VwGH 2006/15/0016

VwGH2006/15/001630.3.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Twardosz, LL.M., über die Beschwerde des Ing. N in I, vertreten durch Dr. Brigitte Weirather, Rechtsanwältin in 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 34/2, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I)

1) vom 23. Juli 2002, GZ. RV 636/1-T7/00 , betreffend die Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer 1991 bis 1993, Einkommensteuer 1991 bis 1993, Einkommensteuer 1995 und 1996 sowie Gewerbesteuer 1991 bis 1993 (hg. Zl. 2006/15/0016), und

2) vom 24. Juli 2002, GZ. RV 636/7-T7/00 , betreffend Berichtigung der Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 4. September 1996, Zl. 70.705-7/96, betreffend Einkommensteuer 1993 (hg. Zl. 2006/15/0017), zu Recht erkannt:

Normen

BAO §20;
BAO §296;
BAO §303 Abs4;
GewStG §5;
GewStG §6 Abs1;
VwGG §24 Abs3;
BAO §20;
BAO §296;
BAO §303 Abs4;
GewStG §5;
GewStG §6 Abs1;
VwGG §24 Abs3;

 

Spruch:

Der erstangeführte Bescheid wird im Umfang seiner Anfechtung, somit betreffend Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren 1991 und 1992, Einkommen- und Gewerbesteuer 1991 und 1992, Gewerbesteuer 1993 sowie Einkommensteuer 1995 und 1996, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.171,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Hinsichtlich des zweitangeführten Bescheides wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 330,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erzielt aus seiner Tätigkeit als Software-Entwickler Einkünfte aus Gewerbebetrieb. In den Jahren 1988 bis 1992 ermittelte er den Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1972 bzw. 1988. Zum 1. Jänner 1993 ging er zur Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988 über. Im Rahmen seiner am 14. April 1995 beim Finanzamt eingereichten Einkommensteuererklärung 1993 beantragte der Beschwerdeführer, auf den Übergangsgewinn in Höhe von 3,926.265 S den Hälftesteuersatz anzuwenden.

Mit Einkommensteuerbescheid 1993 vom 10. Mai 1995 versagte das Finanzamt die Anwendung des begünstigten Steuersatzes.

Einer dagegen erhobenen Berufung wurde mit Berufungsentscheidung vom 4. September 1996, Zl. 70.705-7/96, mit der Begründung Folge gegeben, dass ein Übergangsgewinn schon im Jahr 1991 hätte versteuert werden müssen und daher lediglich der laufende Gewinn in Höhe von 1,118.292 S als Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer heranzuziehen sei. Zugleich mit der Übermittlung der Berufungsentscheidung wurde das Finanzamt mit Schreiben vom 4. September 1996 "ersucht, nach Wiederaufnahme des Verfahrens, den Übergangsgewinn zum 1.1.1991 zu ermitteln und zu besteuern".

Im Rahmen einer abgabenbehördlichen Prüfung der Jahre 1990 bis 1997 wurde der Übergangsgewinn zum 1. Jänner 1991 mit 2,043.393 S ermittelt. Im Bericht über das Ergebnis der abgabenbehördlichen Prüfung vom 27. August 1999 wird dazu festgehalten, dass der Übergangsgewinn hinsichtlich der Bestände teilweise im Schätzungswege hätte ermittelt werden müssen.

Das Finanzamt nahm mit Bescheiden vom 9./20./21. September 1999 die Einkommensteuerverfahren 1991 bis 1993, 1995 und 1996 wieder auf und erließ den Prüferfeststellungen folgend geänderte Einkommensteuerbescheide für diese Jahre. Weiters ergingen gemäß § 296 BAO geänderte Gewerbesteuerbescheide 1991 bis 1993. Zur Begründung wurde auf den Prüfungsbericht verwiesen, worin sich Ausführungen zu den einzelnen Komponenten (Kundenforderungen, nicht abgerechnete Arbeiten, Verbindlichkeiten, Umsatzsteuerpassivierung, Gewerbesteuerrückstellung, Investitionsrücklage) einer Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988 finden.

In seiner Berufung wandte sich der Beschwerdeführer gegen die Wiederaufnahme der Verfahren 1991 bis 1993, die Einkommen- und Gewerbesteuerbescheide 1991 bis 1993 sowie gegen die Einkommensteuerbescheide 1995 und 1996 insoweit, als darin als Folge der Verfahrenswiederaufnahmen 1991 und 1992 Investitionsrücklagen der Jahre 1991 und 1992 gewinnerhöhend aufgelöst worden waren.

Die abgabenbehördliche Prüfung habe keine neuen Tatsachen ergeben. Bereits anlässlich der Veranlagung des Jahres 1991 sei dem Finanzamt bekannt gewesen - wie aus einem von Amtsdirektor S. angefertigten Aktenvermerk hervorgehe -, dass der Beschwerdeführer zur Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988 hätte übergehen müssen. Die Abgabenbehörde habe es jedoch verabsäumt, im für die Buchführungspflicht maßgebenden Einkommensteuerbescheid 1989 gemäß § 125 Abs. 6 BAO in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 818/1993 (im Folgenden nur: BAO) auf die künftige Buchführungspflicht hinzuweisen. Da Amtsdirektor S. anlässlich des Telefonates vom 27. Mai 1993 mit dem steuerlichen Vertreter des Beschwerdeführers der Ansicht gewesen sei, dass eine "rückwirkende Erstellung einer doppelten Buchhaltung über zwei Jahre nicht den Erfordernissen des § 131 BAO entspreche" und auch ein Fehler des Finanzamtes vorliege, habe er "den Abgabepflichtigen unmissverständlich aufgefordert, mit 1.1.1993 zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 überzugehen". Dieser Aufforderung sei der Beschwerdeführer nachgekommen, weil er ohnedies bereits mit Jänner 1993 mit den entsprechenden Vorbereitungen und Verbuchungen begonnen gehabt habe. Solcherart liege eine vollständige Offenlegung vor. Der Abgabenbehörde sei "damit ein richtiges, vollständiges und klares Bild von den für die Abgabenerhebung maßgeblichen Umständen verschafft worden".

Der Beschwerdeführer habe den Sachverhalt stets zur Gänze offengelegt, sodass keine neuen Tatsachen hervorgekommen seien, die es rechtfertigten den Übergangsgewinn zum 1. Jänner 1991 im Rahmen einer Wiederaufnahme des Verfahrens zu ermitteln. Vielmehr handle es sich gegenständlich um eine unzutreffende rechtliche Würdigung eines offen gelegten Sachverhaltes.

Mit der Wiederaufnahme der Verfahren verstoße die Abgabenbehörde auch gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Dem Beschwerdeführer sei ausdrücklich aufgetragen worden, mit 1. Jänner 1993 zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 überzugehen. Die Abgabenbehörde habe erst in der Berufungsentscheidung betreffend Einkommensteuer 1993 vom 4. September 1996 ausgeführt, dass ein Übergangsgewinn bereits für 1991 hätte ermittelt werden müssen. Die Führung von Büchern könne jedoch nur unter Setzung einer angemessenen Frist und nur pro futuro erzwungen werden. Eine ausdrückliche Aufforderung zur Führung von Büchern sei erst im Telefonat vom 27. Mai 1993 erfolgt.

In der abweisenden Berufungsvorentscheidung vom 23. Juni 2000 wurde den Einwendungen des Beschwerdeführers erwidert, dass der Einkommensteuerbescheid 1989, mit dem die Buchführungsgrenzen erstmals um mehr als 15% überschritten worden seien, am 22. November 1990 ergangen sei. Dies habe die Pflicht des Beschwerdeführers ausgelöst, zum 1. Jänner 1991 auf die Buchführung gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988 überzugehen. 1993 habe das Finanzamt mit dem Beschwerdeführer "die Vereinbarung getroffen", dass der Übergang zum Betriebsvermögensvergleich zum 1. Jänner 1993 vorzunehmen und zu diesem Zeitpunkt ein Übergangsgewinn zu berechnen sei. In der Folge sei eine abgabenbehördliche Prüfung durchgeführt worden, "aus welcher eine Berichtigung des Zeitpunktes des Übergangsgewinnes zum 1. Jänner 1991 resultierte". Die Wiederaufnahmsgründe seien der Niederschrift über die Schlussbesprechung zu entnehmen.

In seinem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz entgegnete der Beschwerdeführer, die Berufungsvorentscheidung enthalte lediglich eine "chronologische Aufzählung diverser Sachverhalte". Auch der Niederschrift über die Schlussbesprechung seien keine Wiederaufnahmsgründe zu entnehmen, was sich offenbar daraus erkläre, dass das Finanzamt die Ansicht des Senatsvorsitzenden nicht teile.

Mit Vorhalt der belangten Behörde vom 21. Dezember 2001 wurden die bei der abgabenbehördlichen Prüfung festgestellten Kundenforderungen (Tz. 17) und Verbindlichkeiten (Tz. 19) zum 1. Jänner 1991 und 31. Dezember 1991 im einzelnen aufgegliedert sowie die laut Tz. 18 des Prüfungsberichtes "noch nicht abgerechneten Arbeiten" näher erläutert.

In zwei Stellungnahmen brachte der Beschwerdeführer ergänzend vor, dass die nachträgliche Erfassung der Bestände, Forderungen und Außenstände zum Bilanzstichtag in keiner Weise die Voraussetzungen für eine Buchführung nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 erfülle. Wesentliche Bestandteile einer Bilanz hätten trotz redlichen Bemühens des Prüfers "rückwirkend" gar nicht zum Ansatz gebracht werden können. Weiters wies der Beschwerdeführer auf einen konkreten bei Ermittlung der Kundenforderungen unterlaufenen Fehler hin. Im Übrigen wiederholte er sein bisheriges Vorbringen, die abgabenbehördliche Prüfung habe keine neuen Tatsachen hervorgebracht; die Wiederaufnahme sei auf Grund einer rechtswidrigen Weisung des Vorsitzenden des Berufungssenates vorgenommen worden. Die Abgabenbehörde habe bereits bei Erlassung des Einkommensteuerbescheides 1991 vom 4. Juni 1993 volle Kenntnis davon gehabt, dass der Beschwerdeführer zur Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988 hätte wechseln müssen. Amtsdirektor S. habe im aktenkundigen Telefonat vom 27. Mai 1993 eingeräumt, dass im Einkommensteuerbescheid 1989 ein Hinweis auf die künftige Buchführungspflicht gefehlt habe und gemeint, dass es dem Beschwerdeführer auch nicht zumutbar sei, die für eine Bilanzierung notwendigen "Ermittlungen rückwirkend zu erstellen". Erst anlässlich der Veranlagung für das Jahr 1993 sei es zum Streit gekommen, weil das Finanzamt die Ansicht vertreten habe, dass der Wechsel der Gewinnermittlungsart zum 1. Jänner 1993 freiwillig erfolgt sei und deshalb der begünstigte Steuersatz nicht zustehe.

Die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom 13. September 1994, 92/14/0065, beträfen einen anders gelagerten Sachverhalt und sprächen bei genauer Betrachtung sogar für den Standpunkt des Beschwerdeführers. Der Prüfer habe auf Grund der ihm erteilten Weisung die Gewinne der Jahre 1991 und 1992 im Schätzungswege ermittelt, obwohl ordnungsgemäße Aufzeichnungen gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988 vorgelegen seien. Die "Weisung des Berufungssenates" könne nicht als Wiederaufnahmsgrund herangezogen werden. Sollte die Wiederaufnahme wider Erwarten aufrecht erhalten bleiben, sei auf Grund des Verbots der rückwirkenden Erstellung einer doppelten Buchhaltung der vom Beschwerdeführer zum 1. Jänner 1993 ermittelte Übergangsgewinn anzusetzen.

Mit dem zur Zl. 2006/15/0016 (ehemals 2002/14/0121) angefochtenen Bescheid (im Folgenden: erstangefochtener Bescheid) wurde der Berufung betreffend die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer für 1993 stattgegeben und die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 1993 gemäß § 273 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 278 BAO als unzulässig zurückgewiesen. Im Übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der Bestimmung des § 303 Abs. 4 BAO wird im erstangefochtenen Bescheid sachverhaltsbezogen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer für die Jahre 1991 und 1992 ungeachtet seiner Verpflichtung zur Buchführung nur Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen geführt und der Abgabenbehörde vorgelegt habe. Der Beschwerdeführer habe für diese Jahre nur Zahlungsvorgänge und keine Bestände aufgezeichnet. Die vorgelegten Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen enthielten weder die Forderungen noch die Verbindlichkeiten, die zu den jeweiligen Bilanzstichtagen bestanden haben. Diese Bestände hätten auch nicht aus den vorgelegten Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen abgeleitet werden können, sondern seien erst im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung ermittelt worden. Weiters sei erst anlässlich der Prüfung festgestellt worden, dass die nicht abgerechneten Arbeiten in Höhe von 250.000 S das Jahr 1992 betroffen haben. Vor diesem Hintergrund könne nicht von einer vollständigen Offenlegung des Sachverhaltes hinsichtlich der Grundlagen zur Ermittlung des Übergangsgewinnes zum 1. Jänner 1991 bzw. zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen der Jahre 1991 und 1992 nach den Grundsätzen des § 4 Abs. 1 EStG 1988 ausgegangen werden. Das Finanzamt sei an Hand der eingereichten Erklärungen und Beilagen nicht in der Lage gewesen, die erklärten Einkünfte aus Gewerbebetrieb so abzuändern, dass sie der Gewinnermittlungsart des § 4 Abs. 1 EStG 1988 entsprochen hätten. Solcherart könne keine Rede davon sein, dass gegenständlich lediglich eine andere rechtliche Beurteilung eines bereits bekannten Sachverhaltes vorgenommen worden sei.

Anders verhalte es sich mit dem Jahr 1993. Für das Jahr 1993 sei der Gewinn bereits nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 ermittelt worden. Wie der Beschwerdeführer zutreffend aufgezeigt habe, sei die Zahlung vom 28. Juni 1993 irrtümlich dem Beschwerdeführer zugerechnet worden, obwohl der Betrag tatsächlich erst im Jahr 2001 bezahlt worden sei. Die Feststellung des Prüfers, wonach die Kundenforderungen zum 31. Dezember 1993 um 200.000 S zu vermindern seien, könne die Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens 1993 daher nicht tragen. Durch die Aufhebung des die Wiederaufnahme verfügenden Bescheides trete das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden habe. Damit scheide der für 1993 neu ergangene Einkommensteuerbescheid 1993 aus dem Rechtsbestand aus und lebe die Berufungsentscheidung vom 4. September 1996, Zl. 70.705-7/96, betreffend die Einkommensteuer 1993 wieder auf.

Im Übrigen habe das Finanzamt die Wiederaufnahme nicht auf die Weisung des Vorsitzenden des Berufungssenates gestützt, sondern darauf, dass neue Tatsachen hervorgekommen seien, nämlich die im Rahmen der abgabenbehördlichen Prüfung erstmals festgestellten Bestände an Kundenforderungen und Verbindlichkeiten zum 1. Jänner 1991, 31. Dezember 1991 und 31. Dezember 1992.

Es sei unbestritten, dass der Beschwerdeführer im Jahr 1989 die Gewinngrenze des § 125 BAO (Gewinn aus Gewerbebetrieb 1989 301.812 S) überschritten habe und der Einkommensteuerbescheid 1989 im Jahr 1990 zugestellt worden sei. Damit wäre der Beschwerdeführer zum Wechsel der Gewinnermittlungsart zum 1. Jänner 1991 verpflichtet gewesen. Die Buchführungspflicht trete nach näher angeführter Rechtsprechung auch dann ein, wenn der nach § 125 Abs. 6 BAO gebotene Hinweis unterblieben sei.

Das Finanzamt habe auch das ihm bei der Wiederaufnahme von Verfahren eingeräumte Ermessen richtig geübt. Die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung zu den Kundenforderungen und den nicht abgerechneten Leistungen würden zu erheblichen Änderungen gegenüber den Erstbescheiden führen. Da der Beginn der Buchführungspflicht durch "zwingendes Steuerrecht" bestimmt werde, könne auch der Umstand, dass die Vorgangsweise des Beschwerdeführers zunächst nicht beanstandet worden sei, nicht dazu führen, den Übergangsgewinn zeitlich unrichtig zu erfassen. Die "Abstandnahme von dem rechtswidrigen Verwaltungsgebrauch" könne keinesfalls rechtswidrig sein, sondern diene lediglich der Durchsetzung der Rechtsordnung. Aus diesem Grunde habe der Berufungssenat in seiner Entscheidung vom 4. September 1996 auch keine gesetzwidrige Übergangsgewinnbesteuerung vornehmen können.

Eine "Ermessenswidrigkeit" könne allenfalls vorliegen, wenn die Partei zu einer auf einer bestimmten Rechtsauffassung beruhenden Vorgangsweise verhalten worden sei und die Behörde nachträglich eine andere (der Partei zum Schaden gereichende) Rechtsauffassung in der abschließenden Sachentscheidung vertreten würde. Eine derartige Konstellation liege im Beschwerdefall jedoch nicht vor, weil der Beschwerdeführer nicht auf Grund der Aufforderung des Finanzamtes den Wechsel der Gewinnermittlungsart habe vornehmen müssen, sondern auf Grund der Bestimmung des § 125 BAO. Der Beschwerdeführer sei damit nicht zu einer bestimmten Vorgangsweise aufgefordert worden, die sich nachträglich als unrichtig herausgestellt habe. Vielmehr habe die Abgabenbehörde den Beschwerdeführer einzig dazu veranlasst, seiner seit 1. Jänner 1991 bestehenden gesetzlichen Verpflichtung zur Buchführung (zumindest) ab dem Jahr 1993 nachzukommen. Anderes ergebe sich auch nicht aus dem von Amtsdirektor S. angefertigten Aktenvermerk vom 27. Mai 1993, in dem festgehalten werde:

"Das Problem der Buchführungspflicht gem. § 125 BAO im Zusammenhang mit der vom FA nicht erfolgten 'Hinweisung am Bescheid' wurde mit Herrn (dem steuerlichen Vertreter des Beschwerdeführers) besprochen. Insbesondere, dass die Verpflichtung auch bei vergessenem Hinweis besteht. Er wird ab dem 1.1.1993 den Gewinn durch Bilanzierung ermitteln."

Nach den Angaben des steuerlichen Vertreters in der mündlichen Berufungsverhandlung habe Amtsdirektor S. anlässlich des Telefonats Folgendes gesagt: "Gehen Sie bitte mit 1.1.1993 zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 über."

Aus dem Aktenvermerk ergebe sich hinreichend deutlich, dass das Finanzamt der Ansicht gewesen sei, der Beschwerdeführer hätte bereits zum 1. Jänner 1991 zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 übergehen müssen. Nach den Ausführungen im Vorlageantrag vom 2. November 1995 (betreffend Einkommensteuer 1993) solle Amtsdirektor S. aber auch noch der Meinung gewesen sein, dass eine "rückwirkende Erstellung von Büchern und Aufzeichnungen" dem "Erfordernis der zeitgerechten Vornahme der Buchführung" widersprechen würde. Sollte die Vorgangsweise des Finanzamtes - die erklärungsgemäße Veranlagung unter Zugrundelegung der Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen - aus diesem Grund erfolgt sein, so habe eine "seinerzeit unzutreffende Rechtsauffassung" des Finanzamtes vorgelegen. Um zu einem für die Jahre 1991 und 1992 zutreffenden steuerlichen Ergebnis zu gelangen, hätte es nämlich keineswegs der rückwirkenden "Erstellung" einer Buchführung 1991 und 1992 bedurft, sondern lediglich der Adaptierung des bisher ausgewiesenen steuerlichen Ergebnisses nach Maßgabe jener Rechtsgrundsätze, die für die Gewinnermittlungsart des § 4 Abs. 1 EStG 1988 kennzeichnend seien. Dahin gehende Tatsachenfeststellungen seien erst bei der anschließenden abgabenbehördlichen Prüfung getroffen worden. Es sei daher nach Ansicht der belangten Behörde nicht unbillig, wenn die Abgabenbehörde bei dieser Sachlage dem Erfordernis der richtigen und gleichmäßigen Besteuerung zum Durchbruch verholfen und das Ermessen im Sinne einer amtswegigen Wiederaufnahme ausgeübt habe.

Da der Vorsitzende des Berufungssenates dem Finanzamt keine Weisung zur Durchführung einer abgabenbehördlichen Prüfung erteilt, sondern lediglich allfällige aus der Berufungsentscheidung vom 4. September 1996 zu ziehende Konsequenzen mitgeteilt habe, habe von der beantragten Vernehmung des Senatsvorsitzenden abgesehen werden können.

Die vom Beschwerdeführer angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes, in denen ausgesprochen worden sei, dass eine nachträgliche Erfassung der Bestände, Forderungen und Außenstände zum Bilanzstichtag die Voraussetzungen für eine laufende Buchführung nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 nicht erfülle, hätten Fälle betroffen, in denen eine gesetzliche Verpflichtung zum Wechsel der Gewinnermittlungsart nicht bestanden habe. Bei Überschreiten der Buchführungsgrenzen des § 125 BAO bestehe aber ungeachtet der fehlenden laufenden Buchführung die Pflicht, den Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 zu ermitteln und damit erforderlichenfalls eine entsprechende Schätzungsbefugnis. Aus diesem Grund habe das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen der Jahre 1991 und 1992 im Schätzungswege nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 ermitteln müssen.

Mit dem zu Zl. 2006/15/0017 (ehemals 2002/14/0136) angefochtenen Bescheid (im Folgenden: zweitangefochtener Bescheid) berichtigte die belangte Behörde ihre Berufungsentscheidung vom 4. September 1996, Zl. 70.705-7/96, betreffend Einkommensteuer 1993 wegen "falscher Berechnung des laufenden Gewinnes". Begründend führte sie aus, der gegen den Einkommensteuerbescheid 1993 erhobenen Berufung sei mit der angeführten Berufungsentscheidung vom 4. September 1996 mit der Begründung Folge gegeben worden, dass der erklärte Übergangsgewinn bereits im Jahr 1991 erzielt worden sei und daher nur der laufende Gewinn des Jahres 1993 als Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer heranzuziehen sei. Die erklärten Einkünfte aus Gewerbebetrieb seien um den Übergangsgewinn vermindert worden. Aus der Gewinn- und Verlustrechnung des Beschwerdeführers ergebe sich aber, dass bei Ermittlung des laufenden Gewinnes 1993 auch die anteilig auf den Übergangsgewinn entfallende Investitionsrücklage gewinnmindernd berücksichtigt worden sei. Eine "Kürzung" (gemeint wohl: Erhöhung) des laufenden Gewinnes um die auf den (ausgeschiedenen) Übergangsgewinn entfallende Investitionsrücklage sei bei Ausfertigung der Berufungsentscheidung unterblieben. Diese falsche Berechnung des laufenden Gewinnes sei auf ein Versehen der Behörde zurückzuführen. Die unrichtige Berechnung des laufenden Gewinnes sei offenkundig und damit einer Berichtigung nach § 293 BAO zugänglich.

Mit seiner gegen den erstangefochtenen Bescheid erhobenen Beschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren (samt dadurch bewirkter Folgeänderungen) und dagegen, dass der Bestimmung des § 296 BAO in Ansehung der Gewerbesteuer 1993 nicht entsprochen worden sei. Durch den zweitangefochtenen Bescheid erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf "Anerkennung des Nichtvorliegens eines Rechenfehlers gemäß § 293 Abs. 1 BAO" sowie auf "richtige Festsetzung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb für das Jahr 1993" verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:

1. Wiederaufnahme der Verfahren

Gemäß § 303 Abs. 4 BAO ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen unter den Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a und b und in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Eine auf neu hervorgekommene Tatsachen gestützte Wiederaufnahme des Verfahrens ist ausgeschlossen, wenn der Abgabenbehörde in dem wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2000, 94/14/0129).

Bei der amtswegigen Wiederaufnahme ist zwischen der Rechtsfrage, ob der Tatbestand einer Wiederaufnahme gegeben ist, und der Frage der Durchführung der Wiederaufnahme, die im Ermessen der Abgabenbehörde liegt, zu unterscheiden. Erst dann, wenn die Rechtsfrage dahingehend geklärt ist, dass ein Wiederaufnahmsgrund tatsächlich gegeben ist, hat die Abgabenbehörde in Ausübung des ihr zustehenden Ermessens zu entscheiden, ob die amtliche Wiederaufnahme zu verfügen ist. Dabei ist im Sinne des § 20 BAO Ermessen auszuüben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Juli 1996, 92/15/0101).

Ein behördliches Verschulden an der Nichtfeststellung der maßgeblichen Tatsachen bzw. Beweismittel im Erstverfahren schließt die Wiederaufnahme von Amts wegen nicht aus, ist aber unter Umständen bei der Ermessensübung zu berücksichtigen (vgl. mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Ritz, BAO3, § 303, Tz. 16).

Nach Ansicht des Beschwerdeführers seien im Rahmen der abgabenbehördlichen Prüfung keine neuen Tatsachen hervorgekommen, weil dem Finanzamt schon im seinerzeitigen Einkommensteuerverfahren sowohl der Umstand bekannt war, dass der Beschwerdeführer den Gewinn des Jahres 1991 durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ermittelt hatte, wie auch der Umstand, dass die Buchführungspflicht und damit die Verpflichtung, den Gewinn gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988 zu ermitteln, bereits zum 1. Jänner 1991 eingetreten war.

Von einer Offenlegung des maßgeblichen Sachverhaltes kann allerdings nicht schon dann gesprochen werden, wenn die Abgabenbehörde die Unrichtigkeit einer Steuererklärung erkennen kann, sondern erst dann, wenn eine Richtigstellung der Besteuerungsgrundlagen auf Grund des offen gelegten Sachverhaltes schon im abgeschlossenen Verfahren ohne weitere Sachverhaltsergänzungen möglich gewesen wäre. Dass dies gegenständlich nicht der Fall war, ist unstrittig. Eine Gewinnermittlung nach den Grundsätzen des § 4 Abs. 1 EStG 1988 war auf Grund der aktenkundigen Einnahmen-Ausgaben-Rechnung (insoweit gleicht der vorliegende Sachverhalt auch jenem der dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. September 1994, 92/14/0065, zu Grunde liegt) nicht möglich. Die dafür notwendigen Daten (insbesondere die Bestände, Verbindlichkeiten, Kundenforderungen zu den jeweiligen Bilanzstichtagen) konnten erst im Rahmen umfangreicher Erhebungen durch den Prüfer festgestellt werden.

Dem Beschwerdeführer ist allerdings einzuräumen, dass der gegenständliche Fall insoweit besonders gelagert ist, als das Finanzamt bewusst auf die Feststellung jener Sachverhaltselemente (Kundenforderungen, Verbindlichkeiten etc.) verzichtet hat, die für eine Adaptierung der vorgelegten Einnahmen-Ausgaben-Rechnung im Sinne eines Übergangs zum Betriebsvermögensvergleich erforderlich gewesen wären. In der Berufungsvorentscheidung vom 23. Juni 2000 wird ausdrücklich von einer "Vereinbarung" mit dem Beschwerdeführer gesprochen, "dass zum 1. Jänner 1993 der Übergang von der Gewinnermittlung gemäß § 4 Absatz 3 EStG auf die Gewinnermittlung gemäß § 4 Absatz 1 EStG vorzunehmen und zu diesem Zeitpunkt ein Übergangsgewinn zu berechnen ist."

Diesem Umstand hat die belangte Behörde im Rahmen ihrer Ermessensübung mit der Begründung keine Bedeutung zuerkannt, dass der Beschwerdeführer vom Finanzamt "nicht zu einer bestimmten Vorgangsweise aufgefordert worden sei, die sich nachträglich als unrichtig herausgestellt" habe, sondern der Beschwerdeführer nur dazu veranlasst worden sei, seiner seit 1. Jänner 1991 bestehenden gesetzlichen Verpflichtung zur Buchführung zumindest ab dem Jahr 1993 nachzukommen. Damit hat sie aber jene Gründe nicht berücksichtigt, die nach dem Inhalt des Aktenvermerkes für die getroffene "Vereinbarung" maßgebend waren, nämlich den Umstand, dass das Finanzamt seinerseits der nach § 125 Abs. 6 BAO i.d.F. BGBl. Nr. 336/1981 bestehenden Verpflichtung, auf den Eintritt der Buchführungspflicht hinzuweisen, nicht nachgekommen war.

Da die belangte Behörde den aufgezeigten Umstand bei der Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren nicht berücksichtigt hat, hat sie ihr Ermessen nicht dem Gesetz entsprechend geübt.

2. Gewerbesteuer 1993

Zu diesem Punkt trägt der Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde habe mit dem angefochtenen Bescheid der Berufung betreffend die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Einkommensteuer Folge gegeben, die Gewerbesteuer aber nicht - wie es die Bestimmung des § 296 BAO verlange - angepasst.

Die belangte Behörde ist zutreffend davon ausgegangen, dass durch die Aufhebung des Wiederaufnahmsbescheides das Einkommensteuerverfahren 1993 nach § 307 Abs. 3 BAO wieder in die Lage zurückgetreten ist, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden hat. Durch die Aufhebung des Wiederaufnahmsbescheides lebte der alte Sachbescheid, im Beschwerdefall die Berufungsentscheidung betreffend Einkommensteuer 1993 vom 4. September 1996 wieder auf (vgl. dazu auch den folgenden Punkt 3.). Dieser Einkommensteuerfestsetzung lagen Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 1,118.292 S (gegenüber solchen in Höhe von 1,510.062 S im wiederaufgenommenen Sachbescheid) zu Grunde.

Besteuerungsgrundlage der Gewerbesteuer war nach § 5 GewStG der Gewerbeertrag, dessen Ausgangspunkt nach § 6 Abs. 1 GewStG der Gewinn aus Gewerbebetrieb gewesen ist, der nach dem Einkommensteuergesetz 1988 zu ermitteln war. Dementsprechend sieht die Bestimmung des § 296 BAO vor, dass der Gewerbesteuerbescheid durch einen neuen Bescheid zu ersetzen ist, wenn der Einkommensteuerbescheid abgeändert oder nachträglich erlassen und dadurch die Höhe des Gewinnes aus Gewerbebetrieb berührt wird. Zweck der Bestimmung ist es, denjenigen zu schützen, der keine Berufung gegen den Gewerbesteuermessbescheid einbringt (vgl. Ritz, BAO3, § 296, Tz. 5). Liegt der Abgabenbehörde - wie im Beschwerdefall - eine Berufung gegen den Gewerbesteuerbescheid vor, hat sie über diese Berufung abzusprechen und dabei auf das Berufungsvorbringen einzugehen.

Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren beantragt, die "bisher rechtskräftigen" Festsetzungen an Einkommen- und Gewerbesteuer 1991 bis 1993 "wieder in Rechtskraft erwachsen zu lassen". Die belangte Behörde hat diesem Antrag hinsichtlich der Einkommensteuer 1993 entsprochen, gewerbesteuerliche Konsequenzen aber - ohne dies zu begründen - nicht gezogen. Diese Vorgangsweise war rechtswidrig, hatte das Finanzamt den Gewerbesteuerbescheid gemäß § 296 BAO doch mit der Begründung geändert, dass der Einkommensteuerbescheid 1993 in Folge der verfügten Verfahrenswiederaufnahme hinsichtlich der Höhe des Gewinnes eine Änderung erfahren habe. Mit der Aufhebung des genannten Wiederaufnahmebescheides fiel auch die rechtliche Grundlage dafür weg, den bisherigen Gewerbesteuerbescheid durch einen neuen Bescheid zu ersetzen. Indem die belangte Behörde dies verkannte und die Berufung hinsichtlich der Gewerbesteuer 1993 als unbegründet abgewiesen hat, hat sie den erstangefochtenen Bescheid gleichfalls mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Der erstangefochtene Bescheid war daher aus den unter Punkt 1. angeführten Gründen hinsichtlich der Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren 1991 und 1992 und - weil es den neuen Sachbescheiden somit an einer Rechtsgrundlage mangelt - auch hinsichtlich der Einkommen- und Gewerbesteuerbescheide 1991 und 1992 gemäß § 42 Abs. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Diese Rechtswidrigkeit umfasst auf Grund der Feststellungen des Prüfers zur Auflösung der 1991 und 1992 neu gebildeten Investitionsrücklagen auch die Einkommensteuerfestsetzung für die Jahre 1995 und 1996. In seinem Abspruch über die Gewerbesteuer 1993 war der erstangefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 1 VwGG aus dem unter Punkt 2. angeführten Grund aufzuheben.

3. Bescheidberichtigung (zweitangefochtener Bescheid)

Nach § 293 Abs. 1 BAO in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung des BG BGBl. Nr. 312/1987 kann die Abgabenbehörde in ihrem Bescheid u.a. unterlaufene Schreib- und Rechenfehler oder andere offenbar auf einem ähnlichen Versehen beruhende tatsächliche Unrichtigkeiten berichtigen. Nach Abs. 2 leg.cit. konnte, wenn es sich bei dem zu berichtigenden Bescheid um eine von einem Berufungssenat gefällte Berufungsentscheidung handelt, der Vorsitzende die Berichtigung verfügen. Diese Verfügung des Vorsitzenden wirkte wie eine Verfügung des Senates (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. April 1996, 92/15/0128, und vom 28. Februar 1995, 94/14/0139).

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen den zweitangefochtenen Bescheid mit dem Vorbringen, die belangte Behörde habe es unterlassen, den auf den Übergangsgewinn entfallenden Anteil der Investitionsrücklage selbst zu berechnen. Es sei sicherlich nicht nachvollziehbar, dass jemandem ein Rechenfehler unterlaufen könne, der es gar nicht der Mühe wert gefunden habe, überhaupt eine Berechnung vorzunehmen. Da die Frage der Offenkundigkeit der Unrichtigkeiten aus dem Blickwinkel der Erkennbarkeit durch den Bescheidempfänger zu lösen sei, stehe es außer Zweifel, dass die Unrichtigkeit für den Bescheidempfänger nahezu unmöglich zu erkennen gewesen sei.

Dieses Vorbringen geht an dem Umstand vorbei, dass die belangte Behörde deshalb keine (eigene) Berechnung der Investitionsrücklage vorgenommen hat, weil sie den vom Beschwerdeführer berechneten (Gesamt-)Gewinn übernommen, als Besteuerungsgrundlage aber nur mehr den laufenden Gewinn herangezogen hat, während der vom Beschwerdeführer erklärte Übergangsgewinn als im Jahr 1993 nicht zu erfassen beurteilt wurde. Der Entscheidungswille der belangten Behörde war klar darauf gerichtet, den laufenden Gewinn zu besteuern und den Übergangsgewinn von der Besteuerung auszunehmen. Eine Änderung der vom Beschwerdeführer vorgenommenen Gewinnermittlungen war - auch für den Beschwerdeführer klar erkennbar - in keiner Weise beabsichtigt. Vor diesem Hintergrund hat die belangte Behörde im zweitangefochtenen Bescheid auch von einem "Versehen" gesprochen, das ihr bei Übernahme des Zahlenwerkes des Beschwerdeführers unterlaufen ist. Die Berichtigung führt lediglich zur Korrektur dieses Versehens und der daraus zu ziehenden rechnerischen Konsequenzen in Spruch und Begründung der berichtigten Entscheidung. Damit ist weder eine Änderung des in der Berufungsentscheidung zum Ausdruck gekommenen Willensentschlusses noch eine Änderung der damals vorgenommenen rechtlichen Beurteilung verbunden.

Unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass der erstangefochtene Bescheid (vom 23. Juli 2002) am 23. August 2002, der zweitangefochtene Bescheid (vom 24. Juli 2002) jedoch erst am 7. Oktober 2002 zugestellt worden sei, was die Vermutung nahe lege, die Abgabenbehörde habe dem Beschwerdeführer durch die nicht zu rechtfertigende verspätete Bescheidzustellung (nach Ablauf der Beschwerdefrist für den erstangefochtenen Bescheid) weitere Kosten auferlegen wollen.

Dieses Vorbringen übersieht zum einen, dass die zu berichtigende Berufungsentscheidung erst mit Zustellung des erstangefochtenen Bescheides wieder in Rechtsbestand getreten ist und die belangte Behörde aus diesem Grund sicher zu stellen hatte, dass die Zustellung des zweitangefochtenen Bescheides nicht vor jener des erstangefochtenen Bescheides erfolgt. Zum anderen ist auf die Bestimmung des § 52 Abs. 1 VwGG zu verweisen, wonach die Frage des Aufwandersatzes (§ 47) auch für den Fall, dass in einer Beschwerde mehrere Verwaltungsakte angefochten werden so zu beurteilen ist, wie wenn jeder der Verwaltungsakte in einer gesonderten Beschwerde angefochten worden wäre. Auch die Eingabegebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG bemisst sich nach der Zahl der angefochtenen Bescheide und ist damit unabhängig davon zu entrichten, ob mehrere Bescheide in einer einzigen oder in mehreren Beschwerdeschriften angefochten werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Juli 2002, 2002/16/0158).

Die Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 30. März 2006

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