VwGH 2002/03/0034

VwGH2002/03/003412.9.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des A K in M, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 4. Dezember 2001, Zl. UVS-7/11337, 11338, 11339/4-2001, 7/11340, 11341/4-2001, betreffend Übertretungen des KFG 1967, zu Recht erkannt:

Normen

31985R3820 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr Art6 Abs1;
31985R3821 Kontrollgerät im Strassenverkehr Anh1 Z2;
31985R3821 Kontrollgerät im Strassenverkehr Art13;
31985R3821 Kontrollgerät im Strassenverkehr Art14;
31985R3821 Kontrollgerät im Strassenverkehr Art15 Abs5;
31985R3821 Kontrollgerät im Strassenverkehr Art15;
31985R3821 Kontrollgerät im Strassenverkehr Art16;
EURallg;
KFG 1967 §134 Abs1;
VStG §22 Abs1;
VStG §44a Z2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
31985R3820 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr Art6 Abs1;
31985R3821 Kontrollgerät im Strassenverkehr Anh1 Z2;
31985R3821 Kontrollgerät im Strassenverkehr Art13;
31985R3821 Kontrollgerät im Strassenverkehr Art14;
31985R3821 Kontrollgerät im Strassenverkehr Art15 Abs5;
31985R3821 Kontrollgerät im Strassenverkehr Art15;
31985R3821 Kontrollgerät im Strassenverkehr Art16;
EURallg;
KFG 1967 §134 Abs1;
VStG §22 Abs1;
VStG §44a Z2;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. In dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer Folgendes zur Last gelegt:

"Sie haben, wie anlässlich einer Kontrolle in Salzburg, A 1, Abfahrt Kleßheim, am 25.6.1999 um 10:00 Uhr festgestellt wurde, als Lenker des Lastkraftwagens mit dem polizeilichen Kennzeichen S (höchstzulässiges Gesamtgewicht 16.000 kg)

1. am 21.6.1999 die Tageslenkzeit (Gesamtlenkzeit zwischen zwei täglichen Ruhezeiten oder einer täglichen und einer wöchentlichen Ruhezeit) von 10 Stunden erheblich überschritten, indem an diesem Tag die Tageslenkzeit 13 Stunden und 15 Minuten betrug,

2. nicht dafür gesorgt, dass das im gegenständliche Fahrzeug eingebaute Kontrollgerät gemäß Verordnung (EWG) Nr. 3821/1985 ordnungsgemäß funktioniert und das Fahrzeug zwischen 21.6.1999, 05:10 Uhr, und 22.6.1999, 2:30 Uhr, im öffentlichen Straßenverkehr verwendet, obwohl beim Kontrollgerät die Aufzeichnung über die zurückgelegte Wegstrecke nicht funktionierte,

3. auf dem Schaublatt für den 21.6.1999 Eintragungen nicht bzw nicht vollständig bzw nicht ordnungsgemäß vorgenommen (Vorname war nur abgekürzt, Ort und Zeitpunkt bei Ende des Benützung des Blattes, Stand des Kilometerzählers vor der ersten auf dem Blatt verzeichneten Fahrt),

4. am 22.6.1999 die Tageslenkzeit von 10 Stunden erheblich überschritten, indem die Lenkzeit 17 Stunden und 22 Minuten betragen hat,

5. am 22.6.1999 nicht dafür gesorgt, dass das im gegenständlichen Fahrzeug eingebaute Kontrollgerät gemäß Verordnung (EWG) Nr. 3821/1985 ordnungsgemäß funktioniert und das Fahrzeug zwischen 02:30 Uhr und 24:00 Uhr im öffentlichen Straßenverkehr verwendet, obwohl die Aufzeichnung über die zurückgelegte Wegstrecke nicht funktionierte,

6. auf dem Schaublatt für den 22.6.1999 die Eintragungen nicht bzw nicht vollständig bzw nicht ordnungsgemäß vorgenommen (Vorname nur abgekürzt, Endkilometerstand und Entnahmedatum sowie Entnahmeort fehlte),

7. am 23.6.1999 die Tageslenkzeit von höchstens 9 Stunden erheblich überschritten, da diese 12 Stunden und 50 Minuten betragen hat,

8. nicht dafür gesorgt, dass das im gegenständlichen Fahrzeug eingebaute Kontrollgerät gemäß Verordnung (EWG) Nr. 3821/1985 ordnungsgemäß funktionierte und das Fahrzeug dennoch in der Zeit zwischen 23.6.1999, 05:35 Uhr, und 24.6.1999, 04:50 Uhr, auf Straßen mit öffentlichen Verkehr verwendet, obwohl die Aufzeichnung über die zurückgelegte Wegstrecke nicht funktionierte

9. auf dem Schaublatt für den 23.6.1999 Eintragungen nicht bzw nicht vollständig bzw nicht ordnungsgemäß vorgenommen (Vorname abgekürzt, Endkilometerstand und Entnahmedatum fehlte, Entnahmeort fehlte),

10. am 24.6.1999 die Tageslenkzeit von 9 Stunden erheblich überschritten, indem diese 17 Stunden und 53 Minuten betragen hat,

11. am 24.6.1999 nicht dafür gesorgt, dass das im gegenständlichen Fahrzeug eingebaute Kontrollgerät gemäß Verordnung (EWG) Nr. 3821/1985 nicht ordnungsgemäß funk-tionierte und dennoch das Fahrzeug zwischen 04:50 Uhr und 22:45 Uhr auf Straßen mit öffentlichem Verkehr verwendet, obwohl die Aufzeichnung über die zurückge-legte Wegstrecke nicht funktionierte,

12. auf dem Schaublatt für den 24.6.1999 Eintragungen nicht bzw nicht vollständig bzw nicht ordnungsgemäß vorgenommen (Vorname des Lenkers war nur abgekürzt, Endkilometerstand sowie Entnahmeort und Entnahmedatum fehlten)

13. am 25.6.1999 nicht dafür gesorgt, dass das im gegenständlichen Fahrzeug eingebaute Kontrollgerät gemäß Verordnung (EWG) Nr. 3821/1985 ordnungsgemäß funktioniert und haben das gegenständliche Fahrzeug dennoch in der Zeit zwischen 07:10 Uhr 10:00 Uhr auf Straßen mit öffentlichem Verkehr verwendet, obwohl die Aufzeichnung über die zurückgelegte Wegstrecke nicht funktionierte und

14. auf dem Schaublatt für den 25.6.1999 Eintragungen nicht bzw nicht vollständig bzw nicht ordnungsgemäß vorgenommen (Vorname des Lenkers war nur abgekürzt)."

Dadurch habe der Beschwerdeführer folgende Rechtsvorschriften

verletzt:

"Zu 1., 4., 7. und 10.:

Artikel 6 Abs 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 iVm § 134 Abs 1 KFG

Zu 2., 5., 8.,11. und 13.:

Artikel 13 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 iVm deren Anhang I Z II SubZ 1 und § 134 Abs 1 KFG

Zu 3., 6., 9.,12. und 14.:

Artikel 15 Abs 5 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 iVm § 134 Abs 1 KFG."

Über den Beschwerdeführer wurde gemäß § 134 Abs 1 KFG 1967 zu 1., 4., 7., und 10. jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden), und

zu 2., 3., 5., 6., 8., 9.,11.,12. und 13. jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden), verhängt.

Zu 14. wurde gemäß § 21 Abs 1 VStG von der Verhängung einer Geldstrafe abgesehen und eine Ermahnung ausgesprochen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Zu den Übertretungen nach Art 13 der Verordnung (EWG) Nr 3821/85 iVm § 134 Abs 1 KFG 1967:

Die Beschwerde wendet ein, dass Art 13 der Verordnung (EWG) Nr 3821/85 des Rates über das Kontrollgerät im Straßenverkehr vom 20. Dezember 1985 keinen Verwaltungsstraftatbestand enthalte. Dieses Vorbringen erweist sich als zielführend.

Nach der hg Rechtsprechung (vgl die Erkenntnisse vom 25. Juni 1996, Zl 96/11/0062, und vom 5. August 1997, Zl 97/11/0025) kann Art 13 leg cit nicht als eine Bestimmung angesehen werden, die unmittelbar Verpflichtungen des Arbeitgebers auslöst. Die in dieser das Kapitel IV ("Benutzungsvorschriften") der in Rede stehenden Verordnung einleitende Bestimmung enthaltene Aussage wird in den folgenden Art 14 bis 16 ausgeführt, indem Letztere konkrete Verpflichtungen einerseits des Arbeitgebers sowie andererseits des Arbeitnehmers begründen. Demnach hat Art 13 lediglich einen ankündigenden Charakter und stellt keinen (Verwaltungs-)Straftatbestand dar.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund gibt Art 13 der genannten Verordnung keine rechtliche Grundlage für eine Bestrafung des Beschwerdeführers wegen der in den Punkten 2., 5., 8., 11. und 13. des eingangs wiedergegebenen Tatvorwurfs ab, vielmehr ergeben sich die bei einer Betriebsstörung oder Fehlfunktion des Kontrollgeräts bestehenden konkreten Verpflichtungen des Fahrers aus Art 16 Abs 2 der in Rede stehenden Verordnung.

Da aber dem Beschwerdeführer ein Verstoß gegen Art 16 Abs 2 leg cit nicht innerhalb der Verjährungsfrist nach § 31 Abs 2 VStG vorgeworfen wurde, kann er deswegen auch nicht bestraft werden. Dies hat die belangte Behörde verkannt und den angefochtenen Bescheid insofern mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

2.2. Zu den Übertretungen des Art 6 Abs 1 der Verordnung (EWG) Nr 3820/85 iVm § 134 Abs 1 KFG 1967 und des Art 15 Abs 5 der schon genannten Verordnung (EWG) Nr 3821/85 iVm deren Anhang I Z 2 SubZ 1 und § 134 Abs 1 KFG 1967:

Wenn die Beschwerde einwendet, es sei (ua) bezüglich der sich auf Art 6 Abs 1 der Verordnung (EWG) Nr 3820/85 des Rates vom 20. Dezember 1985 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und auf Art 15 Abs 5 beziehenden Übertretungen Verfolgungsverjährung eingetreten, ist sie nicht im Recht. Nach § 32 Abs 2 VStG stellt das Ersuchen um Vernehmung eine Verfolgungshandlung dar. Das sämtliche Tatvorwürfe gegenüber dem Beschwerdeführer enthaltende betreffende Rechtshilfeersuchen der erstinstanzlichen Behörde vom 19. Oktober 1999, dem durch Anschluss des gesamten Verwaltungsstrafaktes sowohl der Vorwurf einer Übertretung nach Art 6 Abs 1 der Verordnung (EWG) Nr 3820/85 sowie des Art 15 Abs 5 der Verordnung (EWG) Nr 3821/85, jeweils iVm § 134 Abs 1 KFG 1967, als auch der diesem Vorwurf zugrundeliegende Sachverhalt entnommen werden kann, enthält ein solches Ersuchen um Vernehmung des Beschwerdeführers. Dass der Beschwerdeführer dann nicht vernommen wurde, bedeutet zwar, dass die Amtshandlungen ihr Ziel nicht erreichte, was aber nach § 32 Abs 2 VStG nicht erheblich ist (ebenso unerheblich ist es, ob der Beschwerdeführer von diesem Rechtshilfeersuchen Kenntnis erlangt hat). Dieses Rechtshilfeersuchen stellt somit eine die Verfolgungsverjährung unterbrechende Verfolgungshandlung im Sinn des § 31 Abs 1 iVm § 32 Abs 2 VStG dar.

Der Beschwerdeführer führt auch ins Treffen, dass es sich bei den ihm vorgeworfenen Übertretungen nach Art 6 Abs 2 und 15 Abs 5 iVm § 134 Abs 1 KFG um zwei fortgesetzte Delikte handle und nicht, wie von der belangten Behörde angenommen, um mehrere Einzeltaten. Dieses Vorbringen erweist sich als zielführend. Der Verwaltungsgerichtshof hat in vergleichbaren Fällen ausgesprochen, dass bei im engen zeitlichen Konnex stehenden und ineinander greifenden Transporten - wie dies nach dem Tatvorwurf auch vorliegend der Fall ist - ein einheitlicher Gesamtplan zugrundeliegt (vgl die hg Erkenntnisse vom 29. April 2002, Zl 2000/03/0103, und vom 28. März 2003, Zl 2002/02/0140). Dies rechtfertigt die Annahme eines "Gesamtkonzepts" im Sinne eines (jeweils) fortgesetzten Delikts (vgl dazu das hg Erkenntnis vom 6. September 2005, Zl 2002/03/0144). Ausgehend davon darf die Nichteinhaltung der Tageslenkzeit zwischen den Ruhepausen, wie sie den vorgeworfenen Übertretungen des in Rede stehenden Art 6 Abs 1 iVm § 134 Abs 1 KFG 1967 zugrundeliegt, sowie das ordnungswidrige Ausfüllen von Schaublättern im Sinne der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Übertretungen des Art 15 Abs 5 iVm § 134 Abs 1 KFG 1967 nicht für jeden Tag gesondert bestraft werden, sondern es ist eine Gesamtstrafe pro Tatbestand zu verhängen. Auch dies hat die belangte Behörde verkannt.

2.3. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben, wobei es entbehrlich war, auf das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers einzugehen.

2.4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.

Wien, am 12. September 2006

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