Normen
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z1;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z2;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z3;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z1;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z2;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z3;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs 3 iVm § 8 Abs 1 des Waffengesetzes 1996 (WaffG) die ihm am 13. Juni 1986 ausgestellte Waffenbesitzkarte entzogen. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass am 17. Juli 2001 gegen 23.20 Uhr Sicherheitswachebeamte an die Wohnadresse des Beschwerdeführers ("Einsatzgrund: Mann schlägt Frau") beordert worden seien. Die damalige Gattin des Beschwerdeführers habe gegenüber den einschreitenden Beamten angegeben, dass der Beschwerdeführer betrunken nach Hause gekommen sei und sich ein Streitgespräch entwickelt habe. Anschließend sei der Beschwerdeführer handgreiflich geworden, habe sie aufs Bett geworfen und auf sie eingeschlagen. In der Folge habe er seine Waffe geholt und im Schlafzimmer mit Plastikgeschoßen gegen die Wände und auf die Türe geschossen. Durch die Aussage, dass er sie umbringen werde und durch das Herumfuchteln mit der Waffe hätte sie sich ernsthaft bedroht gefühlt und um ihr Leben gefürchtet. Durch die Misshandlung sei sie nicht verletzt worden, doch habe der Beschwerdeführer sie in der Vergangenheit bereits öfters geschlagen. Der Beschwerdeführer habe eingestanden, dass ein Streitgespräch stattgefunden habe und er gemeinsam mit seiner Frau im Schlafzimmer auf einen Salzstreuer geschossen habe. Ausdrücklich habe er bestritten, dass er seine Frau geschlagen und auf sie geschossen habe. Auch sei beim Streitgespräch nicht er, sondern vielmehr seine Gattin ihm gegenüber aggressiv gewesen. Von den Beamten hätten Einschüsse in den Wänden und der Decke wahrgenommen werden können. In der Schlafzimmertüre sei zudem ein Plastikprojektil gesteckt. Gegen den Beschwerdeführer sei ein Wegweisungs- bzw Betretungsverbot gemäß § 38a Sicherheitspolizeigesetz erlassen worden; zudem sei er wegen des Verdachtes der gefährlichen Drohung zunächst festgenommen, jedoch auf Grund der von seiner damaligen Ehefrau nicht erteilten Ermächtigung zur Strafverfolgung auf freiem Fuße angezeigt worden. Die Erstbehörde habe daraufhin im Mandatsverfahren ein Waffenverbot gegen den Beschwerdeführer erlassen. Nach Einbringung einer Vorstellung sei der Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Ermittlungsverfahren von einem Amtsarzt untersucht worden, wobei aus amtsärztlicher Sicht eine unauffällige Persönlichkeitsstruktur festgestellt worden sei. Der Amtsarzt sei zu dem Schluss gekommen, dass aus medizinischer Sicht keine begründeten Tatsachen im Sinne des § 8 Abs 1 WaffG bestünden und zudem die Voraussetzungen zur Erlassung eines Waffenverbotes nicht vorliegen würden. Die Erstbehörde habe daraufhin den Waffenverbotsbescheid behoben. Im Zuge des daraufhin von der Erstbehörde eingeleiteten Verfahrens zur Entziehung der Waffenbesitzkarte habe der Beschwerdeführer im Wesentlichen vorgebracht, dass er seit 1992 ein unbescholtener pragmatisierter Bediensteter der Stadt Wien sei und seine Waffe zur Ausübung des Schießsportes verwende. Seine damalige Ehefrau habe zum Vorfallszeitpunkt nicht in seiner Wohnung gewohnt, sie sei vielmehr bereits zuvor aus der ehelichen Wohnung ausgezogen, weil sie eine Beziehung zu einem anderen Mann eingegangen sei. Am 17. Juli 2001 habe ihn seine Gattin überraschend besucht und es sei zu einer friedlichen Aussprache über ihre Beziehung gekommen. Seine Ehefrau habe in der Folge die bereits für die Sportausübung hergerichtete Waffe gesehen und ihn eindringlich darum ersucht, ihr die Waffe zu zeigen. Auf ausdrückliches Ersuchen habe er zu Demonstrationszwecken mit Plastikmunition, die für Zielschießen in Wohnräumlichkeiten bis 3 m konstruiert und daher völlig ungefährlich sei, einige Schüsse auf einen Salzstreuer und eine Tür abgegeben. Er habe dabei die Demonstration der Waffe so durchgeführt, dass nie eine Gefahr für seine Ehefrau bestanden habe, zumal die von ihm verwendete Munition auch lautlos sei und ohne Schwierigkeiten in Wohnräumlichkeiten verwendet werden könne. Erst zu einem späteren Zeitpunkt sei es zu einem Streitgespräch gekommen, weil seine Ehefrau ihn um Zustimmung ersucht habe, dass auch ihr Freund in die eheliche Wohnung einziehen dürfe. Nachdem der Beschwerdeführer seiner Ehefrau mitgeteilt habe, dass er kein Vertrauen mehr zu ihr habe und beabsichtige, eine Scheidungsklage einzubringen, habe er sich schlafen gelegt. Seine Ehefrau, welche ausländische Staatsbürgerin sei, hätte im Falle einer Scheidung mit fremdenrechtlichen Problemen zu kämpfen gehabt und ihre wahrheitswidrigen Angaben wären offensichtlich erfolgt, um sich eine bessere Stellung in einem eventuellen Scheidungsverfahren zu verschaffen. In der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid, mit dem die Waffenbesitzkarte entzogen worden sei, habe der Beschwerdeführer im Wesentlichen moniert, dass die von ihm namentlich genannten Zeugen nicht einvernommen worden seien und dass das polizeiamtsärztliche Gutachten, wonach aus medizinischer und psychologischer Sicht eine Verlässlichkeit im Sinne des § 8 WaffG anzunehmen sei, im bekämpften Bescheid keine Berücksichtigung gefunden habe. Auch habe die Erstbehörde den Berufungswerber selbst nicht persönlich einvernommen und sich somit kein unmittelbares Bild über seine Glaubwürdigkeit und Persönlichkeitsstruktur verschafft.
Im Zuge des Berufungsverfahrens sei eine gutachterliche Äußerung des Waffenreferates der Bundespolizeidirektion Wien eingeholt worden. Die praktische Versuchsreihe der vom Beschwerdeführer verwendeten Munition habe ergeben, dass die Eindringtiefen in Holz und Gipskartonplatten relativ hoch seien. So habe etwa die Eindringtiefe bei der Schussabgabe auf eine Gipskartonplatte aus einer Entfernung von drei Metern noch 9,5 mm betragen. Bei einer Schussabgabe auf ein trockenes gehobeltes Fichtenbrett aus fünf Meter Entfernung im Winkel von 30 Grad habe die Eindringtiefe immerhin noch 2,5 mm betragen. Die vom Holz zurückprallenden Querschläger würden eine zumindest schmerzhafte Hämatombildung bis zu einer Entfernung von ca 3 bis 4 m vom Zielmedium verursachen. Abgesehen von den Beschädigungen der Einrichtungsgegenstände würde ein Schießen in Wohnräumen ohne einen geeigneten Geschoßfang daher als zumindest leichtsinnig zu beurteilen sein, das Verletzungsrisiko des Schützen bzw sonstiger im Raum befindlicher Personen würde durch Querschläger sehr hoch und als nicht einschätzbar erachtet.
Der Beschwerdeführer habe dazu geltend gemacht, dass die bei der Versuchsreihe verwendeten Geschoße nicht mit den von ihm verwendeten ident seien. Erstmals habe er auch vorgebracht, dass hinter dem Salzstreuer eine Holztafel im Ausmaß von etwa 1,5 bis 2 m angebracht gewesen sei, über der eine Daunendecke gelegen sei, sodass eine geeignete Auffangvorrichtung bestanden habe. Die Schüsse auf die Türe wären aus einer Entfernung von zumindest fünf Metern abgegeben worden. Die Einkerbungen an der Türe bzw am Türstock habe der Beschwerdeführer damit zu erklären versucht, dass diese Einrichtungsgegenstände mit einer "1 mm dicken Mahagoniplatte" überzogen wären bzw das Geschoß genau über einem Hohlraum, welcher sich in der Spanplatte gebildet hätte, aufgetroffen wäre. Zudem sei die Schussrichtung so gewählt worden, dass infolge der räumlichen Verhältnisse weder er noch seine Ehefrau hätte gefährdet werden können.
Im Hinblick auf die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe schwache Zündhütchen verwendet, "welche schon nach 3 bis 5 m zu Boden gefallen wären", sei eine ergänzende Stellungnahme des Waffenreferates eingeholt worden. Diesbezügliche Erhebungen hätten ergeben, dass die Angaben des Beschwerdeführers nicht nachvollzogen werden könnten, zumal kein Hersteller schwächere Zündhütchen als die beim Versuch verwendeten erzeugt habe.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei bei der Wertung einer Person als "verlässlich" im Sinne des Waffengesetzes ihre gesamte Geisteshaltung und Sinnesart ins Auge zu fassen. Angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses sei nach Sinn und Zweck der Regelung des Waffengesetzes bei der Prüfung der Verlässlichkeit ein strenger Maßstab anzulegen. Die solcherart anzustellende Verhaltensprognose könne dabei bereits auf der Grundlage eines einzigen Vorfalles wegen besonderer Umstände den Entschluss rechtfertigen, der vom Entzug waffenrechtlicher Urkunden Betroffene biete keine hinreichende Gewähr mehr, dass er von Waffen keinen missbräuchlichen oder leichtfertigen Gebrauch machen werde.
Wörtlich heißt es sodann:
"Würde man in diesem Zusammenhang der Verantwortung der Exgattin des Berufungswerbers Glauben schenken, dass der Berufungswerber tatsächlich im Zuge eines Streitgespräches die Contenance verloren hatte und mit Übungspatronen auf die Wand, die Tür sowie die Decke geschossen habe, um sie einzuschüchtern bzw. gefährlich zu bedrohen, so wäre dem Berufungswerber vor dem Hintergrund der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 06.11.1997. Zl. 95/20/0760 bereits aus diesem Grund die Verlässlichkeit im Sinne des Waffengesetzes abzusprechen. (...) Würde man andererseits - im Zweifel zu Gunsten des Berufungswerbers - vor allem im Hinblick auf die Nichterteilung der Zustimmung der (nunmehr) Exgattin des Berufungswerbers zu dessen Strafverfolgung - davon ausgehen, dass der Berufungswerber seine Exgattin weder misshandelt noch seine Waffe gegen sie gerichtet und in der Folge seine verbalen Drohungen auch nicht durch Schussabgaben verstärkt hat, so ist die Tatsache der Schussabgabe - bzw. die Art und Weise der Ausführung - mit Übungspatronen als jener für die Beurteilung der waffenrechtlichen Verlässlichkeit des Berufungswerbers maßgebliche Sachverhalt zu betrachten."
Diesbezüglich sei unbestritten, dass der Beschwerdeführer zum Vorfallszeitpunkt mehrere Schüsse mit Übungspatronen in seiner Wohnung abgegeben habe. Die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe Übungspatronen verwendet, welche nach 3 bzw 5 m nach dem Austritt aus dem Lauf zu Boden gefallen seien, müsse vor dem Hintergrund der in sich schlüssigen gutachterlichen Äußerung als bloße Schutzbehauptung gewertet werden. Auch die in einer Stellungnahme vom 15. April 2004 angeführte Behauptung, wonach sich hinter dem Salzstreuer, auf den geschossen worden sei, eine Auffangvorrichtung (Holztafel und darüber eine Daunendecke) befunden habe, sei nicht als erwiesen anzunehmen. Einerseits lasse der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang jegliche Erklärung vermissen, weshalb dieser Umstand erst nach Vorhalt des Gutachtens vom 1. April 2004 vorgebracht worden sei und nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt, da es doch im Interesse des Beschwerdeführers gelegen sein müsste, für ihn entlastende und bei der Beurteilung des sorgfältigen Umganges mit Schusswaffen begünstigende Umstände vorzubringen. Zudem habe der Beschwerdeführer ausdrücklich angegeben, dass ein Zusammenräumen der Wohnung nach der ehelichen Auseinandersetzung unterblieben sei. Diesfalls hätte das angeblich als Kugelfang dienende Brett bzw die Decke von den einschreitenden Sicherheitswachebeamten wahrgenommen werden müssen, was nicht geschehen sei. Abgesehen davon sei zu diesem Zeitpunkt von einem Übungsschießen auf einen Salzstreuer keine Rede gewesen. Bemerkenswert erscheine in diesem Zusammenhang, dass der Beschwerdeführer als Beweis für den von ihm behaupteten Sachverhalt nicht einmal die niederschriftliche Einvernahme seiner ehemaligen Ehefrau beantragt habe und zudem bis zum Entscheidungszeitpunkt keine von ihm angebotene Erklärung seiner ehemaligen Ehefrau über den genauen Ablauf der Ereignisse am Vorfallstag übermittelt habe.
Da der Beschwerdeführer kein Gegengutachten über die Wirkungsweise der Übungspatronen "vorgesehen" habe, habe die belangte Behörde "unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des ausreichend geführten Ermittlungsverfahrens" ohne weitere Beweise - etwa einen Ortsaugenschein - aufzunehmen, nach freier Beweiswürdigung davon ausgehen können, dass der Beschwerdeführer mit Plastikübungspatronen auf die Türe, den Türstock bzw die Decke geschossen habe. Letztendlich sei bloß behauptet, jedoch nicht nachgewiesen worden, dass der Beschwerdeführer tatsächlich Schüsse auf einen Salzstreuer abgegeben habe. Selbst wenn man der diesbezüglichen Verantwortung des Beschwerdeführers Glauben schenken möge, so sei es ihm nicht gelungen, glaubhaft zu belegen, dass er den Geschoßfang in der von ihm beschriebenen Art tatsächlich verwendet habe.
Unter weiterer Bedachtnahme auf das Gutachten, wonach Plastikmunition für Demonstrationszwecke nicht vorgesehen sei und die Gefahr von Querschlägen und Verletzungen auf Grund der Bauart und Wirkungsweise dieser Patronen sehr hoch und nicht einschätzbar sei, sei die erkennende Behörde zu der Ansicht gelangt, dass der Beschwerdeführer am Vorfallstag "selbst unter der Annahme, dass (der Beschwerdeführer) seine Waffe nicht gegenüber seiner Ex-Gattin missbräuchlich verwendete" sich selbst und seine ehemalige Ehefrau durch die Schussabgabe einem immanenten Verletzungsrisiko ausgesetzt und dadurch einen besonders leichtsinnigen Gebrauch von seiner Waffe gemacht habe. Auch liege das Fehlverhalten noch keineswegs so lange zurück, dass der Beobachtungszeitraum ausreichend erscheine, um davon ausgehen zu können, dass der Beschwerdeführer nicht erneut ein solches Verhalten setze, welches die eigene bzw die körperliche Integrität anderer gefährde. Die belangte Behörde sei daher zu einer nachteiligen Verhaltensprognose im Sinne des § 8 Abs 1 WaffG gelangt, weshalb der Beschwerdeführer nicht (mehr) als verlässlich anzusehen sei. Dieser Ansicht stehe auch das polizeiamtsärztliche Gutachten nicht entgegen, wonach der Beschwerdeführer eine unauffällige Persönlichkeitsstruktur aufweise und sohin aus medizinischer Sicht keine begründeten Tatsachen im Sinne des § 8 Abs 1 WaffG vorgelegen wären, hätten doch nicht medizinische Gründe, sondern die Begleitumstände der Schussabgabe zur negativen Zukunftsprognose geführt, zumal dieses Verhalten als gravierende Fehlleistung anzusehen und das für die Bejahung eines Sorgfaltsverstoßes erforderliche Mindestmaß bei weitem überschritten worden sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, diesen kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand und stellte den Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 25 Abs 3 WaffG hat die Behörde waffenrechtliche Urkunden zu entziehen, wenn sich ergibt, dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist.
Gemäß § 8 Abs 1 WaffG ist ein Mensch verlässlich, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1. Waffen missbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird;
- 2. mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird;
3. Waffen Menschen überlassen wird, die zum Besitz solcher Waffen nicht berechtigt sind.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Wertung einer Person als "verlässlich" im Sinne des WaffG ihre gesamte Geisteshaltung und Sinnesart ins Auge zu fassen, weil der Begriff der Verlässlichkeit der Ausdruck ihrer Wesenheit, nicht aber ein Werturteil über ihr Tun und Lassen im Einzelfall ist. Bestimmte Verhaltensweisen und Charaktereigenschaften einer Person können demnach die Folgerung rechtfertigen, dass die vom WaffG geforderte Verlässlichkeit nicht gewährleistet ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat auch in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses nach Sinn und Zweck der Regelung des WaffG bei der Prüfung der Verlässlichkeit ein strenger Maßstab anzulegen ist. Die solcherart anzustellende Verhaltensprognose kann dabei bereits auf der Grundlage eines einzigen Vorfalles wegen besonderer Umstände den Schluss rechtfertigen, der vom Entzug waffenrechtlicher Urkunden Betroffene biete keine hinreichende Gewähr mehr, dass er von Waffen keinen missbräuchlichen oder leichtfertigen Gebrauch machen werde (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 31. März 2005, Zl 2005/03/0030). Die "Tatsachen" im Sinne des § 8 Abs 1 WaffG als Ausgangspunkt der Prognoseentscheidung sind nicht eingeschränkt; es kommt jede Verhaltensweise, jede Charaktereigenschaft der zu beurteilenden Person in Betracht, die nach den Denkgesetzen und der Erfahrung einen Schluss auf ihr zukünftiges Verhalten im Sinne des § 8 Abs 1 Z 1 bis 3 WaffG zulässt, also erwarten lässt, der Betreffende werde Waffen missbräuchlich oder leichtfertig verwenden, damit unvorsichtig umgehen oder sie nicht sorgfältig verwahren oder sie Menschen überlassen, die zu deren Besitz nicht berechtigt sind.
Die belangte Behörde hat den entscheidungserheblichen Sachverhalt amtswegig zu ermitteln, wobei ihr auch die Verpflichtung obliegt, alle ihr sich bietenden Erkenntnisquellen sorgfältig auszuschöpfen und insbesondere alle Umstände zu erheben, die sich nach der Sachlage anbieten oder als sachdienlich erweisen könnten (vgl das hg Erkenntnis vom 11. Dezember 2002, Zl 99/03/0358).
Das gegenständliche, auf den Entzug der Waffenbesitzkarte gerichtete Verwaltungsverfahren wurde auf Grund eines auch im angefochtenen Bescheid dargelegten Vorfalls eingeleitet, bei dem es wegen einer von seiner damaligen Ehefrau behaupteten Aggressionshandlung des Beschwerdeführers zu einem Einschreiten der Polizei gekommen ist. Der Beschwerdeführer hat die in der Anzeige vom 18. Juli 2001 festgehaltenen Aussagen seiner damaligen Ehefrau - welche unter anderem angegeben hatte, dass er sie mit dem Umbringen bedroht und mit der Waffe "herumgefuchtelt" habe - bestritten, und er hat auch konkret dargelegt, wie sich der Vorfall aus seiner Sicht ereignet hat. Da somit vollkommen unterschiedliche Schilderungen der für die zu entscheidende Rechtsfrage wesentlichen Tatumstände vorlagen, durfte sich die Behörde nicht damit begnügen, das Vorbringen des Beschwerdeführers (als teilweise unglaubwürdig) zu würdigen, sondern hätte die als Zeugen in Betracht kommenden Personen - die einschreitenden Sicherheitswachebeamten sowie die (damalige) Ehefrau des Beschwerdeführers - als Zeugen vernehmen müssen, um den maßgeblichen Sachverhalt mängelfrei feststellen zu können.
Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde im Fall der Einvernahme der ehemaligen Ehefrau des Beschwerdeführers sowie der einschreitenden Sicherheitswachebeamten zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre, war der angefochtene Bescheid daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.
Wien, am 28. März 2006
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