VwGH 2002/20/0207

VwGH2002/20/020720.6.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hohenecker, über die Beschwerde des AT, geboren am 8. April 1963, vertreten durch Dr. Gertraud Irlinger, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Lerchenfelder Straße 66, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 14. Februar 2002, Zl. 225.775/0- V/15/02, betreffend §§ 6 und 8 AsylG (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §8;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs2;
FrG 1997 §57;
FrG 1997 §75 Abs1;
AsylG 1997 §8;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs2;
FrG 1997 §57;
FrG 1997 §75 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird im Ausspruch gemäß § 8 AsylG (zweiter Spruchteil) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Ghana, begründete seinen Asylantrag vor dem Bundesasylamt im November 2001 damit, dass er nach seiner Kündigung als Elektriker in seiner Heimat keine Arbeit gefunden habe. Zudem habe er, als sein Haus (verursacht durch eine Kerze) abgebrannt sei, seine Frau, sein Kind und sein gesamtes Vermögen verloren.

Mit Bescheid vom 10. Dezember 2001 wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 6 Z 1 AsylG als offensichtlich unbegründet ab und erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Ghana gemäß § 8 AsylG für zulässig. Begründend führte die Erstbehörde zusammengefasst aus, der Beschwerdeführer habe lediglich eine wirtschaftlich problematische Situation in seiner Heimat geltend gemacht.

In der dagegen erhobenen Berufung wendete der Beschwerdeführer ein, er wäre, nachdem bei seinem ehemaligen Arbeitgeber 200.000 US $ verschwunden seien und weil er als Elektriker dieser Firma entsprechende Schlüssel besessen habe, von der Polizei zum Vorfall befragt und in Haft genommen worden. Der Firmenkassier, der auch das Haus des Beschwerdeführers niedergebrannt habe, habe gegenüber der Polizei unrichtigerweise erklärt, er hätte gemeinsam mit dem Beschwerdeführer das Geld genommen. Der Beschwerdeführer sei geflüchtet, weil er sowohl von der Polizei als auch von der Familie des Kassiers verfolgt worden sei.

In der Verhandlung vor der belangten Behörde ergänzte der Beschwerdeführer, der Firmenkassier und dessen Leute stünden hinter dem Brandanschlag auf das Haus des Beschwerdeführers und erhofften sich möglicherweise, den Prozess (gemeint: den Strafprozess den Firmenkassier betreffend) zu gewinnen, wenn der Beschwerdeführer tot sei. Der Beschwerdeführer habe Angst vor der Strafe, der Folter und dem Gefängnis in seiner Heimat gehabt, man habe ihm eine "lebenslange Haftstrafe anhängen" wollen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers "gemäß § 6 Z 1 und 2 AsylG" ab und stellte "gemäß § 8 AsylG in Verbindung mit § 57 Abs. 1 des Fremdengesetzes" fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Ghana zulässig sei. Die belangte Behörde ging dabei sachverhaltsmäßig im Wesentlichen von den Fluchtgründen, die der Beschwerdeführer vor dem Bundesasylamt dargelegt hatte, aus, sprach seinem in der Berufung erstatteten Vorbringen aus im angefochtenen Bescheid näher dargelegten Gründen die Glaubwürdigkeit ab und verwies in ihrer rechtlichen Beurteilung zu § 6 AsylG auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid. "Ergänzend" hielt die belangte Behörde fest, dass sich selbst bei Zugrundelegung der Angaben des Beschwerdeführers in der Berufung und in der Berufungsverhandlung eine Verfolgung aus einem in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Grund nicht einmal ansatzweise ableiten ließe. Nach seinen Angaben werde dem Beschwerdeführer ein kriminelles Verhalten unterstellt "und er in weiterer Folge vor allem von Privatpersonen verfolgt".

Ihre Entscheidung nach § 8 AsylG begründete die belangte Behörde (ausschließlich) wie folgt:

"Was die Behauptung des Berufungswerbers anbelangt, er hätte keine Chance auf ein faires Verfahren in Ghana gehabt, wird auf den dem Akt beiliegenden und dem Berufungswerber in der mündlichen Verhandlung zur Kenntnis gebrachten, aktuellen Bericht (Ghana Country Assessment, Country Information and Policy Unit, October 2001) - insbesondere auf die in den Seiten 7 und 8 enthaltenen Ausführungen zum Justizwesen und zur Unschuldsvermutung - verwiesen."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Soweit sich die Beschwerde gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde wendet, ist sie darauf zu verweisen, dass die belangte Behörde auch unter (im Hinblick auf § 6 Z 2 AsylG aber ohnedies gebotener) Zugrundelegung der Angaben des Beschwerdeführers rechtlich zum Ergebnis gelangte, die vom Beschwerdeführer behauptete Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat sei offensichtlich nicht auf einen der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe zurückzuführen. Anhaltspunkte dafür, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Bedrohung ihre Grundlage in einem dieser Gründe hätte, sind vor dem Hintergrund des im Wesentlichen wiedergegebenen Vorbringens des Beschwerdeführers nicht ersichtlich und werden auch in der Beschwerde nicht dargelegt. Soweit die belangte Behörde ihre Entscheidung daher auf § 6 Z 2 AsylG stützte, ist ihr seitens des Verwaltungsgerichtshofes nicht entgegenzutreten, sodass die Beschwerde in diesem Punkt als unbegründet abzuweisen war.

In ihrer Refoulement-Entscheidung nach § 8 AsylG beschränkte sich die belangte Behörde nach dem Spruch des angefochtenen Bescheides ausdrücklich auf "§ 8 AsylG in Verbindung mit § 57 Abs. 1 des Fremdengesetzes" und unterließ, wie dargestellt, auch im diesbezüglichen Begründungsteil eine Bezugnahme auf § 57 Abs. 2 FrG. Dieser (zweite) Spruchteil des angefochtenen Bescheides war daher schon aus den im hg. Erkenntnis vom 16. Februar 2000, Zl. 99/01/0397, dargestellten Gründen, auf welche gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben (vgl. auch die Erkenntnisse vom 16. Februar 2000, Zl. 99/01/0435, vom 21. Dezember 2000, Zl. 2000/01/0131, vom 6. März 2001, Zl. 2000/01/0232, vom 27. September 2001, Zl. 98/20/0190, vom 31. Jänner 2002, Zlen. 99/20/0411 und 99/20/0497 und vom 21. März 2002, Zl. 99/20/0419). Da es auf den Abspruch nach § 57 Abs. 2 FrG schon alleine wegen seiner Rechtskraftwirkung (etwa im Falle eines etwaigen Antrages des Beschwerdeführers nach § 75 Abs. 1 FrG) ankommt, ist es im gegebenen Zusammenhang unerheblich, ob die Entscheidung nach § 57 Abs. 2 FrG - im Hinblick auf den vorliegenden Abspruch nach § 6 Z 2 AsylG - noch eine ausführliche Begründung erforderte.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.

Wien, am 20. Juni 2002

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