VwGH 2001/12/0009

VwGH2001/12/000925.2.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Schick, Dr. Hinterwirth und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in Wien 1., Franz Josefs- Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 20. November 2000, Zl. 401.422/0038-2.1/00, betreffend Verwendungsgruppenzulage bzw. Verwendungsabgeltung gemäß § 30a Abs. 1 Z 1 und Abs. 5 des Gehaltsgesetzes 1956 (GehG), zu Recht erkannt:

Normen

GehG 1956 §13b;
GehG 1956 §3 Abs2;
GehG 1956 §30a Abs1 Z1 idF 1972/214;
GehG 1956 §30a Abs1 Z1;
GehG 1956 §6;
GehG 1956 §7;
GehG 1956 §13b;
GehG 1956 §3 Abs2;
GehG 1956 §30a Abs1 Z1 idF 1972/214;
GehG 1956 §30a Abs1 Z1;
GehG 1956 §6;
GehG 1956 §7;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird, soweit sie den Zeitraum vom 1. Juli 1989 bis 30. November 1991 betrifft, als unbegründet abgewiesen.

Im Übrigen wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Amtssekretär i.R. in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Bund; seine letzte Dienststelle war das Bundesministerium für Landesverteidigung. Bis zu seiner mit Wirksamkeit vom 31. März 1993 erfolgten Überstellung in die Verwendungsgruppe B gehörte der Beschwerdeführer der Verwendungsgruppe C an.

Mit Schreiben vom 25. November 1994 ersuchte der Beschwerdeführer um "Verwendungsabgeltung" mit der Begründung, er habe in der Zeit vom 1. Juli 1989 bis zum 31. Oktober 1992 bei der Personalabteilung B fast ausschließlich Tätigkeiten der Verwendungsgruppe B (Aufnahmen, Überstellungen, Definitivstellungen und Ernennungen für H1) ausgeübt.

In dieser Angelegenheit befindet sich der Beschwerdeführer mittlerweile im dritten Rechtsgang vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der erste Rechtsgang endete mit der wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erfolgenden Aufhebung des den im strittigen Zeitraum (1. Juli 1989 bis 31. Oktober 1992) geltend gemachten Anspruch des Beschwerdeführers auf Verwendungsgruppenzulage bzw. (eine dementsprechende) Verwendungsabgeltung verneinenden Bescheides vom 3. August 1995 durch das hg. Erkenntnis vom 18. September 1996, Zl. 95/12/0253. In diesem Erkenntnis sprach der Verwaltungsgerichtshof - soweit dies aus der Sicht des vorliegenden Beschwerdefalles von Bedeutung ist - u.a. aus, dass der Antrag des Beschwerdeführers vom 25. November 1994 "in seinem Kern" auf die Gebührlichkeit einer Verwendungsgruppenzulage nach § 30a Abs. 1 Z 1 GehG gerichtet sei.

Mit Bescheid vom 17. Juni 1997 verneinte die belangte Behörde neuerlich die Gebührlichkeit der Verwendungsgruppenzulage bzw. einer (dementsprechenden) Verwendungsabgeltung; diesen Bescheid hob der Verwaltungsgerichtshof mit seinem hg. Erkenntnis vom 27. Oktober 1999, Zl. 97/12/0251, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes insoweit auf, als damit über den Anspruch auf Verwendungsgruppenzulage abgesprochen worden war. Das Erkenntnis enthielt auch den Hinweis, dass im fortgesetzten Verfahren allenfalls gemäß § 13b Abs. 1 GehG darauf Bedacht zu nehmen sei, dass der Beschwerdeführer seine vermeintlichen besoldungsrechtlichen Ansprüche für die Zeit vom 1. Juli 1989 bis 31. Oktober 1992 erst mit Schreiben vom 25. November 1994 (eingelangt bei der belangten Behörde am 29. November 1994) geltend gemacht habe. Auf die Ausführungen in diesen Erkenntnissen wird verwiesen.

Maßgebend für die Aufhebung des damals angefochtenen zweiten Bescheides im letztgenannten Erkenntnis waren folgende Überlegungen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Verwendungszulage nach § 30a Abs. 1 Z 1 GehG in der bis 31. Dezember 1994 geltenden Fassung durch unrichtige Anwendung dieser Norm in Verbindung mit Abs. 2 leg. cit. sowie durch unrichtige Anwendung der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt. Daraus folgt, dass der bescheidmäßige Abspruch nur hinsichtlich des Anspruches auf "Verwendungsgruppenzulage" nach § 30a Abs. 1 Z 1 GehG angefochten wird. Es erübrigt sich daher auf die Frage einzugehen, ob die belangte Behörde ungeachtet des negativen Abspruches über die Verwendungsabgeltung in ihrem Bescheid vom 17. Juni 1997, der in diesem Umfang im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides vom 20. November 2000 dem Rechtsbestand angehörte, neuerlich über diese Sache zu entscheiden hatte.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, im Beschwerdefall seien zwei Fragen von zentraler Bedeutung:

a) Welchen Anteil mache die höherwertige B-Tätigkeit an der Gesamttätigkeit des Beschwerdeführers aus?

b) Inwieweit habe der Beschwerdeführer in der B-wertigen Tätigkeit selbständig gearbeitet?

Im Beschwerdefall sei die belangte Behörde - wie bereits in früheren Verfahren - von seiner Mischverwendung in den Verwendungsgruppen B und C ausgegangen. Sie habe jedoch - entgegen dem Vorerkenntnis vom 27. Oktober 1999 - nicht nur eine Gliederung seiner Aufgaben in Kategorien (wie a) dienstrechtlich gestaltende Maßnahmen mit den weiteren Unterteilungen Ernennung, Überstellung, Einstufungen, b) Haushaltszulage und c) Personalaktenführung), sondern darüber hinaus eine Zerlegung in möglichst viele weitere Arbeitsschritte (splitting) vorgenommen, die in der Regel als einfach und nicht als B-wertig beurteilt worden seien. Diese Betrachtungsweise sei verfehlt, weil die seiner Verwendung adäquate Gesamtbeurteilung nicht zutreffend vorgenommen worden sei. Darin liege auch ein Verfahrensmangel, weil es die belangte Behörde unterlassen habe, die wirklich entscheidende Frage (durch adäquate Erhebungen) zu klären und zu begründen, ob er im Rahmen der dienstrechtlich gestaltenden Tätigkeit im Sinn einer "vollgültigen Referentenfunktion" tätig geworden sei oder nicht. Im Sinn der Ausführungen im Vorerkenntnis (betreffend Einstufung einer Tätigkeit als B-wertig bei der Zielvorgabe der gesetzmäßigen Herstellung eines Endzustandes) habe sich die belangte Behörde auf apodiktische Behauptungen beschränkt, inwieweit er eine Gesamtbearbeitung der zum dienstrechtlich gestaltenden Teil seiner Verwendung gehörigen Fälle vorgenommen oder ob es diesbezüglich Einschränkungen (sei es in Form einzelner Arbeitsschritte bei Vermeidung schwieriger Aufgabenstellungen oder inhaltlicher Anleitungen) gegeben habe. In seiner Stellungnahme vom 2. Oktober 2000 habe er jegliche derartige Einschränkung bestritten; die belangte Behörde habe nicht angegeben, welche Beweismittel sie herangezogen habe und welche an die Beweismittel anknüpfende Überlegungen (Beweiswürdigung) sie zu einer anderen Sachverhaltsfeststellung gebracht habe. Da außer Streit stehe, dass der zu dieser Kategorie gehörende Verwendungsanteil jedenfalls weit über 50 % ausmache, wäre schon deshalb positiv zu entscheiden gewesen, weil sein B-wertiger Anteil mehr als 25 % betrage. Unabhängig davon gelte das auch für die von ihm besorgte Aufgabe "Haushaltszulagen".

Da es sich bei dem vom Beschwerdeführer geltend gemachten besoldungsrechtlichen Anspruch um einen zeitraumbezogenen handelt, ist im Beschwerdefall - auch im Hinblick auf den Beschwerdepunkt - die Rechtslage nach § 30a Abs. 1 Z 1 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54, in der Fassung der 24. Gehaltsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 214/1972 (also in der vor dem Besoldungsreformgesetz BGBl. Nr. 550/1994 geltenden Fassung), maßgebend.

Nach § 30a Abs. 1 Z 1 GehG in dieser Fassung gebührt dem Beamten eine ruhegenussfähige Verwendungszulage, wenn er dauernd in erheblichem Ausmaß Dienste verrichtet, die einer höheren Verwendungsgruppe zuzuordnen sind.

Für den Beamten der Verwendungsgruppe B charakteristisch und damit dieser Verwendungsgruppe zuzuordnen sind Dienste vom Rang einer selbstständigen und selbstverantwortlichen konzeptiven Arbeit, deren klaglose Bewältigung im Allgemeinen einerseits eine durch Absolvierung einer höheren Lehranstalt erworbene Bildung, andererseits Fachkenntnisse voraussetzt, wie sie durch Zurücklegung der als Definitivstellungserfordernis festgelegten Zeit praktischer Verwendung und durch Ablegung einer entsprechenden Dienstprüfung erlangt zu werden pflegen (vgl. die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 25. Oktober 1978, Zl. 1032/77 = Slg. N.F. Nr. 9673/A). Aber auch die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen für Reisegebühren stellt wegen der damit verbundenen Rechtsanwendung, insofern sie nicht in einem eng begrenzten Bereich erfolgt oder nur in einer schematischen Überprüfung bestimmter gleich bleibender Arten von Reiserechnungen besteht, eine B-wertige Tätigkeit dar (vgl. in diesem Sinne das hg. Erkenntnis vom 7. Mai 1985, Zl. 84/12/0158, sowie das hg. Erkenntnis vom 1. Februar 1990, Zl. 89/12/0133).

Das im dritten Rechtsgang durchgeführte Ermittlungsverfahren der belangten Behörde leidet trotz der minutiösen Darlegungen an einem Verfahrensmangel.

Vorauszuschicken ist allerdings, dass der Beschwerdeführer die erstmals in der Begründung des angefochtenen Bescheides behauptete Verjährung für einen Teilzeitraum, die ihm auch im Vorhalt mitgeteilt worden war, weder in dem auf Grund dieses Vorhalts eingebrachten Schriftsatz noch in seiner Beschwerde bestritten hat. Bei dem strittigen Anspruch auf Verwendungsgruppenzulage nach § 30a Abs. 1 Z 1 GehG handelt es sich um einen kraft Gesetzes bestehenden Anspruch. Ausgangspunkt für die Berechnung der dreijährigen Verjährungsfrist nach § 13b GehG ist der Tag der Entstehung des konkreten Anspruchs. Das ist im Beschwerdefall, bei dem es sich um einen Zulagenanspruch handelt, der nach § 3 Abs. 2 GehG Teil des Monatsbezuges ist, der Monatserste (vgl. dazu §§ 6 und 7 GehG sowie das hg. Erkenntnis vom 11. Mai 1994, Zlen. 94/12/0046, 0047). Mangels im Gesetz für den Monatsbezug vorgesehener Aliquotierungsregeln ist im Hinblick auf die im Beschwerdefall erstmalige Geltendmachung eines Zulagenanspruches im November 1994 Verjährung für den Teilzeitraum vom 1. Juli 1989 bis 30. November 1991 eingetreten (vgl. dazu näher das hg. Erkenntnis vom 19. September 2003, Zl. 2003/12/0002). In diesem Umfang war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Für den weiteren Zeitraum vom 1. Dezember 1991 bis zum 31. Oktober 1992 ist der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen über die Verletzung von Verfahrensvorschriften im Recht. Zwar hat die belangte Behörde zutreffend die Rechtsfrage (Gesamtbearbeitung oder Einzelschritte und davon abhängige Prüfung der Wertigkeit) erkannt, in ihrem Vorhalt an den Beschwerdeführer aber weder die von ihr berücksichtigten Beweismittel benannt (nämlich die trotz Bestreitung bloß formlose Einvernahme des ehemaligen Vorgesetzten, also des Hauptreferatsleiters des Beschwerdeführers, sowie diverse Auskünfte von der Personalabteilung B), noch im angefochtenen Bescheid ihre Beweiswürdigung in Auseinandersetzung mit seinem Vorbringen zum Vorhalt näher begründet, weshalb weitere Untergliederungen der einzelnen Teilbereiche in verschiedene Arbeitsschritte vorzunehmen gewesen seien und dies eine adäquate Methode für die Beurteilung der (B)Wertigkeit der Tätigkeit des Beschwerdeführers, insbesondere in den von ihm bezeichneten Teilbereich "dienstrechtlich gestaltende Maßnahmen", darstelle. Dies hätte im Beschwerdefall jedenfalls die Zeugeneinvernahme der von der belangten Behörde bisher nur formlos als Auskunftspersonen einvernommenen Personen erfordert. Daher ist sie auf Grund eines mangelhaften Verfahrens zum Ergebnis gelangt, dass die B-wertige Tätigkeit nur einen unwesentlichen Anteil der Gesamttätigkeit des Beschwerdeführers ausmache.

Der C-Wertigkeit des vom Beschwerdeführer selbständig bearbeiteten Teilbereiches "Haushaltszulage" ist dieser hingegen erstmals in der Beschwerde entgegengetreten, obwohl bereits im Vorhalt davon die Rede war und diese Tätigkeit früher von ihm selbst als C-wertig angesehen wurde (so seine Stellungnahme vom 2. Mai 1995). Zur C-Wertigkeit der Führung der Personalakten ist schließlich auf die Ausführungen im hg. Vorerkenntnis vom 27. Oktober 1999, Zl. 97/12/0251, zu verweisen.

Wenn der Beschwerdeführer auch die Mengenverhältnisse zwischen den einzelnen Tätigkeitsbereichen nicht in Frage gestellt hat und der belangten Behörde auch darin beizupflichten ist, dass Pausen aliquot in jeder Arbeitseinheit enthalten sind und daher deren Verhältnis zueinander nicht verschieben können, so liegt dennoch der oben aufgezeigte Verfahrensmangel vor, bei dessen Vermeidung es nicht von vornherein ausgeschlossen ist, dass die Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, bezieht er sich doch jedenfalls auf den mit 59 % größten Teilaufgabenbereich ("dienstrechtlich gestaltende Maßnahmen"). Der angefochtene Bescheid war daher - soweit nicht für den Zeitraum vom 1. Juli 1989 bis 30. November 1991 die Beschwerde wegen Verjährung des geltend gemachten Anspruchs abzuweisen war - wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften nach § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 50 VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem § 3 Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Die Umrechnung der für die Gebühr noch verzeichneten Schillingbeträge gründet sich auf § 3 Abs. 2 Z 2 Eurogesetz, BGBl. I Nr. 72/2000.

Wien, am 25. Februar 2004

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