Normen
61995CJ0351 Kadiman VORAB;
61997CJ0210 Akman VORAB;
ARB1/80 Art7;
61995CJ0351 Kadiman VORAB;
61997CJ0210 Akman VORAB;
ARB1/80 Art7;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, eine türkische Staatsangehörige, stellte am 7. Mai 1999 einen Antrag, ihr gemäß § 4c AuslBG einen Befreiungsschein auszustellen.
Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Linz vom selben Tag wurde dieser Antrag abgewiesen, weil der Ehegatte der Beschwerdeführerin seit 1. August 1995 eine Invaliditätspension beziehe und damit nicht mehr dem regulären inländischen Arbeitsmarkt angehöre.
Die gegen diesen Bescheid gerichtete Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit dem angefochtenen Bescheid vom 16. Juni 1999 gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 4c AuslBG iVm Art 7 des ARB Nr. 1/80 im Wesentlichen aus denselben Gründen abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.
Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Ausstellung eines Befreiungsscheines gemäß § 4c Abs. 2 AuslBG in Verbindung mit Art. 7 zweiter Unterabsatz des ARB Nr. 1/80 verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Nach § 4c Abs. 2 Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975 in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 78/1997, ist türkischen Staatsangehörigen von Amts wegen ein Befreiungsschein auszustellen oder zu verlängern, wenn sie die Voraussetzungen nach Art. 6 Abs. 1 dritter Unterabsatz oder nach Art. 7 zweiter Unterabsatz des ARB Nr. 1/1980 erfüllen.
Art. 7 ARB Nr. 1/80 hat folgenden Wortlaut:
"Die Familienangehörigen eines dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehörenden türkischen Arbeitnehmers, die die Genehmigung erhalten haben, zu ihm zu ziehen,
- haben vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs das Recht, sich auf jedes Stellenangebot zu bewerben, wenn sie dort seit mindestens drei Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben;
- haben Zugang zu jeder von ihnen gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis, wenn sie dort seit mindestens fünf Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben.
Die Kinder türkischer Arbeitnehmer, die im Aufnahmeland eine Berufsausbildung abgeschlossen haben, können sich unabhängig von der Dauer ihres Aufenthalts in dem betreffenden Mitgliedstaat dort auf jedes Stellenangebot bewerben, sofern ein Elternteil in dem betreffenden Mitgliedstaat seit mindestens drei Jahren ordnungsgemäß beschäftigt war."
Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass sich ihr Ehegatte, von welcher Bezugsperson sie ihr Recht gemäß Art. 7 Satz 1 zweiter Gedankenstrich ARB Nr. 1/80 herleitet, seit dem 1. August 1995 (der in der Wiedergabe der Jahreszahl unterlaufene Schreibfehler der belangten Behörde ist dabei gänzlich irrelevant) Invaliditätspension bezieht.
Sie hält den angefochtenen Bescheid aber deswegen für rechtswidrig, weil ihr Ehegatte als Bezugsperson trotz des Bezuges einer Invaliditätspension dem regulären Arbeitsmarkt gemäß Art. 7 zweiter Unterabsatz ARB Nr. 1/80 nach wie vor angehöre.
Damit zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Art. 7 Satz 1 ARB Nr. 1/80 hat den Zweck, die Beschäftigung und den Aufenthalt des türkischen Arbeitnehmers, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehört, dadurch zu fördern, dass ihm in diesem Staat die Aufrechterhaltung seiner familiären Bande garantiert wird; durch die Bestimmung sollen somit günstige Voraussetzungen für die Familienzusammenführung im Aufnahmemitgliedstaat geschaffen werden (vgl. das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 17. April 1997 in der Rechtssache C- 351/95 (Selma Kadiman), Slg. 1997, I-2133, Rdnr. 34 und 36). Die im ersten Satz (Absatz) des Art. 7 ARB Nr. 1/80 den Familienangehörigen türkischer Arbeitnehmer eingeräumte Rechtsstellung ist nur den Familienangehörigen "eines dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehörenden türkischen Arbeitnehmers" eingeräumt, sie ist also davon abhängig, dass die Bezugsperson dem regulären Arbeitsmarkt aktuell angehört (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 7. April 1999, Zl. 97/09/0175).
Dies bedeutet für den Beschwerdefall, dass der Ehegatte als "Bezugsperson" im Sinne des Art. 7 Satz 1 ARB Nr. 1/80 nicht mehr mit Erfolg herangezogen werden kann.
Durch das Erfordernis der aktuellen Zugehörigkeit zum regulären inländischen Arbeitsmarkt unterscheidet sich der erste Satz des Art. 7 ARB Nr. 1/80 vom zweiten Satz dieser Bestimmung, wonach für bestimmte, den Kindern türkischer Arbeitnehmer eingeräumte Rechte ausreichend ist, dass ein Elternteil in der Vergangenheit ordnungsgemäß beschäftigt war (vgl. das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 19. November 1998 in der Rechtssache C-210/97 (Haydar Akman), Rdnr. 30).
Die Beschwerdeführerin leitet ihre Ansprüche jedoch nicht von einem Elternteil, sondern von ihrem Ehegatten ab (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 29. November 2000, Zl. 99/09/0103).
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 27. Juni 2001
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