VwGH 2004/13/0050

VwGH2004/13/005019.9.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Pelant, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde der F-GmbH (als Rechtsnachfolgerin der E-GmbH und diese als Rechtsnachfolgerin der A-GmbH) in W, vertreten durch Ernst & Young, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft m.b.H. in 1220 Wien, Wagramer Straße 19, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 28. Jänner 2004, GZ. RV/0142- W/02, betreffend u.a. Körperschaftsteuer 1994, zu Recht erkannt:

Normen

EStG §4;
EStG §6;
KStG §12 Abs2;
EStG §4;
EStG §6;
KStG §12 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird in seinem Abspruch über die Körperschaftsteuer 1994 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.088 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In ihrer Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 1994 machte die A-GmbH, deren Rechtsnachfolgerin die beschwerdeführende GmbH ist, eine Teilwertabschreibung ihrer Beteiligung an der D-GmbH in Höhe von 19,420.001 S geltend.

Mit dem angefochtenen Bescheid setzte die belangte Behörde die Körperschaftsteuer für das Jahr 1994 im Instanzenzug ohne Berücksichtigung der beantragten Teilwertabschreibung fest.

Begründend ist dem angefochtenen Bescheid zu entnehmen, dass die A-GmbH ihre im Jahr 1992 erworbene Beteiligung an der D-GmbH schon im Jahr 1992 um 1 Mio. S teilwertberichtigt und in der Bilanz zum 31. Dezember 1992 unter der Position "Finanzanlagen" mit einem Betrag von 27,903.926 S ausgewiesen habe. Im Jahr 1993 habe die A-GmbH eine weitere außerplanmäßige Abschreibung in Höhe von 27,903.925 S vorgenommen, sodass der Buchwert der Beteiligung an der D-GmbH zum 31. Dezember 1993 nur mehr 1 S betragen habe. Im Jahr 1994 habe die C-GmbH (die Muttergesellschaft der A-GmbH) der D-GmbH einen indirekten Gesellschafterzuschuss in Höhe von 76,510.000 S gewährt.

Der Ansatz der Beteiligung an der D-GmbH habe sich laut Darstellung der A-GmbH zum 31. Dezember 1994 somit wie folgt dargestellt:

Handelsrechtlicher Beteiligungsansatz zum 31.12.1994

1 S

Zuzüglich mittelbarer Zuschuss seitens der C-GmbH

76,510.000 S

Steuerrechtlicher Beteiligungsansatz vor Teilwertabschreibung

76,510.001 S

Teilwertabschreibung für 1994 - 19,420.001 S

Steuerrechtlicher Beteiligungsansatz zum 31.12.1994

57,090.000 S

Die Beschwerdeführerin habe die strittige Teilwertabschreibung damit begründet, dass der Teilwert einer Beteiligung, für die kein Kurswert bestehe, in der Regel durch eine Unternehmensbewertung nach wissenschaftlich anerkannten Methoden zu ermitteln sei, und die Ansicht vertreten, dass im Beschwerdefall dem Umstand besonders Rechnung zu tragen sei, dass es sich um eine Beteiligung an einer Leasingprojektgesellschaft handle. Der Wert einer solchen Leasinggesellschaft leite sich von den abgeschlossenen Leasingverträgen bzw. von den daraus zu erwartenden Zahlungsströmen und den damit verbundenen Finanzierungskosten ab. Die Beschwerdeführerin habe betont, dass sich die gegenständliche Teilwertabschreibung auf eine zahlungsstromorientierte Ermittlung der Barwerte der Zahlungen aus den Leasingverträgen stütze und es sich dabei um eine der anerkannten Verfahren zur Unternehmensbewertung nach dem Fachgutachten KFS BW 1 der Kammer der Wirtschaftstreuhänder handle, und dazu nähere Ausführungen erstattet.

Werde von einer nur mittelbar beteiligten Großmuttergesellschaft unmittelbar an die Enkelgesellschaft ein Zuschuss zur Sanierung gewährt, sei ertragsteuerlich - unabhängig vom Zahlungsfluss - von einer steuerneutralen Doppeleinlage im Sinne des § 8 Abs. 1 KStG 1988 der zuwendenden Großmutter in die Muttergesellschaft als Zwischengesellschaft und der Mutter in die Tochtergesellschaft auszugehen. Der Großmutterzuschuss erhöhe steuerrechtlich somit zwingend sowohl auf Ebene der zuwendenden Großmutter als auch auf jener der Zwischengesellschaft den Beteiligungsansatz an der jeweiligen Tochtergesellschaft. Korrespondierend lägen auf der Ebene der Zwischengesellschaft und der Enkelgesellschaft Einlagenerhöhungen vor. Unabhängig von der handelsrechtlichen Vorgangsweise (diesbezüglich werde von der herrschenden Lehre ein Aktivierungswahlrecht angenommen), komme es steuerlich zu einem steuerneutralen Vermögenszuwachs, sodass auch eventuelle Wertänderungen, soweit sie sich "in Höhe der Durchaktivierung bewegen", steuerlich nur erfolgsneutral berichtigt werden könnten.

Da die Gewährung eines unmittelbaren Zuschusses an die Enkelgesellschaft durch die Großmuttergesellschaft allein bei dieser zu einer geldwerten Aufwendung bzw. zu einem tatsächlichen Zahlungsfluss geführt habe, finde auf der Ebene der Zwischengesellschaft lediglich eine außerbücherliche, gleichsam fiktive Erhöhung der Anschaffungskosten in den Steuerbilanzen und somit im Ergebnis ein erfolgsneutraler Vorgang statt. Daraus folge, dass die von der Zwischengesellschaft begehrte Teilwertabschreibung in Höhe der erfolgsneutralen Erhöhung des Beteiligungswertes der Tochtergesellschaft steuerlich nicht wirksam geltend gemacht werden könne. Durch den gesellschaftsrechtlichen Zuschuss, der ohne Gegenleistung an die Enkelgesellschaft gewährt werde, könne es infolge der Erhöhung des Beteiligungswertes an der unmittelbaren Tochtergesellschaft (allenfalls schon im Jahr der Zuwendung) zu einer steuerlich wirksamen Abschreibung bei der zuschussgewährenden Gesellschaft kommen. Die Möglichkeit einer Teilwertabschreibung auch auf Ebene der nicht unmittelbar zuschießenden Zwischengesellschaften würde in der Folge mehrere betragsmäßig idente oder ähnliche Teilwertabschreibungen auslösen, welche die vormaligen steuerneutralen Aktivierungen ganz oder teilweise wieder beseitigen würden. Dies könnte zu doppelten Abschreibungen des tatsächlich nur einmal von der Großmutter geleisteten Zuschusses führen, was den Grundsätzen der Einmalbesteuerung, der objektiven Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen und der Sphärentrennung widerspräche.

Schon aus diesem Grund könne die geltend gemachte Teilwertabschreibung des um den Gesellschafterzuschuss erhöhten Beteiligungsansatzes nicht erfolgen.

Davon abgesehen sei eine Teilwertabschreibung auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil im Lagebericht der D-GmbH für das Jahr 1994 "positive Fortbestehensprognosen im Sinne ausreichender Ertragsaussichten" prognostiziert würden. Aus den dort zur voraussichtlichen Geschäftsentwicklung angeführten Bemerkungen lasse sich entnehmen, dass gerade infolge der verbesserten Eigenkapitalausstattung für 1995 ein positives Ergebnis erwartet werde. Aus diesen Ausführungen sei ersichtlich, dass die um den Zuschuss erhöhte Beteiligung aus der Sicht der Beschwerdeführerin keineswegs als bereits wertlos angesehen werden konnte. Nach der im Lagebericht wiedergegebenen Auffassung seien die Voraussetzungen für eine positive Geschäftsentwicklung als gegeben beurteilt worden. Die D-GmbH habe sodann - beginnend ab dem Folgejahr 1995 - durchgehend positive handelsrechtliche wie auch steuerrechtliche Ergebnisse erzielt. Ausgehend von diesen Überlegungen sei das Vorliegen einer die Sofortabschreibung rechtfertigenden Fehlmaßnahme zu verneinen, weil aus der Einschätzung der wirtschaftlichen Lage zum maßgeblichen Bilanzstichtag bei normalem Geschäftsverlauf eine Verbesserung der Geschäftssituation der D-GmbH zu erwarten gewesen sei.

In der Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf steuerliche Aktivierung des von der Großmuttergesellschaft (C-GmbH) an ihre Enkelgesellschaft (D-GmbH) geleisteten Zuschusses und auf Geltendmachung einer Beteiligungsabschreibung verletzt. Vor diesem Hintergrund geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass sich die Beschwerde - ungeachtet der Erklärung, den Bescheid seinem gesamten Umfang nach bekämpfen zu wollen - nicht gegen den Abspruch der belangten Behörde richtet, mit dem eine von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung betreffend eine Bescheidberichtigung gemäß § 293 BAO als unzulässig zurückgewiesen wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Erkenntnis vom 28. November 2001, 99/13/0254, hat der Verwaltungsgerichtshof betreffend "Aktivierung von Gesellschafterzuschüssen" ausgeführt, die Zuführung von Mitteln an die Gesellschaft durch den Gesellschafter sei grundsätzlich als Einlage anzusehen, die beim Gesellschafter als eine Form der Verwendung seines Einkommens zunächst steuerneutral sei und im Falle der Zugehörigkeit der Gesellschaftsbeteiligung zu einem Betriebsvermögen im Wert dieser Beteiligung aktiviert werden müsse. Die Leistungen des Gesellschafters an die Kapitalgesellschaft seien daher als zusätzliche Anschaffungskosten der Beteiligung zu behandeln (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 29. April 1992, 90/13/0228, mwH).

Aus dem Erkenntnis vom 28. November 2001, 99/13/0250, ergibt sich weiters, dass der Verwaltungsgerichtshof in rechtlicher Hinsicht der Ansicht folgte, dass im Falle eines Großmutterzuschusses eine Durchaktivierung dahingehend zu erfolgen habe, dass ein solcher Zuschuss bei der Muttergesellschaft zu nachträglichen Anschaffungskosten (in voller Höhe) in Bezug auf ihre Beteiligung an der Enkelgesellschaft zu führen habe. Auch in dem im zweiten Rechtsgang ergangenen Erkenntnis vom 18. April 2007, 2003/13/0053, sah sich der Verwaltungsgerichtshof - ungeachtet der Frage einer Bindungswirkung im Sinne des § 63 Abs. 1 VwGG - ausdrücklich nicht veranlasst, von dieser im zitierten Vorerkenntnis zum Ausdruck gebrachten Beurteilung hinsichtlich der (Durch-)Aktivierung des Großmutterzuschusses abzugehen (vgl. in diesem Sinne im Übrigen bereits das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1991, 89/14/0064, sowie zur Aktivierung von Großmutterzuschüssen im Sinne einer Doppeleinlage beispielsweise Bertl/Fraberger, Bilanzierung von Großmutterzuschüssen, RWZ 2002/26, 86 ff).

Im Beschwerdefall ist die belangte Behörde - worauf sie in der Gegenschrift zutreffend hinweist - von einem Gebot zur Aktivierung des Großmutterzuschusses auf Ebene der Muttergesellschaft ausgegangen. Sie hat aber aus der steuerlichen Neutralität der gesellschaftsrechtlich veranlassten Einlage auf die Unzulässigkeit einer steuerlich wirksamen Teilwertabschreibung geschlossen und dies auch mit sonst möglichen doppelten Teilwertabschreibungen (auch auf der Ebene der Großmuttergesellschaft) begründet.

Damit hat sie die Rechtslage verkannt.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem schon zitierten Erkenntnis vom 18. April 2007 ausgeführt hat, sind die Anschaffungskosten einer Beteiligung und deren Teilwert - auf Ebene jedes Beteiligungsunternehmens - unabhängig voneinander zu beurteilen (vgl. nochmals das Erkenntnis 99/13/0254, mit weiteren Nachweisen). Damit ist aber auch bei Zwischengesellschaften in Hinblick auf "durchaktivierte" Zuschüsse in Bezug auf das solcherart gegebene Wirtschaftsgut der Beteiligung eine Teilwertabschreibung möglich. Diese auf den Bewertungsvorschriften beruhende steuerrechtliche Beurteilung hinsichtlich des einer Beteiligung beizulegenden Wertes kann auch nicht, wie in der Beschwerde zutreffend ausgeführt wird, mit der Bestimmung des § 12 Abs. 2 KStG 1988 in der Fassung vor dem StRefG 2005 begründet werden, weil die Erfolgsneutralität der Einlage grundsätzlich nichts an der Verpflichtung zur Vornahme einer Teilwertabschreibung auf die jeweilige Beteiligung ändert, wenn dem Zuschuss keine entsprechende Werthaltigkeit der Beteiligung entspricht (vgl. z.B. Bertl/Hirschler, Behandlung von Großmutterzuschüssen im Handels- und Steuerrecht, RWZ 1998/5, 138 ff ; sowie zur - nunmehrigen - Einschränkung der Teilwertabschreibungen bei Zwischenkörperschaften durch das StRefG 2005, BGBl. I Nr. 57/2004, Kauba, SWK 2004, S 399 ff, und SWK 2004, S 600 ff).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Teilwert einer Beteiligung, für die kein Kurswert besteht, in der Regel durch eine Unternehmensbewertung nach wissenschaftlich anerkannten Methoden zu ermitteln (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. September 2004, 2001/15/0073). Dabei sind grundsätzlich etwa auch die in den Fachgutachten des Fachsenates für Betriebswirtschaft und Organisation der Kammer der Wirtschaftstreuhänder dargestellten Methoden der Unternehmensbewertung als wissenschaftlich anerkannte Methoden anzusehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. März 2000, 97/15/0112).

Die Teilwertabschreibung einer Beteiligung hat allgemein eine erhebliche und dauernde Wertminderung zur Voraussetzung (vgl. nochmals das zur Zl. 2003/13/0053 ergangene Erkenntnis).

Die belangte Behörde hat das Vorliegen dieser Voraussetzung in einem weiteren Begründungsansatz verneint, sich aber mit dem von der Beschwerdeführerin erstatteten Vorbringen zur Bewertung der Beteiligung an der D-GmbH unter Heranziehung allgemein anerkannter Methoden der Unternehmensbewertung in keiner Weise auseinandergesetzt. Der Hinweis auf die positive Fortbestandsprognose und die in den Folgejahren tatsächlich erzielten Gewinne vermag den angefochtenen Bescheid schon deshalb nicht zu tragen, weil auch die Beschwerdeführerin nicht von einer Wertlosigkeit der Beteiligung, sondern von einem anzusetzenden Teilwert von rund 57 Mio. S ausgegangen ist. Konkrete Einwendungen gegen die von der Beschwerdeführerin herangezogene Methode der Bewertung der gegenständlichen Beteiligung enthält der angefochtene Bescheid nicht. Insbesondere zeigt die belangte Behörde nicht auf, dass die von ihr festgestellten positiven Zukunftsaussichten im Widerspruch zu den von der Beschwerdeführerin angesetzten Erfolgsprognosen stünden oder die von der Beschwerdeführerin vorgenommene Bewertung aus einem anderen Grund unschlüssig wäre.

Aus den dargestellten Gründen war der angefochtene Bescheid wegen - prävalierender - Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich im Rahmen des gestellten Antrags auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 19. September 2007

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