Normen
FSG 1997 §24;
FSG 1997 §7 Abs2;
MRK Art6 Abs1;
MRKZP 07te Art4 Abs1;
FSG 1997 §24;
FSG 1997 §7 Abs2;
MRK Art6 Abs1;
MRKZP 07te Art4 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 FSG die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer von 12 Monaten ab Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides vom 25. Juni 2002 entzogen. In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe im Zeitraum Juli/August 2001 dazu beigetragen, dass der abgesondert verfolgte C. Suchtgift in einer großen Menge, nämlich insgesamt ca. 300 g Marihuana sowie geringe Mengen Haschisch von der Schweiz nach Vorarlberg aus- und einführen habe können, indem er sich als Fahrer zur Verfügung gestellt habe. Er sei deshalb wegen des Verbrechens nach § 28 Abs. 2 Suchtmittelgesetz - SMG in Form der Beitragstäterschaft nach § 12 dritter Fall StGB zu einer Geldstrafe 300 Tagessätzen verurteilt worden. Die Hälfte der Geldstrafe sei unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden. Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 2 FSG habe insbesondere zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gemäß § 12 Suchtgiftgesetz 1951, nunmehr § 12 Abs. 2 SMG (gemeint offenbar § 28 Abs. 2 SMG) begangen habe. Die vom Beschwerdeführer begangene strafbare Handlung habe somit "zwingend seine Verkehrsunzuverlässigkeit zur Folge". Für die Dauer der festgesetzten Entziehungszeit sei die besondere Verwerflichkeit des strafbaren Verhaltens maßgebend. Der Beschwerdeführer könne sich nicht darauf berufen, nur "weiche" Drogen geschmuggelt zu haben. Die Verkehrsunzuverlässigkeit resultiere aus der Tatsache des Drogenschmuggels und nicht aus der gerichtlichen Verurteilung. Das Gerichtsurteil stelle lediglich ein Hilfsmittel für die Wertung dar. Bindung bestehe nur hinsichtlich der Tatsache der Verurteilung, die Kraftfahrbehörde habe jedoch eine selbständige Wertung im Sinne des § 7 Abs. 5 FSG vorzunehmen. Die seit der Tat verstrichene Zeit und das Wohlverhalten des Beschwerdeführers während dieser Zeit sowie seine Unbescholtenheit seien berücksichtigt worden. Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer nur zu einer teilbedingten Geldstrafe verurteilt worden sei, spiele keine entscheidende Rolle, weil die Beihilfe zum Schmuggel die Verkehrsunzuverlässigkeit nach sich gezogen habe. Es müsse nach wie vor im Sinne des § 7 Abs. 2 FSG angenommen werden, dass sich der Beschwerdeführer weiterer strafbarer Handlungen schuldig machen werde, die durch das Lenken von Kraftfahrzeugen erleichtert werden.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof und an den Verwaltungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 11. Oktober 2003, B 1349/02, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der an ihn gerichteten Beschwerde ab. In der Begründung verwies er u. a . auf sein Erkenntnis vom selben Tag, B 1031/02, in dem er die behauptete Verletzung in dem aus Art. 4 Abs. 1 des 7. ZPEMRK sich ergebenden Recht durch eine auf § 7 Abs. 2 FSG gestützte Entziehung der Lenkberechtigung deshalb für nicht gegeben erachtet hat, weil es sich auch bei einer derartigen Entziehung der Lenkberechtigung um eine administrative Sicherungsmaßnahme und nicht um eine Strafe handle.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:
Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Führerscheingesetzes - FSG, in der von der belangten Behörde anzuwendenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 32/2002, maßgebend:
"Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung
§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:
...
2. verkehrszuverlässig sind (§ 7),
...
Verkehrszuverlässigkeit
§ 7 ...
(2) Als nicht verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 4) und ihrer Wertung (Abs. 5) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart sich weiterer schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird, die durch das Lenken von Kraftfahrzeugen erleichtert werden.
...
(4) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 2 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand
...
5. eine strafbare Handlung gemäß § 12 Suchtgiftgesetz 1951, BGBl. Nr. 160/1952 begangen hat.
Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung Allgemeines
§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit
1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder
...
Dauer der Entziehung
§ 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.
...
(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. ...
..."
Soweit der Beschwerdeführer auch in der vorliegenden Beschwerde einen Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 des 7. ZPEMRK geltend macht, ist er auf das im Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes zitierte Erkenntnis dieses Gerichtshofes vom 11. Oktober 2003, B 1031/02, hinzuweisen. In Ansehung der behaupteten Verletzung dieses verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes ist der Verwaltungsgerichtshof zufolge Art. 133 Z. 1 B-VG unzuständig. Zu einer Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG sieht sich der Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf die Begründung des genannten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes nicht veranlasst.
Entgegen der Auffassung der belangten Behörde hatte die vom Beschwerdeführer begangene strafbare Handlung nicht "zwingend seine Verkehrsunzuverlässigkeit zur Folge", es bedurfte vielmehr, wie sich schon aus dem Wortlaut des § 7 Abs. 2 FSG ergibt, einer Wertung der eine bestimmte Tatsache darstellenden strafbaren Handlung des Beschwerdeführers anhand der Wertungskriterien des § 7 Abs. 5 FSG.
Ist für eine Tat keine strengere Strafe als Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren, sei es auch in Verbindung mit einer Geldstrafe, angedroht, so ist gemäß § 37 Abs. 1 StGB statt auf eine Freiheitsstrafe von nicht mehr als sechs Monaten gleichwohl auf eine Geldstrafe von nicht mehr als 360 Tagessätzen zu erkennen, wenn es nicht der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe bedarf, um den Täter von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten oder der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken. Die bedingte Nachsicht eines Teiles einer Geldstrafe gemäß § 43a Abs. 1 StGB setzt voraus, dass hinsichtlich des bedingt nachgelassenen Teiles die Voraussetzungen für die bedingte Strafnachsicht gemäß § 43 StGB vorliegen. Die bedingte Strafnachsicht nach dieser Gesetzesstelle setzt unter anderem voraus, dass die bloße Androhung der Vollziehung allein oder in Verbindung mit anderen Maßnahmen genügen wird, um den Verurteilten von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Dabei sind die Art der Tat, die Person des Rechtsbrechers, der Grad seiner Schuld, sein Vorleben und sein Verhalten nach der Tat zu berücksichtigen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zum FSG bereits wiederholt ausgesprochen, dass die gemäß § 43 Abs. 1 StGB zu berücksichtigenden Umstände auch für die in § 7 Abs. 5 FSG genannten Wertungskriterien von Bedeutung sein können (siehe dazu unter anderem die hg. Erkenntnisse vom 23. April 2002, Zlen. 2001/11/0406 und 2002/11/0019, und vom 25. Februar 2003, Zl. 2002/11/0114, mwN).
Der mit dem Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 13. Mai 2002 erfolgten Verhängung einer Geldstrafe sowie der verfügten bedingten Nachsicht eines Teiles der Geldstrafe liegt jeweils die Auffassung zugrunde, dass der Beschwerdeführer keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde. Die mit dieser Auffassung in Widerspruch stehende Ansicht der belangten Behörde, beim Beschwerdeführer müsse für die Dauer von 12 Monaten ab der Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides vom 25. Juni 2002 angenommen werden, dass er sich weiterer schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen werde, die durch das Lenken von Kraftfahrzeugen erleichtert werden, ist nach dem festgestellten Sachverhalt, insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Beschwerdeführer vor der am 13. Mai 2002 erfolgten Verurteilung durch das Landesgericht Feldkirch gerichtlich unbescholten war, nicht begründet. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es für die Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit nach § 7 Abs. 2 FSG nicht genügt, dass die Begehung weiterer schwerer strafbarer Handlungen bloß nicht ausgeschlossen werden kann. Es muss vielmehr die Annahme begründet sein, der Betreffende werde "sich weiterer schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen" (siehe auch dazu die hg. Erkenntnisse vom 23. April 2002, Zl. 2002/11/0019, und vom 25. Februar 2003, Zl. 2002/11/0114). Das Erfordernis einer Prognose künftigen strafbaren Verhaltens war nach der Begründung des zuvor genannten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Oktober 2003 entscheidend dafür, die Entziehung der Lenkberechtigung wegen Verkehrsunzuverlässigkeit gemäß § 7 Abs. 2 FSG als administrative Sicherungsmaßnahme und nicht als Strafe zu qualifizieren.
Aus den dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 25. November 2003
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