VwGH 2006/05/0083

VwGH2006/05/008331.7.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde 1. der Waltraud Gruber in Lilienfeld, 2. der Maureen Monaghan in Wien und

3. des Dr. Heinz Gruber in Sao Paulo, alle vertreten durch Dr. Wolfram Wutzel, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Promenade 6, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 2. März 2006, Zl. RU1-BR-524/001-2006, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: Fried von Neuman Ges.m.b.H. GmbH in Marktl, vertreten durch Dr. Herbert Hofbauer, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Riemerplatz 1), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §1;
AVG §8;
BauO NÖ 1996 §20 Abs1;
BauO NÖ 1996 §23 Abs1;
BauO NÖ 1996 §48 Abs1 Z1;
BauO NÖ 1996 §48 Abs1 Z2;
BauO NÖ 1996 §48 Abs2;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2 Z2;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2;
BauRallg;
GewO 1994 §359b;
GewO 1994 §74 Abs2 Z1;
GewO 1994 §74 Abs2 Z2;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §77 Abs2;
GewO 1994 §77;
ROG NÖ 1976 §16 Abs1 Z4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §1;
AVG §8;
BauO NÖ 1996 §20 Abs1;
BauO NÖ 1996 §23 Abs1;
BauO NÖ 1996 §48 Abs1 Z1;
BauO NÖ 1996 §48 Abs1 Z2;
BauO NÖ 1996 §48 Abs2;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2 Z2;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2;
BauRallg;
GewO 1994 §359b;
GewO 1994 §74 Abs2 Z1;
GewO 1994 §74 Abs2 Z2;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §77 Abs2;
GewO 1994 §77;
ROG NÖ 1976 §16 Abs1 Z4;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Ansuchen vom 15. November 2005 wurde bei der Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld die Erteilung der Baubewilligung für die Erweiterung der Wärmebehandlungshalle der Mitbeteiligten in Richtung Süden sowie für die Umgestaltung der westseitigen Fassade der Wärmebehandlungshalle beantragt. Das Bauvorhaben befindet sich auf einer Liegenschaft mit der Widmungs- und Nutzungsart "Bauland Industrie".

Mit Schreiben vom 15. Dezember 2005 erhoben die Beschwerdeführer als Nachbarn Einwendungen, wobei - soweit hier noch wesentlich - vorgebracht wurde, dass die Ladung für den Lokalaugeschein sowie für die mündliche Verhandlung am 19. Dezember 2005 dem Vertreter der erstbeschwerdeführenden Partei erst am 6. Dezember 2005 zugestellt worden sei, dem Vertreter der drittbeschwerdeführenden Partei erst am 7. Dezember 2005. Diese Vorgangsweise entspreche nicht § 42 Abs. 2 AVG, da zwischen der Zustellung der Ladung und dem Verhandlungstermin lediglich sieben Arbeitstage verblieben seien, weshalb es den Beschwerdeführern nicht möglich gewesen sei, die gesamten Projektunterlagen im Detail zu prüfen. Die Beschwerdeführer seien in ihrem subjektiv öffentlichen Recht auf Schutz vor gesundheitsgefährlichen bzw. das ortsübliche Maß überschreitenden Lärmimmissionen beeinträchtigt worden.

In der Verhandlungsschrift über die bau- und gewerberechtliche Verhandlung vom 19. Dezember 2005 findet sich u. a. ein "Befund und Gutachten" des lärmtechnischen Amtssachverständigen. Mit den Einreichunterlagen sei auch ein schalltechnisches Projekt ausgearbeitet und als Projektbestandteil vorgelegt worden. Laut dem lärmtechnischen Amtssachverständigen reichten diese Unterlagen aus fachlicher Sicht für eine lärmtechnische Beurteilung aus. In einem Vergleich der Bestandsituation mit den künftig zu erwartenden Immissionen führte der Sachverständige aus, dass durch die gegenständlichen Erweiterungen in den untersuchten Nachbarschaftsbereichen (darunter auch jenem der Beschwerdeführer) eine Zunahme der betrieblichen Schallimmissionen in der Größenordnung von 3 bis 5 dB zu erwarten sei. In den Nachtstunden werde bezüglich der Immissionspunkte der Beschwerdeführer eine geringfügige "Erhöhung bzw. Verbesserung von 1dB" prognostiziert. An den untersuchten Nachbarschaftspunkten sei bei plan- und projektgemäßer Realisierung sowie beschreibungsgemäßer Betriebserweiterung grundsätzlich mit keinen Grenzwertüberschreitungen nach den Kriterien der ÖAL-Richtlinie Nr. 3 Blatt 1 bzw. der NÖ Verordnung über die Bestimmung des äquivalenten Dauerschallpegels bei Baulandwidmungen zu rechnen.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld vom 13. Jänner 2006 wurde die beantragte Baubewilligung erteilt.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung. Darin wurden im Wesentlichen dieselben Einwände erhoben wie im Schreiben vom 15. Dezember 2005. Zudem wurde vorgebracht, dass der Bescheid an einem entscheidungserheblichen Verfahrensmangel leide, da der Vertagungsbitte vom 15. Dezember 2005 zu Unrecht nicht entsprochen worden sei.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde diese Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die Ladung 13 Tage vor der Durchführung der Verhandlung als ausreichend angesehen werden könne. Die Beschwerdeführer seien innerhalb dieser Frist auch in der Lage gewesen, einen 24-seitigen Schriftsatz mit Einwendungen einzubringen. Außerdem seien den Beschwerdeführern im Zeitraum von der Bauverhandlung bis zur Einbringung der Berufung ca. sechs weitere Wochen zur Verfügung gestanden, um zu dem vorgelegten Projekt ausführlich Stellung zu nehmen. Selbst wenn man zu der Ansicht käme, dass die 13-tägige Frist nicht ausreichend sei, so sei dies durch Einbringung der Berufungsschrift als saniert anzusehen. Gemäß § 20 Abs. 1 BO sei bei gewerblichen Betriebsanlagen, die einer Genehmigung durch die Gewerbebehörde bedürfen, die Prüfung der Baubehörde nach Z. 6 auf jene Bestimmungen eingeschränkt, deren Regelungsinhalt durch diese Genehmigung nicht erfasst sei. Da das gegenständliche Bauverfahren gleichzeitig mit dem Betriebsanlagengenehmigungsverfahren durchgeführt worden sei, bedeute dies, dass die Prüfung der Anforderungen hinsichtlich mechanischer Festigkeit und Standsicherheit, Brandschutz, Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz, Nutzungssicherheit und Schallschutz zum Aufgabenbereich der Gewerbebehörde gehöre und von dieser zu beurteilen seien. Die Baubehörde habe zu überprüfen, ob ein Bauvorhaben im Rahmen der im Flächenwidmungsplan für das betreffende Baugrundstück festgelegten Widmungsart zulässig sei. Die Errichtung des eingereichten Objekts auf einem Grundstück mit der Widmungs- und Nutzungsart "Bauland Industrie" sei zulässig. Vor der Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld, die gleichzeitig ein gewerbebehördliches Genehmigungsverfahren durchgeführt habe, in welchem der Immissionsschutz berücksichtigt worden sei, sei deshalb eine Prüfung des Immissonsverhaltens der gegenständlichen Anlage im Bauverfahren entfallen. Die Einwendungen hinsichtlich der Lärmimmissionen seien im Berufungsverfahren vom unabhängigen Verwaltungssenat als Gewerbebehörde zweiter Instanz zu beurteilen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer bringen im Wesentlichen vor, dass die Ladung für den Lokalaugenschein sowie die mündliche Verhandlung am 19. Dezember 2005 erst am 6. bzw. am 7. Dezember 2005 zugestellt worden sei. Diese Vorgangsweise entspreche nicht dem AVG, da zwischen Zustellung der Ladung und Verhandlungstermin lediglich sieben Arbeitstage verblieben seien. Den Beschwerdeführern sei somit nicht ausreichend Zeit zur Vorbereitung der Verhandlung zur Verfügung gestanden. Zudem seien sie vom geplanten Projekt zu einem früheren Zeitpunkt nicht verständigt worden. Die Vertagungsbitte der Beschwerdeführer sei daher zu Unrecht verworfen worden. Die belangte Behörde verkenne, dass die Baubehörde eine Prüfpflicht gemäß § 48 Abs. 1 Z. 2 iVm Abs. 2 BO treffe, nämlich ob eine örtlich unzumutbare Belästigung von Menschen durch Emissionen vorliege. Den Baubehörden komme bei gewerblichen Betriebsanlagen im Zusammenhang mit § 23 Abs. 1 iVm § 20 Abs. 1 BO eine Restkompetenz zu. Die örtliche Zumutbarkeit sei nach § 48 Abs. 2 BO nach der für das Baugrundstück im Flächenwidmungsplan festegelegten Widmungsart und der sich daraus ergebenden zulässigen Auswirkung des Bauwerks und dessen Benützung auf einen gesunden, normal empfindenden Menschen zu beurteilen. Eine derartige Prüfung habe die Gewerbebehörde nicht vorzunehmen. Diese habe gemäß § 77 Abs. 2 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) die Zumutbarkeit der Belästigungen auf Grund der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse zu prüfen. Die Lösung der Frage, ob von einer Betriebsanlage ausgehende Emissionen unzumutbare Belästigungen im Sinn des § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1994 bewirkten, hänge nicht von der Widmung des Betriebsstandortes im Flächenwidmungsplan ab. Die belangte Behörde hätte auf die Einwendungen der Beschwerdeführer hinsichtlich der Lärmimmissionen unter dem Gesichtspunkt des § 48 Abs. 1 Z. 2 iVm Abs. 2 BO eingehen müssen.

§ 6 BO LGBl. 8200 lautet auszugsweise:

"(1) In Baubewilligungsverfahren und baupolizeilichen Verfahren nach § 32, § 33 Abs. 2, § 34 Abs. 2 und § 35 haben Parteistellung:

...

3. die Eigentümer der Grundstücke, die an das Baugrundstück angrenzen oder von diesem durch dazwischen liegende Grundflächen mit einer Gesamtbreite bis zu 14 m (z.B. schmale Grundstücke, Verkehrsflächen, Gewässer, Grüngürtel) getrennt sind (Nachbarn), und

...

Nachbarn sind nur dann Parteien, wenn sie durch das Bauwerk und dessen Benützung in den in Abs. 2 erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechten berührt sind. Beteiligte sind alle sonstigen Personen, die in ihren Privatrechten oder in ihren Interessen betroffen werden.

(2) Subjektiv-öffentliche Rechte werden begründet durch jene Bestimmungen dieses Gesetzes, des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, sowie der Durchführungsverordnungen zu diesen Gesetzen, die

...

2. den Schutz vor Immissionen (§ 48), ausgenommen jene, die sich aus der Benützung eines Gebäudes zu Wohnzwecken oder einer Abstellanlage im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß (§ 63) ergeben, gewährleisten und über

..."

§ 20 Abs. 1 BO lautet auszugsweise:

"(1) Die Baubehörde hat bei Anträgen nach § 14 vorerst zu prüfen, ob dem Bauvorhaben

....

6. eine Bestimmung dieses Gesetzes, des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, des NÖ Kleingartengesetzes, LGBl. 8210, oder einer Durchführungsverordnung zu einem dieser Gesetze entgegensteht.

Bei gewerblichen Betriebsanlagen, die einer Genehmigung durch die Gewerbebehörde bedürfen, ist die Prüfung nach Z. 6 auf jene Bestimmungen eingeschränkt, deren Regelungsinhalt durch diese Genehmigung nicht erfaßt ist."

§ 23 Abs. 1 BO lautet:

"(1) Die Baubehörde hat über einen Antrag auf Baubewilligung einen schriftlichen Bescheid zu erlassen.

Eine Baubewilligung ist zu erteilen, wenn kein Widerspruch zu den in § 20 Abs. 1 Z. 1 bis 6 angeführten Bestimmungen besteht.

Bei gewerblichen Betriebsanlagen gilt § 20 Abs. 1, letzter Satz, sinngemäß. Liegt ein Widerspruch vor, ist die Baubewilligung zu versagen.

Die Baubewilligung umfaßt das Recht zur Ausführung des Bauwerks und dessen Benützung nach Fertigstellung, wenn eine Bescheinigung nach § 30 Abs. 2 Z. 3 vorgelegt wird. Wird diese Bescheinigung nicht vorgelegt, darf die Benützung erst nach Überprüfung des Bauwerks durch die Baubehörde, bei der die bewilligungsgemäße Ausführung festgestellt wird, erfolgen. Bei gewerblichen Betriebsanlagen, die einer Genehmigung durch die Gewerbebehörde bedürfen, darf das Recht aus der Baubewilligung für die Anlage erst nach Vorliegen der gewerbebehördlichen Genehmigung ausgeübt werden."

§ 48 BO lautet:

"(1) Emissionen, die von Bauwerken oder deren Benützung ausgehen, dürfen

  1. 1. das Leben oder die Gesundheit von Menschen nicht gefährden;
  2. 2. Menschen durch Lärm, Geruch, Staub, Abgase, Erschütterungen, Blendung oder Spiegelung nicht örtlich unzumutbar belästigen.

(2) Ob Belästigungen örtlich zumutbar sind, ist nach der für das Baugrundstück im Flächenwidmungsplan festgelegten Widmungsart und der sich daraus ergebenden zulässigen Auswirkung des Bauwerks und dessen Benützung auf einen gesunden, normal empfindenden Menschen zu beurteilen."

§ 16 Abs. 1 NÖ ROG 1996 lautet auszugsweise:

"(1) Das Bauland ist entsprechend den örtlichen Gegebenheiten in folgende Widmungsarten zu gliedern:

...

4. Industriegebiete, die für betriebliche Bauwerke bestimmt sind, die wegen ihrer Auswirkungen, ihrer Erscheinungsform oder ihrer räumlichen Ausdehnungen nicht in den anderen Baulandwidmungsarten zulässig sind. Betriebe, die einen Immissionsschutz gegenüber ihrer Umgebung beanspruchen, sind unzulässig.

..."

Verfahrensfehler der Behörde können nur dann zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und lit. c VwGG führen, wenn die Behörde bei ihrer Vermeidung zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, wobei der Beschwerdeführer die Relevanz des Verfahrensverstoßes darzutun, also durch konkretes tatsächliches Vorbringen in der Beschwerde anzuführen hat, zu welchem anderen Ergebnis die belangte Behörde bei Einhaltung der Verwaltungsvorschriften hätte kommen können. Die Beschwerdeführer machen in der Beschwerde nicht geltend, was sie bei einer längeren Vorbereitungszeit zusätzlich vorgebracht hätten, sodass die Behörde dadurch zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Somit zeigen die Beschwerdeführer die Relevanz des von ihnen behauptetet Verfahrensfehlers nicht auf. Schon deshalb führt dieses Vorbringen daher zu keiner Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die Einwendungen hinsichtlich der Immissionen führen die Beschwerde jedoch im Ergebnis zum Erfolg: Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach zur Niederösterreichischen Bauordnung 1996 ausgesprochen hat (vgl. das die auch hier gegenständlichen Liegenschaften betreffende hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2006, Zl. 2004/05/0128), kommt den Baubehörden bei gewerblichen Betriebsanlagen eine "Restkompetenz" zu. Soweit der Regelungsinhalt einer Bestimmung der BO durch die gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung erfasst ist, besteht keine gesetzliche Grundlage für die Baubehörde, die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines Bauvorhabens nach diesen Bestimmungen zu beurteilen. Soweit der Regelungsinhalt baurechtlicher Vorschriften durch die gewerberechtlichen Vorschriften in diesem Sinne hingegen nicht abgedeckt ist, hat die Baubehörde vor Erteilung der Baubewilligung eine entsprechende Prüfung vorzunehmen. Gemäß § 48 Abs. 2 BO ist die im Flächenwidmungsplan festgelegte Widmungsart zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall ist daher die Widmung Bauland Industriegebiet maßgebend, die keinen Immissionsschutz enthält. Wesentlich ist aber auch in diesem Fall, dass § 48 BO eingehalten wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2006, Zl. 2004/05/0006).

Im Hinblick auf § 48 BO bedeutet dies zunächst, dass die Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen (§ 48 Abs. 1 Z 1 BO) von der Baubehörde nicht zu prüfen ist, da diese bereits Prüfgegenstand der Gewerbebehörde im gewerberechtlichen Betriebsanlagenverfahren gemäß § 77 Abs. 1 iVm 74 Abs. 2 Z 1 GewO 1994 ist.

Sehr wohl besteht allerdings die Prüfpflicht der Baubehörde hinsichtlich § 48 Abs. 1 Z 2 iVm Abs. 2 BO, ob eine örtlich unzumutbare Belästigung von Menschen durch Emissionen vorliegt. Die örtliche Zumutbarkeit ist dabei nach § 48 Abs. 2 BO nach der für das Baugrundstück im Flächenwidmungsplan festgelegten Widmungsart und der sich daraus ergebenden zulässigen Auswirkung des Bauwerks und dessen Benützung auf einen gesunden, normal empfindenden Menschen zu beurteilen. Eine derartige Prüfung hat die Gewerbebehörde nämlich nicht vorzunehmen. Diese hat vielmehr gemäß § 77 Abs. 2 GewO 1994 die Zumutbarkeit der Belästigungen auf Grund der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse zu prüfen. Das bedeutet, dass die Gewerbebehörde die bei den Nachbarn nach den - tatsächlichen - örtlichen Verhältnissen zu erwartenden Immissionen aus der zu genehmigenden Betriebsanlage an Hand der - tatsächlich - bestehenden Immissionen jedweder Art, einschließlich jener bereits genehmigter Betriebsanlagen, zu beurteilen hat. Die Lösung der Frage, ob von einer Betriebsanlage ausgehende Emissionen unzumutbare Belästigungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 GewO 1994 bewirken, hängt also nicht von der Widmung des Betriebsanlagenstandortes im Flächenwidmungsplan ab (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. November 2001, Zl. 98/04/0075).

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde zwar nicht festgestellt und lässt es sich auch nicht aus den Verwaltungsakten entnehmen, ob hinsichtlich der gegenständlichen Maßnahmen das gewerbebehördliche Verfahren nach § 359b Gewerbeordnung 1994 durchgeführt wurde. Wie der Verwaltungsgerichtshof aber bereits im hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2004, Zl. 2004/05/0128, ausgesprochen hat, ist selbst dann, wenn kein vereinfachtes Verfahren nach § 359b Gewerbeordnung 1994, sondern ein umfassendes gewerberechtliches Betriebsanlagenverfahren durchgeführt wird, jedenfalls - und zwar auch im Bauland Industriegebiet - von der Baubehörde der Immissionsschutz der Nachbarn nach § 48 Abs. 1 Z 2 BO wahrzunehmen. Diesbezüglich kommt es auf die Immissionsbelastung bereits an der Grundgrenze des Nachbarn an (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2006, Zl. 2004/05/0006).

Eine Beeinträchtigung insbesondere auch durch Lärmimmissionen haben die Beschwerdeführer bereits vor der mündlichen Verhandlung und damit zeitgerecht mit Schreiben vom 15. Dezember 2005 geltend gemacht. Die belangte Behörde hätte auf diese Einwendungen nach den obigen Ausführungen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2006, Zl. 2004/05/0006, und das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom selben Tag, Zl. 2004/05/0128, auf deren Begründungen im Übrigen gemäß § 43 Abs. 2 2. Satz VwGG verwiesen wird) eingehen müssen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 31. Juli 2007

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