VwGH 2005/05/0119

VwGH2005/05/011921.7.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des Österreichischen Genossenschaftsverbandes (Schulze-Delitzsch) in Wien, vertreten durch Preslmayr Rechtsanwälte OEG in 1010 Wien, Dr. Karl Lueger-Ring 12, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 23. Februar 2005, Zl. BOB-305/04, betreffend eine Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:

Normen

BauO Wr §60 Abs1 lite;
BauO Wr §71;
BauO Wr §85 Abs4;
BauO Wr §85 Abs5;
BauO Wr §60 Abs1 lite;
BauO Wr §71;
BauO Wr §85 Abs4;
BauO Wr §85 Abs5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei ist Eigentümerin des Grundstückes Nr. 112/2 Baufläche, Schenkenstraße 12/Löwelstraße 14, der Liegenschaft EZ 1058 Grundbuch 01004 Innere Stadt. Mit Eingabe vom 17. Mai 2002 beantragte die beschwerdeführende Partei die Erteilung der Baubewilligung gemäß § 70 Bauordnung für Wien betreffend die Errichtung von Werbeanlagen. Für das Beschwerdeverfahren von Bedeutung ist die (bereits) über dem Dachfirst des Hauses montierte Werbeschrift, die in der technischen Beschreibung des Einreichplanes wie folgt verbal beschrieben wird:

"Ein Schriftzug 'ÖGV' 1250 mm hoch und ein 'VB'-Logo, 2000 mm hoch, Gesamtlänge 7070 mm in Rahmenwannenausführung, aus Aluminiumblech, thermolackiert, mit vorderseitiger, blauer Acrylglasabdeckung, ausgeleuchtet mit inneliegendem Neonrohr, montiert mittels thermolackierter Grundschiene."

Die Magistratsabteilung 19 (MA 19) führte in ihrer fachkundigen Stellungnahme vom 12. November 2001 aus, dass das 1879 bis 1880 von Architekt C. Schumann erbaute Haus der beschwerdeführenden Partei im örtlichen Stadtbild als Bestandteil des im Zusammenhang mit dem Burgtheater einheitlich geplanten Häuserblocks Löwelstraße 14 bis 18 wirke. Nach dem Umbau und der Fassadeninstandsetzung von 1999-2000 sei eine kleine, in die Attika integrierte(s) Werbeschrift bzw. Logo einvernehmlich mit der MA 19 geplant worden. Die nunmehr über dem Dachfirst montierte intensiv leuchtende Werbeschrift "V-ÖGV" beeinträchtige und störe die optische Wirkung des gegenständlichen Hauses und des geschützten Ringstraßenensembles in der Umgebung des Burgtheaters. In ihrem von der Baubehörde erster Instanz angeforderten Gutachten vom 24. Juli 2002 präzisierte die MA 19, dass das Gebäude Bestandteil der Schutzzone Innere Stadt sei. Im örtlichen Stadtbild nehme das Haus an der Platzfront hinter dem Burgtheater eine außerordentlich prominente Stelle ein. Die Fassade wirke im Gefüge Burgtheater, Rathaus bzw. Rathauspark und im Bereich des Dr. Karl Lueger-Ringes als Blickfang. Auch der Architektur des Hauses komme im Zusammenspiel mit dem gesamten Ensemble eine prägende Bedeutung zu. Bei der Bauverhandlung am 15. März 2002 sei der beschwerdeführenden Partei bereits mitgeteilt worden, dass die MA 19 in Schutzzonen und speziell im Bereich der Ringstraße und der Inneren Stadt als nunmehr anerkanntem Weltkulturerbe keine aggressiven und besonders exponierten bzw. groß dimensionierten Werbeanlagen zulassen wolle. Die gegenständliche Werbeanlage dominiere, bedingt durch ihre Größe und markante Position, die Dachlandschaft des Hauses. Diese gestalterische Beeinträchtigung und deren Fernwirkung im Zusammenhang mit der städtebaulich sensiblen Lage führe zu einer Störung des örtlichen Stadtbildes im Sinne des § 85 Bauordnung für Wien. Die Werbeanlage entspreche nicht den stadtgestalterischen Intentionen in Schutzzonen und könne daher nicht akzeptiert werden.

Diese Ausführungen wurden vom Amtssachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 22. März 2004 aufrecht erhalten.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 14. Mai 2004 wurde in dem für das Beschwerdeverfahren allein maßgeblichen Spruchpunkt II. die Bewilligung für die oben beschriebene Dachwerbeanlage gemäß §§ 70 und 71 Bauordnung für Wien auf Grund des Gutachtens der MA 19 unter Hinweis auf § 85 Abs. 4 Bauordnung für Wien untersagt.

In der dagegen erhobenen Berufung führte die beschwerdeführende Partei aus, es hätten Auflagen vorgeschrieben werden können, um die in der Stellungnahme der MA 19 erwähnten Beeinträchtigungen des Stadtbildes hintanzuhalten. Unter anderem wäre es möglich gewesen, eine deutliche Reduzierung der Leuchtstärke der Dachwerbeanlage vorzuschreiben, sodass die Intensität und Fernwirkung wesentlich geringer wäre. Der Einfluss der Dachwerbeanlage auf das Stadtbild, insbesondere die Dachlandschaft, sei auf Grund der derzeitigen Beschaffenheit nicht derart gravierend, dass es zu einer maßgeblichen Beeinträchtigung komme. Eine generelle Versagung sei daher unverhältnismäßig.

Über Auftrag der belangten Behörde gab die MA 19, Architektur- und Stadtgestaltung, aus stadtgestalterischer Sicht am 25. August 2004 folgendes Gutachten ab:

"1. Befund

1.1. Dachwerbeanlage, örtliches Stadtbild

1.1.1. Beschreibung Dachwerbeanlage

Oberhalb des Dachfirstes befindet sich eine 2,0 bzw. 1,25 m hohe und insgesamt 7,7 m lange, ausgeleuchtete Dachwerbeanlage in Rahmenwannenausführung mit Acrylglasabdeckung auf einer Formrohrunterkonstruktion, wodurch die Oberkante der Werbeanlage ca. 2,5 m hoch ist. Das Logo ist unmittelbar anschließend an der Liegenschaftsgrenze zum Objekt ON 18 situiert. Die Dachwerbeanlage ist vom Dr. Karl Lueger-Ring als auch aus Bereichen des Stadtparkes (gemeint Rathausplatzes) gut einsehbar.

1.1.2. Lage im Stadtgebiet

Das Gebäude befindet sich in direkter Nachbarschaft schräg hinter dem Burgtheater in Sichtbeziehung zum Wiener Rathaus. Dieser Bereich liegt in der Schutzzone Ringstraße und gleichzeitig innerhalb des Weltkulturerbes Wien Innere Stadt.

1.2.3. Dachwerbeanlagen im Umfeld

Im gesamten einsehbaren Umfeld gibt es keine weiteren Dachwerbeanlagen. Die umgebende Dachlandschaft ist geprägt von der historischen Bausubstanz der gründerzeitlichen Ringstraßenarchitektur.

1.1.4. Umgebende Dachlandschaft

Die Bauobjekte in der gesamten Umgebung zeichnen sich durch Gestalt- und Zierelemente oberhalb des Dachgesimses aus. Innerhalb des Ensembles zieht besonders die reich gestaltete und markante Dachlandschaft des Burgtheaters und des Rathauses die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich.

1.2. Kunsthistorische Bedeutung des Gebäudes Löwelstraße 16

1.2.1. Gebäudebeschreibung

Das streng historische Eckhaus in den Formen der Neuen Wiener Renaissance bildet mit dem Objekt Löwelstraße 14 und 18 eine das Bauensemble und das Burgtheater beherrschende Fassadenfront und ist daher in Wechselbeziehung mit dem Nachbarobjekt von hoher Bedeutung für das Gesamtensemble.

Das monumentale, in markanter städtebaulicher Lage situierte Gebäude wurde von Karl Schumann in den Jahren 1880 bis 1882 errichtet. Zwischen den beiden Fassaden, die sich zur Teinfaltstraße und zur Löwelstraße öffnen, vermittelt ein sich über die gesamte Höhe erstreckender, von einer Kuppel bekrönter Runderker. Das Zentrum der mächtigen, 17 Achsen umfassenden Hauptfront bildet ein von einer Attika überhöhter Mittelrisalit, dessen Hauptgeschosse von einer großen Pilasterordnung zusammengefasst werden. Mit seinen geschlossenen, ausgewogenen Fassaden zählt die monumentale Ringstraßenarchitektur zu einem der repräsentativsten Vertreter aus der Stilepoche des sog. 'strengen Historismus'.

Als Bestandteil der gründerzeitlichen Erstbebauung der Wiener Ringstraße erlangt dieses Objekt auch einen hohen städtebaulichen Stellenwert.

(Im Gutachten ist ein Farblichtbild des beschriebenen Hauses samt den vorhandenen Werbetafeln mit dem daran anschließenden Burgtheater und der verbalen Beschreibung '1. Löwelstraße 14 bis 18, Ansicht vom Ring zwischen Cafe Landtmann und Burgtheater' abgelichtet.)

1.2.2. Tourismusmagnet

Das in unmittelbarer Nachbarschaft gelegene Burgtheater zieht auch das Interesse der Wienreisenden auf sich. Ebenso das Rathaus mit vorgelagertem Rathauspark und seinen vielfältigen Veranstaltungen (Wiener Festwochen etc.). Burggarten und Cafe Landtmann stellen ebenso touristische Attraktionen dar.

1.2.3. Schutzzone

Auf Grund des kulturhistorisch bedeutenden Ensembles ist der Bereich der Ringstraße als Schutzzone gemäß § 7 BO festgelegt. Die Ringstraße und insbesondere der Bereich Rathaus/Burgtheater stellt den prominentesten Abschnitt dieser Schutzzone dar.

1.2.4. Weltkulturerbe

Das seitens der UNESCO verliehene Prädikat Weltkulturerbe verpflichtet die Stadt Wien zu einem behutsamen Umgang mit der historischen Bausubstanz.

...

2. Gutachten im engeren Sinn

Auf Grund der Festlegungen Schutzzone und der mit dem Titel Weltkulturerbe übernommenen Verpflichtungen zu einem behutsamen Umgang mit der historischen Bausubstanz ist auf das bauliche Ensemble so Rücksicht zu nehmen, dass deren baukünstlerische und kulturhistorische Qualität nicht beeinträchtigt werden.

Dachwerbeanlagen werden traditionell städtischen Bereichen mit ausgeprägten Geschäftszonen zugeordnet (Mariahilferstraße, Kärntner Straße). In diesen Bereichen ist Lichtwerbung ein adäquates Mittel um Geschäftstätigkeit und Urbanität zu signalisieren.

Der unmittelbare Nahbereich zur Löwelstraße ist einerseits geprägt von öffentlichen und kulturellen Einrichtungen (Rathaus, Universität, Burgtheater) und andererseits von der geschlossenen gründerzeitlichen Bausubstanz mit überwiegender Büronutzung sowie den Grünanlagen des Burggartens und des Rathausparks. Geschäfte sind nur in ganz untergeordnetem Ausmaß am Ring Richtung Universität vorhanden.

Die Dachwerbeanlage wirkt daher im Zusammenhang zur Stadtstruktur deplaziert und stellt in funktioneller und gestalterischer Hinsicht einen Fremdkörper innerhalb des geschlossenen Ensembles dar.

Auf Grund der Anordnung am Dachfirst tritt die Werbeanlage weithin sichtbar über die Silhouette des Dachkörpers hinaus. Das Ensemble rund um das Burgtheater wird zwar in seiner baulichen Substanz nicht verändert, jedoch hierdurch in seiner visuellen Wirkung beeinträchtigt. Die Intervention stellt damit eine Identitätsveränderung des Bestandes dar bzw. bewirkt einen störenden Einfluss auf das Ensemble. Dessen gestalterische und kulturhistorische Identität wird verfremdet.

Anzumerken wäre noch, dass Dachwerbeanlagen prinzipiell auf jedem Dach und somit in der gesamten Inneren Stadt möglich wären. Die MA 19 versucht daher in ihrer Spruchpraxis diese auf Bereiche wie Geschäftsstraßen zu beschränken. Ein Abweichen hievon lässt eine unmittelbare Ableitung einer Präzedenzwirkung erwarten und kann daher auch aus grundsätzlichen Erwägungen heraus nicht zugestimmt werden.

Die Dachwerbeanlage widerspricht den Intentionen der Bauordnung, welche gemäß § 85 BO die Einheitlichkeit des bestehenden und beabsichtigten örtlichen Stadtbildes zu bewahren versucht. Dazu ist festzustellen, dass in der näheren Umgebung keine ähnlichen Dachwerbeanlagen bewilligt sind. Die bestehende gestalterische Einheitlichkeit des historischen Ensembles wird gestört.

Seitens der MA 19 wird daher dem gegenständlichen Ansuchen weiterhin nicht zugestimmt."

Mit Schreiben vom 7. September 2004 wurde der beschwerdeführenden Partei dieses Gutachten zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Schreibens zu dem angeführten Gutachten Stellung zu nehmen.

Die beschwerdeführende Partei äußerte sich zu diesem Gutachten nicht.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der beschwerdeführenden Partei abgewiesen. Gestützt auf das Gutachten des Amtssachverständigen beurteilte die belangte Behörde die beschwerdegegenständliche Werbeanlage als dem örtlichen Stadtbild widersprechend. Im Gesetz sei keine Möglichkeit zur Auferlegung von Auflagen vorgesehen. Die Baubehörde habe ausschließlich das zur Bewilligung eingereichte Projekt zu beurteilen. Widerspricht dieses Projekt den gesetzlichen Vorhaben, sei die Genehmigung zu versagen. Die Leuchtstärke der Werbeanlage sei nicht vorrangig im Zusammenhang mit dem örtlichen Stadtbild zu sehen, sondern im Hinblick darauf zu beurteilen, ob Benützer benachbarter Häuser durch die Leuchtreklame belästigt werden. Eine Verhältnismäßigkeitsprüfung, wie sie von der beschwerdeführenden Partei verlangt werde, sei gesetzlich nicht vorgesehen. Eine Bewilligung gemäß § 71 BO komme nicht in Betracht, da eine solche neben anderen Voraussetzungen nur dann erteilt werden dürfe, wenn öffentliche, in der Bauordnung für Wien begründete Rücksichten nicht dagegen sprechen. Im vorliegenden Fall komme auf Grund der Lage des betreffenden Gebäudes in der Schutzzone Innere Stadt Wien, der Sichtbeziehung zum Burgtheater und Wiener Rathaus in der kulturhistorischen Bedeutung des Gebäudes auch eine temporäre Störung der gestalterischen Einheit des örtlichen Stadtbildes nicht in Betracht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Erteilung der Baubewilligung verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die hier zu beurteilende Werbeanlage befindet sich auf einem Gebäude in einer Schutzzone. Sie ist daher baubewilligungspflichtig im Sinne des § 60 Abs. 1 lit. e Bauordnung für Wien (Änderungen an Gebäuden in Schutzzonen, die die äußere Gestaltung, den Charakter oder den Stil eines Gebäudes beeinflussen). Bewilligungsfrei sind gemäß § 62a Abs. 1 lit. 27 Bauordnung für Wien Werbeanlagen unter den dort genannten Voraussetzungen nur dann, wenn sie außerhalb von Schutzzonen sind. Die öffentlichen Rücksichten werden durch die Werbeanlage jedenfalls wegen ihres Einflusses auf das örtliche Stadtbild berührt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Mai 1994, Zl. 94/05/0074).

Im Zuge des Baubewilligungsverfahrens hat die Behörde auch die äußere Gestaltung von Gebäuden und baulichen Anlagen gemäß § 85 Bauordnung für Wien zu prüfen. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:

"Äußere Gestaltung von Gebäuden und baulichen Anlagen

§ 85. (1) Das Äußere der Gebäude und baulichen Anlagen muss nach Bauform, Maßstäblichkeit, Baustoff und Farbe so beschaffen sein, dass es die einheitliche Gestaltung des örtlichen Stadtbildes nicht stört. Überschreiten bauliche Anlagen die für die Gebäude zulässige Höhe, ist unter Berücksichtigung der Art, der Gestaltung und des Zweckes der jeweiligen baulichen Anlage auf ihre Einfügung in das vom Bebauungsplan beabsichtigte örtliche Stadtbild besonders Bedacht zu nehmen. Dauernd sichtbar bleibende Feuermauern sind dem Ortsbild entsprechend zu gestalten.

(2) Die Errichtung von Gebäuden und baulichen Anlagen sowie deren Änderung ist nur zulässig, wenn das mit dem Bebauungsplan beabsichtigte örtliche Stadtbild weder gestört noch beeinträchtigt wird. Darüber hinaus darf das gegebene örtliche Stadtbild weder gestört noch beeinträchtigt werden, sofern es mit dem vom Bebauungsplan beabsichtigten örtlichen Stadtbild vereinbar ist. Im Nahebereich von Schutzzonen ist bei der Beurteilung auf diese besonders Bedacht zu nehmen.

(3) Bauliche Änderungen an einzelnen Bauwerken von geschichtlicher, kultureller oder künstlerischer Bedeutung sowie die Errichtung baulicher Anlagen und bauliche Änderungen an der Umgebung solcher Bauwerke sind unzulässig, wenn deren Eigenart oder künstlerische Wirkung oder das örtliche Stadtbild beeinträchtigt würde. Dabei bleiben die besonderen, den Denkmalschutz betreffenden gesetzlichen Bestimmungen unberührt.

(4) Portale, Geschäfts- und Firmenschilder, Werbezeichen und Lichtreklamen müssen so beschaffen sein, dass durch sie das örtliche Stadtbild nicht beeinträchtigt wird. Durch Lichtreklamen darf keine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung der Benützer desselben Hauses oder der Benützer benachbarter Häuser herbeigeführt werden.

(5) Bei Errichtung eines neuen Gebäudes in einer Schutzzone ist das Gebäude unbeschadet der Abs. 1 bis 4 und der Bebauungsbestimmungen gemäß § 5 Abs. 4 und § 7 Abs. 3 und 4 auf zeitgemäße Weise in das Stadtbild einzuordnen, oder es sind hinsichtlich des Baustils, der Bauform, der Gebäudehöhe, der Dachform, des Maßstabes, des Rhythmus, der Proportion, der technologischen Gestaltung bzw. der Farbgebung die benachbarten Gebäude in derselben oder gegenüber liegenden Häuserzeile zu berücksichtigen. Dies gilt sinngemäß bei Änderungen bestehender Gebäude in Schutzzonen, wobei der Bewahrung der äußeren Gestaltung, des Charakters und des Stils des Gebäudes insbesondere des Maßstabes, des Rhythmus, der Proportion, der technologischen Gestaltung und der Farbgebung, besonderes Gewicht zukommt.

(6) Durch die Errichtung, Veränderung oder Beseitigung baulicher Ziergegenstände in Schutzzonen darf die äußere Gestaltung, der Charakter und Stil des betroffenen Gebäudes bzw. des dem baulichen Ziergegenstand benachbarten örtlichen Bereiches in seiner Wirkung im örtlichen Stadtbild nicht verändert werden."

Die beschwerdeführende Partei erachtet die auf das eingeholte Ortsbildgutachten gestützte Rechtsauffassung der belangten Behörde, die auf dem Dachfirst angebrachte Werbeanlage beeinträchtige das örtliche Stadtbild, deshalb für verfehlt, weil bei dieser Beurteilung lediglich auf die Dachgestaltung des Ensembles Bedacht genommen worden sei und nicht auf alle vorhandenen Werbeanlagen (Transparente, Plakate, Geschäftsausstattungen etc), die sich an den Fassaden der umliegenden Gebäude befinden. Die verfahrensgegenständliche Dachwerbeanlage könne schon im Hinblick auf die übrigen vorhandenen Werbeschilder und Transparente keinesfalls als Fremdkörper bezeichnet werden, dies schon gar nicht in funktioneller Hinsicht. Verfehlt sei die Annahme der belangten Behörde, das Ortsbild umfasse ein "Ensemble" von nur drei oder vier Gebäuden. Es sei nicht nachvollziehbar, nach welchen Kriterien die einzelnen zum Ensemble gehörigen Gebäude ausgewählt würden. Die Vorgehensweise der belangten Behörde stelle eine unsachliche Diskriminierung der beschwerdeführenden Partei dar. Unter einer Beeinträchtigung des Ortsbildes könne nur eine erhebliche Störung desselben verstanden werden.

Gemäß § 85 Abs. 4 Bauordnung für Wien müssen Werbeanlagen der hier zu beurteilenden Art so beschaffen sein, dass durch sie das örtliche Stadtbild nicht beeinträchtigt wird. Der Verwaltungsgerichtshof geht bei Prüfung dieser Frage grundsätzlich davon aus, dass das Stadtbild (Ortsbild) anhand des (konsentierten) vorhandenen Bestandes zu beurteilen ist, insoweit ihm ein Mindestmaß an gemeinsamer Charakteristik (wenn auch nicht vollständiger Einheitlichkeit) eigen ist, welche den (notwendigen) Maßstab dafür bildet, ob ein Bauvorhaben dieses Stadtbild (Ortsbild) beeinträchtigt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2002, Zl. 2002/05/1017). Geprägt wird das Stadtbild also grundsätzlich von den baulichen Anlagen eines Ortes selbst. Der Schutz des Stadtbildes ist somit mit den baulichen Anlagen eines Ortes untrennbar verbunden. Es sind in diesem Zusammenhang aber auch Gesichtspunkte miteinzubeziehen, die über die Wirkung dieser baulichen Anlagen hinausgehen, wie z. B. die bildhafte Wirkung von Grünanlagen, Parklandschaften, Platzgestaltungen udgl, die neben den baulichen Anlagen dem jeweiligen Stadtbild (Ortsbild), allenfalls auch Landschaftsbild das Gepräge geben. Wenn voneinander abgrenzbare, je eine verschiedene Charakteristik aufweisende Ortsteilbilder festgestellt werden können, muss das Bauvorhaben an dem jeweiligen Ortsteilbild gemessen werden, dem es zuzuordnen ist. Das Vorhandensein einzelner störender Objekte kann noch nicht dazu führen, dass auch jeder weitere Eingriff in das Stadtbild (Ortsbild) als zulässig angesehen werden müsste (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. September 2003, Zl. 2002/05/0040, mwN). Bei Anbringung von Werbeanlagen der hier zu beurteilenden Art an bestehenden Gebäuden in Schutzzonen ist auch die Anordnung des § 85 Abs. 5 letzter Satz Bauordnung für Wien zu beachten, wonach in einem solchen Fall der Bewahrung der äußeren Gestaltung, des Charakters und des Stils des Gebäudes, insbesondere des Maßstabes, des Rythmus, der Proportion der technologischen Gestaltung und der Farbgebung, besonderes Gewicht zukommt.

Zur Frage, ob eine projektierte bauliche Anlage (hier konkret: eine Werbeanlage auf einem Dachfirst) das Stadtbild beeinträchtigt, hat die Behörde ein Sachverständigengutachten einzuholen und dieses auf seine Vollständigkeit und Schlüssigkeit zu überprüfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. September 1992, Zl. 92/05/0123). Der Sachverständige hat in seine Beurteilung jenes Gebiet einzubeziehen, das für das charakteristische (maßgebliche) Erscheinungsbild des Ortes bzw. Ortsteiles im oben aufgezeigten Sinn von Bedeutung ist. (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1996, Zl. 95/05/0326).

Das von der belangten Behörde der angefochtenen Entscheidung zu Grunde gelegte Ortsbildgutachten, dem die beschwerdeführende Partei im Verwaltungsverfahren nicht entgegen getreten ist, wird diesen Anforderungen gerecht. Die nunmehr in der Beschwerde aufgezeigten Bedenken gegen die Nachvollziehbarkeit dieses Gutachtens vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu teilen. Im Befund des Gutachtens wird nämlich die maßgebliche örtliche Situation derart detailliert beschrieben und die verbale Beschreibung auch durch ein Farbfoto insoweit veranschaulicht, dass die charakteristischen Merkmale des für die Beurteilung einer Auswirkung der Werbeanlage in Betracht kommenden Beurteilungsgebietes unter dem Gesichtspunkt einer Beeinträchtigung des Stadtbildes ausreichend erkennbar sind. Dem Gutachten ist auch zu entnehmen, welche Merkmale des Stadtbildes in dem hier maßgeblichen, in einer Schutzzone liegenden Beurteilungsgebiet berücksichtigt werden.

Ausgehend von der unbestritten gebliebenen Wiedergabe der örtlichen Situation im Befund des Sachverständigen vermag der Verwaltungsgerichtshof keine Unschlüssigkeit des Ortsbildgutachtens bezüglich der Auswahl des Beurteilungsgebietes zu erblicken. Unter Berücksichtigung der im Gutachten beschriebenen Ensemblewirkung des Beurteilungsgebietes, welches von einmaligen öffentlichen und kulturellen Einrichtungen, einer geschlossen gründerzeitlichen Bausubstanz sowie städtebaulich besonders beachtenswerten Grünanlagen und Platzgestaltungen geprägt ist, kann in der rechtlichen Beurteilung der belangten Behörde, dass die am Dachfirst des Hauses angebrachte Werbeanlage der beschwerdeführenden Partei das bestehende Stadtbild infolge der über die Silhouette des Dachkörpers reichenden Sichtbarkeit in seiner visuellen Wirkung beeinträchtigt, sodass eine Identitätsveränderung des Baubestandes mit einem störenden Einfluss auf das Ensemble entsteht, der die gestalterische und kulturhistorische Identität verfremdet, keinen Rechtsirrtum erblicken. Gerade durch die Anordnung der Werbeanlage auf dem Dachfirst des Hauses ergeben sich im Beschwerdefall die festgestellten negativen Auswirkungen auf das Stadtbild im Beurteilungsgebiet, die - abgesehen davon, dass § 85 Abs. 4 BO eine Wesentlichkeit der Beeinträchtigung nicht fordert - unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der hier maßgebliche örtliche Bereich dem "Weltkulturerbes" zuzurechnen ist, auch nicht als unwesentlich bewertet werden können.

Bei der Beurteilung eines Ansuchens um die Erteilung einer Baubewilligung gegen Widerruf müssen im Übrigen vom Antragsteller für die Erteilung einer solchen Ausnahmebewilligung angeführte oder doch aus seinem Vorbringen im Zusammenhang mit der jeweils gegebenen Situation erkennbare besondere Gründe vorliegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. August 1996, Zl. 95/05/0177). Solche Gründe wurden aber im Verfahren vor den Baubehörden von der beschwerdeführenden Partei nicht genannt und sind auch vor dem Hintergrund des Beschwerdevorbringens nicht erkennbar.

Ein Verstoß der Anleitungspflicht, wie von der beschwerdeführenden Partei behauptet, liegt nicht vor. Die sogenannte Manuduktionspflicht der Behörde nach § 13a AVG bezieht sich auf die zur Vornahme der Verfahrenshandlungen der Partei nötigen Anleitungen und auf die Belehrung über die mit diesen Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen. Sie bezieht sich aber nicht darauf, ob und welches materielle Vorbringen die Partei zur Wahrung ihrer Rechte zu erstatten hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 2000, Zl. 2000/06/0047). Sie umfasst demnach nicht auch Unterweisungen eines Antragstellers, wie der Antrag gestaltet sein muss, um damit Erfolg zu haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1998, Zl. 98/07/0127). Der belangten Behörde ist daher kein Verfahrensfehler anzulasten, wenn sie die beschwerdeführende Partei auf Grund des Sachverständigengutachtens nicht aufgefordert hat, ihr Projekt zu ändern. Die beschwerdeführende Partei hätte es selbst in der Hand gehabt, ihren Antrag zu ändern; sie war hiezu im Rahmen des § 13 Abs. 8 AVG auch berechtigt.

Da die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 21. Juli 2005

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