Normen
BArbSchV §7;
BArbSchV 1994 §10 Abs1;
BArbSchV 1994 §30;
BArbSchV 1994 §7 Abs4;
BArbSchV 1994 §7;
BArbSchV 1994 §8;
BArbSchV 1994 §87 Abs2;
BArbSchV 1994 §87 Abs3;
BArbSchV 1994 §9;
VStG §31 Abs2;
VStG §44a Z1;
VStG §45 Abs1 Z3;
VStG §9 Abs1;
BArbSchV §7;
BArbSchV 1994 §10 Abs1;
BArbSchV 1994 §30;
BArbSchV 1994 §7 Abs4;
BArbSchV 1994 §7;
BArbSchV 1994 §8;
BArbSchV 1994 §87 Abs2;
BArbSchV 1994 §87 Abs3;
BArbSchV 1994 §9;
VStG §31 Abs2;
VStG §44a Z1;
VStG §45 Abs1 Z3;
VStG §9 Abs1;
Spruch:
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Begründung
I. Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 12. Juni 2002 wurde der Mitbeteiligte für schuldig befunden, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 Abs. 1 VStG nach außen berufenes Organ der F. GesmbH mit Sitz in Wien zu verantworten, dass diese § 87 Abs. 2 der Bauarbeiterschutzverordnung - BauV, BGBl. Nr. 340/1994, (wonach bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung bis zu 20 Grad und einer Absturzhöhe von mehr als 3,00 m Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen gemäß den §§ 7 bis 10 vorhanden sein müssen) zuwidergehandelt habe, indem am 3. April 2002 auf einer örtlich umschriebenen Baustelle, auf der die Arbeitnehmer - D.A. (Verunfallter) und L.M. - der F. Bau- und Galanteriespenglerei Spenglerarbeiten durchgeführt hätten, bei denen auf dem Pultdach mit einer Dachneigung von ca. 5 Grad - obwohl für die Arbeitnehmer Absturzgefahr von ca. 8 m auf das angrenzende Terrain bestanden habe - keine Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen gemäß den §§ 7 bis 10 BauV vorhanden gewesen seien.
Der Mitbeteiligte habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs. 5 Z. 1 in Verbindung mit § 118 Abs. 3 ASchG und § 87 Abs. 2 BauV begangen; es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Der dagegen vom Mitbeteiligten erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 4. August 2003 insoweit Folge, als das Straferkenntnis behoben wurde.
Unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. November 1992, Zl. 88/08/0221, wurde in der Begründung im Wesentlichen u.a. ausgeführt, dem Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses fehle das Merkmal, dass entsprechend § 7 Abs. 4 erster Satz BauV die Anbringung von Absturzsicherungen (§ 8) oder Schutzeinrichtungen (§ 10) entfallen könne, wenn der hiefür erforderliche Aufwand unverhältnismäßig hoch gegenüber dem Aufwand für die durchzuführende Arbeit sei.
Das Straferkenntnis sei daher zu beheben gewesen, ohne jedoch eine entsprechende Verfahrenseinstellung vorzunehmen, da die Verfolgungsverjährungsfrist zum Zeitpunkt der Verkündung des Berufungsbescheides (am 30. September 2002) noch offen gewesen sei. II. Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 28. August 2003 wurde das den Gegenstand des zitierten Straferkenntnisses vom 12. Juni 2002 bildende Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG eingestellt, wobei in der Begründung darauf hingewiesen wurde, der zitierte Berufungsbescheid sei zwar schon am 30. September 2002 verkündet worden, dessen mit 4. August 2003 datierte schriftliche Ausfertigung sei jedoch erst nach Ablauf der Frist des § 31 Abs. 2 VStG beim Magistrat der Stadt Wien eingelangt, sodass eine Verfolgung des Mitbeteiligten (im Sinne dieses Berufungsbescheides) nicht mehr zulässig sei.
Der dagegen vom Arbeitsinspektorat erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 6. Februar 2004 keine Folge. III. Gegen diese beiden Bescheide vom 4. August 2003 und vom 6. Februar 2004 richten sich die vorliegenden, auf § 13 des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993 gestützten Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof.
Dieser hat beschlossen, die beiden Beschwerden wegen des sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden. Er hat erwogen:
Gemäß § 87 Abs. 2 BauV müssen bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung bis zu 20 Grad und einer Absturzhöhe von mehr als 3,00 m Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen gemäß §§ 7 bis 10 vorhanden sein.
Nach § 7 Abs. 4 BauV kann die Anbringung von Absturzsicherungen (§ 8) oder Schutzeinrichtungen (§ 10) entfallen, wenn der hiefür erforderliche Aufwand unverhältnismäßig hoch gegenüber dem Aufwand für die durchzuführende Arbeit ist. In diesen Fällen müssen die Arbeitnehmer entsprechend § 30 sicher angeseilt sein.
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 15. Juli 2004, Zl. 2001/02/0042 (auf dessen nähere Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird), die in seinem Erkenntnis vom 24. November 1992, Zl. 88/08/0221, (auf welches die belangte Behörde ihren Bescheid vom 4. August 2003 gestützt hat) in Verbindung mit § 7 BauV zum Ausdruck gebrachte Rechtsanschauung nicht aufrecht erhalten, sondern ausgesprochen, dass es ausreicht - sollte sich der Arbeitgeber darauf berufen, dass die Errichtung von Schutzeinrichtungen unterbleiben konnte - sich in der Begründung des Bescheides damit auseinander zu setzen; daraus folgt, dass ein solches "negatives Tatbestandsmerkmal" weder Inhalt des Spruches noch Gegenstand einer (rechtzeitigen) Verfolgungshandlung sein muss.
Von daher gesehen erweist sich der Bescheid vom 4. August 2003 mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.
Mit dem Hinweis des Mitbeteiligten in der diesbezüglichen Gegenschrift, aus der Begründung dieses Bescheides gehe auch hervor, es könne "nicht mit der im Strafverfahren erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass dem BW (Anm.: das ist der Mitbeteiligte) die Ausnahmebestimmung des § 7 Abs. 4 erster Satz BauV nicht zu Gute gekommen wäre", sodass die belangte Behörde in tatsächlicher Hinsicht vom Vorliegen dieses Tatbestandes ausgegangen sei, ist für den Mitbeteiligten nichts gewonnen: Er übersieht damit - so wie offenbar auch die belangte Behörde (die allerdings festgestellt hat, dass der verunfallte Arbeitnehmer nicht angeseilt gewesen sei) - den zweiten Satz des § 7 Abs. 4 BauV, wonach "In diesen Fällen", also des ersten Satzes - selbst wenn solches zuträfe -, die Arbeitnehmer entsprechend § 30 sicher angeseilt sein müssen (vgl. dazu das hg.
Erkenntnis vom 30. Oktober 2003, Zl. 2003/02/0185).
Der Bescheid vom 4. August 2003 war daher gemäß § 42 Abs. 2
Z. 1 VwGG aufzuheben.
Daraus folgt aber auch eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des
Bescheides vom 6. Februar 2004, weil dieser Bescheid in unauflöslichem Zusammenhang mit dem Bescheid vom 4. August 2003 steht, der seine rechtliche Grundlage bildet (vgl. die bei Dolp,
Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 565, zitierte hg. Rechtsprechung).
Sohin war auch der Bescheid vom 6. Februar 2004 gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Wien, am 15. April 2005
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