VwGH 99/09/0103

VwGH99/09/010329.11.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde der G T in I, vertreten durch Dr. Josef Neier, Rechtsanwalt in Innsbruck, Wilhelm-Greil-Straße 23, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Tirol vom 16. Februar 1999, Zl. LGSTi/V/13117/894940-702/1999, betreffend Ausstellung eines Befreiungsscheines nach § 4c AuslBG, zu Recht erkannt:

Normen

61995CJ0351 Kadiman VORAB;
ARB1/80 Art7;
AuslBG §4c Abs2;
VwRallg;
61995CJ0351 Kadiman VORAB;
ARB1/80 Art7;
AuslBG §4c Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine türkische Staatsangehörige, stellte am 30. April 1998 den Antrag auf Ausstellung eines Befreiungsscheines gemäß § 4c Abs. 2 des AuslBG in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 zweiter Unterabsatz des Beschlusses 1/1980 des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (ARB Nr. 1/80).

Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Innsbruck vom 10. Juli 1998 wurde diesem Antrag mit der Begründung keine Folge gegeben, dass die Antragstellerin nicht habe nachweisen können, dass sie auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde erster Instanz ( 10. Juli 1998) im gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten M T gelebt habe, der im Übrigen seit 30. Dezember 1995 dem regulären Arbeitsmarkt nicht mehr angehöre.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 16. Februar 1999 wurde dieser Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG und § 4c Abs. 2 AuslBG in Verbindung mit Art. 7 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich des Beschlusses ARB Nr. 1/80 keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. Die belangte Behörde ging dabei auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens davon aus, dass die Beschwerdeführerin am 17. Juli 1989 den türkischen Staatsangehörigen M T in der Türkei geheiratet habe und mit diesem am 24. August 1989 ohne gültiges Einreisevisum und ohne die Genehmigung erhalten zu haben, zu ihm zu ziehen, in das Bundesgebiet eingereist sei. In diesem Zeitpunkt sowie auch im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung sei M T als Arbeitnehmer beschäftigt gewesen und habe zu diesem Zeitpunkt dem regulären Arbeitsmarkt in Österreich angehört. In der Folge seien der Beschwerdeführerin für die Zeiten vom 22. März 1990 bis 30. Juli 1990, vom 12. Juli 1990 bis 3. Oktober 1991 und vom 29. November 1991 bis 3. April 1993 von der Bundespolizeidirektion Innsbruck Sichtvermerke ausgestellt , für die Zeit vom 3. Juli 1993 bis 4. März 1994, vom 5. März 1994 bis 4. September 1994 und vom 5. September 1994 bis 30. Mai 1998 vom Stadtmagistrat Innsbruck Aufenthaltsbewilligungen erteilt worden. Für die Zeit vom 24. August 1998 bis 24. August 1999 sei die Beschwerdeführerin im Besitz einer Niederlassungsbewilligung. Bis 24. Jänner 1996 habe sie in häuslicher Gemeinschaft mit ihrem Ehegatten M T gelebt, seit diesem Zeitpunkt halte sich dieser jedoch nicht mehr in Österreich auf. Seit 30. Dezember 1995 gehöre er auch nicht mehr dem regulären Arbeitsmarkt in Österreich an. Rechtlich folgerte die belangte Behörde aus diesen Feststellungen, dass tatbestandliche Voraussetzung der Anwendbarkeit des Art. 7 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich ARB Nr. 1/80 nicht nur der legale Aufenthalt des Antragstellers und die auch im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides über den Antrag auf Befreiungsschein bestehende Zugehörigkeit der Bezugsperson zum österreichischen Arbeitsmarkt sei, sondern auch, dass der Antragsteller "die Genehmigung erhalten" habe, zu der genannten Bezugsperson "zu ziehen". Diese Voraussetzung habe die Beschwerdeführerin aber im Hinblick auf ihre illegale Einreise, für die sie auch rechtskräftig bestraft worden sei, nicht erfüllt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihren Rechten insofern verletzt, als ihr von der belangten Behörde entgegen der Bestimmung des § 4c Abs. 2 AuslBG kein Befreiungsschein ausgestellt worden sei.

Die Beschwerdeführerin begründet ihre Beschwerde im Wesentlichen mit dem Argument, aus den ihr seit dem 22. März 1990 regelmäßig erteilten Sichtvermerken bzw. Aufenthaltsberechtigungen "mit dem Zweck der Familiengemeinschaft" ergebe sich schlüssig, dass die Aufenthaltsbehörden in einer die belangte Behörde bindender Weise davon ausgegangen seien, dass ihr damit (nachträglich) genehmigt worden sei, zu ihrem türkischen Ehegatten zu ziehen. Sie habe auch bis Dezember 1995 mit diesem im gemeinsamen Haushalt gelebt. Diese Auslegung erscheine auch im Hinblick darauf gerechtfertigt, dass § 3 Aufenthaltsgesetz durch die Novelle 95 dahingehend in der Formulierung geändert worden sei, dass der Passus, "denen im Rahmen der Familienzusammenführung der Aufenthalt zu gestatten ist" durch den Ausdruck, "denen sonst ein dauerndes Aufenthaltsrecht eingeräumt wurde", geändert worden sei. Es sei daher einzig und allein auf den zumindest fünfjährig berechtigten Wohnsitz abzustellen. Die Genehmigung zur Familienzusammenführung ergebe sich bereits aus dem im März 1990 erteilten Sichtvermerk.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes BGBl. Nr. 218/1975 in der hier anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 78/1997 (AuslBG) lauten:

"§ 4c. (1) Für türkische Staatsangehörige ist eine Beschäftigungsbewilligung von Amts wegen zu erteilen oder zu verlängern, wenn sie die Voraussetzungen nach Art. 6 Abs. 1 erster und zweiter Unterabsatz oder nach Art. 7 erster Unterabsatz oder nach Art. 7 letzter Satz oder nach Artikel 9 des Beschlusses des Assoziationsrates EWG-Türkei- ARB - Nr. 1/80 erfüllen.

(2) Türkischen Staatsangehörigen ist von Amts wegen ein Befreiungsschein auszustellen oder zu verlängern, wenn sie die Voraussetzungen nach Art. 6 Abs. 1 dritter Unterabsatz oder nach Art. 7 zweiter Unterabsatz des ARB Nr. 1/1980 erfüllen.

(3) Die Rechte türkischer Staatsangehöriger auf Grund der sonstigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes bleiben unberührt. Für die Verfahrenszuständigkeit und die Durchführung der Verfahren gemäß Abs. 1 und 2 gelten, soweit dem nicht Bestimmungen des ARB Nr. 1/1980 entgegenstehen, die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.

..."

Art. 7 ARB Nr. 1/80 hat folgenden Wortlaut:

"Die Familienangehörigen eines dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehörenden türkischen Arbeitnehmers, die die Genehmigung erhalten haben, zu ihm zu ziehen,

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