Normen
AVG §37;
AVG §8;
BauO Wr §134 Abs3;
BauO Wr §134 Abs4;
BauO Wr §134a Abs1;
BauRallg;
VwGG §34 Abs1;
AVG §37;
AVG §8;
BauO Wr §134 Abs3;
BauO Wr §134 Abs4;
BauO Wr §134a Abs1;
BauRallg;
VwGG §34 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen
Begründung
Mit am 5. Juni 2001 beim Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, eingelangtem Ansuchen beantragte die mitbeteiligte Bauwerberin die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Kleinhauses mit einer Kleingarage auf einer näher bezeichneten Liegenschaft in Wien 23.
Dem Verwaltungsakt ist zu entnehmen, dass unter anderem der Beschwerdeführer (als Eigentümer einer benachbarten Liegenschaft) zu der am 24. September 2001 durchgeführten mündlichen Verhandlung an einer Wohnadresse geladen wurde, die sich in der Folge als nicht mehr aktuell erwies. Nach der Verhandlungsschrift waren bei dieser mündliche Verhandlung keine Anrainer anwesend.
Zu der am 1. Oktober 2001 durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde unter anderem der Beschwerdeführer ordnungsgemäß geladen. Eine Niederschrift über diese Verhandlung befindet sich nicht im Verwaltungsakt.
Mit Bescheid vom 17. Dezember 2001 genehmigte der Bauausschuss der Bezirksvertretung für den 23. Bezirk gemäß § 69 der Bauordnung für Wien (in der Folge: BO) die für das gegenständliche Bauvorhaben notwendigen Abweichungen von Bebauungsvorschriften.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 17. Jänner 2002 wurde der mitbeteiligten Bauwerberin die beantragte Baubewilligung erteilt.
Mit Schreiben vom 25. April 2002 beantragten der Beschwerdeführer (sowie zwei weitere Nachbarn) die Einstellung des gegenständlichen Bauvorhabens, die Aufhebung des Baubescheides sowie die Neuverhandlung des Bauvorhabens. Dazu wurde zusammengefasst ausgeführt, der Einreichplan für das gegenständliche Bauvorhaben vom 17. Mai 2001 entspreche hinsichtlich der Ansicht Süd - die fälschlicherweise als Ansicht Nord bezeichnet worden sei - insbesondere bezüglich der Darstellung der Anrainerterrains nicht den Tatsachen. Da sich erst durch die Bauführung und die dadurch veranlasste Neuvermessung herausgestellt habe, dass das Gelände der Anrainerliegenschaften wesentlich tiefer als im Einreichplan dargestellt liege, seien zum Zeitpunkt der Bauverhandlung am 1. Oktober 2001 die wahren Lageverhältnisse nicht erkennbar gewesen, womit die Zustimmung der Anrainer zu dem Ansuchen um Überschreitung der laut Bebauungsplan zulässigen Gebäudehöhe von 4,5 m und um Überschreitung der zulässigen bebauten Fläche von Kleinhäusern allein aufgrund unrichtiger Angaben erteilt worden sei. In der mündlichen Verhandlung vom 1. Oktober 2001 sei die Änderung der Höhenlage auf dem Grundstück der mitbeteiligten Bauwerberin nicht Verfahrensgegenstand gewesen. Eine Stellungnahme zum Geländeverlauf habe daher nicht abgegeben werden können.
Dieser Antrag wurde vom Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, als Antrag auf Wiederaufnahme des Baubewilligungsverfahrens gewertet und mit Bescheid vom 6. Mai 2002 gemäß § 69 Abs. 1 AVG abgewiesen. Die Bauoberbehörde für Wien bestätigte in der Folge diesen Bescheid mit der Maßgabe, dass der Antrag auf Wiederaufnahme zurückgewiesen wurde.
Im Laufe des Berufungsverfahrens zu dem obgenannten Antrag wurden dem Beschwerdeführer mit Schreiben der belangten Behörde vom 25. Oktober 2002 die Bescheide vom 17. Dezember 2001 und vom 17. Jänner 2002 übermittelt.
Gegen diese beiden Bescheide erhob der Beschwerdeführer daraufhin Berufung. Darin beanstandete er zahlreiche Darstellungs- und Berechnungsmängel des Einreichplanes und rügte, dass nach der Bauverhandlung vom 1. Oktober 2001 ohne Beiziehung der Anrainer Änderungen im Einreichplan vorgenommen worden seien, die zur Verletzung von Anrainerrechten geführt hätten. Auch wurde vorgebracht, das gegenständliche Bauvorhaben überschreite die zulässige Gebäudehöhe und die zulässige bebaubare Fläche wesentlich, womit auch eine Bewilligung gemäß § 69 BO nicht zulässig sei.
Die Bauoberbehörde für Wien wies mit dem angefochtenen Bescheid die Berufung des Beschwerdeführers als unzulässig zurück. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass auf Grund der mangelhaften Aufzeichnungen im verfahrensgegenständlichen Verwaltungsakt der Behörde erster Instanz von der belangten Behörde ein ergänzendes Ermittlungsverfahren zur Frage, ob der Beschwerdeführer rechtzeitig Einwendungen erhoben und somit Parteistellung im Baubewilligungsverfahren erworben habe, durchgeführt worden sei. Dazu seien der Beschwerdeführer und G.S. sowie der Verfasser des Einreichplanes, DI B., als Zeugen einvernommen worden. Alle hätten unabhängig voneinander und übereinstimmend angegeben, dass am 1. Oktober 2001 eine mündliche Verhandlung in den Büroräumen der Behörde erster Instanz stattgefunden habe, an der der Beschwerdeführer und G.S. sowie DI B. teilgenommen hätten. Der Beschwerdeführer habe jedoch nach eigenen Angaben wie auch nach den Angaben des G.S. und des Planverfassers in dieser mündlichen Verhandlung keine Einwendungen erhoben. Dadurch habe er gemäß § 134 Abs. 3 BO auch keine Parteistellung im Baubewilligungsverfahren erlangt. Der Beschwerdeführer stelle schließlich keine übergangene Partei im Sinne des § 134 Abs. 4 BO dar, da er zur Verhandlung am 1. Oktober 2001 ordnungsgemäß geladen worden sei und an dieser auch teilgenommen habe. Es sei ihm daher auch nicht das Recht zuzugestehen, innerhalb von drei Monaten ab dem angezeigten Baubeginn nachträgliche Einwendungen zu erheben, um Parteistellung zu erlangen. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den in der Berufung vorgebrachten Einwendungen gegen das Bauvorhaben sei daher nicht möglich. Selbst wenn eine Person zu Unrecht als Partei behandelt werde (beispielsweise durch Ladung zu einer Verhandlung oder Zustellung eines Bescheides), könne dies keine Parteistellung begründen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Auch die mitbeteiligte Partei erstatte eine Gegenschrift und beantragte Kostenersatz.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 134 BO hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
"Parteien
§ 134.
(1) Partei im Sinne des § 8 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes ist in allen Fällen, in denen dieses Gesetz ein Ansuchen oder eine Einreichung vorsieht, der Antragsteller oder Einreicher.
...
(3) Im Baubewilligungsverfahren und im Verfahren zur Bewilligung von unwesentlichen Abweichungen von Bebauungsvorschriften sind außer dem Antragsteller (Bauwerber) die Eigentümer (Miteigentümer) der Liegenschaften Parteien. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind wie Eigentümer der Liegenschaften zu be- handeln. Die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften sind dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre im § 134a erschöpfend festgelegten subjektivöffentlichen Rechte berührt und sie spätestens, unbeschadet Abs. 4, bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 134a gegen die geplante Bauführung erheben; das Recht auf Akteneinsicht (§ 17 AVG) steht Nachbarn bereits ab Einreichung des Bauvorhabens bei der Behörde zu. Alle sonstigen Personen, die in ihren Privatrechten oder in ihren Interessen betroffen werden, sind Beteiligte (§ 8 AVG). ...
(4) Weist ein Nachbar der Behörde nach, dass er ohne sein Verschulden daran gehindert war, die Parteistellung nach § 134 Abs. 3 zu erlangen, kann er seine Einwendungen im Sinne des § 134a gegen die Bauführung auch nach dem Abschluss der mündlichen Bauverhandlung bis längstens drei Monate nach dem angezeigten Baubeginn (§ 124 Abs. 2) vorbringen und ist vom Zeitpunkt des Vorbringens dieser Einwendungen an Partei; eine spätere Erlangung der Parteistellung (§ 134 Abs. 3) ist ausgeschlossen. Solche Einwendungen sind vom Nachbarn binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses für ihre Erhebung bei der Behörde einzubringen, die die Bauverhandlung anberaumt hat. ..."
Die belangte Behörde ging davon aus, dass dem Beschwerdeführer im Verfahren nach § 69 BO und im Baubewilligungsverfahren keine Parteistellung zukam. Sie prüfte zu Recht die Parteistellung des Beschwerdeführers nach § 134 BO. Dabei behandelte sie jedoch lediglich die Frage, ob in der Bauverhandlung vom 1. Oktober 2001 Einwendungen erhoben wurden, und verneinte auf Grund des diesbezüglichen Beweisergebnisses die Parteistellung gemäß § 134 Abs. 3 BO. Wesentlich wäre aber auch gewesen, ob der den Bescheiden vom 17. Dezember 2001 und vom 17. Jänner 2002 zugrunde liegende Einreichplan - soweit es um die Beurteilung, ob Nachbarrechte verletzt wurden, geht - jenem Bauvorhaben, das Gegenstand der Bauverhandlung vom 1. Oktober 2001 gewesen ist, entsprochen hat. Im Hinblick auf das Vorbringen des Beschwerdeführers hätte sich die belangte Behörde mit dieser Frage auseinandersetzen müssen.
An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass dem Nachbarn zwar kein subjektiv-öffentliches Recht darauf zusteht, dass die Unterlagen objektiv in jeder Hinsicht den gesetzlichen Anforderungen genügen; die vom Bauwerber vorgelegten Planunterlagen müssen aber ausreichen, dem Nachbarn jene Informationen zu vermitteln, die er zur Verfolgung seiner Rechte im Verwaltungsverfahren braucht (vgl. dazu z.B. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1995, Zl. 95/05/0113).
Nur bei insoweit entsprechenden Plänen wäre für die Beurteilung der Parteistellung der Nachbarn ausschließlich maßgeblich, ob bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen erhoben wurden. Andernfalls jedoch käme gegebenenfalls § 134 Abs. 4 BO zum Tragen, der für einen Nachbarn die Möglichkeit vorsieht, seine Einwendungen auch nach dem Abschluss der mündlichen Bauverhandlung bis längstens drei Monate nach dem angezeigten Baubeginn zu erheben (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 27. April 2004, Zl. 2003/05/0044).
Die belangte Behörde hätte daher den Baubeginn im Sinne des § 134 Abs. 4 BO feststellen müssen und gegebenenfalls das Vorbringen des Beschwerdeführers (und der beiden anderen Nachbarn) in der Eingabe vom 25. April 2002 als Einwendungen in der Sache zu behandeln gehabt. Bemerkt wird noch, dass die mitbeteiligte Partei in ihrer Gegenschrift ausführt, dass der Baubeginn vom 1. März 2002 per 7. März 2002 angezeigt worden sei.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Der Beschwerdeführer hat an Schriftsatzaufwand weniger, zuzüglich der verzeichneten, aber nicht gesondert zuzusprechenden Umsatzsteuer jedoch mehr als den nach der genannten Verordnung zulässigen Höchstbetrag begehrt. Es gebührt ihm daher Aufwandersatz in der verordneten Höhe. Das darüber hinausgehende Begehren war demgemäß abzuweisen
(vgl. die hg. Erkenntnisse vom 11. November 1992, Zl. 92/02/0210, und vom 18. März 1997, Zl. 97/08/0051).
Wien, am 18. Jänner 2005
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