VwGH 2001/09/0239

VwGH2001/09/023920.11.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hanslik, über die Beschwerde des U in H, vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Vorarlberg vom 14. November 2001, Zl. LGSV/3/13115/2001 ABA 1113945, betreffend Ablehnung der Verlängerung eines Befreiungsscheines nach § 4c Abs. 2 AuslBG, zu Recht erkannt:

Normen

61989CJ0292 Antonissen VORAB;
61993CJ0434 Ahmet Bozkurt VORAB;
61995CJ0171 Recep Tetik VORAB;
61995CJ0351 Kadiman VORAB;
61997CJ0340 Ömer Nazli VORAB;
62000CJ0188 Kurz VORAB;
ARB1/80 Art6 Abs1;
ARB1/80 Art6 Abs2;
ARB1/80 Art7;
AuslBG §4c Abs2 idF 1997/I/078;
61989CJ0292 Antonissen VORAB;
61993CJ0434 Ahmet Bozkurt VORAB;
61995CJ0171 Recep Tetik VORAB;
61995CJ0351 Kadiman VORAB;
61997CJ0340 Ömer Nazli VORAB;
62000CJ0188 Kurz VORAB;
ARB1/80 Art6 Abs1;
ARB1/80 Art6 Abs2;
ARB1/80 Art7;
AuslBG §4c Abs2 idF 1997/I/078;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, stellte am 16. März 2001 (mit formlosem Schriftsatz) beim Arbeitsmarktservice Bregenz den Antrag auf Verlängerung seines - für 1. Jänner 1992 bis 31. Dezember 1996 ausgestellten - Befreiungsscheines vom 29. November 1991. Er brachte dazu vor, er habe von 1972 bis 1996 in Österreich gelebt und gearbeitet. Im Mai 1996 sei er in die Türkei gereist, "weil er dort Arbeit gefunden hatte". Da die Trennung von seiner in Österreich lebenden Ehegattin und seinen Söhnen sich "als zu große Belastung herausstellte", sei er nach Österreich zurückgekehrt und seit 26. Jänner 2001 wieder "bei seiner Familie wohnhaft und gemeldet".

Unter Verwendung des gemäß § 19 Abs 9 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes aufliegenden Formulars stellte der Beschwerdeführer am 18. April 2001 beim Arbeitsmarktservice Bregenz einen Antrag auf "Verlängerung des Befreiungsscheines nach § 4c Abs. 2 AuslBG". In diesem Antrag stützte sich der Beschwerdeführer auf die näher dargelegten Beschäftigungszeiten (beginnend ab 2. Jänner 1989 bis zuletzt 23. Februar 1996). Ein Familienangehöriger als Bezugsperson, der dem regulären Arbeitsmarkt angehört, ist in diesem Antrag nicht angegeben.

Mit Bescheid vom 11. Oktober 2001 lehnte das Arbeitsmarktservice Bregenz den Antrag des Beschwerdeführers auf Verlängerung eines Befreiungsscheines nach § 4c Abs. 2 AuslBG in Verbindung mit Artikel 6 Abs. 1 dritter Gedankenstrich des Beschlusses des Assoziationsrates Nr. 1/80 ab.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung. Er brachte darin unter anderem vor, seine Eltern seien "seit dem Jahr 1966 in Österreich aufhältig". Sein Vater "war seitdem durchgehend bei der Fa. F in L beschäftigt, bis er sein Pension angetreten hat". Der Beschwerdeführer sei 1971 rechtmäßig "zu seinen Eltern nach Österreich nachgezogen und war seitdem hier aufenthaltsberechtigt". Von 1971 bis 1974 sei er in Österreich zur Schule gegangen. Er sei "daher als Kind von assoziationsintegrierten Eltern nach Erteilung einer Zuzugsgenehmigung nach Österreich gereist". Da er mindestens 5 Jahre seinen ordnungsgemäßen Wohnsitz bei seine Eltern gehabt habe, sei er auch "nach Art. 7 zweiter Untersatz des ARB Nr. 1/80 assoziationsintegriert". Er bleibe aber auch bei der Auffassung, dass er "nach Art. 6 ARB 1/80" assoziationsintegriert sei.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 14. November 2001 wurde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 4c Abs. 2 AuslBG keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die belangte Behörde - soweit diese zur Behandlung der vorliegenden Beschwerde erheblich ist - aus, der beinahe fünfjährige Aufenthalt des Beschwerdeführers in der Türkei (Mai 1996 bis Jänner 2001) habe dazu geführt, dass er dem regulären Arbeitsmarkt des Mitgliedstaates Österreich nicht mehr angehöre bzw. habe er den angemessenen Zeitraum zur Eingehung eines (neuen) Beschäftigungsverhältnisses in Österreich erheblich überschritten. Der Beschwerdeführer sei im Mai 1996 freiwillig zum Zweck der Arbeitsaufnahme in die Türkei zurückgekehrt und habe sich dort bis Jänner 2001 aufgehalten; er habe demnach eine Absicht und ein Interesse innerhalb eines angemessenen Zeitraumes in Österreich ein (neues) Arbeitsverhältnis zu begründen nicht bekundet. Davon ausgehend erfülle der Beschwerdeführer weder die Voraussetzungen nach Art. 6 Abs. 1 dritter Gedankenstrich ARB Nr. 1/80 noch jene nach dem Art. 7 zweiter Unterabsatz des ARB Nr. 1/80.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich nach dem in der Beschwerde bezeichneten Beschwerdepunkt durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf "Anerkennung der Assoziationsintegration, Verlängerung des Befreiungsscheins, Erteilung des Befreiungsscheins, ordnungsgemäße Bescheidbegründung und ordnungsgemäße Sachverhaltsfeststellung" verletzt. Er beantragt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 4c AuslBG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 78/1997 lautet:

"(1) Für türkische Staatsangehörige ist eine Beschäftigungsbewilligung von Amts wegen zu erteilen oder zu verlängern, wenn sie die Voraussetzungen nach Art. 6 Abs. 1 erster und zweiter Unterabsatz oder nach Art. 7 erster Unterabsatz oder nach Art. 7 letzter Satz oder nach Artikel 9 des Beschlusses des Assoziationsrates EWG-Türkei - ARB Nr. 1/1980 erfüllen.

(2) Türkischen Staatsangehörigen ist von Amts wegen ein Befreiungsschein auszustellen oder zu verlängern, wenn sie die Voraussetzungen nach Art. 6 Abs. 1 dritter Unterabsatz oder nach Art. 7 zweiter Unterabsatz des ARB Nr. 1/1980 erfüllen.

(3) Die Rechte türkischer Staatsangehöriger auf Grund der sonstigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes bleiben unberührt. Für die Verfahrenszuständigkeit und die Durchführung der Verfahren gemäß Abs. 1 und 2 gelten, soweit dem nicht Bestimmungen des ARB Nr. 1/1980 entgegenstehen, die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes."

Art. 6 und Art. 7 Satz 1 (Abs. 1) des Beschlusses des Assoziationsrates EWG-Türkei vom 19. September 1980, Nr. 1/80 (ARB Nr. 1/80), lauten:

"Artikel 6

(1) Vorbehaltlich der Bestimmungen in Art. 7 über den freien

Zugang der Familienangehörigen zur Beschäftigung hat der türkische

Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates

angehört, in diesem Mitgliedstaat

- nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung

Anspruch auf Erneuerung seiner Arbeitserlaubnis bei dem gleichen

Arbeitgeber, wenn er über einen Arbeitsplatz verfügt;

- nach drei Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung -

vorbehaltlich des den Arbeitnehmer aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs - das Recht, sich für den gleichen Beruf bei einem Arbeitgeber seiner Wahl auf ein unter normalen Bedingungen unterbreitetes und bei den Arbeitsämtern dieses Mitgliedstaates eingetragenes anderes Stellenangebot zu bewerben;

(2) Der Jahresurlaub und die Abwesenheit wegen Mutterschaft, Arbeitsunfall oder kurzer Krankheit werden den Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung gleichgestellt. Die Zeiten unverschuldeter Arbeitslosigkeit, die von den zuständigen Behörden ordnungsgemäß festgestellt worden sind, sowie die Abwesenheit wegen langer Krankheit werden zwar nicht den Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung gleichgestellt, berühren jedoch nicht die Aufgrund der vorherigen Beschäftigungszeit erworbenen Ansprüche.

(3) Die Einzelheiten der Durchführung der Absätze 1 und 2 werden durch einzelstaatliche Vorschriften festgelegt.

Artikel 7

Die Familienangehörigen eines dem regulären Arbeitsmarkt

eines Mitgliedstaates angehörenden türkischen Arbeitnehmers, die

die Genehmigung erhalten haben, zu ihm zu ziehen

- haben vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den

Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs das

Recht, sich auf jedes Stellenangebot zu bewerben, wenn sie dort

seit mindestens drei Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben;

- haben freien Zugang zu jeder von ihnen gewählten

Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis, wenn sie dort seit mindestens fünf Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben."

Wie der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) in seinem Urteil vom 23. Jänner 1997 in der Rechtssache C-171/95 , Recep Tetik gegen Land Berlin, ausführte, ist die Voraussetzung der Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates nämlich grundsätzlich nur dann weiterhin gegeben, wenn der Betroffene alle Formalitäten erfüllt, die im betreffenden Mitgliedstaat gegebenenfalls vorgeschrieben sind, etwa in dem er sich als Arbeitssuchender meldet und der Arbeitsverwaltung dieses Mitgliedstaates während des dort vorgeschriebenen Zeitraums zur Verfügung steht. Mit diesem Erfordernis lässt sich gewährleisten, dass der türkische Staatsangehörige innerhalb des angemessenen Zeitraums, der ihm zur Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses einzuräumen ist, sein Aufenthaltsrecht in dem betreffenden Mitgliedstaat nicht missbraucht, sondern tatsächlich eine neue Beschäftigung sucht. Es ist Sache des betreffenden Mitgliedstaates und beim Fehlen entsprechender Rechtsvorschriften die des angerufenen nationalen Gerichts, einen solchen angemessenen Zeitraum festzulegen, der lang genug sein muss, um die tatsächlichen Chancen des Betroffenen, eine neue Beschäftigung zu finden, nicht zu beeinträchtigen (vgl. die Randnummern 41, 42 und 48 des genannten Urteils; und das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2002, Zl. 99/09/0179).

Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer den österreichischen Arbeitsmarkt im Jahr 1996 freiwillig verlassen hat und in die Türkei gereist ist, weil er dort Arbeit gefunden hatte. Der Beschwerdeführer befand sich von 1996 bis Jänner 2001 in der Türkei; er ist im Jänner 2001 nach Österreich eingereist und seither in Österreich nicht beschäftigt gewesen. Dass er seit Jänner 2001 in Österreich beschäftigt gewesen sei, behauptet der Beschwerdeführer nicht.

Davon ausgehend hat der Beschwerdeführer den Arbeitsmarkt des Aufnahmemitgliedstaates Österreich 1996 endgültig verlassen. In der Beschwerde wird nichts vorgebracht, was in tatsächlicher Hinsicht entkräften könnte, dass der Beschwerdeführer den österreichischen Arbeitsmarkt 1996 (freiwillig und) endgültig verlassen hat. Im Verwaltungsverfahren hat der Beschwerdeführer vielmehr vorgebracht, er sei deshalb nach Österreich "zurückgekehrt", weil sich die Trennung von "seiner in Österreich lebenden Ehegattin und seinen zwei Söhnen aber als zu große Belastung herausstellte". Der Beschwerdeführer verließ somit - geht man von seinen Antragsbehauptungen aus - Österreich 1996 ohne die Absicht, sich später wieder um eine Arbeitsstelle in diesem Mitgliedstaat zu bewerben und demnach endgültig.

Die Bestimmung des Artikel 6 Absatz 2 ARB Nr. 1/80, die den Fortbestand des Anspruchs auf Beschäftigung garantiert, ist auf einen türkischen Arbeitnehmer, der den Arbeitsmarkt des Aufnahmemitgliedstaates endgültig verlassen hat, jedenfalls nicht anzuwenden (vgl. das Urteil des EuGH vom 19. November 2002, in der Rechtssache C-188/00 , Bülent Kurz geb. Yüce gegen Land Baden-Württemberg, Randnummern 58 und 59, und die dort angegebene weitere Judikatur nämlich Bozkurt, Randnummern 38 und 39, Tetik Randnummer 46 und Nazli Randnummer 40 und 41).

Der Beschwerdeführer lässt somit unberücksichtigt, dass eine in der Vergangenheit allenfalls gegeben gewesene Zugehörigkeit eines türkischen Arbeitnehmers zum regulären Arbeitsmarkt - ohne dass vorliegend geprüft werden muss, ob der Beschwerdeführer 1996 die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 dritter Gedankenstrich des ARB Nr. 1/1980 erfüllte - nicht auf Dauer (unbestimmte Zeit) die Zugehörigkeit zum Arbeitsmarkt dieses Mitgliedstaates bewirkt. Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde im Beschwerdefall schon unter Berücksichtigung des unbestrittenen Sachverhaltes, dass der Beschwerdeführer 1996 den Arbeitsmarkt endgültig verlassen hat und seit dem Jahr 1996 weder beschäftigt war noch Leistungen aus dem Versicherungsfall der Arbeitslosigkeit, der Krankheit oder Invalidität bezogen hat und auch nicht als arbeitssuchend zum Zwecke der Arbeitsvermittlung vorgemerkt war, zu dem Ergebnis gelangte, der Beschwerdeführer erfülle die tatbestandlichen Voraussetzungen nach Art. 6 Abs. 1 dritter Unterabsatz des ARB Nr. 1/1980 (für eine Verlängerung seines Befreiungsscheines) nicht.

Es trifft des weiteren auch die in der Beschwerde aufgestellte Behauptung nicht zu, der Beschwerdeführer sei "voll integriert", seine Unterbrechung sei "nicht auf die Unfähigkeit zurückzuführen, sich im Arbeitsmarkt zu etablieren oder eine Arbeitsstelle zu finden", ist seit seiner Einreise nach Österreich im Jänner 2001 bis zur Entscheidung der belangten Behörde (zugestellt im November 2001) doch ein Zeitraum von jedenfalls mehr als 6 Monaten vergangen, in dem der Beschwerdeführer keine neue Arbeitsstelle gefunden hatte. Damit war - ungeachtet des Umstandes, dass der Beschwerdeführer bereits 1996 den Arbeitsmarkt endgültig verließ - zudem jedenfalls ein Zeitraum überschritten, der einem türkischen Arbeitnehmer im Sinne des Urteiles des EuGH im Fall Tetik (Randnummer 46) vernünftigerweise einzuräumen gewesen wäre, um eine neue Beschäftigung zu finden. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass für Angehörige aus Mitgliedstaaten der Gemeinschaft ein der Stellensuche dienender Zeitraum von sechs Monaten als grundsätzlich ausreichend anzusehen ist und nur für den Fall, dass der Betroffene nach Ablauf dieses Zeitraumes den Nachweis erbringt, er suche weiterhin mit begründeter Aussicht auf Erfolg Arbeit, ihm eine weiteres Aufenthaltsrecht zugebilligt wird (vgl. hiezu das Urteil des EuGH vom 26. Februar 1991, in der Rechtssache C-292/89 , The Queen gegen Immigration Appeal Tribunal Ex Parte Gustaff Desiderius Antonissen, Sammlung der Rechtsprechung 1991 Seite I-0745, Randnummer 21).

Davon ausgehend erfüllt der Beschwerdeführer die für Zeiten der Beschäftigungslosigkeit aufgestellte Vorschrift des Art. 6 Abs. 2 Satz 2 ARB Nr. 1/80, die verhindern soll, dass ein türkischer Arbeitnehmer aufgrund vorheriger ordnungsgemäßer Beschäftigungszeiten erworbene Ansprüche verliert, ebenfalls nicht. Der Beschwerdeführer müsste demnach, weil er während seines Aufenthaltes in der Türkei nicht in Österreich unverschuldet arbeitslos war, nach seiner Einreise nach Österreich (im Jänner 2001) die in den drei Gedankenstrichen des Art. 6 Absatz 1 vorgesehenen Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung von neuem zurücklegen (vgl. das Urteil des EuGH vom 23. Jänner 1997, in der Rechtssache C-171/95 , Recep Tetik gegen Land Berlin, Randnummern 38 und 39).

Hinsichtlich der Voraussetzungen nach Art. 7 zweiter Unterabsatz des ARB Nr. 1/1980 hat der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren einen Familienangehörigen, der dem regulären Arbeitsmarkt des Mitgliedstaates Österreich noch angehört, nicht dargetan. In seinen Anträgen an das Arbeitsmarktservice Bregenz stützt sich der Beschwerdeführer nicht auf die Voraussetzungen des Art. 7 und er hat in diesem Verfahrensstadium kein Vorbringen über eine Bezugsperson erstattet. In der Berufung hat der Beschwerdeführer als Bezugspersonen seine "Eltern" angegeben; die in Österreich lebende Ehegattin, zu der er 2001 gezogen ist, hat der Beschwerdeführer nicht als Bezugsperson genannt. Dass seine Mutter (bzw. seine Ehegattin, zu der er 2001 gezogen ist) dem Arbeitsmarkt in Österreich jemals angehörten, behauptet der Beschwerdeführer jedenfalls nicht. Hinsichtlich seines Vaters behauptet er in der Berufung, sein Vater "war bei der Fa. F in L beschäftigt, bis er sein Pension angetreten hat". Dass sein Vater noch aktuell dem Arbeitsmarkt in Österreich angehört, hat der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren nicht behauptet.

Damit zeigt der Beschwerdeführer - ohne dass auf sein weiteres Beschwerdevorbringen eingegangen zu werden braucht - schon aus folgenden Erwägungen in Ansehung der genannten Voraussetzungen nach Art. 7 keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

Art. 7 Satz 1 ARB Nr. 1/80 hat den Zweck, die Beschäftigung und den Aufenthalt des türkischen Arbeitnehmers, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehört, dadurch zu fördern, dass ihm in diesem Staat die Aufrechterhaltung seiner familiären Bande garantiert wird; durch die Bestimmung sollen somit günstige Voraussetzungen für die Familienzusammenführung im Aufnahmemitgliedstaat geschaffen werden (vgl. das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 17. April 1997 in der Rechtssache C- 351/95 (Selma Kadiman), Slg. 1997, I-2133, Rdnr. 34 und 36). Die im ersten Satz (Absatz) des Art. 7 ARB Nr. 1/80 den Familienangehörigen türkischer Arbeitnehmer eingeräumte Rechtsstellung ist nur den Familienangehörigen "eines dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehörenden türkischen Arbeitnehmers" eingeräumt, sie ist also davon abhängig, dass die Bezugsperson dem regulären Arbeitsmarkt aktuell angehört (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 18. Juli 2002, Zl. 2001/09/0016, vom 27. Juni 2001, Zl. 99/09/0196, und vom 7. April 1999, Zl. 97/09/0175).

Der Vater des Beschwerdeführers kann daher als "Bezugsperson" im Sinne des Art. 7 Satz 1 ARB Nr. 1/80 nicht mit Erfolg herangezogen werden. Der Beschwerdeführer ist somit nicht Familienangehöriger eines dem regulären Arbeitsmarkt des Mitgliedstaates Österreich (noch aktuell) angehörenden türkischen Arbeitnehmers. Ob der Beschwerdeführer die erforderlichen Zeiten eines gemeinsamen Wohnsitzes aufzuweisen hätte, ist daher nicht mehr entscheidend.

Der Beschwerdeführer hat schon aus den dargelegten Erwägungen - ohne dass die in seiner Anregung auf Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens formulierten Fragen beantwortet zu werden brauchen - die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 dritter Unterabsatz und Art. 7 zweiter Unterabsatz des ARB Nr. 1/80 und damit die Anspruchsvoraussetzungen für die Verlängerung (bzw. Ausstellung) des begehrten Befreiungsscheines nach § 4c Abs. 2 AuslBG nicht erfüllt.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der Abhaltung der von der beschwerdeführenden Partei beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden (vgl. hiezu etwa die hg. Erkenntnisse vom 20. März 2002, Zl. 99/09/0214, und vom 15. Dezember 1999, Zl. 98/09/0208, mwN).

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 20. November 2003

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