Normen
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
StVG §108 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
StVG §108 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer befand sich im Zuge der Verbüßung einer Freiheitsstrafe vom 16. Februar 2001 bis zur Überstellung in eine andere Anstalt am 21. Mai 2001 in der Justizanstalt Wien-Simmering.
Bereits am 4. März 2001 und am 20. März 2001 erstattete der in dieser Anstalt tätige Insp. A. Meldungen über Ordnungswidrigkeiten des Beschwerdeführers, der u.a. die Strafvollzugsbediensteten als "Witzfiguren und Hampelmänner" (Meldung vom 4. März 2001) bzw. den Meldungsleger als "Unnötigen" bezeichnet habe (Meldung vom 20. März 2001). In beiden Fällen wurde nach Abmahnung des Beschwerdeführers gemäß § 108 Abs. 2 StVG von einer Bestrafung abgesehen und dies dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht. Eine dritte, am 28. März 2001 von einem anderen Strafvollzugsbediensteten erstattete Meldung betraf u.a. die Bezeichnung von Strafvollzugsbediensteten als "Woame" und "Kasperln" durch den Beschwerdeführer.
Am 14. April 2001 erstattete Insp. A. die Meldung, der Beschwerdeführer habe im Zuge seiner im Anschluss an einen Besuch beabsichtigten Visitierung durch Insp. A. und Insp. P. nicht kooperiert, sondern die Beamten als "Kasperln" bezeichnet. Nach Abmahnung habe er den Beamten zwar das T-Shirt und den Pullover übergeben, die weitere Entblößung aber verweigert und plötzlich mit den Fäusten auf den Kopf von Insp. A. eingeschlagen. Insp. A. und Insp. P. hätten den Beschwerdeführer "mit maßhaltender Gewalt" aus der Toilettenanlage der Besucherzone, in der die Visitierung stattfinden sollte, herausgebracht und am Boden festgehalten, wo der zufällig hinzugekommene Insp. R. dem Beschwerdeführer Handfesseln angelegt habe. Während des Abführens habe der Beschwerdeführer noch Drohungen gegen Insp. A. ausgestoßen. Insp. A. sei durch den Angriff des Beschwerdeführers "am Kopf und an der linken Halsgegend verletzt" worden.
Sowohl Insp. A. als auch der Beschwerdeführer wurden am 14. April 2001 in Krankenhäusern untersucht. Beide wiesen vor allem Quetschungen, Insp. A. überdies eine Hautabschürfung auf. Der Beschwerdeführer klagte auch über Atembeschwerden und gab an, bewusstlos gewesen zu sein.
Am 18. April 2001 beantragte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde die Verlegung in eine andere Justizanstalt, wobei er auf den Vorfall vom 14. April 2001 nur kurz Bezug nahm.
Am 19. April 2001 wurde der Beschwerdeführer auf Grund der Meldung vom 14. April 2001 als Beschuldigter im Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten vernommen. Mit dem Gegenstand der Meldung vertraut gemacht, gab er an, "derzeit zu keiner Aussage über die Vorkommnisse vom 14.04.2001 bereit" zu sein. Er nehme zur Kenntnis, dass eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft beabsichtigt sei, und werde sich "erst in einem allfälligen gerichtlichen Ermittlungsverfahren unter Beiziehung eines Rechtsanwaltes zu einer Aussage bereit erklären".
Am 24. April 2001 wurde in dem gegen den Beschwerdeführer eingeleiteten Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten Insp. P. als Zeuge vernommen. Er beschrieb den Vorfall im Wesentlichen so, wie er in der von Insp. A. erstatteten Meldung dargestellt worden war.
Am 27. April 2001 richtete der Beschwerdeführer die verfahrensgegenständliche Administrativbeschwerde "an die Justizanstalt Simmering". Die Beschwerde richtete sich gegen die "Körperverletzung, Nötigung und Drohung" durch Insp. A. am 14. April 2001. In seiner Darstellung des Sachverhaltes erwähnte der Beschwerdeführer sowohl in Bezug auf die beabsichtigte Visitierung als auch in Bezug auf seine behauptete Misshandlung ausschließlich Insp. A. Dieser habe den Beschwerdeführer aufgefordert, ihn - Insp. A. - zu schlagen und dem Beschwerdeführer, als sich dieser geweigert habe, zunächst mehrere Faustschläge versetzt. In weiterer Folge habe er seinen Kopf gegen Türe und Boden geschlagen, ihn getreten und ihm schließlich den Hals zugedrückt, sodass der Beschwerdeführer kurz bewusstlos geworden sei. Nach einem weiteren Schlag auf den Kopf, durch den er offenbar wieder das Bewusstsein erlangt habe, habe sich der Beschwerdeführer gefesselt auf dem Boden liegend gefunden. Insp. A. habe ihn verbal bedroht. Der Beschwerdeführer habe wieder das Bewusstsein verloren und sei erst in der Absonderungszelle wieder zu sich gekommen. Von dort aus sei er dann in zwei verschiedene Krankenhäuser ausgeführt worden. Der Arzt Dr. S. habe ihm gesagt, er sei "extrem verprügelt" worden.
Zur "Vorgeschichte" des Vorfalls verwies der Beschwerdeführer - in dessen Schriftsatz Insp. P. und Insp. R. nicht vorkamen - auf Schwierigkeiten, die er selbst und nicht näher bezeichnete andere Gefangene schon zuvor mit Insp. A. gehabt hätten.
Am 3. Mai 2001 wurde dem Beschwerdeführer zu seiner Administrativbeschwerde Akteneinsicht gewährt. Weiters wurde ihm mitgeteilt, dass Insp. A. zum ehest möglichen Zeitpunkt befragt und die Beschwerde der belangten Behörde zur Entscheidung vorgelegt werden würde.
Am 8. Mai 2001 wurde (u.a.) zur Administrativbeschwerde des Beschwerdeführers vom 27. April 2001 eine Niederschrift mit Insp. A. aufgenommen. Dieser erläuterte, warum er trotz seiner Einteilung als Besuchskommandant an der Visitierung mitgewirkt habe, und gab an, die Visitierung des Beschwerdeführers mit körperlicher Entblößung sei "stichprobenweise" erfolgt. Er erhob seine Meldung vom 14. April 2001 zu seiner Aussage, bestritt die vom Beschwerdeführer erhobenen Anschuldigungen und verwies auf die vom Beschwerdeführer nicht erwähnte Beteilung von Insp. P. und Insp. R. an der Amtshandlung. Zu den ihm vorgehaltenen Verletzungen des Beschwerdeführers gab er an, diese könnten "im Zuge des Aufpralles am Boden aufgetreten sein".
Am 22. Mai 2001 übermittelte der Anstaltsleiter der Staatsanwaltschaft Wien eine Sachverhaltsdarstellung betreffend den Verdacht der Begehung einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung durch den Beschwerdeführer auf Grund der in der Meldung vom 14. April 2001 dargestellten Tatsachen. Auf die gegenteilige Darstellung des Beschwerdeführers, dessen Administrativbeschwerde der Sachverhaltsdarstellung u.a. angeschlossen war, wurde hingewiesen.
Mit Schreiben vom selben Tag legte der Anstaltsleiter die Administrativbeschwerde des Beschwerdeführers der belangten Behörde "mit dem Ersuchen um Kenntnisnahme und Entscheidung" vor. In einer Stellungnahme vom Folgetag, die sich auf andere Eingaben des Beschwerdeführers bezog, wurde der belangten Behörde u. a. mitgeteilt, das Ordnungsstrafverfahren werde mit Rücksicht auf den Verdacht eines gerichtlich strafbaren Verhaltens des Beschwerdeführers vorerst nicht weiterverfolgt.
Am 29. November 2001 wurde in der Justizanstalt Wien-Simmering mit Insp. R. eine Niederschrift zu dem Vorfall am 14. April 2001 aufgenommen. Er gab an, zunächst gesehen zu haben, wie Insp. A., Insp. P und ein ihm nicht bekannter Insasse in die Toilette der Besucherzone gegangen seien. Als er sich weiter genähert habe, habe er laute Stimmen gehört und schließlich gesehen, wie die Hände des schon teilweise unbekleideten Insassen in die Richtung der Beamten "geflogen" seien. Der Insasse sei von Insp. A. aus der Toilette heraus und zu Boden gebracht und dort von Insp. A. und Insp. P. fixiert worden. Insp. R. habe ihm die Handfesseln angelegt und den Insassen zusammen mit Insp. A. zur Absonderung gebracht. Unterwegs habe der Insasse noch Drohungen gegen Insp. A. ausgestoßen.
Mit Schreiben vom 27. Februar 2002 ließ die belangte Behörde dem Beschwerdeführer - nachdem dieser wegen der Nichterledigung seiner Administrativbeschwerde vom 27. April 2001 durch den Anstaltsleiter einen Devolutionsantrag an die belangte Behörde gestellt hatte - die mit Insp. P., Insp. A. und Insp. R. aufgenommenen Niederschriften zur Stellungnahme vorhalten.
In seiner Stellungnahme vom 18. März 2002 machte der Beschwerdeführer der Sache nach geltend, bei dem Vorfall vom 14. April 2001 handle es sich um einen Racheakt von Insp. A. wegen der Erfolglosigkeit seiner früheren Meldungen über behauptete Ordnungswidrigkeiten des Beschwerdeführers. Zum Hergang des Vorfalls beantragte er die Ausforschung und Zeugenvernehmung "allfälliger Mitgefangener", die sich zum damaligen Zeitpunkt in der Besucherzone aufgehalten hätten, sowie der Mitgefangenen und der Strafvollzugsbediensteten in der Absonderung, wo er bewusstlos eingeliefert worden sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde (nach vorübergehender Aussetzung des Verfahrens, vgl. dazu den hg. Beschluss vom 17. Oktober 2002, Zl. 2002/20/0201) der Administrativbeschwerde vom 27. April 2001 nicht Folge.
Die belangte Behörde begründete diese Entscheidung - zusammengefasst - damit, dass der Vorfall von Insp. P., Insp. A. und Insp. R. völlig anders als in der Administrativbeschwerde dargestellt worden sei. Insp. A. sei "ein für den Umgang mit aggressiven und gewalttätigen Insassen besonders ausgebildeter und in der Handhabung von Konfliktsituationen erfahrener Justizwachebeamter", während der Beschwerdeführer, der u. a. Vorstrafen wegen falscher Beweisaussage und Verleumdung aufweise, "von der Justizanstalt als psychisch auffällige Person beschrieben" werde, der manche Beamte und Insassen für sich einzunehmen versuche, andere mit Beschuldigungen überhäufe und sie gegeneinander auszuspielen trachte. Die Erhebungen hätten "keinerlei Hinweis für die Richtigkeit oder den Wahrheitsgehalt" der Behauptungen des Beschwerdeführers ergeben. Auch die Staatsanwaltschaft Wien habe die Anzeige des Beschwerdeführers gegen Insp. A. zurückgelegt und einen Strafantrag gegen den Beschwerdeführer eingebracht. Im Gegensatz zu den Behauptungen des Beschwerdeführers seien im gerichtlichen Vorverfahren keine Strafgefangenen als Zeugen ausgeforscht und einvernommen worden. Auf Grund des "Schauplatzes" (Toilette) gebe es keine weiteren unmittelbaren Zeugen insbesondere des Beginns des Vorfalles. Der Beschwerdeführer mache auch keine solchen Zeugen namhaft. "In Abwägung aller Erhebungsergebnisse" sei der Administrativbeschwerde daher nicht Folge zu geben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass die belangte Behörde auch ausgehend von den von ihr zugrunde gelegten Darstellungen der beteiligten Strafvollzugsbediensteten eine Rechtsverletzung des Beschwerdeführers durch die nach dessen Behauptungen von Insp. A. begangene "Körperverletzung, Nötigung und Drohung" festzustellen gehabt hätte. Dies ist, ausgehend von den erwähnten Darstellungen, auch nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht der Fall.
Entscheidend ist daher, ob die belangte Behörde von den Angaben der Strafvollzugsbediensteten ausgehen durfte. Der in § 45 Abs. 2 AVG u.a. verankerte Grundsatz der freien Beweiswürdigung bedeutet nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht, dass der in der Begründung eines Bescheides niederzulegende Denkvorgang nicht der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle in der Richtung unterliegt, ob der Sachverhalt genügend erhoben wurde und die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also u. a. den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen (vgl. in diesem Sinn etwa schon das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1974, Slg. Nr. 8619/A). Der Verwaltungsgerichtshof kann aber nicht prüfen, ob eine Beweiswürdigung richtig in dem Sinn ist, dass z.B. die einen Beschuldigten belastende Darstellung und nicht dessen Verantwortung den Tatsachen entspricht (vgl. dazu das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053; zu den Möglichkeiten und Grenzen dieser Form der Sachverhaltskontrolle auch das Erkenntnis vom 17. November 1992, Zl. 92/08/0071).
Im vorliegenden Fall rügt die Beschwerde den "Umstand, dass die vom Beschwerdeführer geforderten Zeugen nicht ausgeforscht und nicht einvernommen wurden". Damit zeigt sie eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aber nicht auf, weil das Argument der belangten Behörde, in der Toilette der Besucherzone, wo sich die für die Beurteilung maßgeblichen Vorgänge ereignet hätten, habe es keine weiteren Zeugen gegeben, nicht erschüttert wird. Wie "allfällige Mitgefangene ... in der Besucherzone" oder die Personen in der Abteilung, in die der Beschwerdeführer im Anschluss an den Vorfall gebracht wurde, in der Lage gewesen wären, über das Zustandekommen der Handgreiflichkeiten Auskunft zu geben, geht auch aus der Beschwerde nicht hervor. Dass in der Toilette, wo der Beschwerdeführer visitiert werden sollte, noch weitere Personen, die im Verfahren nicht vernommen wurden, zugegen gewesen seien, hat der Beschwerdeführer nie behauptet.
In Bezug auf die Würdigung der Ermittlungsergebnisse im angefochtenen Bescheid trifft es zunächst nicht zu, dass die belangte Behörde - wie die Beschwerde meint - übersehen hätte, dass Insp. A. nach seinen eigenen Angaben in der Meldung vom 14. April 2001 nur einen Kratzer in der Halsgegend erlitten habe. Diese Behauptung in der Beschwerde übergeht den letzten Satz der Meldung, wonach der Meldungsleger "am Kopf und an der linken Halsgegend verletzt" worden sei. Es trifft auch nicht zu, dass die Feststellung der belangten Behörde, die Lunge des Beschwerdeführers habe sich bei der Untersuchung im Krankenhaus als frei erwiesen ("pulmo frei"), keine Grundlage in den Befunden habe. Der bestrittene Vermerk findet sich auf dem mit "S." (dem Namen des in der Administrativbeschwerde erwähnten Arztes) unterfertigten Teil der mit den Akten vorgelegten Unterlagen.
Was die übrigen Beschwerdeargumente anlangt, so erübrigt sich eine Auseinandersetzung damit, welches Gewicht die belangte Behörde auf die Vorstrafen des als "psychisch auffällig" beschriebenen Beschwerdeführers einerseits und auf die - aus den vorgelegten Akten nicht nachvollziehbare - Annahme einer "besonderen" Ausbildung und Erfahrung von Insp. A. andererseits legen durfte und ob die Bezugnahme auf die Vorgangsweise der Staatsanwaltschaft etwas zur Begründung des Bescheides beitragen konnte. Zieht man in Betracht, dass der Inhalt der von Insp. A. erstatteten Meldung von zwei Zeugen, gegen deren Glaubwürdigkeit auch der Beschwerdeführer nur ihren Beruf ins Treffen führen kann, bestätigt wurde, so ist eine Beweiswürdigung, die dieser Sachverhaltsdarstellung folgt, jedenfalls nicht unschlüssig im Sinne des zuvor dargestellten Prüfungskalküls.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 30. September 2004
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