VwGH 91/17/0101

VwGH91/17/010130.1.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer und Dr. Puck als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerden 1. des TL in W und 2. der GL in S, beide vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in V, gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Tirol je vom 22. Mai 1991, Zlen. ad 1.: 1458/25 (hg. Zl. 91/17/0101), ad 2.: 1458/24 (hg. Zl. 91/17/0102), betreffend Zurückweisung von Berufungen i. A. Übertretung des Glücksspielgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1002;
ABGB §1010;
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
GSpG 1989;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 lita;
VwRallg;
ABGB §1002;
ABGB §1010;
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
GSpG 1989;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 lita;
VwRallg;

 

Spruch:

Die angefochtenen Bescheide werden, insoweit sie die Entscheidung enthalten, daß die Berufungen vom 13. Februar 1991 nicht dem jeweiligen Beschwerdeführer zuzurechnen sind, wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat an die Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von JE S 10.380,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

In den gegen die beiden Beschwerdeführer geführten Strafverfahren unter anderem wegen Übertretung des Glücksspielgesetzes wurden die Beschwerdeführer mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel je vom 4. April 1989 zur Rechtfertigung aufgefordert. In ihrem Namen erstattete Mag. D, der sich durch schriftliche Vollmachten vom 11. bzw. 10. April 1989 auswies, je eine Äußerung. Laut Vollmachtsurkunden war der Genannte unter anderem ermächtigt, die Beschwerdeführer vor Gerichts-, Verwaltungs- und Finanzbehörden zu vertreten sowie Substituten zu bestellen.

Mit Straferkenntnissen der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel je vom 22. Jänner 1991 wurden die Beschwerdeführer jeweils zweier Übertretungen des Glücksspielgesetzes schuldig erkannt. Beide Straferkenntnisse wurden an Mag. D zugestellt.

Gegen beide Straferkenntnisse erhob Dr. M, Rechtsanwalt in X, am 13. Februar 1991 jeweils namens des Erst- bzw. der Zweitbeschwerdeführerin Berufung, wobei er sich auf eine ihm erteilte Vollmacht berief.

Mit Schreiben je vom 21. März 1991 forderte der Landeshauptmann von Tirol als Berufungsbehörde Rechtsanwalt Dr. M gemäß § 13 Abs. 3 AVG 1950 idF BGBl. Nr. 136/1983 auf, die Vollmacht des Erst- bzw. der Zweitbeschwerdeführerin binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens nachzureichen.

Am 9. April 1991 (Datum des Einlangens) kam Rechtsanwalt Dr. M dieser Aufforderung durch Vorlage je einer mit 8. April 1991 datierten Vollmacht der beiden Beschwerdeführer nach.

Mit Schreiben vom 12. April 1991 teilte der Gendarmerieposten W der belangten Behörde auf Grund eines telefonischen Ersuchens vom 11. April 1991 nachstehendes mit:

"KL, sen. und TL, beide wh. in W, wurden am 11 04 1991 zur Sache befragt.

Sie gaben gegenüber BezInsp WS an, einen Rechtsanwalt mit dem Namen Dr. M, wh. X, nicht zu kennen. Auch hätten sie ihn niemals mit einer Rechtssache betraut.

GL, wh. S, gab ebenfalls an, einen Dr. M nicht zu kennen. Auch sie hätte ihn mit keiner Rechtssache betraut ..."

Mit Schreiben der belangten Behörde je vom 19. April 1991 teilte sie Dr. M dieses Ermittlungsergebnis mit. Dr. M führte hiezu mit Schreiben vom 23. April 1991 im wesentlichen folgendes aus:

"Das Vollmachtsverhältnis in sämtlichen dieser Angelegenheiten wurde mir gegenüber durch Herrn Mag. D, einen der Beschuldigten, bzw. durch dessen Prokuristen, Herrn KL (Ehegatte von Frau GL und Bruder des Herrn TL) begründet.

Mir wurden die genannten Bescheide mit dem Auftrag übergeben, in sämtlichen Fällen Berufung zu erheben.

Ich hatte keinen Grund daran zu zweifeln, daß die betreffenden Personen Herrn Mag. D bzw. Herrn KL Auftrag erteilt hatten, ihrerseits rechtsfreundliche Vertretung für die Einbringung dieser Berufung in Anspruch zu nehmen.

...

In weiterer Folge, nämlich nach der Aufforderung durch die BH Kitzbühel, wurden mir dann auch schriftliche Vollmachtsformulare, unterfertigt von den jeweils Genannten, zur Beibringung bei der Behörde übergeben.

...

Ich jedenfalls durfte davon ausgehen und gehe nach wie vor davon aus, daß die besagten Personen Herrn KL ihrerseits Auftrag erteilt hatten, einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung ihrer respektiven Angelegenheiten in diesem Fall zu betrauen, sodaß Herr KL mir gegenüber berechtigt war, dieses Auftragsverhältnis zu begründen ..."

Mit den nunmehr angefochtenen, inhaltlich übereinstimmenden Bescheiden entschied der Landeshauptmann von Tirol über die Berufungen "des Herrn Rechtsanwalt Dr. M" gegen die oben genannten Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel dahin, daß die Berufungen als unzulässig zurückgewiesen wurden. Wie die Erhebungen der Berufungsbehörde ergeben hätten, sei zwischen den Beschwerdeführern und Rechtsanwalt Dr. M kein Vollmachtsverhältnis vorgelegen. Die Beschwerdeführer hätten gegenüber der Gendarmerie W angegeben, Rechtsanwalt Dr. M weder zu kennen noch ihn mit einer Rechtssache beauftragt zu haben. Wie aus dem Schreiben Dris. M vom 23. April 1991 zu ersehen sei, sei er lediglich von Mag. D und KL beauftragt worden, Berufung einzubringen. Dieser Auftrag könne jedoch eine Vollmacht der Beschwerdeführer nicht ersetzen. Es sei also davon auszugehen, daß zumindest zum Zeitpunkt der Einbringung der Berufung die Beschwerdeführer nicht durch Dr. M vertreten gewesen seien. Die Berufungen seien sohin nicht den Beschwerdeführern, sondern Rechtsanwalt Dr. M zuzurechnen, dem in den gegenständlichen Verfahren keine Rechtsstellung und sohin auch kein Berufungsrecht zukomme.

Diese beiden Bescheide wurden (lediglich) an Rechtsanwalt Dr. M zugestellt.

Gegen sie richten sich die namens der beiden im Verwaltungsstrafverfahren Beschuldigten erhobenen Beschwerden. Nach dem gesamten Inhalt ihres übereinstimmenden Vorbringens erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf meritorische Entscheidung über ihre Berufungen verletzt. Sie beantragen, die angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete jeweils eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerden als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerden wegen ihres engen sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und hierüber erwogen:

In ihren Gegenschriften bringt die belangte Behörde unter anderem übereinstimmend vor, sie habe die Berufungen vom 13. Februar 1991 nicht den Beschwerdeführern, sondern Rechtsanwalt Dr. M zugerechnet und dementsprechend auch diesem und nicht den Beschwerdeführern die Berufungserkenntnisse vom 22. Mai 1991 zugestellt. Sollte tatsächlich zum Zeitpunkt der Einbringung der Berufung ein Vollmachtsverhältnis zwischen Dr. M und den Beschwerdeführern bestanden haben, könnten die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt sein. In diesem Fall würden die Bescheide gegenüber den Beschwerdeführern nämlich keinerlei Rechtswirkungen nach sich ziehen, weil die Bescheide nicht an sie gerichtet und ihnen auch nicht zugestellt worden seien. In diesem Fall wären die Berufungen vom 13. Februar 1991 zwar zulässig, aber noch unerledigt.

Mit dieser Argumentation folgt die belangte Behörde erkennbar der früheren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. den Beschluß eines verstärkten Senates vom 20. März 1979, Slg. Nr. 9802/A, sowie die Beschlüsse vom 28. November 1979, Zl. 1663/78, und vom 20. März 1981, Zl. 81/04/0025); danach stünde den vorliegenden Beschwerden auf seiten der Beschwerdeführer der Mangel der Berechtigung zur Beschwerdeerhebung entgegen.

Der Verwaltungsgerichtshof ist jedoch mit seinem Erkenntnis eines weiteren verstärkten Senates vom 19. Dezember 1984, Slg. Nr. 11.625/A, von dieser Rechtsauffassung abgegangen. Damals ging es um die Frage, ob die gegen ein bestimmtes Straferkenntnis erhobene Berufung dem Bestraften (dem Geschäftsführer einer Ges.m.b.H.) oder aber der durch ihn vertretenen Ges.m.b.H. zuzurechnen sei. Der Verwaltungsgerichtshof sprach damals aus, daß der Spruch des damals angefochtenen Bescheides nicht isoliert betrachtet, sondern im Zusammenhang mit seiner Begründung ausgelegt werden müsse. Daraus ergebe sich eindeutig der Bescheidwille der damals belangten Behörde, die vorliegende Prozeßhandlung (Berufung) nicht dem als Beschwerdeführer einschreitenden Geschäftsführer, sondern der Ges.m.b.H. zuzurechnen und aus diesem Grunde zurückzuweisen. Das bedeute aber weiters, daß der Spruch des damals angefochtenen Bescheides auch die Entscheidung darüber enthalte, die Berufung sei nicht dem damaligen Beschwerdeführer zuzurechnen. Durch diesen Teil des (auf die genannte Weise auszulegenden) Spruches konnte nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes der damalige Beschwerdeführer in einem subjektiven öffentlichen Recht verletzt werden. Weiters sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, durch die Zustellung des Bescheides an den Empfänger, nämlich die Ges.m.b.H., sei der Bescheid rechtlich existent geworden; daraus folgerte der Verwaltungsgerichtshof, der damalige Beschwerdeführer, der behaupte, in seinen Rechten durch diesen Bescheid verletzt und damit zur Beschwerde legitimiert zu sein, habe daher im Sinne des § 26 Abs. 2 VwGG gegen ihn Beschwerde erheben dürfen.

Nicht anders verhält es sich im vorliegenden Fall. Auch hier enthalten die angefochtenen Bescheide (arg.: "Der Landeshauptmann von Tirol entscheidet über die Berufung des Herrn Rechtsanwalt Dr. M ...") in ihrem Spruch auch die Entscheidung darüber, daß die genannten Berufungen nicht dem jeweiligen Beschwerdeführer zuzurechnen sind. Die Beschwerdelegitimation der Beschwerdeführer ist daher aus den im Vorerkenntnis dargelegten Erwägungen zu bejahen.

Gemäß § 10 Abs. 1 AVG 1950 in der gemäß Art. IV Abs. 2 des Gesetzes BGBl. Nr. 357/1990 noch anzuwendenden Fassung VOR dieser Novelle können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk.

Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 13 Abs. 3 von Amts wegen zu veranlassen.

Unter dem Gesichtspunkt einer Aktenwidrigkeit bringen die Beschwerdeführer übereinstimmend vor, sie seien niemals von seiten der Gendarmerie mit der Frage konfrontiert worden, ob sie Rechtsanwalt Dr. M kennten oder ihn mit einer Rechtssache beauftragt hätten.

Eine Aktenwidrigkeit liegt jedoch nur dann vor, wenn die Behörde Feststellungen getroffen hat, die in der Aktenlage keine Deckung finden; das heißt, wenn sich die Behörde bei der Sammlung der Unterlagen für ihre Entscheidung sich mit dem Akteninhalt hinsichtlich der dort festgehaltenen Tatsache in Widerspruch gesetzt hat, nicht aber wenn die Behörde aus dem Inhalt der Akten vermeintlich unrichtige Schlüsse gezogen hat (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 593, angeführte hg. Rechtsprechung). Im Beschwerdefall stützen sich die bekämpften Feststellungen jedoch sehr wohl auf den Akteninhalt, nämlich auf das oben erwähnte Schreiben des Gendarmeriepostens W vom 12. April 1991.

Die Beschwerdeführer machen weiters einen "gewichtigen Stoffsammlungsmangel" geltend, ohne jedoch anzuführen, inwieweit der von der Behörde festgestellte Sachverhalt einer Ergänzung bedürfte.

Wenn die Beschwerdeführer schließlich behaupten, ihnen sei Parteiengehör nicht gewährt worden, zumal die Behörde keinesfalls einen Bescheid auf Beweismittel stützen dürfe, die der Partei nicht zugänglich seien, ist ihnen mit der belangten Behörde zu erwidern, daß sie sich damit in Gegensatz zu ihrem eigenen Prozeßstandpunkt stellen. Denn die Beschwerdeführer gehen offensichtlich davon aus, daß sehr wohl ein Vollmachtsverhältnis zwischen ihnen und Dr. M bestand. Letzterem wurde jedoch, wie oben dargestellt, das Ermittlungsergebnis bekanntgegeben.

Die behaupteten Verfahrensmängel liegen daher nicht vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hatte jedoch aus eigenem eine den angefochtenen Bescheiden anhaftende, von den Beschwerdeführern nicht geltend gemachte inhaltliche Rechtswidrigkeit aufzugreifen. Richtig ist zwar, daß durch die erst im Zuge des Berufungsverfahrens vorgelegten Vollmachtsurkunden je vom 8. April 1991 ein zum Zeitpunkt der Erhebung der Berufungen allenfalls bestandener Vollmachtsmangel nicht saniert werden konnte. Wird nämlich im Falle einer fristgebundenen Verfahrenshandlung erst nach Ablauf der Frist zwischen dem die Verfahrenshandlung Vornehmenden und der Person, für die diese Verfahrenshandlung vorgenommen werden soll, ein Vollmachtsverhältnis begründet (und nicht bloß ein schon früher - nämlich zum Zeitpunkt des Verwaltungshandelns - bestehendes Vollmachtsverhältnis nur nachträglich bekundet), so vermag dies, auch wenn damit die nachträgliche Genehmigung der gesetzten Verfahrenshandlung bezweckt werden sollte, die Rechtswirksamkeit der Verfahrenshandlung nicht zu begründen (vgl. den Beschluß vom 26. Jänner 1982, Slg. Nr. 10.641/A, und die dort angeführte weitere Rechtsprechung, sowie die Erkenntnisse vom 20. Jänner 1985, Zl. 85/08/0014, und vom 26. Mai 1986, Zl. 86/08/0016).

Die belangte Behörde irrt jedoch zumindest im Ergebnis insofern, als sie in der Begründung der angefochtenen Bescheide die Auffassung vertritt, der laut Behauptung Dris. M von "Mag. D bzw. KL" erteilte Auftrag zur Einbringung von Berufungen könne eine Vollmacht der Beschwerdeführer nicht ersetzen.

§ 10 Abs. 2 AVG 1950 verweist, wie oben dargelegt, hinsichtlich des Inhaltes und des Umfanges der Vertretungsbefugnis auf die Bestimmungen der Vollmacht bzw. auf die Vorschriften des bürgerlichen Rechtes. Im Beschwerdefall ist die Bestimmung des § 1010 ABGB heranzuziehen, welche wie folgt lautet:

"Trägt der Gewalthaber das Geschäft ohne Not einem Dritten auf; so haftet er ganz allein für den Erfolg. Wird ihm aber die Bestellung eines Stellvertreters in der Vollmacht ausdrücklich gestattet, oder durch die Umstände unvermeidlich, so verantwortet er nur ein bei der Auswahl der Person begangenes Verschulden."

Nun berechtigten die von den Beschwerdeführern an Mag. D erteilten Vollmachten ausdrücklich auch dazu, Substituten zu bestellen. Mag. D wäre daher jedenfalls berechtigt gewesen, Dr. M (Substitutions-)Vollmacht zur Einbringung der Berufung in den beiden vorliegenden Fällen zu erteilen.

Daran ändert auch der Umstand nichts, daß Dr. M in seinem Schreiben vom 23. April 1991 davon spricht, ihm seien die genannten Bescheide mit dem AUFTRAG übergeben worden, in sämtlichen Fällen Berufung zu erheben. In der Regel sind Auftrag und Vollmacht im Sinne des § 1002 ABGB verbunden (vgl. auch Stanzl in Klang2 IV/1, Seite 767). Die Einräumung der Substitutionsbefugnis (im Sinne von Weitergabe des Auftrages) berechtigt daher den Bevollmächtigten in der Regel auch zur Erteilung von Untervollmacht (vgl. W. Hofer, Substitution und Untervertretung, JBl 1980, Seite 626).

Allerdings bestehen Unklarheiten insofern, als Dr. M in seiner mehrfach genannten Äußerung davon spricht, "Mag. D BZW. dessen Prokurist KL" hätten ihm Vollmacht bzw. Auftrag zur Einbringung der Berufungen erteilt. Im weiteren Verlauf seiner Äußerung spricht Dr. M in diesem Zusammenhang nur mehr von KL. Hiebei ist zu berücksichtigen, daß gemäß § 48 Abs. 1 HGB die Prokura nur von dem Inhaber eines Handelsgeschäftes ... erteilt werden kann, wobei Personen, deren Gewerbebetrieb nicht über den Umfang des Kleingewerbes hinausgeht (§ 4 Abs. 1 HGB), von der Erteilung einer Prokura ausgeschlossen sind. Daß bzw. welches Handelsgewerbe Mag. D betreiben sollte, ist nicht hervorgekommen. Die Ausführungen Dris. M in seiner mehrfach erwähnten Äußerung lassen weiters die Möglichkeit als nicht ausgeschlossen erscheinen, daß die Beschwerdeführer KL den Auftrag und die Vollmacht erteilten, Dr. M zu substituieren.

In beiden Fällen wären dann die Vollmachtsurkunden vom 8. April 1991 lediglich als Beurkundung eines bereits bestehenden Bevollmächtigungsverhältnisses im Sinne der oben dargelegten Rechtsprechung anzusehen.

Da die belangte Behörde auf Grund ihrer unzutreffenden Rechtsansicht es unterlassen hat, die Umstände der Auftrags- und Vollmachtserteilung an Dr. M hinreichend aufzuklären, hat sie ihre Bescheide mit Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes belastet. Dies mußte gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG insoweit zu deren Aufhebung führen, als sie die Entscheidung enthalten, daß die Berufungen vom 13. Februar 1991 nicht dem jeweiligen Beschwerdeführer zuzurechnen sind. Insoweit die von der belangten Behörde dem Dr. M zugerechneten Berufungen DIESEM gegenüber zurückgewiesen wurden, bleiben die Bescheide des Landeshauptmannes von Tirol vom 22. Mai 1991 als unangefochten unberührt (vgl. auch hiezu das bereits erwähnte Erkenntnis vom 19. Dezember 1984, Slg. Nr. 11.625/A).

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des jeweils gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da Stempelgebühren nur im erforderlichen Ausmaß zugesprochen werden können.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte