VwGH 2001/03/0463

VwGH2001/03/046311.12.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des M in Telgte, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch MMag. Dr. Stefan Hornung, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Hellbrunnerstraße 11, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 25. September 2001, Zl. uvs-2001/K5/012-1, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:

Normen

VStG §51e;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VStG §51e;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe als Lenker des "auf die Firma M" in Deutschland zugelassenen, dem Kennzeichen nach näher bestimmten LKW samt Anhänger am 16. November 2000 von Deutschland kommend eine ökopunktepflichtige Transitfahrt durch das Gebiet der Republik Österreich nach Italien durchgeführt und dabei weder ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular noch eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt mitgeführt, wie anlässlich einer Kontrolle durch Bedienstete der Zollwachabteilung Brenner/MÜG am 16. November 2000 um 22.05 Uhr, auf der A 13 an der Hauptmautstelle Schönberg i.St. bei km 10,8 im Gemeindegebiet von Schönberg i.St. festgestellt wurde. Durch das elektronische Abbuchungsgerät Ecotag sei keine Abbuchung von Ökopunkten erfolgt, weil laut elektronischem Abbuchungssystem der Frächter bzw. das vom Beschwerdeführer gelenkte Kraftfahrzeug gesperrt gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 1 Z. 8 Güterbeförderungsgesetz, BGBl. Nr. 493/1995, i.d.F. der Novelle BGBl. I Nr. 17/1998 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 lit. a sowie Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 vom 21. Dezember 1994 idF der Verordnungen Nr. 1524/96 vom 30. Juli 1996, Nr. 609/2000 vom 21 März 2000 und Nr. 2012/2000 vom 21. September 2000 begangen, weshalb über ihn gemäß § 23 Abs. 1 Z. 8 i.V.m. § 23 Abs. 2 zweiter Satz leg. cit. eine Geldstrafe in der Höhe von S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) verhängt wurde.

Die belangte Behörde ging in der Begründung des angefochtenen Bescheides im Wesentlichen davon aus, vom Beschwerdeführer sei nicht bestritten worden, dass eine ökopunktepflichtige Transitfahrt vorgenommen worden sei, wobei sich auch dem internationalen Frachtbrief entnehmen lasse, dass der Beschwerdeführer beabsichtigt habe, eine Transitfahrt von Deutschland-Wettringen nach Castiglione delle Stiviere, Italien, durchzuführen. Aus dem Kontrollzertifikat ergebe sich, dass der Beschwerdeführer am 16. November 2000 um 20.48 Uhr über den Grenzübertritt Kiefersfelden nach Österreich eingereist sei, wobei der Frächter zu diesem Zeitpunkt gesperrt gewesen sei. Es sei im erstinstanzlichen Verfahren eine Anfrage beim Bundesamt für Güterverkehr 80732 München betreffend "den Frächter G" erfolgt, dem Antwortschreiben sei zu entnehmen, dass dieser seit dem 3. Februar 2000 im elektronischen System gesperrt sei und am 5. April 2000 ein Schreiben über seine Sperre erhalten hätte. Es sei somit erwiesen, dass der Beschwerdeführer, der gleichzeitig auch "der Frächter des Unternehmens Firma M" sei, gewusst habe, dass er keine Ökopunkte zur Verfügung gehabt habe. Somit habe er tatbestandsmäßig gehandelt und es sei ihm vorsätzliches Verhalten vorzuwerfen.

1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.

1.3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Der Beschwerdeführer lässt in seiner Beschwerde unbestritten, dass er eine ökopunktepflichtige Transitfahrt durch Österreich durchgeführt hat, er wendet sich auch nicht gegen die maßgebliche Feststellung der belangten Behörde, wonach er als Frächter vom Bundesamt für Güterverkehr 80732 München am 5. April 2000 ein Schreiben über seine Sperre im elektronischen System seit dem 3. Februar 2000 erhalten hat. Vor diesem Hintergrund ist das Vorbringen des Beschwerdeführers, er hätte das Ecotag-Gerät auf ökopunktepflichtige Transitfahrt gestellt und habe daher davon ausgehen können, dass eine Entrichtung der Ökopunkte erfolgen würde, nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, hat der Beschwerdeführer doch vielmehr (wie die belangte Behörde zutreffend ausführt) im Wissen darüber, dass er keine Ökopunkte zur Verfügung hat, die gegenständliche Transitfahrt vorgenommen und somit vorsätzlich die Verwaltungsübertretung gesetzt. Von daher geht die Rüge fehl, die Behörde habe nicht festgestellt, ob der Beschwerdeführer das Ecotag-Gerät auf ökopunktpflichtige Fahrt gestellt habe und ob er davon ausgegangen sei, dass die Ökopunkte ordnungsgemäß abgebucht worden seien. Das Vorbringen, die belangte Behörde habe keine genauen Feststellungen - insbesondere "welche Fracht wohin befördert" worden und "welche Absicht dieser Fahrt" zu Grunde gelegen sei - zu der vom Beschwerdeführer begangenen Verwaltungsübertretung getroffen, erweist sich derart als ebenfalls nicht zielführend. Bezüglich der Art der Fracht ergibt sich im Übrigen weder aus dem bekämpften Bescheid noch aus der Beschwerde ein Anhaltspunkt dafür, dass es sich vorliegend in Anbetracht ihrer Art (im Lichte der im Anhang C der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission genannten Ausnahmen) um eine ökopunktfreie Fahrt gehandelt hätte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. September 2001, Zl. 2001/03/0184).

2.2. Der Beschwerdeführer rügt weiters, dass entgegen dem § 44a VStG dem Spruch des angefochtenen Bescheides nicht zu entnehmen sei, wann der Beschwerdeführer die vermeintliche Verwaltungsübertretung begangen habe. Die Angabe des Kontrollzeitpunktes sei nicht ausreichend, um der Konkretisierungspflicht Genüge zu tun. Auch mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer nicht im Recht. Aus dem angeführten Spruch ergibt sich in eindeutiger Weise, dass jene Transitfahrt durch Österreich gemeint ist, während der auf der A 13 an der näher bezeichneten Hauptmautstelle Schönberg i.St. um 22.05 Uhr eine Kontrolle stattgefunden hat. Die Tatzeit der verfahrensgegenständlichen Transitfahrt ist mit der Angabe dieses Zeitpunktes der Kontrolle ausreichend konkretisiert. Es besteht weder eine Gefahr der Doppelbestrafung des Beschwerdeführers noch wird der Beschwerdeführer durch diese Umschreibung der Tatzeit in seinen Verteidigungsrechten eingeschränkt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 2001, Zl. 2000/03/0373), was im Übrigen vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet wird.

2.3. Der Beschwerdeführer ist auch damit nicht im Recht, dass im vorliegenden Fall bereits § 23 Abs. 2 Güterbeförderungsgesetzes 1995 idF der Novelle BGBl. I Nr. 106/2001 hätte angewendet werden müssen, weil gemäß § 1 Abs. 2 VStG eine Änderung der die Strafe im Sinne dieser Bestimmung betreffenden Rechtslage im Zuge des Berufungsverfahrens (auf eine solche beruft sich der Beschwerdeführer) im Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens nicht von Bedeutung ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2002, Zl. 2001/03/0430).

2.4. Mit dem Vorwurf, die belangte Behörde sei dem Beweisantrag auf Einvernahme des Meldungslegers bzw. des Beschwerdeführers nicht nachgekommen und habe nicht schlüssig dargelegt, warum sie dies für nicht notwendig erachtet habe, vermag der Beschwerdeführer keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit aufzuzeigen, hat er es doch unterlassen (gleichzeitig) darzutun, zu welchen im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wesentlichen anderen Feststellungen die belangte Behörde bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensmangels gelangt wäre.

2.5. Der Einwand des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe entgegen seinem ausdrücklichen Antrag keine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt und damit gegen § 51e VStG verstoßen, erweist sich aber als zielführend. Da der Beschwerdeführer in der Berufung auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, war die belangte Behörde im Beschwerdefall verpflichtet, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Da nicht (von vorn herein) ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei Durchführung einer Verhandlung zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. September 2002, Zl. 2001/03/0400).

2.6. Im Übrigen ist der Vollständigkeit halber Folgendes anzumerken: Mit Erkenntnis vom 14. Dezember 2001, G 181/01 u.a., kundgemacht am 8. Februar 2002 im BGBl. I Nr. 37, stellte der Verfassungsgerichtshof nämlich fest, dass die Wortfolge "und Z 7 bis 9" im zweiten Satz des § 23 Abs. 2 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl. Nr. 593, in der Fassung BGBl. I Nr. 17/1998, verfassungswidrig war. Der Verfassungsgerichtshof sprach in diesem Erkenntnis gemäß Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG weiters aus, dass diese Bestimmung "insofern nicht mehr anzuwenden" ist, "als sie sich auf die Z 8 bezieht". Auch der Verwaltungsgerichtshof hat diese Bestimmung daher nicht mehr anzuwenden, sodass - ungeachtet der unter 2.5. dargestellten Rechtswidrigkeit - eine maßgebliche gesetzliche Grundlage für die Bestrafung des Beschwerdeführers im vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren weggefallen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2002, Zl. 2001/03/0002, mwN).

2.7. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

2.8. Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 11. Dezember 2002

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