VwGH 2000/09/0038

VwGH2000/09/003821.5.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hanslik, über die Beschwerde des H in K, vertreten durch Dr. Günther Neuhuber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Himmelpfortgasse 14, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 21. Dezember 1999, Zl. Senat-WU-98-410, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit; Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 21. Dezember 1999 wurde der Beschwerdeführer der Begehung von vier Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) dahingehend schuldig erkannt, er habe am 24. September 1997 (gegen 10.00 Uhr) vier polnische Staatsangehörige an einem näher bezeichneten Tatort ohne die erforderlichen arbeitsmarktbehördlichen Genehmigungen beschäftigt.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Beschwerdeführer - in Stattgebung seiner Berufung gegen die Strafhöhe - nach dem zweiten Strafsatz des § 28 Abs. 1 Z 1 AuslBG vier Geldstrafen in Höhe von jeweils S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen jeweils 2 Tage) sowie ein (herabgesetzter) Kostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren von insgesamt S 8.000,-- verhängt.

Zur Begründung ihrer Entscheidung (betreffend den Schuldspruch) führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die vier Ausländer seien vom Beschwerdeführer auf der B-Straße zwecks Durchführung von Arbeiten angeworben worden; und er habe sie auch an den vorgesehenen Arbeitsort gebracht. Für ihre Tätigkeit sei den Ausländern eine Entlohnung zugesagt worden; sie hätten mit der Durchführung der Arbeiten begonnen, indem sie einen Klein-LKW mit Metallteilen beladen, andere für den Beschwerdeführer tätig gewesene Personen begleitet und die Metallteile an einem anderen Grundstück abgeladen hätten. Dieser Vorgang hätte bis zur endgültigen Räumung der Halle wiederholt (fortgesetzt) werden sollen. Das als Rechtfertigung erstattete Vorbringen entlaste den Beschwerdeführer nicht, weil es der belangten Behörde unglaubwürdig erscheine, dass dem Beschwerdeführer nicht bewusst gewesen sein sollte, dass die behauptete Anwerbung der Ausländer auf der B-Straße keine gesetzeskonforme Vorgangsweise darstelle. Der Beschwerdeführer behaupte zwar, sich auf die Anwerbung beschränkt zu haben, er habe die Ausländer jedoch tatsächlich zur Halle gebracht, wobei dort den Ausländern von einem Mitarbeiter der Firma A gesagt worden sei, was sie zu tun hätten. Bei dem Mitarbeiter des Arbeitsmarktservice Niederösterreich habe der Beschwerdeführer sich erst erkundigt, nachdem er die Ausländer zur Halle gebracht gehabt habe. Es habe nicht geklärt werden können, ob der Beschwerdeführer erst nach Durchführung der Kontrolle beim Arbeitsmarktservice angefragt habe; überdies seien die Angaben bei der telefonischen Anfrage sehr generell gehalten gewesen. Bei der Anwerbung von Ausländern auf der B-Straße müsse für jedermann ersichtlich sein, dass es sich wohl nicht um ein dem Gesetz entsprechendes Arbeitsverhältnis handeln werde. Es erscheine zumindest merkwürdig, Arbeiter zuerst zum Arbeitsort zu bringen und anschließend über die Rechtmäßigkeit der Vorgangsweise Erkundigungen einholen zu wollen; des weiteren auch die behauptete vorschnelle Beauftragung der Ausländer mit den Arbeiten, zumal Ing. B angegeben habe, der Beschwerdeführer habe nicht konkret gesagt, er solle mit den Arbeiten beginnen oder er solle zuwarten, der Arbeitsbeginn hätte sich einfach aus der Situation heraus ergeben. In rechtlicher Hinsicht seien Arbeitsverhältnisse im Sinne des § 2 Abs. 2 lit. a AuslBG vorgelegen. Die Übertretungen des AuslBG seien eindeutig objektiviert und auch die subjektive Tatseite sei gegeben. Aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung dürfe angenommen werden, dass die Beschäftigung eines Ausländers grundsätzlich einer verwaltungsbehördlichen Bewilligung bedürfe. Dem Beschwerdeführer hätten Zweifel kommen müssen, dass die Heranziehung von Ausländern gegen Entgelt nicht bewilligungsfrei sein könne, weshalb er noch vor der Beschäftigung der Ausländer Erkundigungen bei der Bewilligungsbehörde hätte einholen sollen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich nach seinem gesamten Beschwerdevorbringen durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, nicht der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen für schuldig erkannt und dafür bestraft zu werden. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer rügt die Beweiswürdigung der belangten Behörde.

Die Behörde hat unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens - unter in gleicher Weise vorzunehmender Berücksichtigung der dem Beschuldigten entlastenden und belastenden Umstände - nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (vgl. § 45 Abs. 2 AVG), wobei die hiebei maßgebenden Erwägungen nach den Grundsätzen der §§ 60 und 67 AVG (in Verbindung mit § 24 VStG) in der Bescheidbegründung in klarer und übersichtlicher Weise zusammenzufassen sind. Liegen widersprechende Beweisergebnisse vor, muss die Behörde dazu in der Begründung im Einzelnen Stellung nehmen und schlüssig darlegen, was sie veranlasst hat, dem Einen mehr Vertrauen entgegen zu bringen als dem Anderen (vgl. auch die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II, 2. Auflage 2000, Seite 510 E 67 bis 68 wiedergegebene hg. Judikatur).

Auch vor dem Hintergrund der Beschwerdeausführungen ist nicht zu erkennen, inwieweit die in der Beschwerde ins Treffen geführten Beweisergebnisse und Argumente geeignet sein sollten, die nachvollziehbar begründete und auf die Ergebnisse des durchgeführten Beweisverfahrens gestützte Beweiswürdigung der belangten Behörde als unschlüssig zu erweisen. Dass der Beschwerdeführer diese Beweiswürdigung für unrichtig hält, zeigt jedenfalls keine relevanten, vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmenden Mängel der Beweiswürdigung auf (vgl. in dieser Hinsicht etwa das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1997, Zl. 96/09/0075, und die darin angegebene Vorjudikatur).

Der Beschwerdeführer vermag die zugestandene Vorgangsweise, er habe die Ausländer auf der B-Straße (dem sogenannten "Arbeitsstrich") angeworben, ihnen ein Entgelt - in welcher Höhe auch immer - versprochen, die Ausländer zum Arbeitsort gebracht und dann "die Rechtslage geklärt" nicht nachvollziehbar mit der ebenfalls unbestreitbaren Tatsache, dass die Ausländer im Sinne seines "Notstandsvorbringens" durchaus sinnvolle und für ihn wertvolle Tätigkeiten entfaltet haben, in Einklang zu bringen. Es bleibt auch vor dem Hintergrund des Beschwerdevorbringens unbeantwortet, wie es geschehen konnte, dass die Ausländer trotz der behaupteten fehlenden Weisung des Beschwerdeführers und seinem angeblichen "Stillschweigen" dennoch ihrer anlässlich der Kontrolle festgestellten Verwendung nachkommen konnten. Der Zeitpunkt der Auskunft beim Arbeitsmarktservice blieb zwar unaufgeklärt; dass eine erst nach der Kontrolle und Betretung der Ausländer erfolgte Anfrage stattfand, zieht der Beschwerdeführer aber nicht in Zweifel. Der Beschwerdeführer übergeht mit Stillschweigen, dass der Zeuge Ing. B ausgesagt hat, es sei ausgemacht gewesen, dass "Herr H die Arbeiter besorgt und ich sie dann beaufsichtige". Vor diesem Hintergrund und der weiteren Darstellung dieses Zeugen, wonach der Beschwerdeführer "weder konkret gesagt hat, ich solle mit den Arbeiten beginnen, noch ich solle zuwarten, die Arbeiten haben sich dann einfach aus der Situation ergeben", vermag die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe keinen Arbeitsauftrag erteilt bzw. sein "Stillschweigen sei keines gewesen" die Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht als unschlüssig zu erweisen. Der Beschwerdeführer verkennt in diesem Zusammenhang überdies, dass seine zivilrechtlichen Betrachtungen über den Erklärungswert seines Verhaltens und auch das allfällige Zustandekommen eines Arbeitsvertrages mit den Ausländern für die Verwirklichung des Tatbestandes der angelasteten Verwaltungsübertretungen nicht entscheidend sind, gilt als Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG doch die tatsächliche Verwendung eines Ausländers; es kommt daher nicht auf formalrechtliche Rechtsverhältnisse, sondern darauf an, dass der Sachverhalt faktisch einen Tatbestand im Sinne der Abs. 2 bis 4 des § 2 AuslBG erfüllt. Der Beschwerdeführer hätte daher in der von ihm dargelegten Situation die Verwendung der Ausländer am Tatort eindeutig und unmissverständlich untersagen und wirksame Vorkehrungen zur Einhaltung seiner Anordnung treffen müssen. Dass er in diesem Sinne Vorkehrungen getroffen habe, behauptet der Beschwerdeführer nicht. Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Darstellung des Beschwerdeführers, er habe die Ausländer (am "Arbeitsstrich") nur angeworben, dann zum Tatort gebracht, dort (ohne Weisung und ohne formell einen "Auftrag" zu erteilen) zurückgelassen, sich dann beim Arbeitsmarktservice nach der Rechtslage erkundigt und bei seiner Rückkehr bedauerlicherweise feststellen müssen, dass die Ausländer bereits (vorschnell) gearbeitet hätten, im Ergebnis als nicht überzeugend bzw. als Schutzbehauptung zur nachträglichen Rechtfertigung der unerlaubten Beschäftigung der Ausländer angesehen hat. Der Beschwerdeführer vermag nicht plausibel zu erklären, aus welchem Grund er erst nach Eintreffen am Tatort überraschend den Zeugen E darüber fragen musste, "ob er Ausländer beschäftigen darf" bzw. warum er sich "um die Voraussetzungen der Beschäftigung von Ausländern" erkundigt hat. Dieses Verhalten indiziert - wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat - aber sehr wohl, dass der Beschwerdeführer nicht (entgegen der allgemeinen Lebenserfahrung) angenommen hat, er dürfe Ausländer ohne Bewilligung beschäftigen.

Inwieweit der Umstand, dass die Arbeiten für den privaten Bereich erfolgten, der Entlastung des Beschwerdeführers dienen soll, wird in der Beschwerde nicht dargetan. Die belangte Behörde hat dem ohnedies insoweit Rechnung getragen, als der Beschwerdeführer persönlich (und nicht etwa ein Unternehmen) als Arbeitgeber der Ausländer gewertet wurde. Der Hinweis auf § 3 Abs. 6 AuslBG ist unerheblich und vermag an der Verwirklichung der angelasteten Verwaltungsübertretungen nichts zu ändern.

Der Hinweis des Beschwerdeführers auf seine Anwerbung geht daran vorbei, dass die Ausländer beschäftigt wurden und es nicht bei einer Anwerbung geblieben ist. Die behaupteten Mängel der Beweiswürdigung liegen somit nicht vor. Geht man von den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen aus, dann wurde die Rechtsfrage betreffend das Vorliegen einer nach dem AuslBG bewilligungspflichtigen Beschäftigung beider Ausländer im Sinne von § 2 Abs. 2 AuslBG rechtlich fehlerfrei gelöst.

Ein als "Notsituation" im Sinne eines "Notstandes" zu wertender Sachverhalt ist nach dem in der Beschwerde erstatteten Vorbringen nicht vorgelegen. Besondere Umstände des Einzelfalles, die eine Berufung auf Notstand rechtfertigen könnten, wurden weder festgestellt noch vom Beschwerdeführer behauptet (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 2. Dezember 1993, Zl. 93/09/0186, und die darin angegebene Judikatur).

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 21. Mai 2003

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