VwGH 2006/14/0013

VwGH2006/14/001326.4.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. B. Trefil, über die Beschwerde des M in O, vertreten durch Dr. Wolfgang Hochsteger, Dr. Dieter Perz, Dr. Georg Wallner und Dr. Markus Warga, Rechtsanwälte in 5400 Hallein, Ederstraße 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 20. März 2002, Zl. RV 633/1- 9/01, betreffend Einkommensteuer 1999 (Arbeitnehmerveranlagung), zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §16 Abs1;
EStG 1988 §20 Abs1 Z1;
EStG 1988 §16 Abs1;
EStG 1988 §20 Abs1 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In seiner Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 1999 machte der als Polizeibeamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehende Beschwerdeführer u.a. Aufwendungen in Höhe von 76.800 S (Familienheimfahrten 28.800 S und doppelte Haushaltsführung 48.000 S) als Werbungskosten geltend. Nach den Angaben im Erklärungsformular bezog der Beschwerdeführer, der auch den Alleinverdienerabsetzbetrag beanspruchte, neben den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit keine Einkünfte.

Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung dieser Aufwendungen als Werbungskosten ab, weil die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung nicht vorlägen. Die gegen den Einkommensteuerbescheid erhobene Berufung blieb erfolglos.

Im angefochtenen Bescheid wird ausgeführt, strittig sei die steuerliche Anerkennung von Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung sowie Familienheimfahrten des Beschwerdeführers zwischen dem Beschäftigungsort in Salzburg (im Folgenden: S.) und dem Familienwohnsitz in Hall/Admont (im Folgenden: A.) in der Steiermark.

Nach den Feststellungen der belangten Behörde habe der Beschwerdeführer seit Anfang der 80er-Jahre in Oberndorf bei S. (im Folgenden: O.) "und zwar damals mit seiner späteren Ehefrau" gewohnt. Im Jahr 1985 sei das erste Kind geboren worden. Nach der Geburt der Tochter sei die Mutter wegen Platzmangels zu ihren Eltern nach St. an der Mur übersiedelt. Der Beschwerdeführer habe weiter in O. gewohnt und seinen Dienst bei der Bundespolizeidirektion S. versehen. 1988 habe er geheiratet und 1989 sei das zweite Kind zur Welt gekommen. Erst zu dieser Zeit habe der Beschwerdeführer begonnen, sein Elternhaus in A. zu renovieren. Obwohl der Beschwerdeführer seit über 10 Jahren in O. gelebt habe, habe die Tochter des Beschwerdeführers ab 1992 die Schule in A. besucht. Erst ab diesem Zeitpunkt sei für die Familie des Beschwerdeführers festgestanden, dass eine Übersiedlung nach S. nicht mehr in Frage komme.

In der Berufung habe der Beschwerdeführer erklärt, eine Übersiedlung seiner Familie könne deshalb nicht durchgeführt werden, weil er sich u.a. auf eine Planstelle für den Bereich der Zentralleitung des Bundesministeriums für Inneres beworben habe. Dazu sei zu sagen, dass es sich bei der Tätigkeit des Beschwerdeführers in S. (Bundesdienst) um eine nicht befristete Tätigkeit gehandelt habe. Die abstrakte Möglichkeit einer Versetzung "genauso wie die Möglichkeit einer antragsgemäßen Versetzung im Jahr 1998 kann bei der Frage der Zumutbarkeit der Wohnsitzverlegung nach so vielen Jahren in S. nicht von Bedeutung sein". Der Vollständigkeit halber sei dazu noch festzuhalten, dass der Beschwerdeführer nach eigenem Versetzungsantrag mit Bescheid vom 22. Juni 1999 mit Wirksamkeit 1. Juli 1999 von der Bundespolizeidirektion S. zum Bundesasylamt S. versetzt worden sei.

Der Beschwerdeführer, der im Mai 1999 in O. eine Wohnung gekauft habe, bringe in seiner Berufung weiters vor, er könne seinen Familienwohnsitz in A. deshalb nicht aufgeben, weil er Betriebsführer seiner land- und forstwirtschaftlichen Liegenschaft am Familienwohnsitz sei. Er werde mit seiner Erwerbstätigkeit am Familienwohnsitz beim Finanzamt Liezen auch "abgabenmäßig veranlagt". Die Beibehaltung des Familienwohnsitzes sei deshalb nicht privat veranlasst. Die Voraussetzungen für "abschreibungsfähige Familienheimfahrten" seien somit wegen einer zusätzlichen Erwerbsquelle am Familienwohnsitz gegeben.

Nach den Feststellungen der belangten Behörde handle es sich bei dem betreffenden Grundstück um ein Einfamilienhaus und eine Land- und Forstwirtschaft. Zum 1. Jänner 2001 habe der Einheitswert der Land- und Forstwirtschaft, die rd. 8 ha umfasse, 2.200,53 EUR betragen. Bewertungsrechtlich setze sich die Land- und Forstwirtschaft aus einer Forstbetriebsfläche, Energieholzfläche und einer land- und forstwirtschaftlich genutzten Fläche zusammen. Das Finanzamt Liezen habe auf Anfrage bekannt gegeben, dass der Beschwerdeführer die landwirtschaftlich genutzten Flächen, die er selbst in seiner Erklärung 1988 als Weidefläche bezeichnet habe, seit 1988 verpachtet habe, wobei laut eigenen Angaben des Beschwerdeführers mit dem Pächter kein Pachtzins vereinbart und somit auch keine Einkünfte aus dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erzielt worden seien (Telefonat mit dem Beschwerdeführer am 26. Februar und 19. März 2002). Der Einwand des Beschwerdeführers, er bzw. seine Ehefrau führten am Familienwohnsitz einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, sodass deshalb keine dauernde Wohnsitzverlegung nach Salzburg zugemutet werden könne, gehe daher ins Leere.

Zusammenfassend sei festzuhalten, dass der Beschwerdeführer bereits seit über 10 Jahren in S. im Bundesdienst gestanden sei, als er begonnen habe, sein Elternhaus in A. zu renovieren. Eine Wohnsitzverlegung nach S. hätte aus steuerrechtlicher Sicht längst erfolgen müssen, zumal die Ehefrau des Beschwerdeführers ebenfalls bereits dort gelebt hatte. Die Voraussetzungen "einer auf Dauer angelegten Haushaltsführung und damit Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes waren daher von Anfang an nicht gegeben".

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift sowie weiteren Stellungnahmen sowohl des Beschwerdeführers als auch der belangten Behörde erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Gemäß § 20 Abs. 1 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften u.a. die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge nicht abgezogen werden.

Liegt der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort, dann können die (Mehr)Aufwendungen für eine "doppelte Haushaltsführung", wie z. B. für die Wohnung am Beschäftigungsort und die Kosten für Familienheimfahrten, nur dann steuerlich berücksichtigt werden, wenn die doppelte Haushaltsführung beruflich bedingt ist. Wenn dem Arbeitnehmer Mehraufwendungen erwachsen, weil er am Beschäftigungsort wohnen muss und die Verlegung des (Familien)Wohnsitzes in eine übliche Entfernung zum Ort der Erwerbstätigkeit nicht zumutbar ist, sind die Mehraufwendungen Werbungskosten iSd § 16 Abs. 1 EStG 1988 (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 9. September 2004, 2002/15/0119). Die doppelte Haushaltsführung ist dann als beruflich veranlasst anzusehen, wenn die Gründung des zweiten Hausstandes einen objektiven Zusammenhang mit der Berufstätigkeit aufweist; eine berufliche Veranlassung in diesem Sinn liegt hingegen nicht vor, wenn der Arbeitnehmer seine Familienwohnung aus privaten Gründen vom bisherigen Wohnort, der auch der Beschäftigungsort ist, weg verlegt und am Beschäftigungsort einen zweiten Hausstand führt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 14. September 1993, 92/15/0054, vom 15. Dezember 1994, 93/15/0083, und vom 28. März 2000, 96/14/0177).

Unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer vor Begründung seines Familienwohnsitzes in A. (nach der Renovierung seines Elternhauses in den Jahren 1988 bzw. 1989) bereits seit mehreren Jahren über eine Wohnung in der Nähe seines Beschäftigungsortes verfügte. Auch seine (spätere) Ehefrau war zunächst bis zur Geburt des ersten Kindes im Jahr 1985 dort wohnhaft. Dass die Begründung eines Familienwohnsitzes in S. (oder in der Nähe von S.) im Jahr 1985 oder etwa bis zur Heirat im Jahr 1988 oder der Geburt der zweiten Kindes aus anderen als in der (auch in Bezug auf die Berücksichtigung der Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung unbeachtlichen) Privatsphäre des Beschwerdeführers gelegenen Gründen unterblieben wäre, hat dieser nicht behauptet.

Damit unterscheidet sich der Beschwerdefall aber wesentlich von jenen Fällen, in denen die Folgen der Begründung eines weiteren Haushaltes am Ort der Beschäftigung bei Beibehaltung des Familienwohnsitzes etwa am Beschäftigungsort des anderen Ehepartners oder einer (bisher ausgeübten) weiteren Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen zu beurteilen waren (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 24. April 1996, 96/15/0006, vom 26. November 1996, 95/14/0124, und vom 27. Jänner 2000, 96/15/0205, 0206). Selbst wenn der Beschwerdeführer am Ort des nach der Renovierung seines Elternhauses in A. begründeten Familienwohnsitzes in weiterer Folge auch im Rahmen eines dort gelegenen land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes tätig geworden sein sollte, änderte dies im Beschwerdefall nichts daran, dass die Begründung des Familienwohnsitzes außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort ihre Veranlassung nicht in der nichtselbständigen Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers in S. hatte und die doppelte Haushaltsführung somit nicht beruflich veranlasst war (vgl. in diesem Sinne nochmals die hg. Erkenntnisse vom 14. September 1993, 92/15/0054, und vom 28. März 2000, 96/14/0177). Lag damit schon deshalb keine Möglichkeit zur Berücksichtigung der diesbezüglich geltend gemachten Werbungskosten vor, kann auch der von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof in den verschiedenen Stellungnahmen u.a. ausgetragene Streit zur Bedeutung bzw. Höhe allenfalls aus der Bewirtschaftung der Land- und Forstwirtschaft am Familienwohnsitz erzielbarer Einkünfte dahingestellt bleiben.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 26. April 2006

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