VwGH 2005/07/0069

VwGH2005/07/006928.9.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Chlup, über die Beschwerde der P-GesmbH in L, vertreten durch Dr. Friedrich Oedl und Dr. Rudolf Forstenlechner, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Getreidegasse 21, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 8. Juli 2005, Zl. Wa 314155/20-2005-Mül/Ka, betreffend wasserpolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde L, vertreten durch Mag. Jürgen W. Zahradnik, Rechtsanwalt in 4650 L, Marktplatz 14), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
WRG 1959 §138 Abs1;
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
WRG 1959 §138 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der mitbeteiligten Partei (mP), einer Marktgemeinde, war mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft W vom 9. Juli 1960 die wasserrechtliche Bewilligung erteilt worden, in ihrem Ortsgebiet eine Regulierung und Verbauung des S-Baches durchzuführen. Die im genannten Bescheid bewilligte Bachregulierung erstreckt sich auf eine Länge von 2,37 km.

Im Spruchpunkt II) des Bescheides vom 9. Juli 1960 wird festgehalten, dass für die erteilte Bewilligung das bei der Verhandlung vorgelegene und als solches gekennzeichnete Projekt mit den bei der Verhandlung festgelegten Abänderungen und Ergänzungen maßgebend sei, wobei die Bewilligung an die Durchführung und Einhaltung nachstehend im Einzelnen angeführter Vorschreibungen gebunden werde. Den Ausführungen der damals beigezogen gewesenen Amtssachverständigen kann nach dem Inhalt der Niederschrift über die Verhandlung vom 20. Juni 1960 entnommen werden, dass das bewilligte Projekt eine Regulierung des S-Baches für das 30-jährliche Hochwasser im Umfang einer Hochwassermenge von 70 m3/s vorsah.

In einer Eingabe vom 29. April 1997 wandte sich die beschwerdeführende Partei an die Bezirkshauptmannschaft U (BH) mit dem Vorwurf, die mP komme der sie als Regulierungsunternehmen treffenden Instandhaltungspflicht sehr mangelhaft und in den letzten Jahren überhaupt nicht mehr nach. Durch den starken Böschungsbewuchs mit Einzelstammstärken von ca. 20 cm und durch umfangreiche Humusanlandungen sei die technische Abfuhrkapazität des Baches wesentlich vermindert. Als direkte Bachanrainerin habe die beschwerdeführende Partei ihre Investitionen in ihr Werk im Vertrauen auf die Regulierung des S-Baches durchgeführt und sehe ihre Maßnahmen nunmehr massiv beeinträchtigt und langfristig gefährdet. Im Vorjahr habe ein Hochwasser das gesamte Betriebsgelände überflutet und einen Schaden von etwa S 2,5 Millionen verursacht.

Den Bewuchs und die Anlandungen im Gerinne und auch die von Fischern eingebauten Staustufen machten auch andere Anrainer des S-Baches zum Gegenstand beschwerdeführender Eingaben an die mP, welche diese Eingaben an die BH weiterleitete.

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens trug die BH mit Bescheid vom 16. Februar 1998 der mP unter Berufung auf § 138 Abs. 1 WRG 1959 auf , im Bereiche der näher beschriebenen wasserrechtlich bewilligten Regulierung und Verbauung des S-Baches in ihrem Ortsgebiet näher dargestellte Anlandungen (Spruchpunkt I. A. a) und näher dargestellten Bewuchs (Spruchpunkt I. A. b) zu entfernen sowie die als konsenslose Neuerungen anzusehenden Querbauwerke (rund 20 Einbauten zum Zwecke der Fischerei im gesamten Regulierungsverlauf) unter Wiederherstellung des vorigen Zustandes nach Maßgabe weiterer Vorschreibungen zu beseitigen (Spruchpunkt I. B). Mit Spruchpunkt II. verhielt die BH die mP zum Ersatz der Kommissionsgebühren.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 17. Juni 1998 wurde der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung der mP Folge gegeben und Spruchabschnitt I. des bekämpften Bescheides der BH vom 16. Februar 1998 gemäß § 66 Abs. 4 AVG aufgehoben.

Begründet wurde diese Entscheidung von der belangten Behörde mit der rechtlichen Erwägung, dass der allgemeinen gesetzlichen Erhaltungspflicht im Sinne des § 50 Abs. 1 WRG 1959 die im § 50 Abs. 6 WRG 1959 für Schutz- und Regulierungswasserbauten und für andere nicht der Wasserbenutzung dienende Wasseranlagen speziell geregelte Erhaltungspflicht gegenüberstehe. Demnach seien die mP und teilweise eine andere Gemeinde als aus den Bewilligungen Berechtigte zur Instandhaltung der Regulierung nur soweit verpflichtet, als aus deren Verfall Schäden zu befürchten seien. Die die Schutzwirkung der Anlage einschränkenden Ablagerungen und der Pflanzenbewuchs seien aber kein Verfall der Anlage im Sinne des § 50 Abs. 6 WRG 1959 und könnten einem solchen Verfall auch nicht sinngemäß gleichgehalten werden. Nur ein Schaden an der Bausubstanz nämlich wäre als Verfall zu bezeichnen. Der Bescheid der BH sei auf die mit den wasserrechtlichen Bewilligungen verbundenen Bescheidauflagen gestützt worden, mit welchen jeweils die Instandhaltung der Anlagen "im ordnungsgemäßen Zustand" angeordnet worden sei. Soweit es zur Durchsetzung bescheidmäßiger Anordnungen eines Behördenverfahrens bedürfe, sei ein Vollstreckungsverfahren durchzuführen, was auch für Nebenbestimmungen eines Bescheides gelte. Würden dagegen durch Bescheid festgelegte Handlungspflichten dem Verpflichteten mit einem neuerlichen Bescheid nochmals zur Erfüllung aufgetragen, dann würde dies einen Verstoß gegen den Grundsatz darstellen, dass in derselben Sache nur einmal zu entscheiden sei. Der in den Bewilligungsbescheiden jeweils enthaltene Auflagenpunkt über die ordnungsgemäße Instandhaltung der Anlage erscheine allerdings zu wenig konkretisiert, um als Vollstreckungstitel herangezogen werden zu können und habe eher den Stellenwert eines Hinweises auf die gesetzliche Instandhaltungspflicht. Für die im Interesse der Fischerei ohne wasserrechtliche Bewilligung errichteten Einbauten im S-Bach sei die mP nicht verantwortlich, weil die Einbauten nicht in ihrem Auftrag errichtet worden seien. Es sei der angefochtene Bescheid damit sowohl im Umfang seines Instandsetzungsauftrages (Entfernung von Ablagerungen und Bewuchs) als auch seines Entfernungsauftrages (Einbauten) aufzuheben gewesen. Den Eigentümern bedrohter oder beschädigter Liegenschaften und Anlagen obliege es gemäß § 50 Abs. 6 WRG 1959 in Verbindung mit § 42 Abs. 1 leg. cit. selbst, für deren Schutz zu sorgen. Die Vorschreibung von Kommissionsgebühren sei von der mP nicht bekämpft worden, weshalb der diesbezügliche Spruchabschnitt unberührt aufrecht bleibe.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Mit hg. Erkenntnis vom 18. September 2002, 98/07/0114, wurde dieser Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Verwaltungsgerichtshof führte - soweit für das Folgeverfahren wesentlich - aus, dass die beschwerdeführende Partei zu Recht geltend machte, dass die Voraussetzungen eines Anwendungsfalles der die Instandhaltungspflicht einschränkenden Bestimmung des § 50 Abs. 6 Satz 2 WRG 1959 im Beschwerdefall nicht vorgelegen seien. Der mP sei die Erhaltung der Anlage im ordnungsgemäßen Zustand im Bewilligungsbescheid vom 9. Juli 1960 dezidiert zur Pflicht gemacht worden. Von einem Übergang der Erhaltungspflicht an Beteiligte im Sinne des zweiten Satzes des genannten Spruchpunktes des Bewilligungsbescheides für die Regulierung seien weder die belangte Behörde noch die mP ausgegangen, sodass vom Vorliegen einer bescheidmäßig konkretisierten Verpflichtung der mP zur Erhaltung des Regulierungswasserbaus "im ordnungsgemäßen Zustande" auszugehen sei. Der im Bewilligungsbescheid gebrauchte Ausdruck "ordnungsgemäßer Zustand" sei aber etwas entschieden anderes als das, wovon im § 50 Abs. 6 Satz 2 WRG 1959 bei Beschreibung der dort eingeschränkten Erhaltungspflicht die Rede sei. Unter einem "ordnungsgemäßen Zustand" sei vielmehr jener zu verstehen, den § 50 Abs. 1 Satz 1 WRG 1959 beschreibe, und damit ein solcher Zustand, wie er der Bewilligung entspreche. Dass die in Rede stehende Bescheidbestimmung mangels ausreichender Bestimmtheit keine Rechtswirkungen entfalten könne, treffe somit nicht zu.

Auch das von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid hilfsweise gebrauchte Argument, die Vorschreibung einer schon bescheidmäßig festgestellten Handlungspflicht würde gegen den Grundsatz der Einmaligkeit behördlicher Entscheidungstätigkeit verstoßen, sei nicht tragfähig. Sei mit der genannten Auflage des Bewilligungsbescheides für die Bachregulierung die mP als zur Erhaltung des regulierten Gerinnes im ordnungsgemäßen Zustand verpflichtetes Rechtssubjekt bestimmt worden, dann habe ein die im Bewilligungsbescheid festgelegte Erhaltungspflicht konkretisierender wasserpolizeilicher Auftrag zur Nachholung unterlassener Arbeiten nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 gegen den Grundsatz der Einmaligkeit behördlicher Entscheidungstätigkeit nicht verstoßen können.

Ob die von der BH zum Gegenstand ihres zu Spruchpunkt I. A. erlassenen Auftrages vom 16. Februar 1998 gemachten Anlandungen und Bewuchserscheinungen im regulierten Gerinne aber nun tatsächlich dazu führten, dass sich der Regulierungswasserbau nicht mehr in einem der erteilten wasserrechtlichen Bewilligung entsprechenden Zustand befinde, sei von der BH bejaht, von der mP in der Berufung bestritten und von der belangten Behörde aber aus dem Grunde der von ihr vertretenen, vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Rechtsauffassung nicht geprüft worden.

Die belangte Behörde ergänzte ihr Ermittlungsverfahren und holte das Gutachten eines wasserbautechnischen Amtssachverständigen vom 15. Dezember 2004 ein. Dieses Gutachten hat folgenden Wortlaut:

"Bei einer Begehung und einer Geländeaufnahme im Bereich der Beschwerdeführerin konnte festgestellt werden, dass die Einbauten, welche seitens der Fischerei im Bereich der Beschwerdeführerin vorgenommen wurden, nicht mehr vorhanden waren. Diese Einbauten haben sich beim Hochwasserereignis im August 1996 negativ auf die Leistungsfähigkeit des Abflussprofils des S-Baches im gegenständlichen Bereich ausgewirkt.

Im Regulierungsprojekt aus dem Jahre 1959, welches im Juni 1960 verhandelt wurde, geht hervor, dass die K-Werte für die Regulierungsstrecke S-Bach km 0,0-km 2,370 über die gesamte Profilbreite mit 40 bis 45 angenommen wurden. Die K-Werte dieser Größenordnung wurden für eine gepflasterte Gerinne- und Uferausführung festgelegt.

In den letzten 40 Jahren hat sich das Querprofil im Bereich der Uferböschungen stark verändert. Statt der wie im Projekt vorgesehenen gepflasterten Böschungen sind die Ufer im Bereich der Beschwerdeführerin bis zur Böschungsoberkante zum Teil mit Humus, hohem Gras und Bewuchs versehen. Wie bereits in einer Stellungnahme vom 7.10.1996 aufgrund eines Lokalaugenscheines festgestellt wurde, ist die rechte Böschungsoberkante des Projektes im Bereich der Beschwerdeführerin um 20 cm tiefer als in den Ausführungsplänen aus dem Jahr 1965 und der Vermessungsskizze des Ing.-Konsulenten DI. H. Sch. (vorgelegt von der Beschwerdeführerin).

Ebenfalls behindern Büsche und dünne Bäume den im Projekt von 1960 errechneten bewilligten Abfluss im Profil. Dies führt zu einer Reduktion der K-Werte in den Uferbereichen und somit zu einer Verminderung der Abflussleistungsfähigkeit des bewilligten Profilquerschnitts des S-Baches im Projektsbereich.

Die K-Werte in den Uferbereichen haben sich von bewilligten ks=40 auf teilweise ks=8 verändert.

Da die K-Werte an den Böschungen einen großen Anteil des Gesamtprofils ausmachen, spielt dies eine wesentliche Rolle.

Im derzeitigen Zustand (mit Bewuchs) der Regulierung sind die Profile im Bereich der Beschwerdeführerin km 0,681 bis 2,370 teilweise nicht in der Lage, Hochwässer mit einer Abflussspitze von 70 m3/s ohne Ausuferung und somit Überflutung von Nachbargrundstücken abzuführen.

Da die rechte Uferkrone im Bereich der Beschwerdeführerin aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen teilweise um 20 cm tiefer ist als im wasserrechtlich bewilligten Projekt, wäre ein K-Wert von 40 für die Uferböschungen notwendig um Ausuferungen zu verhindern.

Würde man die rechte Uferkrone im Bereich der Beschwerdeführerin so herstellen wie im Projekt (+20cm) vorgesehen, wären für die Uferböschungen K-Werte von 27 notwendig, um den bordvollen Abfluss eines Hochwasserereignisses mit einer Abflussspitze von 70 m3/s zu gewährleisten.

Da ein K-Wert für die Uferböschung von 27 bis 40 üblicherweise höchstens Bewuchs in Form von hohem Gras bis Rasen zulässt, ist aus hydrologischer Sicht von einer Bepflanzung der Böschungen bis zur Böschungsoberkante durch Bäume und Buschwerk abzuraten."

Die Beschwerdeführerin äußerte sich zu diesem Gutachten mit einem Schriftsatz vom 5. Jänner 2005, in welchem sie darauf hinwies, dass das bescheidgemäße Regulierungsprofil eine Abflusskapazität von 70,4 m3/sec (HQ30) und darüber hinausgehend ein 30 cm hohes Freibord vorsehe, unter dessen Einbeziehung, also bei bordvollem Gerinne, die Abflusskapazität 90 m3/sec betrage. Die unter Einbeziehung des Freibordes gegebene Reserve-Abflusskapazität sei gerade im Bereiche der Betriebsliegenschaft der Beschwerdeführerin, wo das Bachbett kurvenförmig verlaufe und die Ausuferungsgefahr schon deshalb vergrößert sei, bedeutsam. Das Freibord sei infolge der Absenkung der rechten Uferkrone gegenüber dem bewilligten Projekt zum Großteil nicht mehr vorhanden und es sei zur Sicherstellung einer Abflussleistung von 70 m3/sec bei dieser reduzierten Uferhöhe ein K-Wert von 40 für die Uferböschungen notwendig, um Ausuferungen zu verhindern. Die Absenkung der rechten Uferkrone auf ihrer Betriebsliegenschaft sei keinesfalls durch Maßnahmen ihrerseits, sondern mit großer Wahrscheinlichkeit durch die Errichtung des Verbandssammlers des Reinhalteverbandes in diesem Bereich entstanden. Es dürfe unter keinen Umständen eine Absenkung des K-Wertes für die Uferböschungen auf 27 unter Annahme einer Wiederherstellung der projektgemäßen Uferhöhe geduldet werden, daher auch keine Verkrautung und kein Bewuchs im regulierten Gerinne, der eine solche Reduzierung des Abflussbeiwertes nach sich ziehen würde. Der K-Wert von 27 gelte nach den Gutachtensausführungen nur für den hypothetischen Fall einer Aufstockung der Uferkrone auf die projektgemäße Höhe, also mit Freibord, und einer Abflusskapazität von nur 70 m3/sec bei bordvollem Gerinne, während projektgemäß das bordvolle Gerinne 90 m3/sec abführen müsste. Zur Erreichung dieser Kapazität müsse also der K-Wert wieder im Bereiche von 40, jedenfalls weit über 27 liegen. Ein Bewuchs der Uferböschungen in welcher Form immer, müsse zu einer bewilligungswidrigen Verringerung der Abflusskapazität führen. Dazu gehöre auch bereits die Verringerung oder der Verlust der durch das Freibord zu gewährleistenden Reserve-Abflusskapazität.

Auch die mP erstattete eine Stellungnahme vom 1. Jänner 2005, in der sie die Ursachen für die vom Sachverständigen festgestellte Veränderung im Bereich der Uferböschungen näher darstellte. Diese Anlandungen und der Bewuchs könnten nur durch eine dauernde Betreuung des Fußbettes minimiert, niemals aber gänzlich ausgeschaltet werden. Hier stoße die mP aber an die Grenzen des Machbaren, weil Personalressourcen für eine dauernde Betreuung nicht zur Verfügung stünden und weil andererseits ein Bachbett nicht klinisch rein gehalten werden könne. Sie habe zumindest in Teilbereichen bereits mehrfach das Gerinne von Bewuchs befreit, innerhalb kürzester Zeit seien aber Gras, Buschwerk und Bäume wieder nachgewachsen und die Abfuhrkapazität wieder eingeschränkt worden. Die mP sei daher zu einer Instandhaltung des den Konsens entsprechenden Zustandes gar nicht in der Lage, weshalb ihrer Ansicht nach der Begriff der ordnungsgemäßen Instandhaltung neu zu definieren sei. Auch gehörten ihrer Ansicht nach aus diesem Grund die K-Werte und die Abflussleistungsfähigkeit des Regulierungsbauwerkes nach unten korrigiert. Weiters stelle sich die Frage, ob die regelmäßige Entfernung von Bewuchs und Anlandungen eine Dauervorschreibung darstelle oder ob diese nur nach vorausgehender wasserrechtlicher Bewilligung zulässig sei. Zur tiefergelegenen rechten Uferkrone sei festzuhalten, dass diese Angelegenheit nicht Gegenstand des anhängigen Berufungsverfahrens sei und dass dafür keinesfalls die mP verantwortlich zeichne. In diesem Zusammenhang verweist die mP auf ein Gutachten in einem Kollaudierungsverfahren betreffend die Kanalherstellung vor dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft vom 27. Oktober 1997 bzw. auf ein Teilurteil des Landesgerichtes W vom 22. März 1999, woraus ihrer Ansicht nach hervorgehe, dass kein Zusammenhang der Uferabsenkung mit der Kanalherstellung bestehe bzw. dass eine solche Absenkung überhaupt nicht nachweisbar sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 4. März 2005 gab die belangte Behörde der gegen den Bescheid der BH vom 16. Februar 1998 erhobenen Berufung teilweise insoweit Folge, dass dieser Bescheid

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen.

Nach § 138 Abs. 6 WRG 1959 sind als Betroffene im Sinne des Abs. 1 die Inhaber bestehender Rechte (§ 12 Abs. 2), die Fischereiberechtigten sowie die Einforstungsberechtigten anzusehen.

Aus dem diesen Fall betreffenden Vorerkenntnis vom 18. September 2002 ergibt sich, dass die mP als Instandhaltungsverpflichtete zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes verpflichtet werden konnte. Die mP war zur Erhaltung des Regulierungswasserbaues "in ordnungsgemäßem Zustand", dh in einem der Bewilligung entsprechenden Zustand, verpflichtet.

Die Beschwerdeführerin ist Betroffene im Sinne des § 138 Abs. 6 WRG 1959; als ihre beeinträchtigen Rechte im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959 nennt sie als Grundnachbarin des S-Baches - ihre Betriebsliegenschaft ist im Abschnitt km 1,5 bis 1,8 angesiedelt - die Beeinträchtigung ihrer Grundstücke durch Hochwasser.

Mit Spruchpunkt I. A. b) gg) des Bescheides der BH vom 16. Februar 1998 war für diesen Teilbereich die Entfernung jeglichen Bewuchses sowohl links- als auch rechtsufrig angeordnet worden. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde insofern eine Änderung vorgenommen, als in diesem Bereich die Verpflichtung zur Entfernung des Bewuchses auf Gehölzbewuchs eingeschränkt wurde.

Die Beschwerde richtet sich gegen den angefochtenen Bescheid im Umfang dieser Reduktion der Entfernungsverpflichtung. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin schmälert diese Einschränkung das Abflussvermögen des regulierten Gerinnes auf ein Maß, das dem Instandhaltungsauftrag der mP nicht mehr entspreche.

Die Beschwerdeführerin meint, die Sicherheitsfunktion des Freibordes, das Bestandteil des bescheidmäßig bewilligten Gerinnequerschnittes sei, dürfe nicht in das HQ30 abdeckende Abfuhrvermögen von 70 m3/sec einbezogen werden. Der wesentliche Inhalt des eingeholten hydrologischen Gutachtens werde unrichtig wiedergegeben. Nicht schon dann, wenn das Regulierungsprofil von Einbauten befreit bleibe und auch der Gehölzbewuchs beseitigt werde und die Böschungen höchstens Grasbewuchs aufwiesen, sei eine Abflusskapazität von 70 m3/sec sichergestellt, sondern nur unter der Bedingung, dass die rechte Uferkrone im Bereich des Betriebsgeländes so hergestellt werde wie im Projekt vorgesehen. Dies gelte insbesondere für jenen Abschnitt, wo die rechte Uferkrone um 20 cm niedriger sei. Bei projektsgemäßer Herstellung wären für die Uferböschungen K-Werte von 27 notwendig bzw. ausreichend, um den bordvollen Abfluss einer Hochwasserspitze von 70 3/sec zu gewährleisten. Die Uferböschung werde im Bereich ihres Betriebsgeländes aber nicht auf die projekt- und bescheidgemäße Höhe wieder hergestellt und es werde auch der mP kein solcher Auftrag erteilt. Zudem sei die Einschränkung der Wahrungspflicht auf Gehölzbewuchs viel zu indifferent, zumal es zwischen Bewuchs mit Gras bzw. Rasen und gehölzartigem Bewuchs eine Vielzahl von hoch- und feststieligen, nicht hölzernen Gewächsen (etwa Schilf) gebe. Bedenke man weiters, dass die Verpflichtung zur Entfernung von Anlandungen unverändert bleibe, der Wuchs aber nicht auf den nackten Auskleidungssteinen sondern nur auf angelandeter Bodensubstanz gedeihen könne, sei die Schlüssigkeit des Bescheides an sich in Zweifel zu ziehen.

Aus dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft W vom 9. Juli 1960 geht im Zusammenhang mit den vorgelegten Projektsunterlagen hervor, dass das Projekt eine Regulierung für das 30-jährige Hochwasser, also für den Abfluss von 70 m3/sec, vorgesehen hat. Im Bereich des hier interessierenden Abschnittes sollte nach der hydraulischen und statischen Berechnung ein Trapezprofil mit 4,70 m Sohl- und 12,20 m Kronenbreite bzw. ein Rechteckprofil mit 8,10 m Breite ausgebaut werden. Darin sollte im Trapezprofil bei einer Fülltiefe von 2,20 m die Menge von 70,40 m3/sec, bei einer Tiefe von 2,50 m (bordvoll) 90,0 m3/sec, im Rechteckprofil bei einer Fülltiefe von 2,20 m die Menge von 70,10 m3/sec, bordvoll die Menge von 94,6 m3/sec abgeführt werden. Daraus ergibt sich, dass, zusätzlich zur Abflussmenge des HQ30 (70 m3/sec) ein Freibord im Ausmaß von 30 cm vorgesehen war, bei dessen Auffüllung (bordvoller Verfüllung) die Abfuhr eines Hochwassers im Ausmaß von 90,0 m3/sec gewährleistet war. Als K-Werte wurden im Bewilligungsbescheid 40 bzw. 45 angenommen.

Daraus folgt, dass die Einrichtung eines Freibordes in der Höhe von 30 cm als Sicherheitsstreifen vorgesehen und Projektsbestandteil war; eine konsensgemäße Ausführung des Regulierungsquerschnittes läge somit nur dann vor, wenn bei Freihaltung des Freibordes in dieser Höhe eine Wassermenge von 70 m3/sec abgeführt werden könnte.

Fraglich ist, ob die Beschwerdeführerin als Betroffene im Sinne des § 138 Abs. 6 WRG 1959 einen Anspruch auf den Zustand hat, der im Jahr 1960 bewilligt wurde, somit auf das Bestehen eines Freibordes von 30 cm oberhalb der Abflussspitze von 70 m3/sec.

Die Definition des Betroffenen im § 138 Abs. 6 WRG 1959 sagt nämlich nichts darüber aus, welche Auswirkungen eine eigenmächtige Neuerung auf diese Rechte haben muss, um dem Inhaber eines solchen Rechts einen Anspruch auf Beseitigung dieser Neuerung zu geben. Demnach ist als Betroffener nur derjenige anzusehen, in dessen Rechte durch die eigenmächtige Neuerung eingegriffen wird. Ein Anspruch auf Beseitigung einer eigenmächtigen Neuerung besteht daher nur dann, wenn durch diese die im § 138 Abs. 6 WRG 1959 genannten Rechte tatsächlich beeinträchtigt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. April 1998, 98/07/0004). Ein auf Antrag eines Betroffenen erlassener Beseitigungsauftrag gemäß § 138 Abs. 1 WRG 1959 ist daher nur soweit gerechtfertigt, als dies zur Beseitigung der Verletzung der wasserrechtlich geschützten Rechte erforderlich ist (vgl. unter anderem das hg. Erkenntnis vom 25. Oktober 1994, 93/07/0018, VwSlg 14150 A/1994).

§ 12 Abs. 2 WRG 1959 nennt unter anderem das Grundeigentum. Dass die im Gegenstand vorliegende eigenmächtige Neuerung im Falle von Überschwemmungen geeignet ist, das Grundeigentum der Beschwerdeführerin als Betroffener zu beeinträchtigen, liegt auf der Hand. Die Beschwerdeführerin hat daher jedenfalls einen Anspruch auf ein Vorgehen der Behörde nach § 138 Abs. 1 WRG 1959.

Wie dargestellt, ist ein solcher Auftrag aber nur soweit gerechtfertigt, als er zur Beseitigung der Verletzung der wasserrechtlich geschützten Rechte erforderlich ist. Eine solche Verletzung des Grundeigentums der Beschwerdeführerin käme dann in Betracht, wenn ihre Liegenschaft durch die Auswirkungen einer durch die Neuerung bedingten Änderung der Hochwasserabfuhr größere Nachteile im Hochwasserfall als bei konsensgemäßem Zustand erfahren würde, wobei nach § 38 Abs. 3 WRG 1959 als Beurteilungsmaßstab ein 30-jährliches Hochwasser heranzuziehen ist (vgl. das zum Bewilligungsverfahren ergangene hg. Erkenntnis vom 25. Juli 2002, 2001/07/0037).

Der Beschwerdeführerin kommt daher ein Rechtsanspruch auf Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes zu, der im Falle eines 30- jährlichen Hochwassers ihre Grundstücke zu schützen imstande ist. Wie bereits dargestellt, geht aus dem bewilligten Projekt aus dem Jahr 1960 hervor, dass eine sichere Abfuhr des 30-jährlichen Hochwassers die Errichtung des Freibordes als Sicherheitsstreifen mit einschloss. Der Beschwerdeführerin kommt daher ein Rechtsanspruch auf Herstellung des der erteilten Bewilligung in diesem Bereich entsprechenden Zustandes zu.

Vor diesem Hintergrund ergibt sich eine Ergänzungsbedürftigkeit des Gutachtens. Dem Gutachten ist offensichtlich die Annahme zu Grunde gelegt, dass der bordvolle Abfluss eines Hochwasserereignisses mit einer Abflussspitze von 70 m3/sec zu gewährleisten wäre. Den Einreichunterlagen, die dem Bewilligungsbescheid aus 1960 zu Grunde liegen, ist aber zu entnehmen, dass der bordvolle Abfluss in diesem Bereich 90 m3/sec betragen bzw. dass bei einer Menge von 70 m3/sec noch das Freibord von 30 cm frei bleiben sollte. Der vom Sachverständigen seiner Beurteilung zu Grunde gelegte Ansatz (bei bordvoller Verfüllung 70 m3/sec) geht nicht vom konsensgemäßen Zustand der Regulierung aus. Aus dem Gutachten geht aber nicht hervor, welche Maßnahmen baulicher oder sonstiger Art notwendig wären, um den im Projekt bewilligten Zustand (Abfuhr von 70 m3/sec und zusätzlich ein Freibord vom 30 cm) herbeizuführen.

Daraus folgt, dass bei Erfüllung des unter Bezugnahme auf das Gutachten formulierten wasserpolizeilichen Auftrages daher nicht der Zustand hergestellt werden würde, der dem Konsens entsprach und auf dessen Herstellung der Beschwerdeführerin ein Rechtsanspruch zustand. Insofern verletzte der angefochtene Bescheid Rechte der Beschwerdeführerin.

In der Gegenschrift argumentiert die belangte Behörde in diesem Zusammenhang damit, dass die - auch mit der Errichtung des Freibordes möglicherweise einhergehende - Erhöhung der Böschungsoberkante von der BH nicht angeordnet worden und es ihr daher verwehrt sei, im Rahmen der Berufungsentscheidung die Wiederherstellung des ursprünglichen Regelungsprofils anzuordnen.

Der Verwaltungsgerichtshof kann dieser Ansicht nicht folgen. Sache des Berufungsverfahrens ist die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes im Bereich der Regulierung des S-Baches. Eine solche Vorschreibung (Erhöhung der Böschungsoberkante) bewegte sich innerhalb dieser Sache; die Berufungsbehörde kann auch im Rahmen des Berufungsverfahrens die notwendigen Aufträge in jede Richtung abändern und ergänzen. Sie ist nicht gehindert, inhaltlich dem wasserpolizeilichen Auftrag eine eigene und vom Inhalt des Bescheides erster Instanz abweichende Gestalt zu geben.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 28. September 2006

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