VwGH 99/21/0006

VwGH99/21/000628.2.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des am 4. Juni 1960 geborenen E in S, vertreten durch Dr. Elisabeth Geymüller, Rechtsanwalt in 3506 Krems-Hollenburg, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 26. August 1998, Zl. Fr 1101/98, betreffend Zurückweisung einer Berufung gegen eine Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §63 Abs3;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
ZustG §17;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §63 Abs3;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
ZustG §17;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (belangte Behörde) vom 26. August 1998 wurde die Berufung des Beschwerdeführers, eines nigerianischen Staatsbürgers, gegen einen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Krems vom 11. März 1998, mit welchem er ausgewiesen worden war, gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 63 Abs. 5 Fremdengesetz 1991, (richtig: AVG), zurückgewiesen.

Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass dem Beschwerdeführer der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Krems vom 11. März 1998 an diesem Tag übergeben und somit rechtswirksam zugestellt worden sei. Die Berufungsfrist habe demnach am 25. März 1998 geendet. Der Beschwerdeführer habe gegen diesen Bescheid das Rechtsmittel der Berufung mit Schriftsatz vom 25. März 1998 erhoben. Er habe dieses Schriftstück jedoch erst am 26. März 1998 zur Post gegeben. Dies ergebe sich aus dem Datum des Poststempels des Postamtes 1010 Wien. Die Berufung sei somit verspätet eingebracht. Im Bescheid der Behörde erster Instanz sei ausdrücklich auf die zweiwöchige Rechtsmittelfrist hingewiesen worden. Der Beschwerdeführer sei mit "Schriftsatz" vom 11. Mai 1998 über die verspätete Berufungseinbringung informiert worden. Eine Stellungnahme sei innerhalb der gesetzten Frist von zwei Wochen nicht eingelangt. Die Bestimmungen des § 63 AVG könnten von der belangten Behörde "weder abgeändert noch nachgesehen werden".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Auf die Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes, auch die Akten des Berufungsverfahrens vorzulegen, antwortete die belangte Behörde damit, dass die Akten des Verwaltungsverfahrens in Verstoß geraten seien.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil er seine Berufung tatsächlich am 25. März 1998 rechtzeitig zur Post gegeben habe. Es sei offenbar unrichtigerweise bei der Aufgabe des Briefes vom Postbeamten darauf mit Stempel bereits das Datum des nächsten Tages angebracht worden.

Erst am 11. Mai 1998 sei der Beschwerdeführer von einem Beamten der Bezirkshauptmannschaft Krems "eingeladen" worden. Dieser habe ihm damals jedoch nur mitgeteilt, dass der Beschluss über die Schubhaft rechtskräftig sei, und er habe dem Beschwerdeführer im damaligen Zeitpunkt nicht gesagt, dass der Poststempel der eingebrachten Berufung das Datum des 26. März 1998 aufgewiesen habe.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung erkennt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 1992, Slg. Nr. 13.720/A), haben Berufungsbehörden, bevor sie eine Berufung als verspätet zurückweisen, zu prüfen, ob ein Zustellmangel unterlaufen ist und erforderlichenfalls dem Rechtsmittelwerber, der ein objektiv verspätetes Rechtsmittel einbringt, Parteiengehör zur Frage der Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels zu gewähren. Unterlässt die Berufungsbehörde dies, so trägt sie das Risiko einer Bescheidaufhebung, wenn sie von der Feststellung der Versäumung der Rechtsmittelfrist ausgeht, ohne diese Feststellung dem Rechtsmittelwerber vor ihrer Entscheidung vorzuhalten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 5. November 1997, Zl. 95/21/0767).

Im vorliegenden Fall weist nach der Aktenlage jenes Kuvert, in welchem die Berufung zur Post gegeben wurde, tatsächlich das Datum 26. März 1998 auf. Der Beschwerdeführer bringt in der Beschwerde - von der belangten Behörde unbestritten - vor, dass er erst durch den angefochtenen Bescheid erfahren habe, dass offenbar der Poststempel auf jenem Kuvert, in welchem sein Berufungsschriftsatz enthalten war, nicht das richtige Datum des 25. März 1998, sondern jenes des 26. März 1998 aufweist. Den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens lässt sich kein Hinweis darauf entnehmen, dass dem Beschwerdeführer die Verspätung seiner Berufung vor Erlassung des angefochtenen Bescheides vorgehalten worden wäre. Entgegen der Begründung des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde daher Verfahrensvorschriften verletzt, was - weil die belangte Behörde bei Unterlassung dieses Fehlers im Hinblick darauf, dass sich herausstellen hätte können, dass tatsächlich ein unrichtiger Poststempel verwendet wurde, zu einem anderen Bescheid hätte kommen können - zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG führen musste.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 28. Februar 2002

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