VwGH 2000/03/0373

VwGH2000/03/037312.12.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des J in Bad Heilbrunn, Deutschland, vertreten durch Dr. Konrad Ferner, MMag. Dr. Stefan Hornung und Dr. Walter Wienerroither, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hellbrunner Straße 11, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 18. Oktober 2000, Zl. uvs-2000/2/052-4, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1 lita;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art2 Abs1 idF 32000R0609;
AVG §66 Abs4;
EURallg;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z8 idF 1998/I/017;
VStG §44a;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1 lita;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art2 Abs1 idF 32000R0609;
AVG §66 Abs4;
EURallg;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z8 idF 1998/I/017;
VStG §44a;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Reutte vom 12. Juli 2000 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe

"am 28.04.2000 als Lenker des LKW-Zuges mit dem Kennzeichen ... und ... in der Zeit von 8.01 bis 8.20 Uhr auf der B 179 eine Transitfahrt durch das Gebiet der Republik Österreich auf dem Streckenabschnitt aus Richtung Deutschland kommend bis M... durchgeführt,

obwohl der im Lkw angebrachte Umweltdatenträger (ECOTAG), der eine automatische Abbuchung von ÖKO-Punkten ermöglicht, wurde für die Transitfahrt durch Österreich unberechtigt auf ökopunktebefreite Fahrt (keine Ökopunkteabbuchung) gestellt

Sie haben dadurch eine Verwaltungsübertretung nach Art 1/1 i. V.m. Art 5/4/e EGVO 3298/94 idF 1524/96 i.V.m. § 23/1/8 Güterbeförderungsgesetz 1995 begangen.

obwohl der im Lkw angebrachte Umweltdatenträger (ECOTAG) im Zentralrechner der Ökopunktezentrale Österreichs als ausgeschieden aufschien, wodurch keine automatische Abbuchung von Ökopunkten erfolgte.

Sie haben dadurch eine Verwaltungsübertretung nach Art 1/1 i. V.m. Art 5/4/f EGVO 3298/94 idF 1524/96 i.V.m. § 23/1/8 Güterbeförderungsgesetz 1995 begangen."

Gemäß § 23 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 zweiter Satz Güterbeförderungsgesetz 1995 in der vorzitierten Fassung wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 20.000,-- verhängt (im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 4 Tagen) .

Auf Grund der dagegen erhobenen Berufung erfolgte mit dem angefochtenen Bescheid, mit dem die Berufung als unbegründet abgewiesen wurde, folgende Abänderung des Spruches:

Der Beschwerdeführer habe

"als Lenker des LKW-Zuges mit dem Kennzeichen ... und ... am 28.04.2000 von Deutschland kommend eine ökopunktepflichtige Transitfahrt durch das Gebiet der Republik Österreich nach Italien durchgeführt und dabei weder ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular noch eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt mitgeführt, wie anlässlich einer Kontrolle durch Beamte der Zollwachabteilung Reutte/MÜG am 28.04.2000 um 8.20 Uhr auf dem Parkplatz, Kontrollplatz M... der B 179, festgestellt wurde; der Ecotag war auf ökopunktefreie Fahrt eingestellt."

Als verletzte Normen wurden von der belangten Behörde "§ 23 Abs. 1 Z. 8 Güterbeförderungsgesetz, BGBl. Nr. 593/1995 i.d.F. der Novelle BGBl. I Nr. 17/1998 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 lit. a und Art. 2 Abs. 1 EG-VO Nr. 3298/94 i.d.F. der EG-VO Nr. 1524/96 und Nr. 609/2000" angeführt. Strafsanktionsnorm sei § 23 Abs. 1 i.V.m.

§ 23 Abs. 2 zweiter Satz Güterbeförderungsgesetz i.d.F. der Novelle BGBl. I Nr. 17/1998.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und im Falle des Obsiegens den Vorlageaufwand in der Höhe von S 565,-- geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 23 Abs. 1 Z. 8 Güterbeförderungsgesetz 1995, BGBl. Nr. 593 (GütBefG) in der Fassung BGBl. I Nr. 17/1998, begeht eine Verwaltungsübertretung, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist. Gemäß § 23 Abs. 2 GütBefG in der Fassung der angeführten Novelle hat die Geldstrafe u.a. bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs. 1 Z. 8 mindestens S 20.000,-

- zu betragen.

Gemäß Art. 1 des dem EU-Beitrittsakt beigefügten Protokolles Nr. 9 über den Straßen- und Schienenverkehr sowie den kombinierten Verkehr in Österreich (BGBl. Nr. 45/1995) gilt als Transitverkehr durch Österreich jeder Verkehr durch österreichisches Hoheitsgebiet, bei dem der Ausgangs- und Zielpunkt außerhalb Österreichs liegen (lit. c), als Straßengütertransitverkehr durch Österreich jeder Transitverkehr, der mit Lastkraftwagen durchgeführt wird, unbeschadet ob diese Lastkraftwagen beladen oder unbeladen sind (lit. e).

Gemäß Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission und der (am 11. April 2000 in Kraft getretenen) Verordnung (EG) Nr. 609/2000 der Kommission hat der Fahrer eines Lastkraftwagens im Hoheitsgebiet Österreichs

"die nachstehend aufgeführten Unterlagen mitzuführen und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen, entweder:

a) ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt; ein Muster dieser als 'Ökokarte' bezeichneten Bestätigung ist in Anhang A enthalten; oder

b) ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als 'Umweltdatenträger' ('ecotag') bezeichnet wird; oder

c) die in Artikel 13 aufgeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden; oder

d) geeignete Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist. ...

(1a) Transitfahrten unter den in Anhang C genannten Bedingungen oder im Rahmen von im österreichischen Hoheitsgebiet gültigen CEMT-Genehmigungen sind von der Ökopunkteregelung ausgenommen."

Gemäß Art. 2 Abs. 1 erster Satz der EG-VO Nr. 3298/94 der Kommission in der Fassung der EG-VO Nr. 609/2000 der Kommission wird, soweit das Fahrzeug keinen Umweltdatenträger benutzt, die erforderliche Anzahl von Ökopunkten auf die Ökokarte aufgeklebt und entwertet .

Der Beschwerdeführer macht geltend, dass ihm im erstinstanzlichen Straferkenntnis zwei Verwaltungsübertretungen zur Last gelegt worden seien. Mit dem angefochtenen Bescheid sei der Spruch abgeändert worden und nunmehr als verletzte Normen § 23 Abs. 1 Z. 8 GütbefG i.d.F. der Novelle BGBl. Nr. 17/1998 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 lit. a und Art. 2 Abs. 1 EG-VO Nr. 3298/94 i.d.F. der EG-VO Nr. 1524/96 der Kommission und der EG-VO Nr. 609/2000 der Kommission genannt werde. Dies sei unzulässig. Insbesondere hätte hinsichtlich des einen Strafvorwurfes ein "Freispruch" erfolgen müssen.

Dazu ist zunächst klarzustellen, dass im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses § 23 Abs. 1 Z. 8 GütBefG 1995 zweimal in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 der EG-VO Nr. 3298/94 der Kommission i.d.F. der EG-VO Nr. 1524/96 der Kommission und jeweils weiters unter Anführung von Art. 5 Abs. 4 lit. e bzw. Art. 5 Abs. 4 lit. f der angeführten EG-VO (betreffend die Einstellung des Ecotag auf ökopunktebefreite Fahrt zum Einen bzw. betreffend den Umstand, dass der Ecotag ausgeschieden gewesen sei zum Anderen) angeführt wurden. In demselben Spruch wurde eine Geldstrafe in der Höhe von S 20.000,-- gemäß § 23 Abs. 1 Z. 8 GütBefG 1995 verhängt. In der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides wird von einer Verwaltungsübertretung gegen § 23 Abs. 1 Z. 8 GütBefG 1995 ausgegangen. Ein unklarer Spruch ist gemäß der hg. Judikatur (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1992, Zl. 91/17/0101, 0102) in Verbindung mit der Begründung des Bescheides auszulegen. Wenn die belangte Behörde in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise den Spruch dahingehend geändert hat, dass der Beschwerdeführer einer Verwaltungsübertretung gemäß dieser Bestimmung in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 lit. a der angeführten EG-VO Nr. 3298/94 (in der Fassung der genannten weiteren EG-Verordnungen) schuldig erkannt wurde, wurde der Beschwerdeführer dadurch in keinen Rechten verletzt.

Der Beschwerdeführer ist im vorliegenden Zusammenhang weiters darauf zu verweisen, dass es gemäß der hg. Judikatur (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 7. September 1995, Zl. 94/09/0124) zulässig ist, die rechtliche Beurteilung der Tat auszutauschen, solange es um ein und dasselbe Verhalten des Beschuldigten geht, also Identität der Sache im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG gegeben ist. Nach der ständigen Rechtsprechung (siehe u.a. das hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 1995, Zl. 95/03/0201) ist die Berufungsbehörde, wenn der Abspruch der ersten Instanz falsch ist, nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, dies in ihrem Abspruch richtig zu stellen. Um eine solche zulässige Richtigstellung des Spruches hat es sich im vorliegenden Fall gehandelt.

Es erweist sich daher auch die Präzisierung des Spruches dahin, dass § 23 Abs. 1 Z. 8 GütBefG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 17/1998 angewendet wurde, mit der der angewendete § 23 Abs. 1 Z. 8 GütBefG eingeführt und der gleichfalls angewendete § 23 Abs. 2 GütBefG abgeändert wurde, als zulässig. Aus der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides ergibt sich im Übrigen, dass die erstinstanzliche Behörde diese Bestimmungen des GütBefG in der Fassung der angeführten Novelle angewendet hat, ohne diese Novelle explizit zu nennen.

Auch die Anführung der EG-VO Nr. 609/2000 , die die EG-VO Nr. 3298/94 mit Wirkung vom 11. April 2000 abgeändert hat, verletzt den Beschwerdeführer in keinen Rechten. Diese EG-VO hat an der Verpflichtung des Beschwerdeführers, gegen die er im vorliegenden Fall verstoßen hat, nichts geändert. Die mit der EG-VO Nr. 609/2000 (wieder) eingeführte Ausnahme für Transitfahrten mit einer sogenannten CEMT-Genehmigung spielt im vorliegenden Fall keine Rolle.

Weiters macht der Beschwerdeführer geltend, dass er vom ordnungsgemäßen Funktionieren des Ecotags ausgegangen sei. Er habe auch völlig korrekt auf ökopunktepflichtige Fahrt gestellt. Die tatsächliche Entrichtung sei für den Beschwerdeführer nicht überprüfbar. Es sei dem Beschwerdeführer nicht bekannt gewesen bzw. habe ihm nicht bekannt sein können, dass das Ecotag ausgeschieden gewesen sei. Warum bei der Überprüfung durch die Meldungsleger als Deklaration eine ökopunktbefreite Fahrt aufgeschienen sei, sei dem Beschwerdeführer nicht erklärlich. Er gehe davon aus, dass dies auf die Fehlerhaftigkeit des Ecotags selbst zurückzuführen sei.

Im vorliegenden Zusammenhang ist von zentraler Bedeutung, ob die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen konnte, dass der Beschwerdeführer den Ecotag auf ökopunktebefreite Fahrt gestellt hatte. Der Beschwerdeführer ist der diesbezüglichen ausdrücklichen Feststellung im Spruch und in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides im Berufungsverfahren nicht entgegengetreten. Es bestand daher für die belangte Behörde keine Veranlassung, dieses Sachverhaltselement neuerlich zu überprüfen. Auf Grund der der belangten Behörde vorgelegenen Beweismittel (Auskunft der Firma K., Kontrollzertifikat der Zollwachabteilung R., Einvernahme des Meldungslegers und das Vorbringen des Beschwerdeführers selbst) konnte sie vielmehr zutreffend annehmen, dass der Beschwerdeführer bei der verfahrensgegenständlichen Transitfahrt den Ecotag auf ökopunktebefreite Fahrt eingestellt hatte.

Die belangte Behörde konnte auch zu Recht davon ausgehen, dass eine Transitfahrt vorgelegen ist, wie sich dies auch aus dem im Akt einliegenden Transportpapieren ergibt. Dies wird vom Beschwerdeführer - anders als in der Berufung - in der Beschwerde auch nicht mehr bestritten.

Wenn der Beschwerdeführer aber das in dem Lastkraftfahrwagen mitgeführte Ecotag auf ökopunktebefreite Fahrt eingestellt hatte, bedeutete dies, dass er diesen Ecotag im Sinne des Art. 2 Abs. 1 erste Satz der angeführten EG-Verordnungen nicht benutzt hat. In diesem Falle ergibt sich aus Art.1 Abs. 1 lit. a der genannten EG-Verordnungen die Verpflichtung, dass der Fahrer des Lastkraftwagens eine Ökokarte mitzuführen gehabt hätte, auf der gemäß Art. 2 Abs. 1 der genannten EG-Verordnungen die erforderliche Anzahl von Ökopunkten aufgeklebt und entwertet war (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 20. September 2000, Zl. 2000/03/0089). Dieser Verpflichtung hat der Beschwerdeführer unbestritten nicht entsprochen. Die Verletzung dieser Verpflichtung war Gegenstand des angefochtenen Bescheides. Die geltendgemachten Verfahrensfehler auf der Grundlage der Behauptung, der Beschwerdeführer hätte den Ecotag auf "ökopunktepflichtig" eingestellt, berühren daher die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht.

Der Beschwerdeführer rügt weiters, dass die Angabe der Tatzeit im angefochtenen Bescheid nicht gemäß § 44a VStG erfolgt sei. Die Angabe des Kontrollzeitpunktes sei nicht ausreichend, um der Konkretisierung zu genügen.

Auch diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Der Spruch des angefochtenen Bescheides bezieht sich auf die näher beschriebene Transitfahrt durch Österreich, während der auf dem näher angeführten Parkplatz der B 179 am 28. April 2000 um

8.20 Uhr eine Kontrolle stattgefunden hat. Die Tatzeit der verfahrensgegenständlichen Transitfahrt ist mit der Angabe dieses Zeitpunktes der Kontrolle ausreichend konkretisiert. Es besteht weder eine Gefahr der Doppelbestrafung des Beschwerdeführers noch wird der Beschwerdeführer durch diese Umschreibung der Tatzeit in seinen Verteidigungsrechten eingeschränkt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 12. Dezember 2001

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