Normen
ABGB §825;
AgrGG Stmk 1985 §1 Abs4;
AVG §56;
AVG §59 Abs1;
AVG §68 Abs1;
BauG Stmk 1995 §41 Abs3;
BauRallg;
FlVfGG §15;
FlVfGG §17;
VVG;
VwRallg;
ABGB §825;
AgrGG Stmk 1985 §1 Abs4;
AVG §56;
AVG §59 Abs1;
AVG §68 Abs1;
BauG Stmk 1995 §41 Abs3;
BauRallg;
FlVfGG §15;
FlVfGG §17;
VVG;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Eigentumsverhältnisse an der Liegenschaft EZ. 79 KG E stellen sich wie folgt dar: J M zu 1/3, Eigentümer der Liegenschaft EZ. 78 KG E (das sind B W und M L) zu 2/6 und Eigentümer der EZ. 65 KG G (das ist die Beschwerdeführerin) zu 2/6.
Mit Baugesuch vom 5. April 2001 beantragte die Beschwerdeführerin die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung einer Almhütte auf dem Grundstück Nr. 1074/6 der KG E. Im Zuge der Bauverhandlung wurde festgestellt, dass nicht die Zustimmung aller Miteigentümer zum gegenständlichen Bauvorhaben vorlag.
Mit Bescheid vom 31. Juli 2001 erteilte der Bürgermeister der Marktgemeinde H der Beschwerdeführerin den Auftrag zur Beseitigung der auf dem Grundstück Nr. 1074/6 der KG E errichteten näher umschriebenen Almhütte unter Auflagen. Er begründete diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass ohne die erforderliche Zustimmung der Miteigentümer und ohne einen rechtskräftigen Baubewilligungsbescheid mit dem Bau der Almhütte begonnen worden sei. Bei einer örtlichen Besichtigung sei festgestellt worden, dass die Hütte im Rohbau hergestellt sei.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung, welche mit Berufungsbescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde H vom 18. Februar 2002 als unbegründet abgewiesen wurde.
Der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Vorstellung gab die belangte Behörde mit 12. Juli 2002 statt, behob den vor ihr bekämpften Berufungsbscheid wegen Verletzung von Rechten der Vorstellungswerberin und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der Marktgemeinde H zurück. In ihrer Begründung führte die Vorstellungsbehörde aus, es stehe außer Zweifel, dass die Almhütte ohne rechtskräftige Baubewilligung errichtet worden sei, was auch von der Beschwerdeführerin nicht bestritten werde, sodass die Beseitigung der Almhütte zu Recht verfügt worden sei. Der Bescheid des Gemeinderates erweise sich jedoch deshalb als rechtswidrig, weil der Beseitigungsauftrag richtigerweise an sämtliche Eigentümer zu ergehen gehabt hätte.
Mit (Ersatz-)Bescheid vom 9. Jänner 2003 gab der Gemeinderat der Marktgemeinde H der Berufung "nur in Bezug auf den Bescheidadressat im Spruch Folge" und änderte den "Bescheid-Spruch" dahingehend ab, dass außer der bauwerbenden Beschwerdeführerin auch J M sowie den Ehegatten B W und M L die Beseitigung der verfahrensgegenständlichen Almhütte aufgetragen wurde.
Dagegen erhoben sowohl B W und M L als auch die Beschwerdeführerin Vorstellung.
Auf Grund der von B W und M L erhobenen Vorstellung behob die belangte Behörde mit Bescheid vom 14. Juli 2003 den Bescheid des Gemeinderates wegen Verletzung von Rechten der Vorstellungswerber und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat. Dies wurde damit begründet, dass die Vorstellungswerber erstmals mit dem Bescheid des Gemeinderates zur Beseitigung der Almhütte verpflichtet worden seien. § 66 Abs. 4 AVG bilde jedoch keine Grundlage dafür, unter Übergehung der ersten Instanz aus Anlass einer Berufung über eine Sache abzusprechen, die in erster Instanz unerledigt geblieben sei. Der Gemeinderat habe aus diesem Grund nicht erstmals einen Beseitigungsantrag gegenüber diesen Vorstellungswerbern erlassen dürfen. Diesbezüglich hätte der Bürgermeister als erste Instanz entscheiden müssen. Da durch die Vorgangsweise des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde der Instanzenzug abgekürzt worden sei, seien Rechte der Vorstellungswerber verletzt worden.
Mit dem angefochtenen Bescheid (gleichfalls) vom 14. Juli 2003 wies die belangte Behörde die Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Dem Vorbringen in der Vorstellung, der Beseitigungsauftrag wäre richtigerweise an die Agrargemeinschaft "M" zu richten gewesen, hielt die belangte Behörde entgegen, dass das Vorliegen einer Agrargemeinschaft bzw. agrargemeinschaftlicher Grundstücke zwar Auswirkungen, z.B. auf die Veräußerung oder hypothekarische Belastung dieser Grundstücke habe, jedoch nicht bewirke, dass die Agrargemeinschaft (zwingend) als grundbücherliche Eigentümerin und somit auf den Gegenstandsfall übertragen als Verpflichtete angesehen werden müsse. Im Beschwerdefall blieben trotz Feststellung des Vorliegens einer Agrargemeinschaft die Beschwerdeführerin, J M sowie die Ehegatten B W und M L Eigentümer und hätten zu Recht als Verpflichtete herangezogen werden können. Da außer Zweifel stehe, dass die Almhütte ohne rechtskräftige Baubewilligung errichtet worden sei, habe die Beseitigung der Almhütte der Beschwerdeführerin aufgetragen werden können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 1. Oktober 2003 wurde das Ansuchen der Beschwerdeführerin vom 5. April 2001 betreffend die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung einer Almhütte auf dem Grundstück Nr. 1074/6 KG E unter Vorschreibung von Auflagen bewilligt. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass der Beseitigungsauftrag der Baubehörde erster Instanz vom 31. Juli 2001 ersatzlos aufgehoben wird.
Der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde wies mit Bescheid vom 15. Dezember 2003 die von H und A C erhobenen Berufungen als unzulässig zurück und die Berufungen von B W und M L als unbegründet ab.
Die dagegen erhobene Vorstellung wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom 15. Juni 2004 als unbegründet abgewiesen. Gegen diesen Bescheid richtete sich die von B W und M L sowie H und A C beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachte, zur Zl. 2004/06/0119 protokollierte Beschwerde. Mit hg. Erkenntnis vom 29. November 2005 wurde die Beschwerde des H und der A C mangels Parteistellung im Bauverfahren zurückgewiesen. Im Übrigen wurde der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die verfahrensgegenständliche Liegenschaft EZ 79 KG E gemäß der rechtskräftigen Feststellung des Landesagrarsenates beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung vom 30. Oktober 2002 eine agrargemeinschaftliche Liegenschaft im Sinne des § 1 Steiermärkisches Agrargemeinschaftengesetz 1985 - StAgrGG 1985, sei. Es fänden somit die Regelungen, die allenfalls für Agrargemeinschaften im Sinne dieses Gesetzes gelten, Anwendung. Diese Regelungen beträfen die Nutzung agrargemeinschaftlicher Grundstücke, wobei der Begriff der Nutzung auch die allfällige Bauführung auf derartigen Grundstücken umfasse. Im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides des Gemeinderates im Baubewilligungsverfahren hätten noch keine Verwaltungssatzungen gemäß StAgrGG 1985 für die in Rede stehende Agrargemeinschaft gegolten, weshalb die entsprechenden Regelungen des ABGB (§§ 833ff) analog heranzuziehen seien. Die Durchführung des in Rede stehenden Bauvorhabens auf dem gemeinschaftlichen Grundstück sei eine Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung und bedürfe der - im Beschwerdefall jedoch nicht gegebenen - Einstimmigkeit der Miteigentümer. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf rechtsrichtige Anwendung des § 41 Steiermärkisches Baugesetz verletzt und bringt in Ausführung dieses Beschwerdepunktes vor, entgegen der Ansicht der belangten Behörde sei das Vorliegen einer Agrargemeinschaft für die Verpflichtung zum Abbruch nicht irrelevant. Der belangten Behörde sei zur Kenntnis gebracht worden, dass die Eigentümergemeinschaft bzw. nachfolgend die Agrargemeinschaft mehrheitlich die Zustimmung zur Errichtung der gegenständlichen Hütte erteilt habe. Lediglich die Minderheiteneigentümer hätten vorerst keine Zustimmung zum gegenständlichen Hüttenbau erteilt, was von ihnen aber in weiterer Folge revidiert worden sei. Die Beschwerdeführerin habe am 13. August 2003 der mitbeteiligten Marktgemeinde das Jahreshauptversammlungsprotokoll der in Rede stehenden Agrargemeinschaft vorgelegt. Aus diesem Protokoll gehe hervor, dass die sich ursprünglich gegen den Hüttenbau aussprechenden Agrargemeinschaftsmitglieder einem Grundstückstausch zugestimmt hätten. Durch die Zustimmung zu diesem Tausch hätten diese Minderheitseigentümer kundgetan, gegen die Bauführung der Almhütte nichts mehr einzuwenden. Die Notwendigkeit des baupolizeilichen Abbruchauftrages falle sohin weg. Durch das Vorliegen einer Agrargemeinschaft hätte die belangte Behörde der Vorstellung der Beschwerdeführerin dahingehend Folge zu geben gehabt, dass der Beseitigungsauftrag richtigerweise an die Agrargemeinschaft M zu richten gewesen wäre.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG, LGBl. Nr. 59/1995, hinsichtlich vorschriftswidriger Bauten ein Beseitigungsauftrag zu erlassen ist, und zwar ungeachtet der allfälligen Zustimmung der Grund- bzw. Gebäudeeigentümer zur Bauführung.
Im Übrigen ist Folgendes auszuführen: Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung dargetan, dass die Verpflichtung zur Beseitigung eines vorschriftswidrigen Baues dessen jeweiligen Eigentümer trifft, unabhängig davon, ob er selbst oder seine Rechtsvorgänger den konsenswidrigen Zustand durch ein schuldhaftes Verhalten herbeigeführt haben. Adressat des Beseitigungsauftrages ist der Eigentümer der fraglichen baulichen Anlage. Ist nicht der Grundeigentümer Eigentümer des Objektes, sondern jemand anderer (z.B. bei einem Superädifikat), so ist der Beseitigungsauftrag nicht an den Grundeigentümer, sondern an den Letzteren zu richten (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 14. September 2004, Zl. 2001/06/0070, mwN).
Wenn Miteigentümerschaft vorliegt, kommt eine Vollstreckung nur dann in Betracht, wenn der Beseitigungsauftrag gegen alle Miteigentümer ergangen ist. Dieser muss jedoch nicht in einem einheitlichen Bescheid ergehen, weshalb auch die Rechtskraft jedem Miteigentümer gegenüber zu einem anderen Zeitpunkt eintreten kann (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1998, VwSlg. 14.847A/1998).
Die Beschwerdeführerin stellt nicht in Abrede, Miteigentümerin der Liegenschaft zu sein, auf der sie die in Rede stehende Almhütte errichtet hat. Dass es sich bei dieser Liegenschaft um eine agrargemeinschaftliche Liegenschaft handelt, ist für die Frage, wer Adressat des allfälligen Beseitigungsauftrages hinsichtlich eines auf dem agrargemeinschaftlichen Grundstück errichteten vorschriftswidrigen Baues ist, nicht von Bedeutung. Die Regelungen dieses Gesetzes betreffen nämlich, wie der Verwaltungsgerichtshof in dem bereits erwähnten Erkenntnis vom 29. November 2005 dargetan hat, die Nutzung der agrargemeinschaftlichen Grundstücke im Sinne des § 1 Abs. 4 StAgrGG 1985 ("gemeinschaftliche oder wechselweise Benutzung eines Grundstückes"). Die Agrargemeinschaft ist aber nicht Eigentümerin der Liegenschaft. Unabhängig von der Feststellung des Vorliegens einer Agrargemeinschaft ist daher im Beschwerdefall der baupolizeiliche Beseitigungsauftrag gegenüber sämtlichen Eigentümern der in Rede stehenden Liegenschaft zu erlassen. Diese sind nämlich - zumal sich andere Feststellungen aus der Aktenlage nicht ergeben - auch Eigentümer der in Rede stehenden Almhütte. Dass mit dem angefochtenen Bescheid nur einem Miteigentümer die Beseitigung aufgetragen wurde, hat zwar - wie dargelegt - Auswirkungen auf die Vollstreckbarkeit dieses Bescheides, ändert jedoch nichts an seiner Rechtmäßigkeit.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 19. Dezember 2005
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)