VwGH 2001/05/1081

VwGH2001/05/108127.1.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerde des Rudolf Pfeiffer in Eggenburg, vertreten durch Dr. Engelbert Reis, Rechtsanwalt in Horn, Florianigasse 5, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 10. September 2001, Zl. RU1-V-01128/00, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. Ernst Hubmann und

2. Elfriede Hubmann, beide in Eggenburg, beide vertreten durch Krömer & Nusterer, Rechtsanwälte Partnerschaft in St. Pölten, Riemerplatz 1, 3. Stadtgemeinde Eggenburg, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauO NÖ 1996 §54;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2 Z3;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2;
BauRallg;
AVG §8;
BauO NÖ 1996 §54;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2 Z3;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und dem Erstmitbeteiligten sowie der Zweitmitbeteiligten zusammen Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Erstmitbeteiligte und die Zweitmitbeteiligte (kurz: Bauwerber) sind Eigentümer eines Grundstückes in Eggenburg, auf welchem sich ein Wohnhaus befindet. Dieses annähernd rechteckige Grundstück grenzt mit seiner nördlichen Schmalseite an den K-Weg und mit der östlichen Längsseite an das Grundstück des Beschwerdeführers.

Mit Antrag vom 8. Februar 2000 waren die Bauwerber bei der Baubehörde erster Instanz um Bewilligung verschiedener Zu- und Umbauarbeiten auf ihrem Grundstück eingekommen, darunter auch eine "Hofüberdachung".

Soweit nunmehr erheblich, heißt es hiezu in der Niederschrift über die Bauverhandlung vom 6. März 2000, das gegenständliche Grundstück sei als Bauland-Wohngebiet gewidmet. Ein rechtskräftiger Bebauungsplan existiere nicht, sodass es sich um einen ungeregelten Baulandbereich handle. Im Bereich der östlichen Grundgrenze (Anmerkung: das ist die Grenze zum Beschwerdeführer) solle ein Nebengebäude in grundsätzlich massiver Bauweise errichtet werden. Dieses Nebengebäude werde als überdachter Abstellbereich verwendet (Anmerkung: das ist die zuvor genannte "Hofüberdachung"). Das geplante Nebengebäude erhalte anrainerseitig eine äußere Brandwand. Die maximale Gebäudehöhe im Verlauf dieser östlichen Grundgrenze betrage 3,00 m. Diese Maßangabe beziehe sich auf das Niveau des Anrainergrundstückes (Anmerkung: Grundstück des Beschwerdeführers). Das Nebengebäude erhalte ein leicht geneigtes Pultdach mit mindestens 3 Grad Dachneigung und Blecheindeckung. Die Entwässerung dieser Dachfläche erfolge in Richtung Eigengrund. Über der zur Zeit bestehenden Veranda samt den davorliegenden Differenzstufen, werde ein abgewalmtes Pultdach hergestellt, wobei dessen Höhenlage an das davor beschriebene Blechdach, die eigentliche Verandahöhe und dem Hauptdach des Wohnhauses angepasst werde. Die Dachflächen dieses Bereiches würden mit geeignetem Ziegelmaterial eingedeckt.

Mit Bescheid vom 13. März 2000 wurde den Bauwerbern die angestrebte Bewilligung mit verschiedenen Vorschreibungen erteilt.

Mit dem nunmehr verfahrensgegenständlichen Baugesuch vom 6. April 2001 beantragten die Bauwerber die Abänderung der Baubewilligung vom 13. März 2000 im Hinblick auf die Dachkonstruktion und das Eindeckmaterial.

In der Bauverhandlung vom 23. April 2001 heißt es hiezu, an Stelle des seinerzeit geplanten Pultdaches mit Blechdeckung über dem Nebengebäude mit einer Mindestneigung von 3 Grad müsse auf Grund einer Änderung der "einschlägigen Spenglernorm" ein Blechdach mit einer Mindestneigung von 5 Grad hergestellt werden. Diese Mindestneigung von 5 Grad könne mit der seinerzeit geplanten "Entwässerungsrichtung in Richtung Eigengrund" nicht mehr realisiert werden. An Stelle dieses Blechdaches solle nunmehr im Wesentlichen ein Pultdach mit einer Dachneigung von 34 Grad über dem Nebengebäude aufgesetzt werden. Die maßgebliche maximale Gebäudehöhe für dieses Nebengebäude von 3,00 m werde bei dieser Dachänderung nicht überschritten. Diese Gebäudehöhe werde vom derzeitigen bestehenden Niveau des Nachbargrundstückes bemessen (Anmerkung: Grundstück des Beschwerdeführers). Auf Grund der Grundrisskonfiguration des Nebengebäudes werde straßenseitig das zuvor beschriebene Pultdach abgewalmt. Das gartenseitige Ende des Nebengebäudes erhalte einen kegelförmigen Dachabschluss. Die so entstehenden Dachflächen würden mit Ziegelmaterial eingedeckt, wobei der Charakter dieser Dacheindeckung an das bestehende Hauptdach des Wohnhauses angepasst werde. Die Traufenausbildung entlang der gemeinsamen Grundgrenze zum Beschwerdeführer werde so ausgebildet, dass die Außenwand attikamäßig hochgeführt werde und sich dahinter das beschriebene Dach anlehne. Die Entwässerung der neu geschaffenen Dachflächen bzw. der Attikamauer werde mit geeigneten Maßnahmen "in Richtung Eigengrund und auf Eigengrund der Bewilligungswerber durchgeführt". Diese gesamte Außenwandkonstruktion, einschließlich der Mauerwerksabdeckung erhalte keinerlei Überstand über die gemeinsame Grundgrenze. (Anmerkung: Den Plänen ist zu entnehmen, dass das vorgesehene Pultdach mit einer Neigung von 34 Grad bis an das Dach des bestehenden Wohnhauses herangeführt wird und an dieses anschließt.)

Der Beschwerdeführer erklärte, sich gegen dieses Vorhaben insofern auszusprechen, als die maximal zulässige Gebäudehöhe von 3 m auf Grund der vorliegenden Planunterlagen - soweit dies ersichtlich sei - überschritten werde. Insbesondere werde auf Grund der geplanten Ausführung im straßenseitigen bzw. gartenseitigen Bereich die maximale Gebäudehöhe von 3 m in jedem Falle überschritten. Auf Grund der nunmehrigen Planänderungen sei das Nebengebäude als zum Hauptgebäude zugehörig anzusehen und schon alleine aus diesem Grund werde die maximal zulässige Gebäudehöhe überschritten, weshalb das gesamte Vorhaben als mit der Bauordnung nicht vereinbar anzusehen sei, insbesondere deshalb, weil der in der Bauordnung vorgesehene Bauwich nicht eingehalten werde. Überdies sei aus den Planunterlagen die Höhe des Giebeldaches nicht ersichtlich.

Der beigezogene Sachverständige erklärte, gegen die Erteilung der angestrebten Änderungsbewilligung bestünden bei projekts- und beschreibungsgemäßer Ausführung kein Einwand.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 25. April 2001 wurde den Bauwerbern die angestrebte Bewilligung erteilt.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, die mit dem Berufungsbescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 19. Juni 2001 als "unzulässig zurückgewiesen" wurde (was die belangte Behörde dahin gedeutet hat, dass die Berufung als unbegründet abgewiesen wurde). Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass es sich hier eindeutig um ein Nebengebäude handle, das sämtliche Kriterien gemäß der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 (kurz: BO) erfülle: Verbaute Fläche maximal 100,00 m2, kein Aufenthaltsraum, Gebäudehöhe im Bereich der Grundgrenze maximal 3,00 m, gemessen ab Anrainerniveau. Diese maximale Höhe sei in den Einreichplänen klar und deutlich festgehalten. "Wo und wie diese Gebäudehöhe anzuwenden" sei, werde in § 53 BO beschrieben und grafisch dargestellt. Der Einwand, dass die "dahinterliegende Dachkonstruktionen" in die Berechnung der Gebäudehöhe einzubeziehen seien, sei durch die Darstellung in der BO widerlegt und daher abzuweisen. Sinngemäß betreffe diese Regelung Dächer bis zu einer Neigung von höchstens 45 Grad . Bei einer Dachneigung von mehr als 45 Grad müsse die Dachkonstruktion einbezogen werden, weil sich diese Neigung auf den freien Lichteinfall auswirke und eventuell der Firstpunkt zur Bemessung herangezogen werden müsse. Hier seien jedoch alle Dachneigungen unter 45 Grad geplant und es hätten daher diese Dachkonstruktionen auf die Bemessung der Gebäudehöhe keinen Einfluss. Grundsätzlich stehe die Situierung des Gebäudes in keinem wesentlichen Widerspruch zur vorhandenen Bauweise in diesem Stadtbereich.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Vorstellung, die mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde. Zusammengefasst heißt es begründend, der vom Beschwerdeführer vorgebracht Einwand, die maximal zulässige Gebäudehöhe von 3 m werde auf Grund der vorliegenden Planunterlagen überschritten (womit das Vorhaben gegen § 51 Abs. 1 Z 3 BO verstoße), sei entgegenzuhalten, dass mangels Bebauungsplanes die §§ 49 bis 53 BO hier unanwendbar seien, sondern das Vorhaben vielmehr nach § 54 BO zu beurteilen sei und ferner der Definition des Nebengebäudes in § 4 Z 6 BO eine Höhenbeschränkung von 3 m fremd sei.

Nach der Regelung des § 54 BO seien Neu- oder Zubau eines Bauwerks dann unzulässig, wenn für ein als Bauland gewidmetes Grundstück kein Bebauungsplan gelte und das neue oder abgeänderte Bauwerk in seiner Anordnung und Höhe von den an allgemein zugänglichen Orten zugleich mit ihm sichtlichen Bauwerken auffallend abweiche oder den Lichteinfall unter 45 Grad auf Hauptfenster zulässiger Nebengebäude auf den Nachbargrundstücken beeinträchtigen würde.

Vor dem Hintergrund der Bestimmung des § 6 Abs. 2 Z 3 BO über das Mitspracherecht des Nachbarn ergebe sich, dass ein Nachbar den Abstand zwischen Bauwerken oder deren zulässige Höhe nur insoweit geltend machen könne, als dadurch eine ausreichende Belichtung der Hauptfenster des Nachbargebäudes beeinträchtigt erscheine. Den Akten sei zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer in keinem Stadium des Verwaltungsverfahrens eine derartige Beeinträchtigung der Belichtung seiner Hauptfenster durch das Nebengebäude behauptet habe. Abgesehen davon, dass die in Rede stehende Grenzmauer des Nebengebäudes gar nicht Gegenstand des Änderungsverfahrens sei, erwiese sich eine solche Einwendung in Anbetracht des Abstandes zum Nachbargebäude und der Darstellung des Sachverständigen für Bautechnik im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 23. April 2001 auch nicht als stichhältig. Die Erteilung der Baubewilligung für das gegenständliche Vorhaben wäre daher auch § 54 BO nicht entgegengestanden. Selbst unter Zugrundelegung der insoweit "strengeren" (im Original unter Anführungszeichen), hier aber nicht anwendbaren Bestimmung des § 51 Abs. 1 BO liege hier keine Verletzung von Nachbarrechten vor, zumal nach der Darstellung in den Einreichplänen (auf welchen eine hinter der Mauer anschließende Dachkonstruktion unter 45 Grad vorgesehen sei) die dem Nachbarn zugewandte Grenzmauer exakt eine Höhe von 3 m aufweise.

Soweit der Beschwerdeführer ausführe, dass nach den Einreichunterlagen die maximale Gebäudehöhe von 3 m im straßenseitigen bzw. gartenseitigen Bereich jedenfalls überschritten werde, sei ihm nicht nur entgegenzuhalten, dass § 51 Abs. 1 BO unanwendbar sei, sondern auch, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dem Nachbarn nur bezüglich der ihm zugewandten Gebäudefront ein Rechtsanspruch auf Einhaltung der maximal zulässigen Gebäudehöhe zukomme.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligten Bauwerber, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, uva.).

Im Beschwerdefall ist die Niederösterreichische Bauordnung 1996 (kurz: BO), LGBl. 8200, in der Fassung LGBl. 8200- 6 anzuwenden.

Nach § 6 Abs. 2 BO werden subjektiv-öffentliche (Nachbar-) Rechte durch jene Bestimmungen dieses Gesetzes (BO), des Niederösterreichischen Raumordnungsgesetzes 1976, der Niederösterreichischen Aufzugsordnung sowie der Durchführungsverordnungen zu diesen Gesetzen begründet, die

1. die Standsicherheit, die Trockenheit und den Brandschutz der Bauwerke der Nachbarn (Abs. 1 Z. 4 BO)

sowie

2. den Schutz für Immissionen (§ 48) BO ausgenommen jene, die sich aus der Benützung eines Gebäudes zu Wohnzwecken oder einer Abstellanlage im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß (§ 63) BO ergeben,

gewährleisten und über

3. die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe, den Bauwich, die Abstände zwischen Bauwerken oder deren zulässige Höhe, soweit diese Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung der Hauptfenster (§ 4 Z. 9 BO) der zulässigen (bestehende bewilligte und zukünftig bewilligungsfähige) Gebäude der Nachbarn dienen.

Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens allein kann die Frage sein, ob der Beschwerdeführer (nicht etwa durch früher erteilte Bewilligungen, sondern) durch die den Bauwerbern erteilte Bewilligung zur Abänderung dieser Dachkonstruktion in subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten verletzt wurde.

Auszugehen ist davon, dass für das fragliche Gebiet kein Bebauungsplan besteht. Zu Unrecht stützt der Beschwerdeführer seine Argumentation daher in diesem Zusammenhang auf § 120 der Niederösterreichischen Bauordnung 1976, weil diese Bestimmung im Beschwerdefall nicht anzuwenden ist: Maßgeblich ist vielmehr, wie die Baubehörden zutreffend erkannt haben, § 54 BO (überschrieben mit "Bauwerke im ungeregelten Baulandbereich").

Nach dieser Bestimmung ist ein Neu- oder Zubau eines Bauwerks unzulässig, wenn für ein als Bauland gewidmetes Grundstück kein Bebauungsplan gilt oder dieser keine Festlegung der Bebauungsweise oder - höhe enthält und das neue oder abgeänderte Bauwerk

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