Normen
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
AVG §63 Abs1;
AVG §73 Abs2;
BauO NÖ 1996 §2 Abs1 idF 8200-3;
GdO NÖ 1973 §60 Abs2;
VwGG §27 Abs1;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
ZustG §9 Abs1;
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
AVG §63 Abs1;
AVG §73 Abs2;
BauO NÖ 1996 §2 Abs1 idF 8200-3;
GdO NÖ 1973 §60 Abs2;
VwGG §27 Abs1;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
ZustG §9 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Gemeinde St. Peter in der Au Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
In der am 16. Jänner 2003 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Säumnisbeschwerde wird vorgebracht, die Beschwerdeführerin sei mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde St. Peter in der Au vom 14. Mai 2002 verpflichtet worden, die dem Bescheid beiliegende Hausnummerntafel mit der neuen Bezeichnung "Dobratal 20" beim Haus bzw. Grundstückeingang deutlich sichtbar anzubringen. Gemäß der im Bescheid enthaltenen Rechtsmittelbelehrung könne gegen diesen Bescheid Berufung an den Gemeinderat erhoben werden. Die Beschwerdeführerin habe durch ihren Rechtsvertreter fristgerecht am 14. Juni 2002 gegen den am 16. Mai 2002 zugestellten erstinstanzlichen Bescheid Berufung erhoben. Diese Berufung sei spätestens am 15. Juni 2002 beim Gemeindeamt der Marktgemeinde St. Peter in der Au eingelangt. Die belangte Behöre habe jedoch bis dato über die eingebrachte Berufung keinen Bescheid erlassen.
Infolge dieser Säumnis werde Beschwerde erhoben.
Die Beschwerdeführerin beantragt, der Verwaltungsgerichtshof
möge - wie in der Berufung beantragt - in der Sache entscheiden.
Die belangte Behörde führte in ihrer Gegenschrift aus, über
die Berufung habe der Gemeindevorstand mit Bescheid vom 2. September 2002 entschieden und der Beschwerdeführerin seine Entscheidung am 6. September 2002 zugestellt. Eine Säumnis läge daher nicht vor.
In ihrer Äußerung zur Gegenschrift führt die Beschwerdeführerin aus, sie sei auch im Verfahren vor den Gemeindebehörden anwaltlich vertreten gewesen. Ihrem Rechtsvertreter sei bis dato kein Bescheid zugestellt worden.
Aus der mit der Gegenschrift der belangten Behörde vorgelegten Kopie des gemeindebehördlichen Aktes ergibt sich Folgendes:
Gegen den erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde St. Peter in der Au vom14. Mai 2002 hat die Beschwerdeführerin durch ihren - auch im Beschwerdeverfahren als Vertreter auftretenden - sich auf die gemäß § 10 AVG erteilte Vollmacht berufenden Rechtsanwalt Berufung erhoben und diese an den "Bürgermeister der Marktgemeinde St. Peter in der Au" gerichtet.
Mit als "Bescheid" bezeichneter Erledigung vom 2. September 2002 hat der Gemeindevorstand der Marktgemeinde St. Peter in der Au unter Hinweis auf seine Entscheidung in der Sitzung vom 28. Juni 2002 über die Berufung der Beschwerdeführerin abgesprochen. Diese Erledigung wurde der Beschwerdeführerin persönlich am 6. September 2002 zugestellt.
Eine Zustellung dieser Erledigung an den bevollmächtigten Vertreter der Beschwerdeführerin kann nicht festgestellt werden. Ob diese, der Beschwerdeführerin zugestellte Erledigung dem Beschwerdeführervertreter tatsächlich zugekommen ist, kann ebenfalls nicht festgestellt werden.
Die allgemeine Vertretungsvollmacht im Sinne des § 10 AVG schließt im Allgemeinen die Zustellungsbevollmächtigung ein. Bei Berufung eines Rechtsanwaltes auf die ihm erteilte Vollmacht gemäß § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG ist von der Behörde, sofern kein gegenteiliger Anhaltspunkt vorliegt, davon auszugehen, dass jedenfalls auch eine Zustellungsbevollmächtigung vorliegt (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998) Seite 306 zu § 10 AVG referierte hg. Rechtsprechung). Ist aber ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, gemäß § 9 Abs. 1 ZustG diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Schriftstück dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist. Da die Erledigung der Berufung der Beschwerdeführerin trotz der die Zustellungsbevollmächtigung umfassenden Vollmacht des Beschwerdeführervertreters nicht diesem, sondern der Beschwerdeführerin persönlich zugestellt worden ist, hat der Verwaltungsgerichtshof davon auszugehen, dass über diese Berufung noch nicht entschieden worden ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 29. März 2001, Zl. 2001/06/0004).
Gemäß § 27 VwGG kann aber Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Weg eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht angerufen werden konnte.
Gemäß § 2 Abs. 1 Niederösterreichische Bauordnung 1996 (BO) in der hier anzuwendenden Fassung der Novelle LGBl. 8200-3 (bezüglich der Übergangsvorschriften wird u. a. auf den hg. Beschluss vom 29. Jänner 2002, Zl. 2001/05/0926, und Anm 7 zu § 2 BO in Hauer/Zaussinger, Niederösterreichisches Baurecht, 6. Auflage, Seite 108, verwiesen) ist Baubehörde zweiter Instanz der Gemeindevorstand (Stadtrat) bzw. der Stadtsenat (in Städten mit eigenem Statut).
Die oberste Behörde, die im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht angerufen werden könnte ist gemäß § 60 Abs. 2 Niederösterreichische Gemeindeordnung 1973 der zuständige Gemeinderat (siehe den hg. Beschluss vom 23. Mai 2002, Zl. 2002/05/0041, u. a.). Dieser wird jedoch erst zur Entscheidung über eine Berufung in einer Angelegenheit betreffend die BO zuständig, wenn infolge Säumnis des Gemeindevorstandes als Berufungsbehörde im Sinne des § 2 Abs. 1 BO von einer Partei des Verfahrens ein Devolutionsantrag gemäß § 73 Abs. 2 AVG gestellt worden ist.
Da jedoch im vorliegenden Fall die oberste Behörde, die im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht angerufen werden könnte, von der Beschwerdeführerin nicht angerufen worden ist, liegen die Voraussetzungen für die Erhebung der Säumnisbeschwerde nicht vor.
Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 17. Juni 2003
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