Normen
ARB1/80 Art14;
ARB1/80 Art7;
FrG 1997 §31 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z8;
VwGG §42 Abs2 Z1;
ARB1/80 Art14;
ARB1/80 Art7;
FrG 1997 §31 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z8;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z 8 iVm den §§ 37 bis 39 des (bis 31. Dezember 2005 in Geltung gestandenen) Fremdengesetzes 1997 - FrG ein auf sechs Jahre befristetes Aufenthaltsverbot.
Zur Begründung dieser Maßnahme verwies sie darauf, dass der Beschwerdeführer am 31. Jänner 2004 in einem näher genannten türkischen Lokal von Organen des Zollamtes Feldkirch angetroffen worden sei, als er eine Tätigkeit als Croupier ausgeübt habe, obwohl er über keine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung verfüge.
Zu den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers führte die belangte Behörde aus, dass dieser erstmals am 11. September 1989 nach Österreich gezogen sei und in der Folge vom 11. Dezember 1989 bis 30. April 2001 mit näher genannten kurzfristigen Unterbrechungen über Aufenthaltstitel verfügt habe. Die Gültigkeit seiner Niederlassungsbewilligung und seines Befreiungsscheines habe am 30. April 2001 geendet. Ebenfalls sei er Ende April 2001 letztmalig unselbständig beschäftigt gewesen. "Auf Grund der vorig angeführten Umstände (insbesondere Ausscheiden aus dem Arbeitsmarkt im April 2001) hat der Fremde auch allfällige Rechte aus dem Assoziationsratsbeschluss verwirkt." Von 2001 bis zu seiner Betretung im Jänner 2004 schienen keine Vormerkungen über den Fremden mehr auf; er habe behauptet, dass er in dieser Zeit größtenteils in Österreich gewesen wäre, habe jedoch keinen Nachweis für einen durchgehenden Aufenthalt erbringen können. Seine Frau lebe in der Türkei.
Aus diesem Sachverhalt schloss die belangte Behörde auf die Verwirklichung des Tatbestandes des § 36 Abs. 2 Z 8 FrG und auf eine Gefährdungsannahme im Sinn des § 36 Abs. 1 FrG. Bei der Interessenabwägung nach § 37 FrG gelangte sie zu einer Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes mit der Begründung, dass die Ausübung von "Schwarzarbeit" im öffentlichen Interesse unterbunden werden müsse und der Beschwerdeführer in den letzten Jahren nicht durchgehend in Österreich aufhältig gewesen sei und dessen Ehefrau in der Türkei lebe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:
Die belangte Behörde ging davon aus, dass der Beschwerdeführer im Jahr 1989, somit im Alter von 16 Jahren, in Österreich eingereist sei und in der Folge Aufenthaltstitel erhalten habe. Aus dem Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass es sich dabei um Sichtvermerke handelte und dem Beschwerdeführer der Familiennachzug zu seinem (damals) hier lebenden Vater bewilligt wurde. Dieser hat nämlich mit dem im Verwaltungsakt erliegenden Antrag vom 2. Oktober 1989 die Ausstellung einer Aufenthaltsbewilligung an seinen Sohn begehrt, "damit er gemeinsam mit mir in meiner Wohnung bleiben kann". Gemäß diesem Antrag wohne der Vater seit über 17 Jahren in Österreich und sei bei einer namentlich genannten Firma beschäftigt.
Art. 7 des Beschlusses des - durch das Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei errichteten - Assoziationsrates vom 19. September 1980, Nr. 1/80, über die Entwicklung der Assoziation (ARB) lautet:
"Die Familienangehörigen eines dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehörenden türkischen Arbeitnehmers, die die Genehmigung erhalten haben, zu ihm zu ziehen,
- haben vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs das Recht, sich auf jedes Stellenangebot zu bewerben, wenn sie dort seit mindestens drei Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben;
- haben freien Zugang zu jeder von ihnen gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis, wenn sie dort seit mindestens fünf Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben."
Dieses in Art. 7 ARB festgehaltene Recht, sich auf jedes Stellenangebot zu bewerben, enthält notwendigerweise die Anerkennung eines Aufenthaltsrechtes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. August 2000, Zl. 96/21/0653). Durch die Ausstellung der Sichtvermerke hat der Beschwerdeführer im Sinn des Art. 7 ARB die Genehmigung erhalten, zu seinem Vater - der dem Antrag zufolge dem österreichischen Arbeitsmarkt angehörte - zu ziehen (vgl. auch dazu das zitierte Erkenntnis Zl. 96/21/0653).
Dass der Beschwerdeführer Rechte aus dem ARB erlangt haben könnte, wird im angefochtenen Bescheid von der belangten Behörde - wie oben zitiert - nicht in Abrede gestellt. Sie unterlag jedoch einem Rechtsirrtum mit ihrer Ansicht, dass der Beschwerdeführer durch das Ausscheiden aus dem Arbeitsmarkt im April 2001 das Recht aus Art. 7 ARB verwirkt habe. Eine Berechtigung aus Art. 7 ARB kann nämlich nur entweder durch eine Maßnahme nach Art. 14 ARB oder durch eine Abwesenheit über einen nicht unerheblichen Zeitraum ohne berechtigte Gründe verloren gehen (vgl. dazu näher das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2006, Zl. 2002/21/0130, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des EuGH; auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen).
Infolge ihrer unrichtigen Ansicht, dass das dem Beschwerdeführer aus Art. 7 ARB zukommende Recht allein durch ein Ausscheiden aus dem Arbeitsmarkt verloren gehen könnte, hat die belangte Behörde Feststellungen unterlassen, ob der Beschwerdeführer Österreich über einen nicht unerheblichen Zeitraum ohne berechtigte Gründe verlassen hat. Nur in einem solchen Fall wäre die Annahme gerechtfertigt, dass der Beschwerdeführer (nach Wiedereinreise) als nunmehr nicht mehr nach Art. 7 ARB Berechtigter eine Beschäftigung ohne die erforderliche arbeitsmarktrechtliche Bewilligung ausgeübt habe. Andernfalls stünden im Übrigen auch die Überlegungen aus dem hg. Erkenntnis vom 8. September 2005, Zlen. 2005/21/0113, 0114, der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides entgegen.
Wegen des aus einem Rechtsirrtum resultierenden Verfahrensmangels war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 22. November 2007
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