Normen
AnzeigenabgabeG Vlbg 1990 §5 Abs1;
AnzeigenabgabeG Wr 1983 §4 Abs3 idF 1991/013;
AnzeigenabgabeG Vlbg 1990 §5 Abs1;
AnzeigenabgabeG Wr 1983 §4 Abs3 idF 1991/013;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit den Eingaben vom 24. Juni 1994 stellte die Beschwerdeführerin für näher bezeichnete Medienwerke Anträge auf Änderung der Bruchteilsfestsetzung gemäß § 4 Abs. 3 des Wiener Anzeigenabgabegesetzes (AnzAbgG). Sie brachte vor, mit Bruchteilsfestsetzungsbescheiden vom 2. Dezember 1991 bzw. 2. März 1993 habe der Magistrat der Stadt Wien den Steuersatz der Wiener Anzeigenabgabe (AnzAbg) für die genannten in Vorarlberg vertriebenen Medienwerke auf Antrag von 10 v.H. auf 6,5 v.H der Bemessungsgrundlage vermindert. Durch die mit 1. August 1994 in Kraft tretende Änderung des Vorarlberger AnzAbgG (LGBl. für Vorarlberg Nr. 46/1994) werde dieses Gesetz durch Abgabentatbestände ergänzt und der Abgabensatz mit 5 v.H. festgelegt. Das Vorarlberger AnzAbgG sehe eine Bruchteilsfestsetzung nicht vor. Es seien vom Magistrat der Stadt Wien geänderte Bruchteilsfestsetzungs- und Abgabenteilbetragsfestsetzungsbescheide zu erlassen, mit denen eine Doppel- bzw. Mehrfachbelastung vermieden werde. Die Anzeigenabgaben in Vorarlberg und Wien dürften insgesamt nicht mit einem höheren als dem nach dem Wiener AnzAbgG anzuwendenden Abgabensatz von 10 v.H. bzw. 40 v.H. erhoben werden.
Mit Bescheiden vom 1. August 1994 und 25. November 1994 wurde auf Grund der genannten Anträge die Wiener Anzeigenabgabe für die in Vorarlberg erscheinenden, näher bezeichneten Medienwerke für den Zeitraum ab August 1994 "mit einem Teilbetrag von 7,5 % (bei einem Abgabesatz von 10 %) bzw. mit 37,5 % (bei einem Abgabesatz von 40 %) der Bemessungsgrundlage festgesetzt".
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom 26. Mai 1995 wies die belangte Behörde die gegen die Bescheide erhobenen Berufungen als unbegründet ab und führte aus, es sei unbestritten, daß ein Bruchteilsfestsetzungsanspruch für die in Rede stehenden Medienwerke dem Grunde nach bestehe. Lediglich über das Ausmaß der Bruchteilsfestsetzung bestünden unterschiedliche Auffassungen. Die Anzeigenabgabe betrage in Wien 10 v.H. bzw. 40 v.H. "des für die Vornahme oder Verbreitung der Anzeige entrichteten Entgeltes", während in Vorarlberg die Abgabe mit 5 v.H. normiert sei. Nach Auffassung der belangten Behörde enthalte § 4 Abs. 3 Wiener AnzAbgG vorerst das Gebot, die Bruchteilsfestsetzung nach der Anzahl der erhebungsberechtigten Gebietskörperschaften vorzunehmen, soweit sich der Abgabenanspruch auf einen der in Z. 1 bis 3 angeführten Tatbestände stütze. Bei unterschiedlicher Höhe der Abgabe unterliege dieser der Teilung nur soweit, als es ansonsten zu einer Doppel- oder Mehrfachbesteuerung komme. Eine Doppel- bzw. Mehrfachbesteuerung erfolge aber nur soweit, als zwei oder mehrere Gebietskörperschaften auf die gleiche Abgabe Anspruch hätten. Jener Abgabenteil, der von einer anderen Gebietskörperschaft gar nicht beansprucht werde, könne nicht Gegenstand einer Bruchteilsfestsetzung bzw. Abgabenteilung sein. Daher entspreche die Festsetzung der Wiener Anzeigenabgabe für die in Rede stehenden Medienwerke mit 7,5 v.H. bzw. 37,5 v.H. der Bemessungsgrundlage dem Gesetz.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst vor ihm erhobenen Beschwerde mit Beschluß vom 24. September 1996, B 2709/95-12, ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf richtige Bruchteilsfestsetzung (einschließlich Teilbetragsfestsetzung) ab August 1994 für die näher bezeichneten Medienwerke und auf richtige Reduktion der Anzeigenabgabe verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 4 Abs. 3 Wiener AnzAbgG, LGBl. Nr. 22/1983 (Wiederverlautbarung) i.d.f. LGBl. Nr. 13/1991, lautet:
"Weist der Abgabepflichtige innerhalb der Verjährungsfrist nach, daß wegen der gleichen Anzeige auch Abgabepflicht gegenüber anderen inländischen Gebietskörperschaften besteht, so ist die Abgabe mit dem der Anzahl der erhebungsberechtigten Gebietskörperschaften entsprechenden Bruchteil festzusetzen, sofern sich die Abgabepflicht gegenüber der anderen erhebungsberechtigten Gebietskörperschaft darauf gründet, daß entweder
1. die Verbreitung des Medienwerkes von deren Gebiet aus erfolgt oder
2. der die Verbreitung des Medienwerkes besorgende Medieninhaber (Verleger) in deren Gebiet seinen Standort hat oder
3. die verwaltende Tätigkeit des die Veröffentlichung oder Verbreitung des Medienwerkes besorgenden Medieninhabers (Verlegers) vorwiegend in deren Gebiet ausgeübt wird.
Ist die Abgabe für die gleiche Anzeige auf Grund gesetzlicher Bestimmungen der erhebungsberechtigten Gebietskörperschaften unterschiedlich hoch, unterliegt die Abgabe nur soweit der Teilung, als ansonsten eine Doppel- oder Mehrfachbesteuerung erfolgen würde. In diesem Fall hat neben der Bruchteilsfestsetzung eine Abgabenteilbetragsfestsetzung zu erfolgen. Die Abgabenbehörde hat die anderen erhebungsberechtigten Gebietskörperschaften hievon zu benachrichtigen."
Nach dieser Bestimmung unterliegt - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - der Teilbetrag der Wiener Anzeigenabgabe keiner Teilung, der die Anzeigenabgabe in einem anderen Bundesland übersteigt. Eine Teilung ist somit nur hinsichtlich des nicht übersteigenden Teils der Wiener Anzeigenabgabe vorzunehmen. Nur insofern kommt es zu einer Doppel- bzw. Mehrfachbelastung, die durch die Bestimmung des § 4 Abs. 3 Wiener AnzAbgG vermieden werden soll.
Im Verfahren über die Bruchteilsfestsetzung ist die Abgabe mit dem der Anzahl der erhebungsberechtigten Gebietskörperschaften entsprechenden Bruchteil festzusetzen. Nach dieser Bestimmung des § 4 Abs. 3 Wiener AnzAbgG ist von der Behörde zunächst festzustellen, ob bzw. in welcher Höhe ein Abgabenbetrag der Bruchteilsfestsetzung unterliegt, und dann ist zu ermitteln, wie viele Gebietskörperschaften hinsichtlich dieses Abgabenbetrages einhebungsberechtigt sind, um den Bruchteil, der auf die Gebietskörperschaft entfällt, festsetzen zu können.
Nach § 4 Abs. 3 Wiener AnzAbgG unterliegt die ansonsten einer Doppel- oder Mehrfachbelastung unterliegende Abgabe und nicht der Abgabensatz der Teilung. Wird bei der Bruchteilsfestsetzung der Anzeigenabgabe jedoch anstelle des zu teilenden Abgabenbetrages der niedrigere Abgabensatz des AnzAbgG des zweiten einhebungsberechtigten Bundeslandes geteilt und dieser geteilte Abgabensatz vom Wiener Abgabensatz abgezogen, dann ist dies rechtswidrig. Eine solche Berechnung führt nämlich wegen unterschiedlicher Regelungen bei den Bemessungsgrundlagen und der Abgabenbefreiungen im Wiener und im Vorarlberger AnzAbgG zu einem anderen Ergebnis als bei der Abgabenteilung. Nach dem Wiener AnzAbgG bildet das gesamte vereinnahmte Entgelt die Bemessungsgrundlage und nach dem Vorarlberger AnzAbgG (§ 5 Abs. 1 LGBl. Nr. 30/1990 - Wiederverlautbarung - i.d.F. LGBl. Nr. 46/1994) ist Bemessungsgrundlage das gesamte vereinbarte Entgelt. Die nach den Bestimmungen des Vorarlberger AnzAbgG unter Berücksichtigung der dortigen Abgabenbefreiungen zu berechnende Anzeigenabgabe in Vorarlberg wäre der Teilbetrag der vorgeschriebenen Wiener Anzeigenabgabe, der nach § 4 Abs. 3 Wiener AnzAbgG der Teilung (hier: Halbierung) zuzuführen ist. Da die belangte Behörde, ohne die in Vorarlberg nach den Bestimmungen in diesem Bundesland einzuhebende Abgabe und daraus folgend den zu teilenden Abgabenbetrag festgestellt zu haben, bei der Bruchteilsfestsetzung die Wiener Anzeigenabgabesätze um die Hälfte des Vorarlberger Anzeigenabgabesatzes verminderte, verkannte sie die Rechtslage und belastete damit den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Aus diesem Grund erübrigt sich ein Eingehen auf das übrige Beschwerdevorbringen, mit dem die einfachgesetzliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides behauptet wurde. Soweit in der Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof auch die Verletzung verfassungsrechtlich gewährleisteter Rechte behauptet wird, genügt es darauf hinzuweisen, daß der Verwaltungsgerichtshof für die Behandlung solcher Fragen nicht zuständig ist (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 327 ff). Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der zunächst vor ihm erhobenen Beschwerde mit Beschluß abgelehnt. Durch die in der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Bestimmungen des Wiener AnzAbgG sieht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlaßt, beim Verfassungsgerichtshof ein Gesetzesprüfungsverfahren zu beantragen, zumal das Vorbringen, das an den Verfassungsgerichtshof noch nicht herangetragen war, nur die Abgabenerhebungsberechtigung der Gemeinde Wien in Frage stellt. Diese ist aber hier nicht mehr Entscheidungsgegenstand, geht es im vorliegenden Fall doch nur mehr um die Bruchteilsfestsetzung und Teilbetragsfestsetzung. Weiters wird bemerkt, daß der Verwaltungsgerichtshof in seinem Verfahren auch nicht über rechtspolitische Anliegen (wie z.B. Wettbewerbsnachteile und Verzerrung der Konkurrenzlage) zu entscheiden hat.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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