für eine Ausstellung des Waffenpasses auf Grund einer Ermessensentscheidung gemäß § 21 Abs 2 WaffG.

Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Die im vorliegenden Fall maßgebenden Bestimmungen des Waffengesetzes 1996 (WaffG), BGBl I Nr 12/1997 idF BGBl I Nr 136/2004, lauten:

"Ermessen

§ 10. Bei der Anwendung der in diesem Bundesgesetz enthaltenen Ermessensbestimmungen sind private Rechte und Interessen nur insoweit zu berücksichtigen, als dies ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses, das an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahr besteht, möglich ist.

...

Ausstellung von Waffenbesitzkarte und Waffenpaß

§ 21. ...

(2) Die Behörde hat verläßlichen EWR-Bürgern, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und einen Bedarf zum Führen genehmigungspflichtiger Schußwaffen nachweisen, einen Waffenpaß auszustellen. Die Ausstellung eines Waffenpasses an andere verläßliche Menschen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, liegt im Ermessen der Behörde.

...

Rechtfertigung und Bedarf

§ 22. ...

(2) Ein Bedarf im Sinne des § 21 Abs. 2 ist jedenfalls als gegeben anzunehmen, wenn der Betroffene glaubhaft macht, daß er außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder seiner eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann."

§ 6 der zweiten Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Durchführung des Waffengesetzes (2. WaffV), BGBl II Nr 313/1998, lautet:

"Ermessen bei der Ausstellung von Waffenpässen

§ 6. Das der Behörde in § 21 Abs. 2 Waffengesetz eingeräumte Ermessen darf nur im Rahmen privater Interessen geübt werden, die einem Bedarf (§ 22 Abs. 2 WaffG) nahe kommen."

Ausgehend von dieser Rechtslage ist es allein Sache des Waffenpasswerbers, das Vorliegen eines Bedarfes zum Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen nachzuweisen und im Anwendungsbereich des § 22 Abs 2 WaffG die dort geforderte besondere Gefahrenlage, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann, glaubhaft zu machen. Der Waffenpasswerber hat daher im Verwaltungsverfahren konkret und in substanzieller Weise im Einzelnen darzutun, woraus er für seine Person die geforderte besondere Gefahrenlage ableite, dass diese Gefahr für ihn gleichsam zwangsläufig erwachse und dass es sich hiebei um eine solche qualifizierte Gefahr handle, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden könne. Bloße Vermutungen und Befürchtungen einer möglichen Bedrohung reichen zur Dartuung einer Gefährdung nicht aus, solange sich Verdachtsgründe nicht derart verdichten, dass sich schlüssig eine konkrete Gefährdung ergibt (vgl das hg Erkenntnis vom 29. Jänner 2007, Zl 2005/03/0021, mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in einer Vielzahl von Erkenntnissen dargelegt, dass die Durchführung von Geldtransporten auch in den Abendstunden und selbst das Mitführen sehr hoher Geldbeträge nicht schon an sich eine solche Gefahr darstellt; dies gilt auch für den Transport von Waffen durch einen Waffenhändler (vgl die hg Erkenntnisse vom 1. Juli 2005, Zl 2005/03/0016, und vom 28. März 2006, Zl 2005/03/0038).

Der Beschwerdeführer räumt ein, dass der Transport auch höherer Geldbeträge für sich allein noch keinen Bedarf begründet. Die "Umstände des Einzelfalls" führten aber in ihrer Gesamtheit dazu, dass besondere Gefahren vorlägen. Er verweist dazu darauf, trotz eigenen Interesses an bargeldlosen Zahlungen in vielen Fällen gezwungen zu sein, Bargeldzahlungen unmittelbar vor Beginn der Arbeiten entgegen zu nehmen, weil er seinen Kunden die Art der Zahlung nicht vorschreiben könne bzw ansonsten auf viele Aufträge verzichten müsse. Deshalb müsse er - neben leicht veräußerlichem Gerät im Wert von ca EUR 35.000,-- - auch Bargeld im Rahmen von teilweise weit mehr als EUR 15.000,-- transportieren und teilweise mehrere Tage und Nächte verwahren. Seine Tätigkeit "über das gesamte Bundesgebiet" verhindere einen abendlichen Einwurf von Bargeldbeträgen in den Tresor seiner Bank, die Kundentätigkeit zu den üblichen Banköffnungszeiten eine sofortige Bareinzahlung bei einer Bank. Auch die Verwendung allfälliger Hotelgaragen reduziere die Gefahr, Opfer etwa eines Raubüberfalls zu werden, nicht. Der Hinweis der belangten Behörde, seine Fahrten fänden zu unterschiedlichen Zeiten und auf unterschiedlichen Strecken statt, übersehe, dass es "im Bereich des jeweiligen Kunden sehr wohl bekannt" sei, "wann und wohin" er sich begebe und dass es überdies ein Leichtes sei, seinem Fahrzeug nachzufahren und ihn beispielsweise unterwegs oder beim Aussteigen zu überfallen.

Dieses Vorbringen ist nicht zielführend:

Umstände, wonach es für Dritte leicht zu erkennen wäre, dass er jeweils hohe Geldbeträge und wertvolle Geräte transportiere, hat der Beschwerdeführer nicht vorgebracht.

Auch wenn ihm insoweit gefolgt werden kann, dass die Annahme von Bargeldbeträgen und der Transport wertvoller Geräte in der dargestellten Situation kaum vermieden werden kann und also geradezu "zwangsläufig" erfolgt, hat er damit eine besondere, daraus zwangsläufig resultierende Gefahrensituation nicht dargelegt. Der in der Beschwerde hervorgehobene Umstand, jedenfalls die Kunden des Beschwerdeführers wüssten, "wann und wohin" er sich begebe, ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nicht hinreichend, um daraus eine besondere, Gewaltanwendung befürchten lassende Gefahrenlage für ihn abzuleiten.

Wenn der Beschwerdeführer als Verfahrensmangel rügt, die belangte Behörde habe seine Einvernahme nicht durchgeführt, anhand derer "die vorgebrachten Umstände und insbesondere die Besonderheiten des Einzelfalles erwiesen" worden wären, ist er auf die ständige Rechtsprechung zu verweisen, wonach es allein Sache des Waffenpasswerbers ist, das Vorliegen eines Bedarfes zum Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen nachzuweisen und im Anwendungsbereich des § 22 Abs 2 WaffG die dort geforderte besondere Gefahrenlage, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann, glaubhaft zu machen. Diese qualifizierte Pflicht zur Mitwirkung an der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts erfordert, dass der Beschwerdeführer von sich aus jene Momente dartut, aus denen er das Bestehen der besonderen Gefahrenlage ableitet. Welche konkreten, der Verneinung eines Bedarfes entgegenstehenden Umstände sich aus seiner Einvernahme ergeben hätten, wird vom Beschwerdeführer nicht dargelegt. Die Verfahrensrüge scheitert insoweit schon an den nicht ausreichenden Ausführungen zur Relevanz des behaupteten Verfahrensfehlers.

Schon der Inhalt der Beschwerde lässt somit erkennen, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt. Gemäß § 35 Abs 1 VwGG war die Beschwerde daher ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

Wien, am 26. April 2007

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