Normen
AsylG 1997 §7;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AsylG 1997 §7;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein iranischer Staatsangehöriger, reiste am 26. Dezember 1995 in das Bundesgebiet ein und stellte am 2. Jänner 1996 einen Asylantrag. Bei seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am selben Tag gab er zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen an, er habe in seiner Heimatstadt Izeh als Industrieelektriker bei einem Unternehmen namens "Paradis" (eine der iranischen Ölgesellschaft "unterstehende Privatfirma") gearbeitet. Am 27. August 1993 sei der Beschwerdeführer verhaftet worden, weil er gemeinsam mit weiteren 60 Arbeitskollegen einen dreitägigen Streik zur Durchsetzung höherer Löhne durchgeführt habe. Am dritten Tag des Streiks sei er mit vier weiteren am Streik beteiligten Personen festgenommen und im Kakh-Gefängnis in Izeh inhaftiert worden. Weil er sich bereits vor seiner Verhaftung in der Öffentlichkeit regimekritisch geäußert habe und die Revolutionswächter darüber - "vielleicht durch Spitzel" - offensichtlich informiert gewesen seien, sei der Beschwerdeführer erst am 1. August 1995 wieder entlassen worden. In der ersten Woche seiner zweijährigen Haft und einen Monat später noch einmal sei er täglich verhört und dabei auch geschlagen worden, wobei er aber keine "Spuren davongetragen" habe. Die Revolutionswächter hätten von ihm erfahren wollen, welcher politischen Gruppierung er angehöre. Da dies aber nicht der Fall gewesen sei, habe er ihnen "keine Zugehörigkeit nennen" können. Im ersten Haftjahr habe der Beschwerdeführer Besuchsverbot gehabt und er habe die ersten beiden Monate in Einzelhaft verbringen müssen. Eine "offizielle" Gerichtsverhandlung habe nicht stattgefunden, er sei "immer von zwei hohen Beamten des Revolutionskomitees verhört" worden. Anfang August 1995 sei er schließlich mit der Auflage entlassen worden, sich nicht mehr politisch zu betätigen und sich täglich beim Gefängnis zu melden. Dieser täglichen Meldepflicht sei er zwar nachgekommen, er habe aber "sehr wohl in der Öffentlichkeit seine Meinung über das iranische Regime geäußert". Bei einem Besuch bei seiner Schwester am 16. Dezember 1995 habe er einen Anruf von seinem Vater erhalten, der ihm mitgeteilt habe, dass ihn Revolutionswächter in seiner elterlichen Wohnung hätten festnehmen wollen. Aus Angst vor einer weiteren Inhaftierung sei er noch am selben Tag von Izeh nach Esfahan (zu seinem Onkel) und in der Folge auf dem Luftweg von Teheran nach Österreich geflüchtet.
Das Bundesasylamt wies den Asylantrag des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 23. Jänner 1996 gemäß § 3 des Asylgesetzes 1991 mit der Begründung ab, die behauptete Inhaftierung wegen der Teilnahme an einem Streik zur Erreichung einer besseren Entlohnung lasse noch keinen Schluss auf eine "Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention" zu. Der Beschwerdeführer habe sein Heimatland demnach nur aus "subjektivem Furchtempfinden" verlassen. "Aus objektiver Sicht" sei jedoch keine konkret gegen den Beschwerdeführer gerichtete Verfolgungshandlung zu erkennen und die von ihm behauptete Furcht auch nicht "objektivierbar". Außerdem sei es nicht nachvollziehbar, dass man den Beschwerdeführer zu Hause habe festnehmen wollen, obwohl er seiner Meldepflicht ohnehin vier Monate lang nachgekommen sei. Eine Verhaftung - hätten die iranischen Behörden daran tatsächlich ein Interesse gehabt - wäre "bei Meldepflichterfüllung doch logisch gewesen", weshalb dieses Vorbringen von der Erstbehörde für nicht glaubwürdig erachtet wurde.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung betonte der Beschwerdeführer, dass es sich bei der Teilnahme an einem Streik zur Erreichung einer besseren Entlohnung - entgegen der Meinung der Erstbehörde - sehr wohl um eine politische Aktivität handle. Tatsache sei, dass der Beschwerdeführer bereits zwei Jahre in Haft gewesen sei. Seine Furcht sei daher "objektiviert, sprich:
bewiesen". Das Vorgehen bei seiner Verhaftung sei auch für den Beschwerdeführer - wie er bereits in seiner Vernehmung vor der Erstbehörde angegeben habe - "rätselhaft", über die Gründe für die gewählte Vorgangsweise könne er auch nur spekulieren. Denkbar wäre, man hätte im Zuge der Hausdurchsuchung etwas beschlagnahmen oder ihm unter Umstände Drogen unterschieben wollen. Zum Beweis für die Richtigkeit seiner Angaben legte der Beschwerdeführer mit der Berufung noch eine Vorladung zum Gericht in Izeh vom 24. Dezember 1995 vor, die ihm von seiner Familie Anfang Februar 1996 per Post geschickt worden sei.
Der Bundesminister für Inneres wies diese Berufung mit Bescheid vom 28. Juli 1997 ab.
Mit Schriftsatz vom 30. September 1997 beantragte der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme des mit dem zuletzt genannten Bescheid abgeschlossenen Asylverfahrens. Er habe am 17. September 1997 einen Brief seiner Schwester aus dem Iran erhalten, aus dem sich ergebe, dass im Zuge der (erfolglosen) Fahndung nach dem Beschwerdeführer nunmehr sein Vater und sein Bruder von den Revolutionswächtern verhaftet worden seien. Dieser Wiederaufnahmeantrag wurde mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 2. Dezember 1997 abgewiesen.
Mit den Beschlüssen des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. April 1999, Zl. 97/20/0701, und vom 17. Juni 1999, Zl. 98/20/0202, wurden die gegen die erwähnten Bescheide des Bundesministers für Inneres erhobenen Beschwerden gemäß § 44 Abs. 3 des Asylgesetzes 1997 (AsylG) zurückgewiesen.
Im fortgesetzten Berufungsverfahren vor der gemäß § 44 Abs. 1 AsylG zuständig gewordenen belangten Behörde wurde die österreichische Botschaft in Teheran mit Schreiben vom 3. August 1999 (unter anderem) um die Überprüfung der Echtheit der vom Beschwerdeführer vorgelegten Gerichtsladung ersucht. Das diesbezügliche Antwortschreiben vom 17. August 1999 lautet in seinen hier interessierenden Teilen wie folgt:
"Die Ladung ist nicht echt. Sie weist keine Aktenzahl auf. Aus diesem Grund ist eine Überprüfung weiterer Einzelheiten zu dem behaupteten Verfahren ausgeschlossen. Anzumerken ist allerdings, dass eine solche Überprüfung in der Provinz (Izeh liegt in Khuzestan) der Botschaft auch aus praktischen Gründen nicht möglich wäre.
Weitere Gründe, die an der Echtheit der Ladung zweifeln ließen, sind:
- Die beiden Unterschriften auf der Ladung sind so ähnlich, dass sie aus einer Hand stammen könnten. Die erste Unterschrift steht für die Ausfertigung des Dokumentes, die zweite für die Zustellung.
- Der Text mit dem die Zustellung der Ladung bestätigt wird, ist in einer schönen, präzisen Handschrift und in rechtskundiger Sprache verfasst. Da Dokumente in der Regel von rangniedrigen Vertretern der Exekutive (etwa einem Gefreiten, wie ausgewiesen) zugestellt werden, wirkt dies nicht glaubwürdig.
- Aus der Ladung ist nicht einmal die Art des angestrengten Verfahrens erkennbar.
- Die Ladung wurde am selben Tag ausgestellt und zugestellt, die Verhandlung soll ebenfalls am gleichen Tag stattfinden. Auch dies entspricht weder den Usancen noch den Vorschriften der gewöhnlichen Gerichtsbarkeit.
(...)
Für Streikende sind im Iran in der Regel Revolutionsgerichte
zuständig. In diesem Fall liegt aber kein Beleg für die Befassung
eines solchen Gerichtes vor.
Der Botschafter:
(eh Unterschrift)"
Nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 16. September 1999, in der dieses Ermittlungsergebnis mit dem Beschwerdeführer erörtert wurde, wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 7 AsylG ab. Die belangte Behörde versagte dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen (zur Gänze) die Glaubwürdigkeit und bezog sich dabei primär auf die Beurteilung der vom Beschwerdeführer vorgelegten Gerichtsladung durch die österreichische Botschaft in Teheran als Fälschung. Im Einzelnen begründete die belangte Behörde ihre Beweiswürdigung wie folgt:
"Bei der mündlichen Berufungsverhandlung mit den einzelnen Punkten konfrontiert, aus denen die österreichischen Botschaft in Teheran den Schluss gezogen hat, dass die vorgelegte Ladung eine Fälschung ist, gab der Berufungswerber an wie folgt: Dem Argument, es sei sehr unwahrscheinlich, dass sich rangniedrige Angehörige der iranischen Exekutive, welche üblicherweise die Zustellungen bewerkstelligen - die Ladung weist diesbezüglich die Unterschrift eines Gefreiten auf - bei der Bestätigung des Zustellvorganges einer Formulierung bedienen, wie sie für Rechtskundige typisch sei, entgegnete der Berufungswerber, der gegenständliche Gefreite müsse zumindest die Matura absolviert haben. Die Frage, ob man im Iran die Matura haben müsse, um den Rang eines Gefreiten erreichen zu können, verneinte er aber. Soweit der Berufungswerber vorbrachte, in kleinen Städten wie jener, in der er gelebt habe, sei es durchaus möglich, dass die Ladungen am gleichen Tag aus- und zugestellt würden, ist ihm zu erwidern, (dass) die Berufungsbehörde aufgrund der ihr bisher von der Österreichischen Botschaft in Teheran erteilten Auskünfte keinen Zweifel daran hegt, dass die von der Botschaft zu Dokumentenüberprüfungen herangezogenen Experten auch mit den Usancen in kleineren Städten ansässiger Gerichte vertraut sind. Zum Fehlen der Aktenzahl auf der Ladung meinte der Berufungswerber bloß, das (iranische) Gericht solle der Berufungsbehörde erklären, weshalb die Aktenzahl fehle. Mit dem Umstand konfrontiert, dass aus der vorgelegten Ladung nicht einmal erkennbar ist, um welche Art von Verfahren es sich handelt (unter der Rubrik 'Grund des Erscheinens' heißt es:
'zwecks div. Besprechungen', gab der Berufungswerber zunächst an, er könne dazu nichts sagen, 'sie hätten es eben nicht geschrieben', dann wiederum er 'glaube, das was sie geschrieben haben, ist ausreichend'.
Wenn der Berufungswerber dem abschließenden Argument der Botschaft, dass im iranischen Justizsystem für Streikende die Revolutionsgerichte zuständig sind, auch zurecht entgegenhält, er habe im Verfahren nie behauptet, die Ladung sei in Zusammenhang mit einem Streik ergangen, folgt das hier entscheidende Mitglied des Unabhängigen Bundesasylsenates dennoch der Einschätzung der Botschaft; dies zum einen weil die Stellungnahmen des Berufungswerbers zu den von der Botschaft als Fälschungshinweise angeführten Punkten aus den oben angeführten Gründen nicht geeignet sind, die Richtigkeit der Auskunft der Botschaft in Zweifel zu ziehen, zum anderen aufgrund des wenig engagierten persönlichen Eindruckes, den der Berufungswerber bei der Berufungsverhandlung gemacht hat.
Erweist sich die Ladung, die der Berufungswerber vorgelegt hat, um die gegen ihn gerichtete Ermittlungstätigkeit der iranischen Behörden nachzuweisen, als gefälscht, ist aber auch davon auszugehen, dass der Inhalt des - knapp einen Monat nach rechtskräftiger Abweisung des Asylantrages dem Berufungswerber zugegangen - Briefes seiner Schwester nicht der Wahrheit entspricht; vielmehr ist anzunehmen, dass dieser Brief auf Ersuchen des Berufungswerbers und einzig zum Zweck der Darlegung einer in Wahrheit nicht bestehenden Verfolgungssituation im Asylverfahren verfasst wurde.
Schließlich ist der Erstbehörde rechtzugeben, wenn sie die vorgebrachte beabsichtigte Verhaftung des Berufungswerbers in seinem Haus als nicht nachvollziehbar qualifiziert: Bei der mündlichen Berufungsverhandlung hielt das hier entscheidende Mitglied dem Berufungswerber vor, dass die Revolutionswächter - hätten sie ihn tatsächlich festnehmen und in seinem Haus Beweisstücke suchen wollen - wohl die zeitlich umgekehrte Reihenfolge gewählt hätten - d.h. zuerst den Berufungswerber bei der Erfüllung seiner Meldepflicht festzunehmen und dann sein Haus zu durchsuchen -, da sie anderenfalls hätten befürchten müssen, dass - wie es nach dem Berufungsvorbringen dann auch geschehen sei - im Fall der Abwesenheit des Berufungswerbers ihn die bei der Hausdurchsuchung anwesenden Familienmitglieder warnen würden; oder aber es müsse angenommen werden, dass die Revolutionswächter in einem solchen Fall Vorkehrungen - etwa die vorläufige Festnahme der anwesenden Personen - getroffen hätten, um zu verhindern, dass der Berufungswerber gewarnt wird. Wenn der Berufungswerber dem nun erwiderte, die Revolutionswächter hätten eben nicht damit gerechnet, dass der Berufungswerber 'auf einmal flüchten würde', überzeugt dies nicht, da wohl anzunehmen ist, dass jemand, der zwei Jahre ohne Durchführung einer Gerichtsverhandlung inhaftiert gewesen sein soll, eine Flucht in Erwägung zieht, wenn ihm mitgeteilt wird, dass sein Haus aufgesucht wurde, um ihn wieder zu verhaften."
Rechtlich folgerte die belangte Behörde aus den negativen Feststellungen zu den vom Beschwerdeführer vorgetragenen Fluchtgründen, es sei nicht davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer im Iran Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention drohe.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung mit Beschluss vom 29. November 1999, B 1803/99, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Über die - auftragsgemäß - ergänzte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Die Beschwerde tritt den Argumenten, auf die sich die Einschätzung (des österreichischen Botschafters in Teheran und ihm folgend der belangten Behörde) stützt, die vom Beschwerdeführer vorgelegte Ladung sei gefälscht, im Einzelnen konkret entgegen und bemängelt im Allgemeinen, die belangte Behörde hätte - entgegen ihrer ständigen Praxis - vorweg offen zu legen gehabt, wer der von der Vertretungsbehörde herangezogene "Experte" sei und welche Qualifikation er wirklich aufweise, um als "Experte" eingestuft werden zu können. Es gehe nicht an, dass durch die Heranziehung gänzlich unbekannter Personen, deren Identität und Qualifikation im Verborgenen bleibe, die Regelungen für Sachverständige nach dem AVG umgangen würden. Bei Heranziehung von "Experten" im Zusammenhang mit einem Asylverfahren sei auch offen zu legen, ob diese persönlich regimetreu eingestellt seien, was gerade bei Erhebungen im Iran "unabdingbar" sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in dem - mittlerweile ergangenen - Erkenntnis vom 27. Jänner 2000, Zl. 99/20/0488, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, und in daran anschließenden Erkenntnissen (wie etwa in jenem vom 31. Mai 2001, Zl. 2000/20/0470, und zuletzt im Erkenntnis vom 8. April 2003, Zl. 2002/01/0438) mit diesem Thema befasst. Insbesondere wurde dort klargestellt, dass die Stellungnahme eines Vertrauensanwaltes einer österreichischen Botschaft im Heimatland des Asylwerbers keinen Beweis durch Sachverständige im Sinn des § 52 AVG und der dazu ergangenen Rechtsprechung darstelle. Es handle sich um ein Beweismittel eigener Art, das auf Grund der besonderen Ermittlungsschwierigkeiten in Bezug auf asylrechtlich relevante Sachverhalte im Heimatland des Asylwerbers im Sinn des § 46 AVG geeignet und zweckdienlich sein könne, bei dessen Würdigung aber stets zu berücksichtigen sei, dass die Qualifikation und die Vorgangsweise des Vertrauensanwaltes sich einer Kontrolle weitgehend entziehen und er im Gegensatz zu einem Sachverständigen im Sinn des § 52 AVG auch nicht persönlich zur Verantwortung gezogen werden könne. Eine Beweiswürdigung, die hierauf nicht Bedacht nehme, sei fehlerhaft.
Das ist hier der Fall, wobei als Besonderheit zu beachten ist, dass sich dem vom Botschafter persönlich unterfertigten Schreiben nicht einmal entnehmen lässt, worauf sich die darin zum Ausdruck gebrachte fachkundige Beurteilung stützt; ob er also selbst auf Grund eigener Erfahrung und Sachkunde die wiedergegebene Einschätzung vorgenommen hat, oder dazu einen mit den Gegebenheiten im Iran vertrauten "Experten", etwa - wie die belangte Behörde in ihrem Vorhalt an den Beschwerdeführer in der Berufungsverhandlung aufgrund ihrer Erfahrung aus anderen Fällen unterstellt - einen sogenannten Vertrauensanwalt, beigezogen hat. Für die Annahme der belangten Behörde, "die von der Botschaft zur Dokumentenüberprüfung herangezogenen Experten" seien "auch mit den Usancen in kleineren Städten ansässiger Gerichte vertraut", bestanden daher im vorliegenden Fall keine ausreichenden Anhaltspunkte. Damit ist aber der Beweiswürdigung der belangten Behörde, insbesondere der Gewichtung, die sie den im Botschaftsschreiben erwähnten Indizien für eine Fälschung beigemessen hat, der Boden entzogen. Es kommt nämlich nicht nur für die Frage, ob es möglich wäre, dass eine Ladung erst am Tag der beabsichtigten Vernehmung ausgefertigt und zugestellt wird, auf entsprechende Erfahrungen und Sachkenntnis in Bezug auf Gerichte (in kleineren Städten) im Iran an, sondern dies spielt auch eine entscheidende Rolle bei der Beurteilung der Frage, ob das Fehlen einer Aktenzahl und einer konkreten Umschreibung des Gegenstandes in der Ladung zwingend gegen deren Echtheit spricht und ob die Argumentation in Bezug auf das Zustellorgan und den Vermerk über die Zustellung überhaupt eine Grundlage in der tatsächlich gehandhabten iranischen Gerichtspraxis hat. Die im angefochtenen Bescheid vorgenommene Begründung ist somit für sich genommen nicht geeignet, in schlüssiger Weise darzutun, dass den im Botschaftsschreiben - das sich im Übrigen mit Anhaltspunkten für die Echtheit der Gerichtsladung nicht gegenüberstellend auseinander gesetzt hat - angeführten Indizien für die Unechtheit dieser Urkunde höhere Glaubwürdigkeit zukommt als den dagegen vom Beschwerdeführer vorgetragenen Einwänden (wie sie in der Beschwerde noch weiter konkretisiert werden). Damit ist aber auch der ohne weitere Begründung getroffenen Schlussfolgerung der belangten Behörde von der Fälschung der Ladung auf die inhaltliche Unrichtigkeit des Schreibens der Schwester des Beschwerdeführers jedenfalls die Grundlage entzogen.
Nicht nachvollziehbar begründet ist aber auch die Annahme der belangten Behörde, die Ladung solle im "Zusammenhang mit einem Streik" ergangen sein und hätte daher durch ein Revolutionsgericht erfolgen müssen. Der Beschwerdeführer hat - wie auch die belangte Behörde zugesteht - einen solchen Zusammenhang nie behauptet, vielmehr hat er diesen in der Berufungsverhandlung ausdrücklich in Abrede gestellt. Auch aus dem Inhalt der Übersetzung der Ladung ist ein solcher Zusammenhang nicht zu erkennen. Eine "Einschätzung" in diesem Sinn, der die belangte Behörde folgen will, kann aber auch dem erwähnten Botschaftsschreiben nicht entnommen werden.
Soweit die belangte Behörde schließlich noch - wie auch schon das Bundesasylamt - Mutmaßungen darüber anstellt, welche Vorgangsweise die iranischen Behörden bei der Verhaftung des Beschwerdeführers eingehalten hätten, und aus der mangelnden Übereinstimmung der vom Beschwerdeführer behaupteten Vorgangsweise mit diesen Überlegungen auf die Unrichtigkeit der Fluchtgründe geschlossen hat, hält dies ebenfalls einer Schlüssigkeitsprüfung nicht Stand. Da die Asylbehörden nicht dargetan haben, dass ihren Überlegungen ein Spezialwissen über die Vorgangsweise der Revolutionswächter im Iran zugrunde liegt, handelt es sich um bloße Spekulationen, die demnach nicht geeignet sind, die Unglaubwürdigkeit des (gesamten) Vorbringens des Beschwerdeführers tragfähig zu begründen.
Im Übrigen bleibt die belangte Behörde Argumente dafür schuldig, weshalb sie das (mit den unmittelbar fluchtauslösenden Ereignissen im Zusammenhang stehende) Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei zwei Jahre wegen eines Streiks inhaftiert gewesen, er sei nur gegen die Auflage, sich nicht mehr politisch zu betätigen und sich täglich zu melden, entlassen worden und er habe sich auch danach noch in der Öffentlichkeit regimekritisch geäußert, für unglaubwürdig ansieht. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass die belangte Behörde in dem Ermittlungsersuchen an die österreichische Botschaft noch weitere Fragen (insbesondere Erhebungen, mit welchen rechtlichen oder faktischen Konsequenzen Personen im Iran zu rechnen hätten, die für höhere Löhne in den Streik getreten seien) für entscheidungswesentlich erachtet hat, sich das Antwortschreiben der österreichischen Botschaft in Teheran darauf aber nicht bezieht und diese Fragen auch im angefochtenen Bescheid ohne jede Begründung ausgeblendet bleiben.
Dass dem Beschwerdeführer im Iran auch bei Zutreffen seiner Angaben keine asylrelevante Gefahr drohe, nimmt die belangte Behörde - anders als die Erstbehörde - nicht an. Der mangelnden Schlüssigkeit der Argumente, mit denen die belangte Behörde den Angaben des Beschwerdeführers die Glaubwürdigkeit versagte, kommt daher entscheidungswesentliche Bedeutung zu.
Der angefochtene Bescheid war somit im Hinblick auf die erwähnten Begründungsmängel gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Spruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, wobei eine Umrechnung der Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG auf Euro vorzunehmen war.
Wien, am 22. Mai 2003
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