VwGH 2003/01/0043

VwGH2003/01/004324.5.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des F in G, vertreten durch Dr. Wolfgang Vacarescu, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 12. Dezember 2002, Zl. 2-11.B/835-02/12, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

StbG 1985 §10 Abs4 Z1 idF 1998/I/124;
StbG 1985 §10 Abs5 Z3 idF 1998/I/124;
StbG 1985 §10 Abs4 Z1 idF 1998/I/124;
StbG 1985 §10 Abs5 Z3 idF 1998/I/124;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 12. Dezember 2002 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß "§ 10 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 i.d.g.F." ab.

Diese Entscheidung begründete die belangte Behörde im Wesentlichen damit, der im Jahr 1974 geborene Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Ghana, sei erstmals am 10. Juli 1996 im Bundesgebiet zur Anmeldung gelangt; er erfülle daher noch nicht das Erfordernis eines zehnjährigen Hauptwohnsitzes im Bundesgebiet. Ausgehend von seiner (im September 2002 erstatteten) Stellungnahme sei zu prüfen, ob der Nachweis der nachhaltigen beruflichen und persönlichen Integration des Beschwerdeführers erbracht worden sei. Seine persönliche Integration in Österreich sei gegeben, weil er mit einer österreichischen Staatsbürgerin (die am 14. Jänner 2001 verstorben sei) verheiratet gewesen sei und seine Eltern in Österreich lebten. Der Beschwerdeführer sei seit 1997 bei 14 verschiedenen Dienstgebern beschäftigt gewesen; von 4. Juli 1997 bis 3. April 2000 sei er nicht beschäftigt gewesen. Seine weiteren Dienstverhältnisse seien oft nur von kurzer Dauer gewesen. Gegen die "Nachhaltigkeit" seiner beruflichen Integration würden die Arbeitgeberwechsel und die fehlende Beschäftigung von Juli 1997 bis April 2000 sprechen. Der Beschwerdeführer habe seine nachhaltige berufliche Integration nicht nachgewiesen. Die Voraussetzungen des § 10 Abs. 5 Z 3 StbG seien daher nicht erfüllt. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines anderen besonders berücksichtigungswürdigen Grundes bestünden nicht.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde, zu der die belangte Behörde eine Gegenschrift erstattete, hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Da der Beschwerdeführer unbestritten nicht auf einen ununterbrochenen zehnjährigen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet zu verweisen vermag, kommt fallbezogen eine Verleihung der Staatsbürgerschaft nur nach § 10 Abs. 4 Z 1 StbG - Vorliegen eines besonders berücksichtigungswürdigen Grundes - in Betracht. § 10 Abs. 5 leg. cit. enthält eine demonstrative Aufzählung, was unter einem besonders berücksichtigungswürdigen Grund zu verstehen ist. Als solcher gilt u.a. nach der hier allein in Rede stehenden Z 3 dieser Bestimmung der "Nachweis nachhaltiger persönlicher und beruflicher Integration".

Die belangte Behörde hat die persönliche Integration des Beschwerdeführers als gegeben erachtet, seine berufliche Integration aber deshalb verneint, weil er eine solche "nicht nachgewiesen" habe; die Arbeitgeberwechsel und die Zeit seiner fehlenden Beschäftigung von Juli 1997 bis April 2000 würden gegen die Nachhaltigkeit seiner beruflichen Integration sprechen.

Bei dieser Beurteilung hätte die belangte Behörde allerdings im Sinn der Erläuterungen der Regierungsvorlage zur Staatsbürgerschaftsgesetznovelle 1998 (1283 BlgNR 20. GP 8), mit dem der § 10 StbG neu gefasst wurde, die beschäftigungsrechtliche Stellung des Beschwerdeführers stärker in ihre Gesamtbetrachtung einbeziehen müssen. Feststellungen darüber wurden im angefochtenen Bescheid nicht getroffen.

Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten hat das Arbeitsmarktservice Steiermark mit Schreiben vom 8. April 2002 der belangten Behörde mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer "seit 31.7.2000 auf Grund einer Ehe mit einer Österreicherin vom Ausländerbeschäftigungsgesetz ausgenommen ist". Der Beschwerdeführer hat (nachdem er seine am 6. September 2002 eingelangte Stellungnahme zunächst unvollständig einbrachte und sie danach fehlerhaft ergänzte letztlich) mit dem am 26. September 2002 eingelangten Schriftsatz vorgebracht, er sei im Besitz eines Befreiungsscheines, der ihm am 8. März 2001 vom Arbeitsmarktservice Graz mit Gültigkeit bis 7. März 2006 ausgestellt worden sei. Damit hat die belangte Behörde sich nicht auseinandergesetzt.

Ist der Beschwerdeführer "vom AuslBG ausgenommen" bzw. wurde ihm der behauptete Befreiungsschein tatsächlich ausgestellt, dann kann - vor dem Hintergrund der in den genannten Materialien angeführten Beispiele erbrachter Nachweise einer beschäftigungsrechtlich gesicherten Position in Österreich und im Hinblick auf seine seit 3. April 2000 festgestellten Beschäftigungsverhältnisse - seine hinreichende (gesicherte) beruflich Integration nicht verneint werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. November 2004, Zl. 2002/01/0498).

Insoweit im angefochtenen Bescheid angenommen wurde, "die Arbeitgeberwechsel und die Zeit von Juli 1997 bis April 2000 ohne Beschäftigung" würden gegen die "Nachhaltigkeit" der beruflichen Integration sprechen, ist darauf zu verweisen, dass wechselnden Beschäftigungsverhältnissen insoweit keine Bedeutung zukommt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 16. April 2004, Zl. 2003/01/0040, und vom 12. März 2002, Zl. 2000/01/0189), und dass bei Beurteilung der Frage der Integration die aktuellen Verhältnisse maßgeblich sind (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 7. Oktober 2003, Zl. 2002/01/0156, und vom 3. Dezember 2002, Zl. 2002/01/0214). Im Übrigen sei betont, dass stark ausgeprägte Integrationsmerkmale in einem Bereich - wie vorliegend angesichts der intensiven persönlichen Verankerung des Beschwerdeführers der Fall - eine allfällige weniger starke Ausprägung in anderen Bereichen partiell zu kompensieren vermögen.

Die belangte Behörde belastete daher den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 24. Mai 2005

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