VwGH 2005/14/0091

VwGH2005/14/009126.3.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der E GmbH in P, vertreten durch Mag. Erich Guggi, Wirtschaftsprüfer in 9020 Klagenfurt, Paradeisergasse 10, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Klagenfurt, vom 30. Juni 2005, GZ RV/0096-K/02, betreffend Umsatzsteuer 1995 bis 1997, Körperschaftsteuer 1995 bis 1998, Körperschaftsteuervorauszahlungen 1999 und 2000 sowie Kapitalertragsteuer 1995 bis 1997, zu Recht erkannt:

Normen

31967L0228 Umsatzsteuer-RL 02te Art11 Abs4;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art17 Abs6;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te;
61997CJ0305 Royscot VORAB;
BAO §167 Abs2;
EStG 1988 §20 Abs1 Z1;
EStG 1988 §20 Abs1 Z2 lita;
EStG 1988 §20 Abs1 Z3;
EStG 1988 §4 Abs1;
KStG §12 Abs1 Z3;
KStG §7 Abs2;
KStG §8 Abs2;
UStG 1972 §12 Abs2 Z2 lita;
UStG 1994 §1 Abs1 Z2 lita;
UStG 1994 §12 Abs2 Z1;
UStG 1994 §12 Abs2 Z2 lita;
UStG 1994 §12 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
31967L0228 Umsatzsteuer-RL 02te Art11 Abs4;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art17 Abs6;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te;
61997CJ0305 Royscot VORAB;
BAO §167 Abs2;
EStG 1988 §20 Abs1 Z1;
EStG 1988 §20 Abs1 Z2 lita;
EStG 1988 §20 Abs1 Z3;
EStG 1988 §4 Abs1;
KStG §12 Abs1 Z3;
KStG §7 Abs2;
KStG §8 Abs2;
UStG 1972 §12 Abs2 Z2 lita;
UStG 1994 §1 Abs1 Z2 lita;
UStG 1994 §12 Abs2 Z1;
UStG 1994 §12 Abs2 Z2 lita;
UStG 1994 §12 Abs2;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Gesellschafter der beschwerdeführenden GmbH war die E-KG. Deren Kommanditist mit einem Anteil von DM 500.000,-- war Karl G, deren Komplementärin mit einem Anteil von DM 1.000,-- die K-GmbH. Die Beteiligung des Karl G an der Beschwerdeführerin betrug sohin mittelbar ca. 99 %. Karl G war auch Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, der K-GmbH und der E-KG. Die C-AG hatte sich an der Beschwerdeführerin mit einer Einlage von 5 Mio. S als stille Gesellschafterin beteiligt.

Laut Gesellschaftsvertrag ist Geschäftsgegenstand der Beschwerdeführerin der An- und Verkauf von Grundstücken zum Zwecke eigener Verwertung und Benutzung sowie die Beteiligung an Fremdenverkehrsbetrieben und -einrichtungen, deren Ausstattung und "Management".

Die Beschwerdeführerin erwarb im Jahr 1980 das 5.164 m2 große bebaute Grundstück R-Straße 31 und 33, welches unmittelbar an einem bekannten See in Österreich liegt. Das rechteckige Grundstück ist 160 m lang und 30 bis 35 m breit. Mit der südlichen Breitseite grenzt es an den See. An der nördlichen Breitseite grenzt das Grundstück an die R-Straße. An der Nordgrenze liegt das Nebengebäude (Pförtnerhaus) R-Straße 33 mit einer Wohnfläche von rund 55 m2. In der Mitte des Grundstückes befindet sich der Bungalow R-Straße 31, welcher eine Nutzfläche von 614,2 m2 aufweist. Im Süden des Bungalows liegt unmittelbar anschließend eine Terrasse, daran schließt sich eine Gartenanlage an. An der Südgrenze der Liegenschaft liegt direkt am See ein Bootshaus aus Holz mit einem Badesteig samt Plattform. Vom Eingangstor an der Nordseite der Liegenschaft bis zum Bungalow führt ein asphaltierter Zufahrtsweg. Auf der nördlichen Seite des Bungalows ist eine Garage integrierter Bestandteil des Gebäudes. Die restlichen Flächen der Liegenschaft sind Rasen- und Gartenflächen mit Bäumen und Ziersträuchern. Bis zum 31. Dezember 1994 sind an Anschaffungs- und Herstellungskosten für die Liegenschaft S 22.719.884,82 angefallen.

Seit Mai 1980 vermietet die Beschwerdeführerin den Großteil des Bungalows und der restlichen Liegenschaft an den Geschäftsführer Karl G und dessen Gattin zum Zwecke der privaten Nutzung um den Mietzins von S 20.000,-- pro Monat. Seit 1993 beträgt der Mietzins S 25.000,-- pro Monat plus Umsatzsteuer. Folgende Nutzungsmöglichkeiten sind dem Geschäftsführer und seiner Ehefrau im Vertrag eingeräumt: Nutzung je eines Schlafzimmers mit Bad oder Dusche (möbliert), Mitbenutzung der Halle und der Wohnräume im Parterre, Benützung des Gartens, des Bootshauses, der Küche und des Hallenbades (das Hallenbad ist allerdings seit 1980 nicht in Funktion). Im Preis inbegriffen sind die Kosten für Heizung, Strom und Wasser sowie die Reinigung und Instandhaltung des gesamten Objektes.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde im Instanzenzug Umsatzsteuer 1995 bis 1997, Körperschaftssteuer 1995 bis 1998, Körperschaftsteuervorauszahlungen für 1999 und 2000 sowie Kapitalertragsteuer (Haftung) für 1995 bis 1997 festgesetzt. In der Bescheidbegründung wird ausgeführt, es sei strittig, ob die entgeltliche Überlassung eines Großteiles der Liegenschaft an Karl G und dessen Ehefrau aus der Sicht der Beschwerdeführerin betrieblich veranlasst gewesen sei und ob (bzw. in welchem Ausmaß) die Liegenschaft Betriebsvermögen der Beschwerdeführerin darstelle, weiters ob (bzw. in welchem Ausmaß) die im Zusammenhang mit den Gebäuden angefallenen Vorsteuern abzugsfähig seien und ob die Miete, die der Geschäftsführer und seine Ehefrau zahlten, fremdüblich sei oder zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führe.

Es sei nicht strittig, dass ein geringer Teil des Bungalows den betrieblichen Zwecken der Beschwerdeführerin diene. Es handelt sich dabei um folgende Nutzungen:

"(21.) Zwar setzt Artikel 17 Absatz 6 der Sechsten Richtlinie - wie Royscot, Harrison und Domecq betonen - voraus, dass die Ausschlüsse, die die Mitgliedstaaten nach dieser Bestimmung beibehalten dürfen, nach der Zweiten Richtlinie, die der Sechsten Richtlinie vorausging, rechtmäßig waren.

(22.) Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass Artikel 11 der Zweiten Richtlinie, der in Absatz 1 das Recht auf Vorsteuerabzug begründete, in Absatz 4 vorsah, dass die Mitgliedstaaten bestimmte Gegenstände und Dienstleistungen vom Vorsteuerabzug ausschließen können.

(23.) Aus dem klaren und eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich, dass die Mitgliedstaaten berechtigt waren, selbst Ausgaben mit streng geschäftlichem Charakter vom Recht auf Vorsteuerabzug auszuschließen. Aus dem zweiten Halbsatz von

Artikel 11 Absatz 4 der Zweiten Richtlinie, nach dem die Ausschlüsse insbesondere Gegenstände und Dienstleistungen betreffen können, die ganz oder teilweise für den privaten Bedarf verwendet werden können, lässt sich nämlich nicht schließen, dass die Mitgliedstaaten nur Ausgaben für derartige Gegenstände und Dienstleistungen ausschließen durften. Im Gegenteil hat der Gesetzgeber durch die Verwendung des Begriffes 'insbesondere' klar zum Ausdruck gebracht, dass er die zulässigen Ausschlüsse nicht auf Ausgaben für Gegenstände und Dienstleistungen beschränken wollte, die für den privaten Bedarf verwendet werden können.

(24.) Allerdings räumte Artikel 11 Absatz 4 der Zweiten Richtlinie, wie Royscot, Harrison und Domecq betonen, den Mitgliedstaaten kein uneingeschränktes Ermessen ein, alle oder praktisch alle Gegenstände und Dienstleistungen vom Vorsteuerabzug auszuschließen und auf diese Weise die Regelung in Artikel 11 Absatz 1 der Richtlinie gegenstandslos zu machen.

(25.) Das Vereinigte Königreich hat jedoch nicht mit dem Ausschluss bestimmter Gegenstände wie Kraftfahrzeuge vom Vorsteuerabzug das allgemeine System des Vorsteuerabzugs beeinträchtigt, sondern lediglich von der in Artikel 11 Absatz 4 der Zweiten Richtlinie enthaltenen Berechtigung Gebrauch gemacht. Dies gilt um so mehr, als es sich bei den Fahrzeugen um Gegenstände handelt, die ihrer Natur nach ganz oder teilweise für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen oder seines Personals verwendet werden können. "

Der EuGH legt sohin bei Auslegung des Art 17 Abs 6 der Sechsten MwSt-Richtlinie das Verständnis des Art 11 Abs 4 der - in Österreich nicht in Geltung gestandenen - Zweiten MwSt-Richtlinie zu Grunde. Nach Art 11 Abs 4 der Zweiten MwSt-Richtlinie konnten die Mitgliedstaaten "bestimmte Gegenstände und Dienstleistungen" vom Vorsteuerabzug ausschließen (Rn 22 des Urteils Royscot ua).

Im Urteil Royscot u.a. hat der EuGH eine Regelung, wie sie im Vereinigten Königreich bestanden hat und nach der beim Erwerb von Kfz der Vorsteuerabzug ausgeschlossen war (im Wesentlichen mit der Ausnahme des Erwerbes ungebrauchter Kfz zum Zwecke des Weiterverkaufs) geprüft. In Rn 25 betont der EuGH, dass eine solche Regelung durch Art 11 Abs 4 der Zweiten MwSt-Richtlinie gedeckt gewesen sei. "Dies gilt um so mehr, als es sich bei den Fahrzeugen um Gegenstände handelt, die ihrer Natur nach ganz oder teilweise für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen oder seines Personals verwendet werden können."

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes stellen jedenfalls Wohnräume (für den privaten Wohnbedarf gestaltetes Wohnhaus, Villa, Bungalow, Eigentumswohnung) "bestimmte Gegenstände" iSd Rn 22 des Urteil Royscot u.a. dar. Auch der Umstand, dass "bestimmte Gegenstände" unter bestimmten Voraussetzungen zum Vorsteuerabzug berechtigten, hat der EuGH im Urteil Royscot u.a. nicht als für die Anwendbarkeit des Art 11 Abs 4 der Zweiten MwSt-Richtlinie schädlich angesehen.

Der auf der Bestimmung des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 beruhende Ausschluss des Vorsteuerabzuges für Aufwendungen für die Lebensführung hat im Zeitpunkt des Inkrafttretens der sechsten MwSt-Richtlinie 77/388/EWG in Österreich zum 1. Jänner 1995 bereits (unverändert) bestanden (vgl § 12 Abs 2 Z 2 lit a UStG 1972), sodass Österreich berechtigt war, diese Vorsteuerausschlussregelung beizubehalten (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. Februar 2007, 2006/14/0020, und vom 28. Oktober 2004, 2001/15/0028). Dies gilt entsprechend für die Stammfassung des § 12 Abs 2 Z 1 UStG 1994 (vgl das hg Erkenntnis vom 22. Dezember 2004, 2001/15/0141).

Es ist sohin nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid den Vorsteuerabzug nur hinsichtlich eines Teiles des Gebäudes gewährt hat.

Für bestimmte Garteneinrichtungen hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid den Vorsteuerabzug gewährt und die private Nutzung durch den Geschäftsführer der Beschwerdeführerin als Eigenverbrauch iSd § 1 Abs 1 Z 2 lit a UStG 1994 in der Stammfassung erfasst.

Werden Leistungen dem Gesellschafter aus gesellschaftsrechtlichen Gründen zu einem unangemessen niedrigen Entgelt überlassen, so liegt insgesamt eine Leistung zu unternehmensfremden Zwecken vor, nämlich zur Vorteilszuwendung an den Gesellschafter (vgl Ruppe, UStG3, § 1 Tz 399). Solcherart ist die Beschwerdeführerin durch die Besteuerung des Eigenverbrauchs nicht in ihren Rechten verletzt worden.

In Bezug auf die Körperschaftsteuervorauszahlungen enthält die Beschwerde kein eigenständiges Vorbringen.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 26. März 2007

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