VwGH 96/14/0177

VwGH96/14/017728.3.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der R S in W, vertreten durch Dr. Peter Balogh, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Strohgasse 10/7, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 18. November 1996, Zl. GA 8 - 2197/96, betreffend Arbeitnehmerveranlagung 1994, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §16 Abs1;
EStG 1988 §20 Abs1 Z1;
EStG 1988 §16 Abs1;
EStG 1988 §20 Abs1 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist seit dem Jahr 1976 in W. als kaufmännische Angestellte beschäftigt. Ihren Familienwohnsitz hatte sie gemeinsam mit ihrem (bis zum Jahr 1992 auch in W. beschäftigten) Ehegatten zunächst ebenfalls in W.

In ihrer Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 1994 machte die Beschwerdeführerin Aufwendungen in Höhe von S 57.590,-- (Familienheimfahrten S 33.248,--, Wohnungskosten S 24.342,--) als Werbungskosten geltend. Begründend führte sie aus, sie habe ihren Familienwohnsitz in M., einem Ort, der von ihrem Pendlerquartier in W. ca. 80 km entfernt liege. Infolge der langen Arbeitszeit sei ein tägliches Heimfahren zum Familienwohnsitz weder mit öffentlichen Verkehrsmitteln noch mit dem eigenen PKW zumutbar. Die doppelte Haushaltsführung sei auch aus gesundheitlichen Gründen unerlässlich.

Dem angeschlossenen Meldezettel ist zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin im Jahr 1990 von W. nach M. zugezogen war.

Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung der geltend gemachten Wohnungs- und Fahrtkosten als Werbungskosten ab. Es liege keine Unzumutbarkeit der täglichen Rückkehr an den Familienwohnsitz vor.

In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wies die Beschwerdeführerin erneut auf den schlechten Zustand ihrer Augen hin, der es ihr nicht erlaube, nach einem langen Arbeitstag die Heimreise mit dem eigenen PKW anzutreten; auch die Heimfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln sei aus näher dargestellten Gründen unzumutbar.

Nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung ergänzte die Beschwerdeführerin, ihr Ehegatte habe im Jahr 1992 seine Anstellung in W. verloren und sei seit 1993 am Familienwohnsitz berufstätig, da es ihm trotz entsprechender Bemühungen nicht möglich gewesen sei, in W. einen angemessenen Arbeitsplatz zu finden. Seit diesem Zeitpunkt liege der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in M. Um wenigstens am Wochenende ein richtiges Familienleben führen zu können, sei es erforderlich geworden, zumindest einmal pro Woche an den gemeinsamen Familienwohnsitz zurückzukehren. Da sie zu diesem Zeitpunkt bereits 17 Jahre bei demselben Arbeitgeber beschäftigt gewesen sei, liege es auf der Hand, dass sie diese Arbeitsstelle in W. beibehalte.

Über entsprechenden Vorhalt der belangten Behörde ergänzte die Beschwerdeführerin, für die Errichtung des Einfamilienhauses in M. sei ein Wohnbauförderungsdarlehen im Betrag von S 500.000,-- in Anspruch genommen worden. Damit verbunden hätten sie sich verpflichtet, ihre Wohnung in W. aufzugeben. Bis Ende 1993 hätten die Ehegatten jedoch die Genehmigung erhalten, ihre Wohnung in W. als "Pendlerunterkunft" weiterhin anmieten zu dürfen. Im Spätherbst 1993 hätten sie erfahren, dass die Landesförderung auch dann nicht verloren gehe, wenn die Zweitwohnung eine bestimmte Größe (ca. 60 bis 70 m2) nicht übersteige. Da dies in ihrem Fall zuträfe, hätten die Ehegatten Ende 1993 einen entsprechenden Antrag gestellt und gleichzeitig M. als ihren Familienwohnsitz gewählt. Wenn die belangte Behörde darauf hinweise, ihr Ehegatte sei in den Jahren 1994 und 1995 wiederum in W. beschäftigt gewesen, so sei dies insofern unrichtig, als der Ehegatte nicht am Sitz des Arbeitgebers in W., sondern außerhalb - oftmals in der Nähe von M. - beschäftigt gewesen sei. Ähnliches gelte auch für seine in den Folgejahren begründeten Arbeitsverhältnisse. Es träfe wohl zu, dass die Errichtung des Einfamilienhauses im Jahr 1989 in M. privat veranlasst gewesen sei. Die Sachlage habe sich jedoch mit der Kündigung ihres Ehegatten im November 1992 bzw. spätestens mit seiner Anstellung im April 1993 geändert. Seit diesem Zeitpunkt sei ihr Ehegatte in der Nähe ihres Wohnsitzes in M. beschäftigt, sodass von einer privaten Veranlassung der gemeinsamen Wohnsitznahme in M. nicht mehr gesprochen werden könne.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Die Beschwerdeführerin habe einerseits aus gesundheitlichen Gründen ihren Wohnsitz in W. beibehalten, andererseits aus finanziellen Gründen - zur Absicherung der Wohnbauförderung des Landes - M. als Hauptwohnsitz und W. als "Pendlerunterkunft" gewählt. Die auf Grund der doppelten Haushaltsführung entstandenen Aufwendungen seien daher der privaten Lebensführung zuzuordnen und damit steuerlich nicht abzugsfähig.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Gemäß § 20 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden.

Liegt der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort, dann können die (Mehr)Aufwendungen für eine "doppelte Haushaltsführung", wie z.B. für die Wohnung am Beschäftigungsort und die Kosten für Familienheimfahrten, nur dann steuerlich berücksichtigt werden, wenn die doppelte Haushaltsführung beruflich bedingt ist. Die doppelte Haushaltsführung ist dann als beruflich veranlasst anzusehen, wenn die Gründung des zweiten Hausstandes einen objektiven Zusammenhang mit der Berufstätigkeit aufweist; eine berufliche Veranlassung in diesem Sinn liegt hingegen nicht vor, wenn der Arbeitnehmer seine Familienwohnung aus privaten Gründen vom bisherigen Wohnort, der auch der Beschäftigungsort ist, weg verlegt und am Beschäftigungsort einen zweiten Hausstand führt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1994, 93/15/0083, mit weiteren Nachweisen).

Die Beschwerdeführerin bringt vor, die belangte Behörde übersehe, dass sie das Haus in M. wohl bis Ende 1992 aus rein privaten Motiven errichtet und benützt habe, ab dem Jahr 1993 jedoch die Voraussetzungen für eine steuerlich anzuerkennende doppelte Haushaltsführung gegeben seien. Ihrem Ehegatten sei es nach der Kündigung seines in W. bestehenden Dienstverhältnisses nicht mehr gelungen, in W. eine Anstellung zu finden. In der Folge habe ihr Ehegatte verschiedene Beschäftigungsverhältnisse begründet, welche eine Wohnsitznahme der Ehegatten in M. zweckmäßiger haben erscheinen lassen als eine solche in W. Aus in der Beschwerde näher angeführten Gründen habe ihr Ehegatte von M. aus die jeweiligen Arbeitsstätten auf kürzerem Wege erreichen können als von W. aus. Mit diesen Argumenten habe sich die belangte Behörde zu Unrecht nicht befasst, obwohl ihr Ehegatte unzweifelhaft am Familienwohnsitz Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 bis 4 EStG aus einer Erwerbstätigkeit in Höhe von mehr als S 20.000,-- jährlich erzielt habe.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die Berücksichtigung eines Mehraufwandes durch doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten kommt nach der oben angeführten Rechtsprechung nur dann in Betracht, wenn die Begründung des zweiten Haushaltes am Arbeitsort beruflich veranlasst und die Aufgabe des bisherigen Wohnsitzes unzumutbar ist. Diese Voraussetzungen liegen im Beschwerdefall nicht vor.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 14. September 1993, 92/15/0054, ausgeführt hat, ist die Wegverlegung des Familienwohnsitzes vom Beschäftigungsort des Abgabepflichtigen wegen der Aufnahme einer Beschäftigung des Ehegatten an einem anderen Ort nicht durch die Erwerbstätigkeit des Abgabepflichtigen veranlasst und führt deshalb nicht zu berücksichtigungsfähigen Werbungskosten. Ein derartiger Fall könne nicht mit jenen Fällen verglichen werden, in denen die steuerlichen Folgen der Begründung eines weiteren Haushaltes am Ort der Beschäftigung des einen Ehepartners bei Beibehaltung des bisherigen Familienwohnsitzes am Beschäftigungsort des anderen Ehepartners zu beurteilen seien.

Diese Überlegungen müssen erst recht für einen Fall gelten, in dem die Wegverlegung des Familienwohnsitzes an einen anderen Ort zunächst unstrittig nicht durch berufliche Überlegungen im Hinblick auf die Erwerbstätigkeit des anderen Ehegatten veranlasst war, sondern sich die weitere Wohnsitznahme erst nachträglich als vorteilhaft für die Arbeitsplatzsuche des anderen Ehegatten erwiesen hat.

Bei dieser Rechtslage kommt es demnach nicht darauf an, ob der Beschwerdeführerin die tägliche Rückkehr vom Arbeitsort zu ihrem neuen Familienwohnsitz in M. zumutbar war oder nicht. Auf die diesbezüglichen Beschwerdeausführungen braucht daher nicht mehr eingegangen zu werden.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 28. März 2000

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