Normen
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
ZPO §38;
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
ZPO §38;
Spruch:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 18. September 2000 wurde das mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 10. Dezember 1999 abgeschlossene Verfahren betreffend das Ansuchen der beschwerdeführenden Partei um Erteilung der Bewilligung für die Ausübung des "Waffengewerbes, eingeschränkt auf nichtmilitärische Waffen und nichtmilitärische Munition" im näher bezeichneten Standort wieder aufgenommen.
In der Folge wurde folgender Schriftsatz eingebracht:
"A Waffenhandels KEG
A-F
Telefon
Fax
Bitte um Einspruch!
Sehr geehrter Herr Dr. G!
Seit 1984 haben wir (Ich & Ehefrau) versucht ein Geschäft aufzubauen, um Ihnen diesen Kreuzgang den wir (Ich) erlebt haben zu schildern u. Ihnen die Wahrheit erläutern zu können, BITTE ich Sie höflichst um einen Termin. Da ich eine Arbeit gefunden habe, A-T I in R (Wein + Spirituosen ITALIA) muss ich auf der Europamesse in Wien vom 6.-16.10. von 10 Uhr bis 22 Uhr Arbeiten durchgehend, daher bitte ich Sie mir einen Termin nach den 16.10. zu geben.
Hochachtungsvoll und Besten Dank im voraus F."
Mit Schriftsatz vom 11. Jänner 2001 wurde von der (anwaltlich vertretenen) beschwerdeführenden Partei eine "Berufungsergänzung" eingebracht. Darin wurde u.a. darauf hingewiesen, dass F keine Vertretungsfunktion für die beschwerdeführende Partei zukomme. Es wurde der Antrag gestellt, "meiner Berufung stattzugeben, ...".
Mit dem - in der zur hg. Zl. 2001/04/0209 protokollierten Beschwerde - vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid (im Folgenden: Bescheid A) wurde die Berufung des F gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 8 AVG als unzulässig zurückgewiesen.
In der Begründung dieses Bescheides vertritt die belangte Behörde die Auffassung, dass die (oben wiedergegebene) Eingabe des F als Berufung anzusehen sei und auch erkennen lasse, dass sich dieser durch den Bescheid beschwert erachte und er dessen Nachprüfung begehre. Die Berufung, in der sich kein Hinweis auf ein Vollmachtsverhältnis finde, sei nach ihrem zu keinem Zweifel Anlass gegebenen Wortlaut von F als Kommanditist der beschwerdeführenden Partei erhoben worden. F, der als Kommanditist nicht berechtigt sei, die in Rede stehende Gesellschaft zu vertreten, stehe das Recht zur Einbringung der Berufung nicht zu.
Mit dem - in der zur hg. Zl. 2001/04/0210 protokollierten Beschwerde - vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid (im Folgenden: Bescheid B) wurde die Berufung der beschwerdeführenden Partei gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 63 Abs. 5 AVG als verspätet zurückgewiesen.
In der Begründung dieses Bescheides heißt es im Wesentlichen, insoweit mit der am 4. Oktober 2000 beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung eingelangten Eingabe nicht von der beschwerdeführenden Partei, sondern von F Berufung gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 18. September 2000 erhoben worden sei, sei die als Berufung der beschwerdeführenden Partei zu wertende Eingabe vom 11. Jänner 2001 verspätet eingebracht worden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete zu den (beiden) Beschwerden eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden.
Wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhangs hat der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerdesachen zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbunden und hierüber erwogen:
Vorweg ist festzuhalten, dass der beschwerdeführenden Partei Beschwerdelegitimation auch hinsichtlich des angefochtenen Bescheides A zukommt, da sich aus dem Spruch dieses Bescheides im Zusammenhalt mit seiner Begründung ergibt, dass die in Rede stehende Berufung nicht der beschwerdeführenden Partei zuzurechnen sei. Die beschwerdeführende Partei, die behauptet, die Berufung sei in ihrem Namen erhoben worden, kann daher in einem subjektivöffentlichen Recht verletzt sein (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. Dezember 1984, Slg. Nr. 11.625/A).
In der diesbezüglichen Beschwerde wird nun (u.a.) ausgeführt, die belangte Behörde habe "völlig unberücksichtigt gelassen, dass die Auslegung der Eingabe vom 04.10.2000 nur zum Schluss kommen lässt, dass F im Auftrag der KEG und für diese, keinesfalls aber im eigenen Namen, eingeschritten ist".
Die beschwerdeführende Partei ist damit nicht im Recht.
Nach ständiger hg. Judikatur ist für die Wirksamkeit einer durch einen Vertreter vorgenommenen fristgebundenen Verfahrenshandlung das Vorliegen einer entsprechenden Bevollmächtigung durch den Vertretenen zum Zeitpunkt der Verfahrenshandlung erforderlich (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1982, Slg. Nr. 10.641/A, die dort zitierte Vorjudikatur).
Erfolgt hingegen die Begründung des Vollmachtsverhältnisses zur Vertretung bei einer fristgebundenen Verfahrenshandlung erst nach Fristablauf, so bewirkt dies nicht die Rechtswirksamkeit der von dem noch nicht Bevollmächtigten seinerzeit gesetzten Verfahrenshandlung. Da in den Verwaltungsverfahrensgesetzen eine dem § 38 ZPO vergleichbare Regelung nicht getroffen ist, kommt auch die nachträgliche Genehmigung einer (bis dahin) von einem Scheinvertreter gesetzten fristgebundenen Verfahrenshandlung nicht in Frage (vgl. zum Ganzen insbesondere das hg. Erkenntnis vom 16. März 1995, Zl. 94/16/0192).
Angewendet auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass sich eine Zurechnungsfrage dahin, ob der eingangs wörtlich wiedergegebene Schriftsatz der beschwerdeführenden Partei oder dem F nach dem äußeren Erscheinungsbild zuzurechnen sei, nicht stellt (und damit die allfällige Lösung dieser Frage nach den Grundsätzen des zitierten hg. Erkenntnis Slg. N.F. Nr. 11.625/A). Hat doch die beschwerdeführende Partei selbst im Schriftsatz vom 11. Jänner 2001 klargestellt, dass F keine Vertretungsmacht hat.
Mit anderen Worten: Selbst wenn der (am 4. Oktober 2000 eingelangte) Schriftsatz der beschwerdeführenden Partei nach dem äußeren Erscheinungsbild zuzurechnen wäre, änderte dies nichts daran, dass der einschreitende F keine Vertretungsmacht für die beschwerdeführende Partei hatte und damit für diese keine wirksame Vertretungshandlung setzen konnte. Daraus folgt weiters, dass im Sinne des bereits zitierten hg. Erkenntnisses vom 26. Jänner 1982, Slg. Nr. 10.641/A, der (am 4. Oktober 2000 eingelangte) Schriftsatz nicht der beschwerdeführenden Partei, sondern dem F zuzurechnen ist.
Bei dieser Sachlage vermag der Verwaltungsgerichtshof - anders als die beschwerdeführende Partei meint - eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auch nicht darin zu erblicken, dass die belangte Behörde von der Einleitung eines Verbesserungsverfahrens im Sinne des § 10 Abs. 2 AVG absah. Ein Vollmachtsverhältnis, auf das sich ein Verbesserungsverfahrens nach § 10 Abs. 2 zweiter Satz AVG in Verbindung mit § 13 Abs. 3 leg. cit. beziehen könnte, wurde gar nicht behauptet; im Schriftsatz vom 11. Jänner 2001 wurde vielmehr betont, dass F keine Vertretungsfunktion für die beschwerdeführende Partei zukomme. Es ging daher nicht um einen Fall, dass der Bestand einer behaupteten Bevollmächtigung nicht nachgewiesen ist (vgl. Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 288).
Rechnete die belangte Behörde die (am 4. Oktober 2000 eingelangte) Berufung rechtsrichtig nicht der beschwerdeführenden Partei, sondern dem F zu, so war es auch nicht verfehlt, die "Berufungsergänzung" vom 11. Jänner 2001 nicht als "Ergänzung" zur (am 4. Oktober 2000 eingelangten) Berufung zu werten, sondern als eine gesonderte - außerhalb der Berufungsfrist erhobene - Berufung. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 19. November 1985, Slg. Nr. 11.943/A, ausgesprochen hat, sind dann, wenn eine Partei innerhalb offener Berufungsfrist zwei Berufungsschriftsätze einbringt, diese als eine Berufung anzusehen. Wie der Verwaltungsgerichtshof im genannten Erkenntnis weiters ausgeführt hat, gilt dies, wenn rechtzeitig ein begründeter Berufungsantrag gestellt wurde, auch für spätere, aber noch vor der Entscheidung der Berufungsbehörde eingebrachte Ergänzungen.
Ein solcher Fall liegt aber eben hier nicht vor, weil die beschwerdeführende Partei nicht zwei Berufungsschriftsätze eingebracht hat: Der erste (am 4. Oktober 2000 eingelangte) von der belangten Behörde als Berufung gewertete Schriftsatz ist nach dem oben Gesagten dem F zuzurechnen; der zweite Schriftsatz vom 11. Jänner 2001 ist unstrittig der beschwerdeführenden Partei zuzurechnen (und kann somit nicht als "Ergänzung" des ersten Berufungsschriftsatzes angesehen werden).
Die Beschwerden erweisen sich somit insgesamt als unbegründet. Sie waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Es wird darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf die Beendigung des Beschwerdeverfahrens ein Abspruch des Berichters über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu unterbleiben hat.
Wien, am 26. Juni 2002
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