VwGH 2002/02/0222

VwGH2002/02/022228.2.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. König, über die Beschwerde des Mag. EB in Wien, vertreten durch Ploil Krepp & Partner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Stadiongasse 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 11. Dezember 2000 (schriftliche Ausfertigung 24. Juli 2002), Zl. UVS-03/P/7/2911/1999/12, betreffend Übertretung der StVO, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §62 Abs1;
AVG §62 Abs3;
AVG §67g;
VStG §46 Abs1;
VwGG §26 Abs1 lita;
VwGG §26 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §62 Abs1;
AVG §62 Abs3;
AVG §67g;
VStG §46 Abs1;
VwGG §26 Abs1 lita;
VwGG §26 Abs2;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis vom 31. August 1999 wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe am 21. März 1999 um 15.00 Uhr an einem näher bezeichneten Ort in Wien als Lenker eines dem polizeilichen Kennzeichen nach bestimmtem Kraftfahrzeuges die durch Verbotszeichen gemäß § 52 Z 11a StVO 1960 kundgemachte Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h überschritten, weil die Fahrgeschwindigkeit (seines Fahrzeuges) 57 km/h betragen habe, wobei die Überschreitung mit einem Messgerät festgestellt worden sei. Er habe dadurch § 52 Z 11a StVO übertreten, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.

Über die Berufung des Beschwerdeführers fand eine mündliche Verhandlung vor der belangten Behörde statt. Nach dem Inhalt des Verhandlungsprotokolls verkündete in dieser der Leiter der mündlichen Verhandlung

"den Berufungsbescheid mit nachstehendem Spruch und den wesentlichen Entscheidungsgründen sowie der Rechtsmittelbelehrung:

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Dem Berufungswerber wird gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von ATS 200,-

- d.s. 20 % der verhängten Strafe auferlegt".

Weiters wurde in dem Protokoll festgehalten, dass die schriftliche Ausfertigung des Berufungsbescheides mit ausführlicher Begründung den Parteien zugestellt werden wird.

Mit Verfügung der Vizepräsidentin des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 6. Februar 2002 wurde die vorliegende Rechtssache dem Mitglied der belangten Behörde, das den Berufungsbescheid in der mündlichen Verhandlung verkündet hatte, gemäß § 12 Abs. 3 UVS-Gesetz in Verbindung mit Abschnitt C Abs. 2 der Geschäftsverteilung 2002 abgenommen; dies mit der Begründung, dass das namentlich genannte Mitglied seit 5. November 2001 krankheitsbedingt abwesend sei.

In der Folge wurde die mit 24. Juli 2002 datierte schriftliche Ausfertigung des Berufungsbescheides von einem anderen Mitglied der belangten Behörde vorgenommen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer rügt vor allem eine Verletzung des Prinzips der Unmittelbarkeit; ein nicht an der Verhandlung beteiligtes Mitglied der belangten Behörde habe die schriftliche Ausfertigung vorgenommen.

Nach dem gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden § 67f Abs. 1 AVG kann die Entscheidung nur von jenen Mitgliedern des unabhängigen Verwaltungssenates getroffen werden, die an dieser Verhandlung teilgenommen haben, wenn eine Verhandlung stattgefunden hat. Wenn sich die Zusammensetzung der Kammer geändert hat, ist die Verhandlung zu wiederholen.

Im Beschwerdefall ist bereits eine Entscheidung ergangen. Diese wurde nach dem Inhalt des Protokolls über die mündliche Verhandlung am 11. Dezember 2000 (samt "wesentlichen Entscheidungsgründen") verkündet. Damit ist aber dem Erfordernis des § 67f Abs. 1 AVG Rechnung getragen worden; die Entscheidung wurde von dem Mitglied des unabhängigen Verwaltungssenates getroffen, das an der Verhandlung teilgenommen hat. Mit der mündlichen Verkündung ist der in Frage stehende letztinstanzliche Bescheid rechtlich existent geworden; der Beschwerdeführer hätte etwa zulässigerweise bereits vor Zustellung der Bescheidausfertigung eine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde erheben können. Daran würde selbst das Fehlen einer Begründung bei der öffentlichen mündlichen Verkündung nichts ändern (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. April 1995, Zl. 95/17/0007).

Im Beschwerdefall kann daher nur mehr fraglich sein, ob die von einem anderen Mitglied der belangten Behörde verfasste schriftliche Ausfertigung des bekämpften Bescheides einen Begründungsmangel aufweist, der geeignet wäre, die Überprüfung des mündlich verkündeten Bescheides auf seine Rechtmäßigkeit zu hindern; ein derartiger Begründungsmangel könnte auch dann vorliegen, wenn die schriftliche Begründung von der verkündeten wesentlichen Begründung (vgl. § 67g Abs. 1 AVG und § 51h Abs. 4 zweiter Satz VStG) abweicht, weil auch dann ein die Überprüfung hindernder Widerspruch in der Begründung vorliegt. Etwas derartiges behauptet aber der Beschwerdeführer nicht, der immerhin in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, bei der der angefochtene Bescheid verkündet wurde, durch seinen Rechtsanwalt vertreten war. Damit zeigt er aber den von ihm behaupteten Verfahrensmangel nicht auf.

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, der Verhandlungsleiter

habe die "wesentlichen Entscheidungsgründe ... nicht

preisgegeben", genügt der Hinweis, dass das bezügliche Verhandlungsprotokoll vom 11. Dezember 2000 nach der Aktenlage von seinem dabei anwesenden Vertreter gemäß § 14 Abs. 5 AVG unterfertigt wurde, ohne dass etwa die darin enthaltenen Worte "Der Verhandlungsleiter verkündet den Berufungsbescheid mit nachstehendem Spruch und den wesentlichen Entscheidungsgründen" im Sinne des § 14 Abs. 4 AVG gerügt wurden; auch Einwendungen gegen die dem Vertreter des Beschwerdeführers sogleich ausgefolgte Kopie der Vollschrift der Verhandlungsschrift (vgl. § 14 Abs. 3 AVG) sind nicht aktenkundig. Demgemäß liefert dieses Verhandlungsprotokoll im Grunde des § 15 AVG auch vollen Beweis darüber, dass die "wesentlichen Entscheidungsgründe" verkündet wurden.

Im Übrigen versucht die Beschwerde die Beweiswürdigung der belangten Behörde zu bekämpften. Diese hat jedoch - entgegen der Rüge in der Beschwerde - den zu Grunde gelegten Sachverhalt ausreichend klar wiedergegeben und auch ihre diesbezügliche Beweiswürdigung begründet; warum den im angefochtenen Bescheid dargestellten Angaben des Meldungslegers nicht hätte gefolgt werden können, ist - betrachtet man seine Angaben insgesamt - nicht zu erkennen. Gerade die in der Beschwerde behaupteten Widersprüche der Zeugenaussage des Meldungslegers bei der mündlichen Berufungsverhandlung sprechen nicht gegen dessen Glaubwürdigkeit: Wenn der Zeuge betont, er könne sich an den einzelnen Vorfall nicht mehr genau erinnern und die allgemeine Vorgangsweise beschreibt, so ist dies durch den zeitlichen Abstand erklärbar.

Soweit sich der Beschwerdeführer auf die unterlassene Beiziehung des beantragten Sachverständigen bezieht, ist ihm entgegenzuhalten, dass er weder bei Stellung des Antrages in der mündlichen Verhandlung vom 8. Februar 2000 noch auch vor dem Verwaltungsgerichtshof konkrete Feststellungen, die auf Grund dieses Beweismittels zu treffen gewesen wären, vorbringt, sodass die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht überprüfbar ist. Die Aussage, auf Grund des Sachverständigengutachtens hätte sich ergeben, "dass die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verwaltungsübertretung objektiv und aus technischer (?) nicht möglich gewesen" wäre (Beschwerde Seite 6) ist insofern zu allgemein. Auch der - gleichfalls allgemein gehaltene - Hinweis auf eine Verkehrsinsel (Beschwerde Seite 7) vermag daran im Beschwerdefall nichts zu ändern.

Da es dem Beschwerdeführer sohin insgesamt nicht gelungen ist, eine Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides aufzuzeigen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz (Vorlageaufwand) beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 28. Februar 2003

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