VwGH 2005/03/0021

VwGH2005/03/002129.1.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des W K in K, vertreten durch Dipl. Ing. Mag. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 34, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 23. Juli 2004, Zl Wa-66/04, betreffend Ausstellung eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:

Normen

WaffG 1996 §22 Abs2;
WaffG 1996 §22 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Waffenpasses für eine genehmigungspflichtige Schusswaffe gemäß § 21 Abs 2 in Verbindung mit § 22 Abs 2 des Waffengesetzes 1996, BGBl Nr 12/1997 (WaffG), abgewiesen.

Auch wenn der Beschwerdeführer als Beamter des österreichischen Bundesheeres Kenntnisse über Geheimnisse der militärischen Landesverteidigung besitze, begründe diese Eigenschaft als "Geheimnisträger", so die belangte Behörde, mangels einer besonderen Gefahrenlage, der am zweckmäßigsten durch den Einsatz von genehmigungspflichtigen Schusswaffen zu begegnen sei, keinen Bedarf im Sinne des § 22 Abs 2 WaffG. Gleiches gelte für die vom Beschwerdeführer angeführten ausgedehnten Bootsfahrten in einsamen Altgewässern und Nebenarmen der Donau, weil sich auch daraus keine besondere Gefahrenlage ergebe, die sich von jenem Sicherheitsrisiko besonders abhebe, dem jedermann außerhalb seines Wohn- oder Betriebsbereiches ausgesetzt sei. Diese "Fallkonstellation" treffe zudem auf eine Vielzahl von Personen (Wanderer, Camper) zu, die sich oft und für längere Zeit in der Natur aufhielten. Zur Begründung der Ermessensentscheidung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Gründe nicht so schwerwiegend seien, dass sie an einen Bedarf heranreichten, weshalb das öffentliche Interesse an der "Geringhaltung des Führens genehmigungspflichtiger Schusswaffen" das Privatinteresse des Beschwerdeführers überwiege.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im vorliegenden Fall maßgebenden Bestimmungen des Waffengesetzes 1996, BGBl I Nr 12/1997 idF BGBl I Nr 134/2002 (WaffG), lauten:

"Ermessen

§ 10. Bei der Anwendung der in diesem Bundesgesetz enthaltenen Ermessensbestimmungen sind private Rechte und Interessen nur insoweit zu berücksichtigen, als dies ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses, das an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahr besteht, möglich ist.

...

Ausstellung von Waffenbesitzkarte und Waffenpaß

§ 21. ...

(2) Die Behörde hat verläßlichen EWR-Bürgern, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und einen Bedarf zum Führen genehmigungspflichtiger Schußwaffen nachweisen, einen Waffenpaß auszustellen. Die Ausstellung eines Waffenpasses an andere verläßliche Menschen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, liegt im Ermessen der Behörde.

...

Rechtfertigung und Bedarf

§ 22. ...

(2) Ein Bedarf im Sinne des § 21 Abs. 2 ist jedenfalls als gegeben anzunehmen, wenn der Betroffene glaubhaft macht, daß er außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder seiner eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann."

§ 6 der zweiten Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Durchführung des Waffengesetzes, BGBl II Nr 313/1998 (2. WaffV), lautet:

"Ermessen bei der Ausstellung von Waffenpässen

§ 6. Das der Behörde in § 21 Abs. 2 Waffengesetz eingeräumte Ermessen darf nur im Rahmen privater Interessen geübt werden, die einem Bedarf (§ 22 Abs. 2 WaffG) nahe kommen."

Ausgehend von dieser Rechtslage ist es allein Sache des Waffenpasswerbers, das Vorliegen eines Bedarfes zum Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen nachzuweisen und im Anwendungsbereich des § 22 Abs 2 WaffG die dort geforderte besondere Gefahrenlage, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann, glaubhaft zu machen. Der Waffenpasswerber hat daher im Verwaltungsverfahren konkret und in substanzieller Weise im Einzelnen darzutun, woraus er für seine Person die geforderte besondere Gefahrenlage ableite, dass diese Gefahr für ihn gleichsam zwangsläufig erwachse und dass es sich hiebei um eine solche qualifizierte Gefahr handle, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden könne. Bloße Vermutungen und Befürchtungen einer möglichen Bedrohung reichen zur Dartuung einer Gefährdung nicht aus, solange sich Verdachtsgründe nicht derart verdichten, dass sich schlüssig eine konkrete Gefährdung ergibt (vgl das hg Erkenntnis vom 18. Oktober 2005, Zl 2005/03/0066, mwN).

Der Beschwerdeführer verweist zur Dartuung des für ihn besonders bestehenden Sicherheitsrisikos, aus dem er einen Bedarf im Sinne des § 22 Abs 2 WaffG abgeleitet wissen will, zunächst auf den Umstand, dass er "Detailkenntnisse über materielle und personelle Geheimnisse der militärischen Landesverteidigung" besitze. Den Ausführungen der belangten Behörde, diese Kenntnisse begründeten noch keine besondere Gefahrenlage, hält er entgegen, dass Art und Umfang eines allfälligen nachrichtendienstlichen Angriffs weder vorhersehbar noch einschränkbar seien. Unrichtig sei, dass keinem nachrichtendienstlichen Angriff durch das Führen einer Schusswaffe entgegengewirkt werden könne. Die belangte Behörde habe weder Alternativen zur Verteidigung mit einer Schusswaffe aufgezeigt, noch ihre Feststellungen, es seien "keine gravierenden Angriffe gegen Militärpersonen bekannt", näher begründet.

Diesem Vorbringen ist entgegen zu halten, dass es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes allein Sache des Waffenpasswerbers ist, das Vorliegen einer besonderen Gefahrenlage der in § 22 Abs 2 WaffG umschriebenen Art und Intensität glaubhaft zu machen. Dass Situationen, in denen ein Einsatz von Faustfeuerwaffen am zweckmäßigsten erscheinen könnte, nicht auszuschließen sind, kann daher nicht ausreichen. Es war deshalb auch nicht etwa Sache der belangten Behörde, Alternativen der Verteidigung mit einer Schusswaffe aufzuzeigen, solange der Beschwerdeführer nicht einmal das Bestehen einer besonderen Gefahrenlage dargetan hat. Der Verwaltungsgerichtshof erachtet es vorliegend als unbedenklich, dass die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer hervorgehobene "Geheimnisträgerschaft" nicht als hinreichend angesehen hat, um daraus eine besondere, Gewaltanwendung befürchten lassende Gefahrenlage für ihn abzuleiten.

Die vom Beschwerdeführer zusätzlich ins Treffen geführte Tätigkeit als Kurier für den Transport von geheimen Schriftstücken ist ebenfalls nicht geeignet, eine besondere Gefahr im Sinne des § 22 Abs 2 WaffG zu begründen.

Bei einer Tätigkeit als Kurier ist der Beschwerdeführer aber - seinem Vorbringen nach - ohnehin berechtigt, seine Dienstwaffe zu führen. Entgegen seiner Ansicht begründet die fallweise Kuriertätigkeit keine besondere, noch dazu über die eigentliche Tätigkeit als Kurier zeitlich hinausreichende Gefahrenlage. So hat der Verwaltungsgerichtshof schon in einer Vielzahl von Erkenntnissen dargelegt, dass die Durchführung von Geldtransporten auch in den Abendstunden und selbst das Mitführen sehr hoher Geldbeträge nicht schon an sich eine solche Gefahr darstellt; dies gilt auch für den Transport von Waffen durch einen Waffenhändler (vgl das hg Erkenntnis vom 1. Juli 2005, Zl 2005/03/0016); ebenso für das Mitführen von (suchtgifthältigen) Medikamenten in der für Hausbesuche erforderlichen Menge durch eine Ärztin (vgl das hg Erkenntnis vom 18. Juli 2002, Zl 98/20/0563).

Daran gemessen hätte auch das vom Beschwerdeführer hinsichtlich seiner "Kurierdienste" erstattete Vorbringen mangels Darstellung der erforderlichen besonderen Gefahrenlage zu keinem anderen Ergebnis geführt. Somit ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, die Relevanz des gerügten Verfahrensmangels (die belangte Behörde habe diesen Umstand "überhaupt nicht berücksichtigt" und die von ihm beantragte ergänzende Anfrage an das Bundesministerium für Landesverteidigung unterlassen) aufzuzeigen.

Dass auch die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Bootsfahrten - mangels besonderen Sicherheitsrisikos - einen Bedarf im Sinne des § 22 Abs 2 WaffG nicht begründen, wird vom Beschwerdeführer nicht mehr bestritten. Ob aber schon eine Waffenbesitzkarte dazu berechtigt, im "Wohnraum eines Kajütbootes" eine Schusswaffe bei sich zu haben, wie der Beschwerdeführer meint, war im Verfahren über den Antrag auf Ausstellung eines Waffenpasses von der belangten Behörde nicht zu klären.

Da ein Bedarf zum Führen einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe vom Beschwerdeführer aus den angeführten Gründen nicht nachgewiesen werden konnte, hatte die Behörde in ihrer den Antrag auf Ausstellung eines Waffenpasses abweisenden Entscheidung auch darzulegen, weshalb sie nicht gemäß § 21 Abs 2 zweiter Satz WaffG von dem ihr durch diese Bestimmung eingeräumten Ermessen zugunsten des Antragstellers Gebrauch gemacht hat. Bei der im Beschwerdefall gegebenen Sachlage vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, dass die belangte Behörde die Grenzen des ihr eingeräumten Ermessens überschritten und dieses nicht im Sinne des Gesetzes geübt hätte.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl II Nr 333/2003.

Wien, am 29. Jänner 2007

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