VwGH 2005/04/0185

VwGH2005/04/018528.3.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Papst, über die Beschwerde des FS in E, vertreten durch Dr. Georg Huber, Rechtsanwalt in 6332 Kufstein, Josef-Egger-Straße 8, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 21. Juni 2005, IIa-60.007/25-03, betreffend gewerbliche Betriebsanlage (Mitbeteiligte: 1. MH,

2. SH, 3. EH, 4. SH, 5. KU, 6. Mag. SG, 7. Mag. AG, 8. BB, 9. BS und 10. AS, alle in E), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §39 Abs2;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §77;
GewO 1994 §79 Abs1;
GewO 1994 §79 Abs2;
GewO 1994 §81 Abs1;
GewO 1994 §81;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
AVG §39 Abs2;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §77;
GewO 1994 §79 Abs1;
GewO 1994 §79 Abs2;
GewO 1994 §81 Abs1;
GewO 1994 §81;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol (LH) vom 21. Juni 2005 wurde dem Beschwerdeführer die gewerbebehördliche Genehmigung zur Änderung seines bestehenden Sägewerks gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 erteilt und zusätzliche Auflagen gemäß § 79 Abs. 1 GewO 1994 vorgeschrieben, wobei in Abänderung des erstinstanzlichen Genehmigungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Kufstein (BH) vom 5. Mai 2003 unter anderem die vorliegend bekämpfte Auflage unter Spruchpunkt II. 1. vorgeschrieben wurde:

"Der betriebliche Verkehr (Beladungstätigkeiten, Radlader, Stapler etc.) und auch der Betriebsverkehr auf dem Gemeindeweg werden auf eine Betriebszeit wochentags (Montag bis Freitag) von 06.00 bis 17.00 Uhr eingeschränkt und ist auch eine Stunde Mittagspause von 12.00 bis 13.00 Uhr einzuhalten."

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer betreibe an einem näher bezeichneten Standort ein bereits seit Jahrzehnten bestehendes Sägewerk, wofür zuletzt mit Bescheid vom 4. September 1997 eine Betriebsanlagenänderungsgenehmigung erteilt worden sei.

Nach der Aktenlage wurde mit diesem Bescheid die Änderung des Sägewerkes unter anderem "durch Einführung eines Zweischichtbetriebes" unter Vorschreibung näher bezeichneter Auflagen gemäß § 74 Abs. 2 und § 81 GewO 1994 sowie gemäß § 93 Abs. 2 ASchG genehmigt und als "allgemeine Betriebszeiten" Montag bis Freitag von 06.00 bis 21.00 Uhr und Samstag von 07.00 bis 14.30 Uhr bewilligt.

Die belangte Behörde führte weiters aus, der Beschwerdeführer habe mit Schreiben vom 16. September 2001 die gewerbebehördliche Genehmigung der Änderung der gegenständlichen Betriebsanlage beantragt und darin ausgeführt, das Sägewerk sei durch einen Brand vollständig zerstört worden und solle nunmehr weitgehend "baugleich" errichtet werden. Zusätzlich würden weitere Gebäude angebaut bzw. errichtet werden (Hackgut- und Sägespänebox, Schärfraum, Ersatzteillager, Garage), weiters gelange auf dem Betriebsgelände eine Rundholzanlage zur Aufstellung und zum Betrieb. Die bestehende und gewerbebehördlich genehmigte Sortierhalle sei vom Brandfall nur gering berührt worden und werde unverändert betrieben.

Betreffend die von der Beschwerde bekämpfte Einschränkung der Betriebszeit führte die belangte Behörde begründend aus, der medizinische Amtssachverständige habe in erster Instanz (mit Gutachten vom 25. April 2002) ausgeführt, durch den gegenständlichen Betrieb - insbesonders die Kapazitätserweiterung -

seien trotz teilweiser Verbesserungen Belästigungen der Anrainer zu erwarten, deren Wirkung nicht nur als Summation der Einzeleffekte zu sehen sei, sondern zu einer Aufschaukelung (Potenzierung) führe. Aus diesem Grund sei aus medizinischer Sicht eine Beschränkung der Betriebszeit - zumindest der Arbeiten außerhalb der Sägehalle - auf die Tageszeit mit Mittagspause von mindestens einer Stunde zu fordern.

Hiezu habe der Beschwerdeführer bei der Erstbehörde (am 6. Mai 2002) vorgebracht, er sei betreffend die Rundholzsortieranlage, bei der es sich um einen neuen Anlagenteil handle, mit Betriebszeiten von Montag bis Freitag 07.00 bis 12.00 Uhr und 13.00 bis 18.00 Uhr einverstanden. Mit den früheren Bescheiden bzw. mit dem letzten Bescheid sei eine Betriebszeit von Montag bis Freitag 06.00 bis 21.00 Uhr durchgehend und am Samstag 07.00 bis 14.30 Uhr durchgehend erteilt worden. Er könne sich diesbezüglich damit einverstanden erklären, dass am Samstag nur vormittags, und zwar von 07.00 bis 12.00 Uhr gearbeitet werde. Betreffend die übrigen Tage müsse er aus betrieblichen Gründen leider darauf bestehen, dass die Betriebszeit nicht eingeschränkt werde. Auch eine Mittagspause sei vom Betriebsablauf her nicht möglich.

Mit Schreiben vom 22. Mai 2002 habe der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers ergänzend ausgeführt, hinsichtlich der Sortieranlage sei dieser bereit, gewisse Einschränkungen wegen der Dauer des Betriebs hinzunehmen. Hinsichtlich des Sägewerks selbst könne sich der Beschwerdeführer zeitlich nicht weiter einschränken lassen.

Darauf hin habe der medizinische Amtssachverständige (am 20. Jänner 2003) ergänzend ausgeführt, insgesamt handle es sich bei der Betriebsanlagenänderung um eine Erweiterung der gesamten Anlage. Trotz teilweiser Verbesserung hinsichtlich der Emissionen durch den Betrieb seien weiterhin Belästigungen der Nachbarn möglich. Wenn diese auch voraussichtlich im bisherigen Ausmaß blieben bzw. teilweise sogar reduziert würden, so sei aus medizinischer Sicht doch zu fordern, dass die Betriebszeiten zumindest für Tätigkeiten im Freien auf die Tageszeit (mit Mittagspause von einer Stunde) beschränkt blieben. Auf Grund des besonderen Erholungs- und Ruhebedarfs der Nachbarn besonders am Wochenende sollte der gesamte Betrieb an Samstagen nur bis 12.00 Uhr genehmigt werden. Ergänzend habe er (am 31. Jänner 2003) ausgeführt, die Forderung, dass Tätigkeiten im Freien auf die Tageszeit beschränkt werden sollen, bedürfe einer zeitlichen Eingrenzung. Um das Ausmaß von Belästigungen durch Lärm bei den nächsten Nachbarn herabzusetzen, solle die geplante Rundholzanlage nur bis 17.00 Uhr und unter Einhaltung von einer Stunde Mittagspause betrieben werden. In der Mittagszeit und nach 17.00 Uhr sei üblicher Weise ein erhöhter Erholungs- und Ruhebedarf auch bei gesunden und normal empfindenden Menschen anzunehmen. Eine abschließende Beurteilung der Lärmimmissionen bzw. dadurch bedingter Belästigungen der nächsten Nachbarn durch den Betrieb der Rundholzaufgabe an der Sägehalle könne aus medizinischer Sicht erst nach Durchführung der vorgeschriebenen lärmdämmenden Maßnahmen erfolgen. Gemäß den lärmtechnischen Berechnungen und der Beurteilung des gewerbetechnischen Sachverständigen solle es bei planmäßiger Ausführung der Lärmschutzmaßnahmen, wie bereits im Gutachten vom 20.01.2003 ausgeführt, zu einer derartigen Schallreduzierung kommen, dass das ursprüngliche Ausmaß der Lärmemissionen durch die Holzaufgabe nicht überschritten werde. Demnach wären auch keine zusätzlichen Betriebseinschränkungen vorzuschreiben.

Daraufhin habe der Beschwerdeführer bei der Erstbehörde vorgebracht, sein Antrag, der ursprünglich auf eine Betriebszeit von 07.00 bis 12.00 Uhr und 13.00 bis 18.00 Uhr gelautet habe, werde auf Grund der Stellungnahme des medizinischen Amtssachverständigen dahingehend eingeschränkt, dass die Rundholzanlage nur bis 17.30 Uhr betrieben werde und die Mittagspause von 11.30 bis 13.30 Uhr dauere. Zum Thema 'Einschränkung der Betriebszeit am Samstag' habe er erklärt, die Betriebszeit für die geänderte Säge solle am Samstag von 07.00 bis 12.00 Uhr betragen. Unter Betriebszeit in diesem Sinn sei der Betrieb der Maschinen (Gatter, Rundholzanlage, Rundholzaufgabe etc.) zu verstehen. Grundsätzlich werde danach getrachtet, dass auch die Holzanlieferungen innerhalb der Betriebszeit erfolgten, wobei es fallweise vorkommen könne, dass Anlieferungen auch außerhalb der Betriebszeit erfolgen müssten. Es bestehe auch Einvernehmen darüber, dass außerhalb der Betriebszeiten keine Reinigungsarbeiten durchgeführt werden. In diesem Sinne dürfe also die eingeschränkte Betriebszeit am Samstag als Teil des Antrags gewertet werden.

Im Verfahren vor der belangten Behörde habe der lärmtechnische Sachverständige mit Gutachten vom 10. Dezember 2004 ausgeführt, zusammenfassend habe sich durch die Betriebsanlagenänderung gegenüber den vorliegenden Messergebnissen keine wesentliche Veränderung ergeben. Zwar sei durch die neu errichtete Sägeanlage mit einer Steigerung der Kapazität zu rechnen und es werde sich dadurch auch der betriebliche Verkehr erhöhen, doch stelle dies zur obigen Aussage, dass sich messtechnisch keine wesentliche Veränderung ergeben habe, keinen Widerspruch dar, da bereits bei den ursprünglichen Lärmmessungen von den ungünstigen Betriebszuständen ausgegangen worden sei.

Der medizinische Amtssachverständige habe im Verfahren vor der belangten Behörde mit Gutachten vom 23. Februar 2005 ausgeführt, wesentlich für die Lärmbelästigungen bei den Nachbarn seien Lärmimmissionen durch den betrieblichen Verkehr. Durch die neu errichtete Sägeanlage werde sich nicht nur eine Steigerung der Leistung der Säge, sondern auch des betrieblichen Verkehrs ergeben. Dazu falle im lärmtechnischen Gutachten auf, dass vor allem die Schallpegelspitzen bei betrieblichem Verkehr, wie Beladungsvorgänge von LKW (teils mit Hänger) bzw. von Traktoren - vorwiegend mit Hackschnitzel und Sägemehl - und Staplerfahrten auf dem Gemeindeweg, als laute Schallpegelspitzen bei den unmittelbaren Nachbarn in nordöstlicher Richtung "imponierten". So seien 77 dB(A) für LKW-Abfahrten, 78 dB(A) für Staplerfahrten auf dem Gemeindeweg und für den Radlader 68-78 dB(A) gemessen worden. Durch diese Lärmspitzen bzw. (teils impulshaltigen) Lärmimmissionen komme es zu einer unwillkürlichen Zuwendung der betroffenen Nachbarn zur Lärmquelle. Dies insbesondere, weil der Betrieb im unmittelbaren 'Blickfeld' der Anrainer liege. Wenn diese häufiger aufträten - was auch während des Betriebsablaufes zu erwarten sei - stiegen die Belästigungsreaktionen stark an. Bei längerer Dauer komme es auch zu vegetativen Auswirkungen wie Blutdruckveränderungen, Ausschüttung von Stresshormonen usw. mit gesundheitlichen Auswirkungen. Dies gelte besonders für Tageszeiten mit erhöhtem Ruheanspruch (ab 17:00 Uhr). Aus medizinischer Sicht werde daher - unabhängig davon, ob es sich dabei um genehmigte Betriebsbereiche handle - gefordert, dass der betriebliche Verkehr (Beladungstätigkeiten, Radlader, Stapler etc.) und auch der Betriebsverkehr auf dem Gemeindeweg auf eine Betriebszeit wochentags (Montag bis Freitag) von 06:00 bis 17:00 Uhr eingeschränkt und eine Stunde Mittagspause von 12:00 bis 13:00 Uhr eingehalten werde.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde zu Spruchpunkt II. 1. aus, nach dem lärmtechnischen Gutachtens ergebe sich auf Basis der erfolgten Messungen durch die geänderte Betriebsanlage lärmtechnisch keine Veränderung. In dem darauf aufbauenden amtsärztlichen Gutachten werde darauf hingewiesen, dass zwar grundsätzlich durch die Lärmschutzmaßnahmen bei der an der östlichen Betriebsseite situierten Rundholzaufgabe keine Erhöhung der Lärmsituation durch diesen Betriebsteil zu erwarten sei, jedoch Lärmimmissionen durch den betrieblichen Verkehr vorlägen. Es sei daher im Spruch der betriebliche Verkehr auf eine Betriebszeit wochentags von 06.00 bis 17.00 Uhr unter Einhaltung einer Mittagspause einzuschränken gewesen.

Auf Grund der fachlich fundierten, eingehend begründeten, schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des gewerbetechnischen und medizinischen Amtssachverständigen habe die belangte Behörde keine Zweifel, sich den Argumenten in den Gutachten anzuschließen und sei davon auszugehen, dass bei Einhaltung der vom medizinischen Sachverständigen neu festgelegten Betriebszeiten eine Belästigung bzw. Gesundheitsgefährdung auszuschließen sei. Die Beweiskraft eines Sachverständigengutachtens könne - sofern es nicht mit den Denkgesetzen und den Erfahrungen des täglichen Lebens im Widerspruch stehe - nur durch das Gutachten eines anderen Sachverständigen, das dem Gutachten auf gleichem fachlichen Niveau entgegentrete, erschüttert werden. Ein solches Gegengutachten sei auch im Rahmen des Berufungsverfahrens nicht vorgelegt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligten Parteien - eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer wendet sich in seiner Beschwerde alleine gegen die Vorschreibung der Auflage in Spruchpunkt II. 1. des angefochtenen Bescheides, mit der die Betriebszeit für "betrieblichen Verkehr" bzw. für "Betriebsverkehr auf dem Gemeindeweg" eingeschränkt wurde und erachtet sich dadurch in seinem Recht verletzt, "dass die zu Recht bestehenden Betriebszeiten eingeschränkt wurden" und er "auf Grund der unverhältnismäßigen Einschränkung der Betriebszeiten seine wirtschaftlichen Tätigkeiten nicht mehr vollständig wie bisher entfalten kann".

Er bringt hiezu im Wesentlichen vor, ihm seien mit Bescheid der BH vom 4. September 1997 Betriebszeiten von "Montag bis Freitag 06.00 Uhr bis 21.00 Uhr" sowie "Samstag 07.00 Uhr bis

14.30 Uhr" genehmigt worden.

Im vorliegenden Verfahren sei mit Bescheid der Erstbehörde vom 5. Mai 2003 die Genehmigung "nur unter der kleinen Einschränkung der Betriebszeit" erteilt worden. Im Berufungsverfahren vor der belangten Behörde vertrete nun der medizinische Amtssachverständige die Auffassung, dass die Betriebszeiten "vollkommen eingeschränkt werden sollten".

Der Beschwerdeführer habe "sämtliche Tätigkeiten gesetzt", um eine Verbesserung der bisherigen Situation erreichen zu können. So habe er sich bereit erklärt, die Betriebszeiten am Samstag von

14.30 auf nunmehr 12.00 Uhr einzuschränken. Zu der darüber hinaus gehenden Einschränkung der Betriebszeiten führe die belangte Behörde lediglich aus, sie stütze sich auf die Ausführung der Sachverständigen, um eine Belästigung bzw. Gesundheitsgefährdung auszuschließen. Sie verkenne aber, dass - wie der Beschwerdeführer ausdrücklich im Verwaltungsverfahren dargelegt habe - die im Bescheid der Erstbehörde vom 4. September 1997 genehmigten Betriebszeiten nicht eingeschränkt werden dürften. Diese genehmigten Betriebszeiten erlaubten es dem Beschwerdeführer, "bei Engpässen bzw. wenn außernatürlich Aufträge einlangen", diese termingerecht zu erledigen.

Durch die neuerrichtete Sägeanlage fänden im Vergleich zur bisher genehmigten Betriebsanlage keine Kapazitäts- und Arbeitserhöhung statt. Trotz Reduzierung der Immissionen sollten nach Ansicht des medizinischen Amtssachverständigen die Betriebszeiten eingeschränkt werden, wobei er noch im erstinstanzlichen Verfahren vorgeschlagen habe, an Samstagen nur bis 12.00 Uhr zu arbeiten und die Rundholzsortieranlage bei Einhaltung einer einstündigen Mittagspause nur bis 17.00 Uhr zu betreiben. Im Berufungsverfahren habe der medizinische Amtssachverständige die Ansicht vertreten, dass die Betriebszeiten bei Tageszeiten mit erhöhtem Ruhensanspruch nunmehr vollkommen eingeschränkt werden sollten. Weshalb die belangte Behörde nunmehr die Betriebszeiten mittels Auflage "in extremer Weise" einschränke, sei nicht nachvollziehbar. Das Sägewerk werde schon mehrere Jahrzehnte betrieben und sei somit vor den nunmehrigen Anwohnern vorhanden gewesen. Eine Belästigung von Personen, die erst im Nachhinein neben eine Betriebsanlage gezogen seien, müsse in Kauf genommen werden, sodass diese keinen Schutz gegen einen nicht gesundheitsgefährdenden Lärm verlangen könnten. Die Behörde hatte daher prüfen müssen, welche Nachbarn wann ein- und zugezogen wären.

Nach Ansicht des gewerbetechnischen Amtssachverständigen bildeten Zu- und Abfahrten das Hauptausmaß des Geräuschpegels und daher hätte die belangte Behörde die durchschnittliche Anzahl der Zu- und Abfahrten pro Tag feststellen müssen. Ansonsten bestünden aber keine Feststellungen über die Auswirkungen des sonstigen Sägebetriebs, da Lärmspitzen auch durch die Benützung der Verbindungsstraße durch Anrainer und andere Verkehrsteilnehmer entstünden. Die gemessenen Immissionen würden von bereits genehmigten Unternehmensteilen verursacht, sodass die darauf bezogene Einschränkung der Betriebszeiten im Vergleich zu neu zu errichtenden Betriebsanlagen einer strengeren Prüfung zu unterziehen sei.

Dem Beschwerdeführer sei mit Bescheid vom 4. September 1997 eine wöchentliche Betriebszeit von 67,5 Stunden bewilligt worden, die mit dem angefochtenen Bescheid um nahezu ein Drittel auf lediglich 45 Stunden beschränkt worden sei. Diese Einschränkung sei nicht verhältnismäßig und stelle eine Wesensänderung des bewilligten Sägewerks dar. Die Arbeitsabläufe und das Unternehmen würden so weit eingeschränkt, dass die auflaufenden Arbeiten nicht mehr erledigt werden könnten. Dies stelle eine massive Einschränkung des Gewerbebetriebes des Beschwerdeführers dar, sodass ein wirtschaftlicher Betrieb des Sägewerks nicht mehr möglich sei. Die Finanzierung des Sägewerks sei auf die ursprünglichen Betriebszeiten und damit auch auf das zu bearbeitende Auftragsvolumen abgestimmt, weshalb die Ratenzahlungen an die Bank nicht mehr getilgt werden könnten und das Unternehmen nach einiger Zeit zugesperrt werden müsse. Durch die Einschränkung der Betriebszeiten sei der derzeitige Personalstand von sechzehn Personen zu hoch, sodass die Hälfte gekündigt werden müsse. Als gelindere Mittel wäre eine zeitliche Beschränkung der LKW-Beladungsvorgänge und eine Festlegung einer gewissen Anzahl von monatlichen Ausnahmegenehmigungen jedenfalls ausreichend gewesen. Auch wäre es möglich, die Betriebszeiten für den LKW-Verkehr zu splitten und nur die Beladezeit von Holzstämmen, nicht jedoch jene von Bretterpaketen zu beschränken, zumal diese Beladungen an verschiedenen Punkten im Sägewerk vorgenommen würden. Die belangte Behörde hätte überprüfen müssen, inwieweit eine Ausschöpfung der Betriebszeiten tatsächlich erfolge und ob statt der Einschränkung der Betriebszeiten mit weiteren baulichen Maßnahmen, wie zB mit einer Lärmschutzwand, das Auslagen hätte gefunden werden können.

Auch widerspreche die in Spruchpunkt II. 1. vorgeschriebene Auflage dem Konkretisierungsgebot und sei daher wegen fehlender Bestimmtheit unzulässig, da unklar sei, ob und hinsichtlich welcher Komponenten sich "betrieblicher Verkehr" von "Betriebsverkehr" unterscheide. Fraglich sei, ob mit betrieblichem Verkehr Beladungstätigkeiten mit dem eigenen LKW oder auch jene von Kunden gemeint seien. Abgesehen davon könne die belangte Behörde keine Auflagen dahingehend erteilen, ob ein ordnungsgemäß zugelassenes Fahrzeug auf einem Gemeindeweg fahren dürfe. Auch könne das Verhalten von Kunden und von anderen betriebsfremden Personen außerhalb der gewerblichen Betriebsanlage der Betriebsanlage nicht mehr zugerechnet werden. Offen sei, ob ansonsten das Sägewerk (z.B. das Sägegatter, der Späneförderer und die Hackgutförderungseinrichtungen) betrieben werden könne.

2. Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 leg. cit. umschriebenen Interessen erforderlich ist. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

Die Genehmigungsvoraussetzungen nach § 81 GewO 1994 sind keine anderen als jene, an die das Gesetz im § 77 die Errichtung und den Betrieb einer Anlage knüpft (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. April 2005, Zl. 2000/04/0067, mwN).

Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist die Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a ) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

Gemäß § 79 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn sich nach Genehmigung der Anlage ergibt, dass die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind, die nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen (§ 77 Abs. 1) vorzuschreiben; die Auflagen haben gegebenenfalls auch die zur Erreichung dieses Schutzes erforderliche Beseitigung eingetretener Folgen von Auswirkungen der Anlage zu umfassen; die Behörde hat festzulegen, dass bestimmte Auflagen erst nach Ablauf einer angemessenen, höchstens drei Jahre, in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen (zB bei Betriebsübernahmen) höchstens fünf Jahre, betragenden Frist eingehalten werden müssen, wenn der Inhaber der Betriebsanlage nachweist, dass ihm (zB wegen der mit der Übernahme des Betriebes verbundenen Kosten) die Einhaltung dieser Auflagen erst innerhalb dieser Frist wirtschaftlich zumutbar ist, und gegen die Fristeinräumung keine Bedenken vom Standpunkt des Schutzes der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen bestehen. Die Behörde hat solche Auflagen nicht vorzuschreiben, wenn sie unverhältnismäßig sind, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Auflagen verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit den Auflagen angestrebten Erfolg steht. Dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und die technischen Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen.

Nach Abs. 2 leg. cit. sind zu Gunsten von Personen, die erst nach Genehmigung der Betriebsanlage Nachbarn im Sinne des § 75 Abs. 2 und 3 geworden sind, Auflagen im Sinne des Abs. 1 nur so weit vorzuschreiben, als diese zur Vermeidung einer Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit dieser Personen notwendig sind. Auflagen im Sinne des Abs. 1 zur Vermeidung einer über die unmittelbare Nachbarschaft hinausreichenden beträchtlichen Belastung durch Luftschadstoffe, Lärm oder gefährliche Abfälle sind, sofern sie nicht unter den ersten Satz fallen, zu Gunsten solcher Personen nur dann vorzuschreiben, wenn diese Auflagen im Sinne des Abs. 1 verhältnismäßig sind.

Nach Abs. 3 leg. cit. hat die Behörde dem Inhaber der Anlage mit Bescheid aufzutragen, zur Erreichung des hinreichenden Interessenschutzes und der Begrenzung der Emissionen von Luftschadstoffen nach dem Stand der Technik innerhalb einer dem hiefür erforderlichen Zeitaufwand angemessenen Frist ein Sanierungskonzept für die Anlage zur Genehmigung vorzulegen, wenn der hinreichende Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen nach Abs. 1 oder 2 nur durch die Vorschreibung solcher anderer oder zusätzlicher Auflagen erreicht werden könnte, durch die die genehmigte Betriebsanlage in ihrem Wesen verändert würde; für dieses Sanierungskonzept ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Abs. 1) maßgebend. Im Bescheid, mit dem die Sanierung genehmigt wird, hat die Behörde, erforderlichenfalls unter Vorschreibung bestimmter Auflagen, eine dem Zeitaufwand für die vorgesehenen Sanierungsmaßnahmen entsprechende Frist zur Durchführung der Sanierung festzulegen. § 81 Abs. 1 ist auf diese Sanierung nicht anzuwenden.

Daher ist - nach dem Zweck des § 79 GewO 1994 - ein Auftrag zur Vorlage eines Sanierungskonzeptes für jenen Fall vorgesehen, in dem der Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 leg. cit. wahrzunehmenden Interessen Maßnahmen erfordert, die dem Betriebsinhaber als Auflagen gemäß § 79 Abs. 1 leg. cit. nicht vorgeschrieben werden dürfen, weil sie die genehmigte Betriebsanlage in ihrem Wesen veränderten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 2006, Zl. 2004/04/0206, mwN).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf eine Betriebsanlage durch Auflagen nur so weit modifiziert werden, dass die Betriebsanlage ihrem "Wesen nach" unberührt bleibt. Die Auflagenvorschreibung hat sich - abgesehen von einem ausdrücklich erklärten Willensakt des Genehmigungswerbers (als Ausfluss seiner Antragslegitimation) - daher in dem der Behörde solcherart zugewiesenen Kompetenzbereich zu halten. Demnach besteht weder in einem Verfahren nach § 79 Abs. 1 und 2 GewO 1994 (ungeachtet der Amtswegigkeit eines solchen Verfahrens) noch in einem Verfahren nach § 81 GewO 1994 eine Ermächtigung der Behörde, den genannten Kompetenzbereich bei der nachträglichen Vorschreibung einer Auflage zu überschreiten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 12. November 1996, Zl. 94/04/0266, mwN).

3. Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde die von der Beschwerde bekämpfte Auflage in Spruchpunkt II.1. des angefochtenen Bescheides nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Spruches "gemäß § 79 Abs. 1 GewO" vorgeschrieben, weil durch die vom Beschwerdeführer beantragten Änderungen die bereits von der bestehenden Anlage ausgehenden Lärmemissionen nicht erhöht würden. Sie hat den angefochtenen Bescheid daher auf die Auffassung gestützt, diese Auflagen beträfen nicht Auswirkungen der gemäß § 81 leg. cit. beantragten Änderung der Betriebsanlage und könnten daher nicht gemäß § 81 Abs. 1 iVm § 77 Abs. 1 GewO 1994 vorgeschrieben werden (vgl. zum Gegenstand eines Verfahrens nach § 81 Abs. 1 GewO 1994 die bei Grabler/Stolzlechner/Wendl, Gewerbeordnung2 (2003), 656f, Rz. 11f, wiedergegebene hg. Rechtsprechung), sondern wären im Hinblick auf die bereits von der genehmigten Anlage ausgehenden Emissionen nach § 79 Abs. 1 GewO 1994 vorzuschreiben.

Die Zulässigkeit dieser Auflage hat die belangte Behörde mit den eingeholten, insbesondere dem medizinischen Amtssachverständigengutachten im Hinblick auf die gesundheitlichen Auswirkungen der bestehenden Lärmemissionen begründet, ohne sich mit der Frage zu befassen, ob diese Auflage das Wesen der genehmigten Betriebsanlage verändern würde. Nach den Umständen des Beschwerdefalles hätte es jedoch im Hinblick auf § 79 Abs. 3 GewO 1994 solcher Auseinandersetzungen bedurft, weil der Beschwerdeführer im Verfahren mehrfach auf die bereits mit Bescheid der BH vom 4. September 1997 genehmigten Betriebszeiten hingewiesen hat, mit dem unter anderem die "Einführung eines Zweischichtbetriebes" genehmigt worden ist.

Eine Auflage, mit welcher der Betrieb der vorliegenden Betriebsanlage derart beschränkt würde, dass der genehmigte Zweischichtbetrieb nicht mehr aufrechterhalten werden könnte, sondern der Betrieb (wie der Beschwerdeführer vorbringt) nur mehr mit dem halben Personalstand und solcherart in einer Schicht erfolgen könnte, würde in die Substanz des verliehenen Rechts und damit in das Wesen der genehmigten Betriebsanlage eingreifen (vgl. hiezu allgemein das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2004, Zl. 2003/04/0094, mwN, sowie auch die bei Grabler/Stolzlechner/Wendl, aaO, 620, Rz 12 wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Davon ausgehend hätte es entsprechender Feststellungen bedurft, ob die mit der vorliegenden Auflage vorgeschriebene Einschränkung des betrieblichen Verkehrs vor dem Hintergrund des bereits bestehenden Konsenses dazu führen würde, dass der genehmigte Zweischichtbetrieb (wie vom Beschwerdeführer vorgebracht) nicht mehr aufrechterhalten werden könnte.

In diesem Zusammenhang wird sich die belangte Behörde - schon im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer als auch von den mitbeteiligten Parteien (als verhältnismäßigere bzw. einzig zielführende Maßnahme) angeführte Lärmschutzwand - auch mit der Frage der Erforderlichkeit der vorgeschriebenen Auflage auseinander zu setzen haben (vgl. hiezu die bei Grabler/Stolzlechner/Wendl, aaO, 619, Rz 10 zu § 79, sowie 563, Rz 13 zu § 77, wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Schon aus den dargestellten Gründen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

4. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 28. März 2007

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