VwGH 2006/17/0078

VwGH2006/17/007826.9.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Chlup, über die Beschwerde der m GmbH in Liquidation, vertreten durch Dr. Walter Fleissner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Straße 21, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 28. Februar 2006, Zl. ABK - 278/05, betreffend Vorschreibung von Anzeigenabgabe, zu Recht erkannt:

Normen

AnzeigenabgabeG Wr 1983 §4 Abs3 idF 1991/013;
AnzeigenabgabeG Wr 1983 §7;
AVG §66 Abs4;
BAO §289;
LAO Wr 1962 §224 Abs1;
VwRallg;
AnzeigenabgabeG Wr 1983 §4 Abs3 idF 1991/013;
AnzeigenabgabeG Wr 1983 §7;
AVG §66 Abs4;
BAO §289;
LAO Wr 1962 §224 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die (damals noch nicht in Liquidation befindliche) Beschwerdeführerin war im Jahr 1998 Produzentin und Herausgeberin des Medienwerkes M.

Der Magistrat der Bundeshauptstadt Wien richtete im Zuge eines amtswegig eingeleiteten Verfahrens zur Prüfung einer etwaigen Anzeigenabgabepflicht für das genannte Medium am 25. April 2000 an die Beschwerdeführerin ein Schreiben, in welchem es heißt, zur Überprüfung "der o.a. Abgabe" für den Zeitraum 3/98 bis laufend sei die Einsichtnahme in Geschäftsaufzeichnungen erforderlich. Aus diesem Zweck wurde eine Nachschau am 26. Mai 2000 angekündigt.

Die Zustellung dieses Schreibens an die Beschwerdeführerin erfolgte am 26. April 2000. In der Folge fand die genannte Nachschau auch am 26. Mai 2000 statt.

Weitere Revisionen kündigte die erstinstanzliche Abgabenbehörde gegenüber der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 21. Mai 2001 und vom 12. April 2002 an.

Das erstinstanzliche Ermittlungsverfahren wurde zu der strittigen Frage geführt, ob das in Rede stehende Medienwerk im Verständnis des § 1 Abs. 2 des Wiener Anzeigenabgabegesetzes 1983, LGBl. Nr. 22 (im Folgenden: Wr AnzAbgG), in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 29/1984, erstmals von Wien aus verbreitet wurde.

Aus einer Auskunft der Österreichischen Post AG vom 22. November 1999 geht hervor, dass das Druckwerk "M, Ausgabe 1/98" in Dornbirn in der Zeit vom 27. bis 30. November (offenbar gemeint: Oktober) 1998 verteilt worden sei. In einer (weiteren) Auskunft der Österreichischen Post AG vom 14. Dezember 1999 heißt es, die in Rede stehenden Sendungen seien am 30. Oktober 1998 beim Postamt Dornbirn eingelangt. Somit sei eine Zustellung ab diesem Zeitpunkt möglich gewesen. Demgegenüber sei der Anteil der Sendung für den Bereich Wien erst später ausgeliefert worden, sodass deren Zustellung erst ab 3. November 1999 (offenbar gemeint: 1998) erfolgt sein könne.

Eine seitens der Österreichischen Post AG in der Folge namhaft gemachte Auskunftsperson gab am 18. September 2001 niederschriftlich vernommen an, der für Westösterreich bestimmte Teil der Auflage sei in jedem Fall zuerst aufgeliefert worden. Am 30. Oktober 1998 sei in Ansehung dieser Ausgabe bereits eine Reklamation eines Empfängers bekannt geworden. Daraus folge, dass die Zustellung jedenfalls vor diesem Datum erfolgt sei, während eine Zustellung in Wien erst am 3. und 4. November 1998 stattgefunden habe.

In einem Bericht eines Revisionsbeamten vom 17. Juni 2002 heißt es, die Verbreitung des Druckwerkes habe sich dergestalt dargestellt, dass durch die Druckerei vorerst die Aufgabe der Exemplare am Postamt Tulln vorgenommen worden sei. Da durch die große Auflage die Kapazität dieses Postamtes überschritten worden sei, habe die Druckerei die weitere Aufgabe am Postamt 1150 Wien veranlasst. Das Projekt sei auf eine zweitägige österreichweite Verteilung durch die österreichische Post hin konzipiert gewesen. Ein Teil der Auflage (Probelauf für Westösterreich) sei bereits zwischen dem 27. und dem 30. November (richtig wohl: Oktober) 1998 verschickt worden.

Im Akt erliegt eine weitere Auskunft der Österreichischen Post AG vom 9. August 2004, aus welcher hervorgeht, dass im Falle der Auflieferung einer von einem Postamt nicht bewältigbaren Anzahl von Sendungen durch einen Kunden dieser an ein Verteilzentrum verwiesen werde, welches er selbst aufzusuchen habe.

Schließlich finden sich in den Verwaltungsakten Lieferscheine vom 28. Oktober 1998 sowie eine Aufzeichnung der Post und Telekom Austria, aus welcher hervorgeht, dass eine Anlieferung von Exemplaren des in Rede stehenden Medienwerkes an die Post (offenbar in Wien) am 28. Oktober 1998 in zwei Etappen erfolgte, nämlich um 8.20 Uhr 18 Paletten und um 8.30 Uhr 14 Paletten.

Nachdem zunächst eine Abgabenvorschreibung an die "m GesmbH" ergangen war, welche von dieser mit Berufung bekämpft wurde, schrieb die erstinstanzliche Abgabenbehörde mit Bescheid vom 16. Dezember 2004 der Beschwerdeführerin gemäß §§ 1, 3 bis 5 und 7 Wr AnzAbgG für die in das genannte Druckwerk aufgenommenen Anzeigen "die für den Monat November 1998 zu entrichtende Anzeigenabgabe" ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von EUR 531.388,85 und einem Abgabensatz von 10 % mit EUR 53.138,88 vor. Weiters wurde ein Verspätungszuschlag von EUR 5.313,88 sowie ein Säumniszuschlag von EUR 1.062,78 vorgeschrieben.

In der Begründung ihres Bescheides ging die erstinstanzliche Behörde davon aus, dass die Verbreitung des genannten Medienwerks in zwei Teilen vorgenommen worden sei, und zwar einmal am 30. Oktober 1998 "von Dornbirn (Postamt)" und ab 3. November 1998 "von Wien (Postamt 1150)" aus. Bei dem einmal erscheinenden Medienwerk M könne die zwischen der als Probelauf für Westösterreich vorgezogenen Verbreitung von Dornbirn und der Verbreitung der übrigen Auflage von Wien aus gegebene Differenz von vier Tagen als eine nach Art und Umfang der Verbreitung übliche Zeitdifferenz betrachtet und somit von einer nahezu gleichzeitigen Zugänglichmachung der beiden Teilauflagen ausgegangen werden.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Sie vertrat darin die Auffassung, die erstmalige Verbreitung sei "in Vorarlberg nämlich in Dornbirn" erfolgt, weil von hier aus das Druckwerk einer größeren Anzahl von Menschen zugänglich gemacht worden sei. Die von der erstinstanzlichen Behörde festgestellte Zeitdifferenz erkläre sich nicht bloß aus dem Transportweg. Die Beschwerdeführerin habe den Willen gehabt, das Druckwerk in Niederösterreich aufzugeben, die Weiterleitung nach Wien sei ausschließlich aus postinternen Gründen erfolgt.

Schließlich stellte die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung einen Bruchteilsfestsetzungsantrag für den Fall, dass entgegen der von ihr vertretenen Rechtsauffassung ein Abgabentatbestand in Wien verwirklicht sei. Die Beschwerdeführerin sei für die in Rede stehende Sendung auch in der Gemeinde Stockerau abgabepflichtig und habe die dort geschuldete Anzeigenabgabe auch entrichtet.

Mit Bescheid des Magistrates der Bundeshauptstadt Wien vom 7. Dezember 2005 wurde sodann auf Grund dieses Antrages gemäß § 4 Abs. 3 Wr AnzAbgG die Anzeigenabgabe für das genannte Medienwerk für den Zeitraum November 1998 mit der Hälfte, das seien EUR 26.569,44 (Bemessungsgrundlage EUR 531.388,85), festgesetzt. Entsprechend wurden auch Säumnis- und Verspätungszuschlag reduziert.

Die erstinstanzliche Behörde ging davon aus, dass die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 Z 2 und 3 Wr AnzAbgG vorlägen. Die Anzeigenabgabe sei daher antragsgemäß mit der Hälfte festzusetzen gewesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 28. Februar 2006 wurde in Erledigung der Berufung der Beschwerdeführerin für die anlässlich der Vornahme und Verbreitung von Anzeigen im Medienwerk M vereinbarten Entgelte die Anzeigenabgabe für den Zeitraum Oktober 1998 ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von EUR 531.388,85 mit EUR 53.138,88 festgesetzt. Weiters wurde ein Verspätungszuschlag von EUR 5.313,88 sowie ein Säumniszuschlag von EUR 1.062,78 vorgeschrieben.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides vertrat die belangte Behörde unter Hinweis auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Auffassung, es sei durchaus nicht ausgeschlossen, dass die Verbreitung eines Medienwerkes "erstmalig" bzw. "erstmals" von verschiedenen österreichischen Bundesländern aus erfolge. Bei der Auslegung des in Rede stehenden Begriffes hätten nämlich nach der Art und dem Umfang der Verbreitung übliche Zeitdifferenzen außer Betracht zu bleiben. Bei einer unter Berücksichtigung der üblichen Zeitdifferenzen nahezu gleichzeitigen Zugänglichmachung eines Druckwerkes in verschiedenen hebeberechtigten Gebietskörperschaften werde die Anzeigepflicht in jeder von ihnen ausgelöst. Bei der Beurteilung des Verbreitungsvorganges sei eine gesamthafte Betrachtung vorzunehmen, wobei es nicht auf den Willen des Medieninhabers ankomme, sondern auf den abgabenrelevanten nach außen in Erscheinung tretenden Sachverhalt. Die erstmalige Verbreitung eines Medienwerkes erfolge an dem Ort und zu dem Zeitpunkt, an bzw. zu welchem die entsprechenden Exemplare an die Post übergeben würden. Dies sei in Ansehung der nicht für Westösterreich bestimmten Exemplare am 28. Oktober 1998 in Wien gewesen. Es liege somit - wie es im angefochtenen Bescheid weiters heißt - gar nicht eine Zeitdifferenz von mehreren Tagen zwischen der Verbreitung vom Postamt Dornbirn und von den Postämtern in Wien auf, sondern von "maximal etwas mehr als einem Tag", unter der "Annahme", dass die Lieferung an das Postamt Dornbirn am 27. Oktober 1998 in der Früh erfolgt sei. Eine derartige Zeitdifferenz sei im Einklang mit der Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes als nach Art und Umfang üblich anzusehen. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie habe die nicht für Westösterreich bestimmten Exemplare vom Postamt Tulln aus versenden wollen, wobei postintern die Weiterleitung zu den Postämtern nach Wien veranlasst worden sei, finde keine Deckung in der Aktenlage. Nach einer im Akt erliegenden Vereinbarung sei die Beschwerdeführerin vereinbarungsgemäß verpflichtet gewesen, die Sendungen direkt bei Wiener Postämtern auszuliefern. Maßgeblich sei jedoch der tatsächliche Ort der Übergabe an ein Vertriebsunternehmen.

Schließlich begründete die belangte Behörde die Vorschreibung von Säumnis- und Verspätungszuschlag.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdeführerin macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 1 Abs. 1 und 2 Wr AnzAbgG in der Fassung dieser Bestimmungen nach dem Landesgesetz LGBl. Nr. 29/1984 lauteten:

"§ 1. (1) Anzeigen, die in die in Wien erscheinenden Medienwerke (§ 1 Abs. 1 Z 3 des Mediengesetzes, BGBl. Nr. 314/1981) gegen Entgelt aufgenommen oder mit solchen ausgesendet oder verbreitet werden, unterliegen, sofern die Verbreitung nicht ausschließlich im Ausland erfolgt, einer Abgabe nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes.

(2) Als Erscheinungsort des Medienwerkes gilt Wien dann, wenn die Verbreitung erstmals von hier aus erfolgt oder wenn der die Verbreitung besorgende Medieninhaber (Verleger) seinen Standort in Wien hat oder wenn die verwaltende Tätigkeit des die Veröffentlichung oder Verbreitung des Medienwerkes besorgenden Medieninhabers (Verlegers) vorwiegend in Wien ausgeübt wird."

§ 4 Abs. 3 Wr AnzAbgG in der Fassung dieses Absatzes nach dem Landesgesetz LGBl. Nr. 13/1991 lautete:

"(3) Weist der Abgabepflichtige innerhalb der

Verjährungsfrist nach, dass wegen der gleichen Anzeige auch

Abgabepflicht gegenüber anderen inländischen Gebietskörperschaften

besteht, so ist die Abgabe mit dem der Anzahl der

erhebungsberechtigten Gebietskörperschaften entsprechenden

Bruchteil festzusetzen, sofern sich die Abgabepflicht gegenüber

der anderen erhebungsberechtigten Gebietskörperschaft darauf

gründet, dass entweder

1. die Verbreitung des Medienwerkes von deren Gebiet

aus erfolgt oder

2. der die Verbreitung des Medienwerkes besorgende

Medieninhaber (Verleger) in deren Gebiet seinen Standort hat oder

3. die verwaltende Tätigkeit des die Veröffentlichung

oder Verbreitung des Medienwerkes besorgenden Medieninhabers (Verlegers) vorwiegend in deren Gebiet ausgeübt wird.

Ist die Abgabe für die gleiche Anzeige auf Grund gesetzlicher Bestimmungen der erhebungsberechtigten Gebietskörperschaften unterschiedlich hoch, unterliegt die Abgabe nur soweit der Teilung, als ansonsten eine Doppel- oder Mehrfachbesteuerung erfolgen würde. In diesem Fall hat neben der Bruchteilsfestsetzung eine Abgabenteilbetragsfestsetzung zu erfolgen. Die Abgabenbehörde hat die anderen erhebungsberechtigten Gebietskörperschaften hievon zu benachrichtigen."

§ 7 Wr AnzAbgG in der Fassung des Landesgesetzes LGBl. Nr. 1/1995 lautete:

"§ 7. Der Abgabepflichtige hat für jeden Monat bis längstens

15. des darauf folgenden Monates dem Magistrat unaufgefordert eine Abrechnung über die für die Vornahme oder Verbreitung von Anzeigen aller Art vereinnahmten Entgelte vorzulegen und innerhalb der gleichen Frist den sich danach ergebenden Abgabebetrag an die Stadt Wien bar oder mittels Überweisung einzuzahlen."

Gemäß § 224 Abs. 1 WAO hat die Abgabenbehörde zweiter Instanz, sofern die Berufung nicht gemäß § 213 leg. cit. zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Wie aus § 7 Wr AnzAbgG folgt, hat die Selbstbemessung der Anzeigenabgabe zeitraumbezogen, und zwar je Monat zu erfolgen. Dies gilt für den Fall des Unterbleibens oder der Unrichtigkeit einer Selbstbemessung auch für die bescheidförmige Bemessung durch die Abgabenbehörde.

Zum Begriff der "Sache" des Berufungsverfahrens gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 16. November 2005, Zl. 2004/08/0025, ausgeführt, dass infolge zeitraumbezogener und insofern auch teilbarer Bemessungszeiträume die Berufungsbehörde nur insofern berechtigt ist, die Entscheidung der Unterinstanz in jeder Richtung abzuändern, als über den betreffenden Zeitraum im erstinstanzlichen Verfahren bereits in bestimmter Weise entschieden worden ist. Auch für den Bereich des (Tiroler) Landesabgabenrechtes hat der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung vertreten, "Identität der Sache" liege vor, wenn die Abgabenbemessung für den gleichen Abgabenzeitraum stattfinde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. März 2005, Zl. 2004/17/0089). Diese Aussagen übernimmt der Verwaltungsgerichtshof auch für die Auslegung des Begriffes "Sache" in § 224 Abs. 1 WAO.

"Sache" des erstinstanzlichen Bescheides vom 16. Dezember 2004 war die Festsetzung der von der Beschwerdeführerin "für den Monat November 1998 zu entrichtenden Anzeigenabgabe", und zwar offenbar deshalb, weil die erstinstanzliche Behörde - im Gegensatz zur belangten Behörde - von der Verwirklichung des Abgabentatbestandes in Wien erst im November 1998 ausging.

Die belangte Behörde hat ihrerseits die Abgabe für die anlässlich der Vornahme und Verbreitung von Anzeigen im Oktober 1998 in dem genannten Medienwerk vereinbarten Entgelte festgesetzt. Diese Vorschreibung bezieht sich somit auf einen anderen Abgabenzeitraum als jene der erstinstanzlichen Behörde. Damit hat die belangte Behörde aber in einer anderen "Sache" (Höhe des im Oktober 1998 entstandenen Abgabenanspruches) entschieden als die erstinstanzliche Behörde (Höhe des im Monat November 1998 entstandenen Abgabenanspruches), wodurch sie ihre funktionelle Zuständigkeit als Berufungsbehörde überschritten und den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit belastet hat, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben war.

Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde die gegen die Abgabenfestsetzung für den Abgabenmonat November 1998 gerichtete Berufung zu erledigen haben. In diesem Zusammenhang ist zunächst auf die Rechtswirkungen des - gleichfalls diesen Abgabenzeitraum betreffenden - erstinstanzlichen Bruchteilsfestsetzungsbescheides vom 7. Dezember 2005 einzugehen. Zum Verhältnis zwischen dem über Antrag des Abgabepflichtigen durchzuführenden Bruchteilsfestsetzungsverfahrens nach § 4 Abs. 3 Wr AnzAbgG in der hier anzuwendenden Fassung und dem Abgabenbemessungsverfahren hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 11. Dezember 2000, Zl. 98/17/0191, Folgendes ausgeführt:

"Der Bruchteilsfestsetzungsbescheid der belangten Behörde wurde vom Verwaltungsgerichtshof zwar zeitlich nachfolgend aber mit der Wirkung ex tunc aufgehoben. Der angefochtene Bescheid kann sich daher rechtens nicht auf diesen Bescheid stützen. Durch das genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Dezember 1997 war jedoch nur der Bescheid der belangten Behörde ex-tunc aus dem Rechtsbestand beseitigt. Die Bescheide der ersten Instanz verblieben aber im Rechtsbestand. Damit ist durch die Aufhebung des Bruchteilsfestsetzungsbescheides der belangten Behörde vom 26. Juni 1996 durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Dezember 1997 im Ergebnis keine Änderung hinsichtlich der gesonderten Bruchteilsfestsetzung als Grundlage für die Anzeigenabgabenvorschreibung eingetreten, weil die Rechtskraft der Bruchteilsfestsetzungsbescheide nicht Voraussetzung für die Vorschreibung der Anzeigenabgaben ist und die Bruchteilsfestsetzungsbescheide der ersten Instanz im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides jedenfalls dem Rechtsbestand angehörten und die Berufung gemäß § 198 WAO die Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides nicht hemmt. Über die Rechtmäßigkeit dieser Bescheide erster Instanz kann im gegebenen Beschwerdeverfahren nicht abgesprochen werden. Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides liegt demnach aus diesem Grunde nicht vor.

Ungeachtet dieses Umstandes mangelt es dem angefochtenen, im Umfang des Bruchteilsfestsetzungsbescheides abgeleiteten Bescheid nach Aufhebung des Bruchteilsfestsetzungsbescheides der belangten Behörde an einem rechtmäßigen, dem abgeleiteten Bescheid zu Grunde liegenden Grundlagenbescheid. Daher wird nach Aufhebung des Bruchteilsfestsetzungsbescheides vom 26. Mai 1996 durch das Erkenntnis vom 22. Dezember 1997, Zl. 96/17/0455, ein rechtmäßiger Bruchteilsfestsetzungsbescheid der belangten Behörde zu ergehen haben und daran anschließend von Amts wegen ein darauf gestützter abgeänderter abgeleiteter Anzeigenabgabenbescheid."

Aus diesen Erwägungen folgt, dass eine vor Abschluss des Abgabenbemessungsverfahrens vorgenommene Bruchteilsfestsetzung das erstgenannte Verfahren nicht ersetzen bzw. überholen soll; vielmehr ist im Bruchteilsfestsetzungsverfahren - von der hier nicht vorliegenden Fallkonstellation des § 4 Abs. 3 letzter Unterabsatz Wr AnzAbgG abgesehen - (lediglich) rechtsgestaltend darüber zu entscheiden, um welchen Bruchteil der Abgabenanspruch, welcher in Ermangelung eines Bruchteilsfestsetzungsbescheides gebühren würde, zu reduzieren ist. Ein so zu verstehender Bruchteilsfestsetzungsbescheid bildet sodann einen Grundlagenbescheid für folgende Abgabenfestsetzungen, wobei selbst in Rechtskraft erwachsene Abgabenfestsetzungen an geänderte Grundlagenbescheide anzupassen sind.

Vor diesem Hintergrund ist der (nach der Aktenlage in Rechtskraft erwachsene) Bescheid der erstinstanzlichen Abgabenbehörde vom 7. Dezember 2005 gesetzeskonform als rechtsgestaltende Verfügung dahingehend zu deuten, dass ein allenfalls für November 1998 zustehender Abgabenanspruch auf die Hälfte des (sonst) gebührenden Betrages zu reduzieren ist. Die betragsmäßige Bekanntgabe der Höhe dieses Anspruches im Spruch des zuletzt genannten Bescheides ist demnach nicht als (neuerliche erstinstanzliche) Abgabenfestsetzung, sondern bloß als nicht normative Mitteilung zu werten und würde daher eine Bemessung der Abgabe für November 1998 durch die Berufungsbehörde in einer anderen Höhe als mit EUR 26.569,44 nicht hindern. Freilich wäre dabei jedenfalls der Bruchteilsfestsetzungsbescheid als Grundlagenbescheid zu beachten, also die Abgabe nur mit der Hälfte des in Ermangelung eine solchen Bescheides allenfalls gebührenden Betrages festzusetzen.

Vor dem Hintergrund der hg. Erkenntnisse vom 26. Jänner 1998, Zl. 97/17/0004, und vom 15. Mai 2000, Zl. 97/17/0199, ist der belangten Behörde nicht entgegen zu treten, wenn sie die Auffassung vertrat, vorliegendenfalls sei die Übergabe des Medienwerks von der Druckerei an die Post für die zeitliche und örtliche Zuordnung des Abgabentatbestandes maßgeblich. Während in Ansehung der nicht für Westösterreich bestimmten Exemplare unstrittig ist, dass diese Übergabe am 28. Oktober 1998 in Wien erfolgte, liegen klare Ermittlungsergebnisse, aus denen sich ergibt, wann, wo und durch wen die für Westösterreich bestimmten Exemplare der Post übergeben wurden, nicht vor.

Aus der erstgenannten Feststellung folgt zunächst, dass der in Rede stehende Verbreitungsvorgang keinesfalls der Abgabenperiode November 1998 zugeordnet werden könnte. Zur Möglichkeit einer Berücksichtigung desselben im Rahmen der Abgabenperiode Oktober 1998 als "erstmals von Wien aus" erfolgte Verbreitung ist Folgendes auszuführen:

Unabhängig davon, ob die Beschwerdeführerin im bisherigen Verfahren ein diesbezüglich ausreichendes Vorbringen erstattet hat oder nicht, wäre jedenfalls ihrer Behauptung nachzugehen, sie habe die für Westösterreich bestimmten Exemplare (schon) am 23. Oktober 1998 in Tulln zur postalischen Versendung übergeben, wobei die Zeitdifferenz zur Übergabe der Restexemplare in Wien nicht durch manipulative Umstände bedingt gewesen (sondern mit Absicht so gewählt worden) sei. Anders als die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift annimmt, wäre bei Zutreffen dieser Behauptung jedenfalls ohne weiterer Begründung nicht ersichtlich, weshalb es sich bei dem genannten Zeitraum um eine nach Art und Umfang der Verbreitung übliche Zeitdifferenz gehandelt haben sollte, mögen in den genannten Zeitraum auch der Nationalfeiertag und ein Wochenende gefallen sein. Die Art der Verbreitung durch die Post in ganz Österreich legte es nämlich - auch unter Berücksichtigung der Auskunft der Österreichischen Post AG betreffend die Vorgangsweise bei überlasteten Postämtern - nahe, dass die zu versendenden Exemplare üblicherweise gleichzeitig oder - wie dies in Ansehung der von Wien aus versendeten Exemplare der Fall war - mit nur geringen zeitlichen Differenzen zur Versendung ausgeliefert werden. Anderes könnte etwa dann gelten, wenn eine entsprechend hohe Zahl der zu produzierenden und sodann bei der Post anzuliefernden Exemplare aus Produktions- oder Logistikgründen üblicherweise mehrtägige Anlieferungsintervalle zur Folge hätte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 26. September 2006

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