Normen
StGB §222 Abs1;
WaffG 1996 §12 Abs1;
StGB §222 Abs1;
WaffG 1996 §12 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde bestätigte diese das von der Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau mit Bescheid vom 29. Jänner 1999 gegen den Beschwerdeführer ausgesprochene unbefristete Verbot des Besitzes von Waffen und Munition (Waffenverbot). Die belangte Behörde ging dabei von folgendem (unstrittigen) Sachverhalt aus:
Am 1. November 1998 gab der Beschwerdeführer auf den vierjährigen Dachsbrackenrüden seines Nachbarn Siegfried St. einen gezielten Schuss aus seinem Luftdruckgewehr ab, mit dem er den Hund im linken Lendenbereich verletzte. Mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Spittal an der Drau vom 17. Dezember 1998 wurde der Beschwerdeführer wegen dieser Tat schuldig gesprochen, einem Tier unnötige Qualen zugefügt und dadurch das Vergehen der Tierquälerei nach § 222 Abs. 1 (zweiter Deliktsfall) StGB begangen zu haben. Der Beschwerdeführer wurde zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen verurteilt, wobei die Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.
Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich, dass der Beschwerdeführer unmittelbar nach dem Vorfall vom 1. November 1998 bei seiner behördlichen Einvernahme angegeben hat, mit dem Eigentümer des von ihm angeschossenen Hundes seit einigen Monaten "wegen einer privatrechtlichen Angelegenheit in Streit gelebt" zu haben. Der Jagdhund des Siegfried St. sei regelmäßig beim Wohnblock des Beschwerdeführers herumgelaufen und habe auch schon in seinem Gemüsegarten herumgegraben, obwohl die Gattin des Beschwerdeführers Herrn St. bereits mehrmals darauf aufmerksam gemacht hätte, dass er seinen Hund nicht frei herumlaufen lassen solle. Als der Beschwerdeführer am 1. November 1998 vom Fenster seiner Wohnung aus bemerkte, dass der Hund wieder in seinen Garten gelaufen war, schoss er mit seinem Luftdruckgewehr mit Zielfernrohr vom Balkon seiner Wohnung aus einer Entfernung von ca. 25 m auf den Hund. Der Halter des Hundes befand sich nach den eigenen Angaben des Beschwerdeführers zu diesem Zeitpunkt ca. 20 m vom Hund entfernt und führte ein Gespräch mit anderen Personen. Der Beschwerdeführer gab an, er habe "bewusst auf das Hinterteil des Tieres" gezielt. Wäre der Einschuss nur wenige Zentimeter tiefer in der Bauchregion erfolgt, wäre ein tödlicher Ausgang zu befürchten gewesen.
Von der Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau wurde aufgrund dieses Vorfalles zunächst ein Verfahren zur "Überprüfung der waffenpolizeilichen Verlässlichkeit" eingeleitet und der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die in Frage kommenden "Begutachtungsstellen" aufgefordert, ein "psychiatrisches Gutachten" vorzulegen. Der Beschwerdeführer legte daraufhin ein "psychologisches Gutachten gemäß § 8 Abs. 7 des Waffengesetzes 1996" vom 5. Jänner 1999 vor, das wie folgt lautet:
"Herr O.P. (der Beschwerdeführer) hat sich am 4. Jänner 1999 (...) einer klinisch-psychologischen Begutachtung entsprechend den Bestimmungen der Waffengesetz-Durchführungsverordnung vom 20. Juni 1997 unterzogen.
Herr P. gibt an, dass er sich das erste Mal der psychologischen Untersuchung zur Überprüfung der Verlässlichkeit unterziehe und außer dem der Bezirkshauptmannschaft bekannten Vorfall vom 1.11.1998 keine Verurteilungen nach dem Strafrecht oder Bestrafungen nach dem Verwaltungsrecht gegen ihn vorliegen würden.
Die Fragestellung der psychologischen Untersuchung besteht darin, festzustellen, ob Herr P. dazu neigt, insbesondere unter psychischer Belastung, mit Waffen unvorsichtig umzugehen oder sie leichtfertig zu verwenden.
Die klinisch-psychologische Untersuchung umfasste ein exploratives Gespräch und die Durchführung zweier psychologischer Testverfahren (MMPI-K und S-V-F).
Zusammenfassung der Ergebnisse:
In der Exploration gibt der Antragsteller an, mehrere Waffen zu besitzen, wobei einige davon Erbstücke seien und für ihn einen sehr hohen individuellen Wert darstellen würden. Weiters gibt der Antragsteller auch ein sportliches Interesse an (...). Bedingt durch seine sportliche Aktivität und die Mitgliedschaft bei Schützenvereinen verfüge er über Erfahrungen im Umgang mit Waffen seit dem Jahr 1984. Er erklärt, über mögliche Risiken Bescheid zu wissen und für eine den Sicherheitsbestimmungen entsprechende Aufbewahrungsmöglichkeit sorgen zu wollen.
Die Durchführung der beiden Testverfahren ergibt in den für die Fragestellung relevanten Skalenbereichen Werte, die im Normbereich der Vergleichspopulation liegen. Es zeigen sich auch in Hinblick auf die Exploration keine psychischen Auffälligkeiten oder Hinweise, die den Schluss zulassen, dass Verlässlichkeit im Sinne der Fragestellung nicht gegeben ist. Insbesondere sind zum Zeitpunkt der Untersuchung keine Anzeichen für mangelnde psychische Stabilität bzw. dafür, dass effektive Kontrollmechanismen und Konfliktbewältigungsmöglichkeiten sowie geeignete Strategien der Stressbewältigung nicht im ausreichendem Maße gegeben sind, erkennbar.
Schlussfolgerung:
Auf Basis der klinisch-psychologischen Untersuchung nach § 3 WaffV sind keine Anzeichen dafür zu erkennen, dass Herr P. derzeit dazu neigt, insbesondere unter psychischer Belastung, mit Waffen unvorsichtig umzugehen oder sie leichtfertig zu verwenden."
In der Folge sprach die Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau gegen den Beschwerdeführer ein Waffenverbot aus, das die belangte Behörde mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid bestätigte. Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung damit, dass der Beschwerdeführer durch die Abgabe eines gezielten Schusses auf den Hund sein Luftdruckgewehr missbräuchlich verwendet habe. Dadurch habe er fremdes Eigentum beschädigt und einen Hund gequält. Diese missbräuchliche Verwendung einer Schusswaffe sei eine Tatsache im Sinne des § 12 Abs. 1 Waffengesetz 1996 (im Folgenden: WaffG), welche bei Erstellung der nach dieser Gesetzesstelle vorzunehmenden Prognose die begründete Annahme rechtfertige, dass der Beschwerdeführer auch in Zukunft von der Waffe einen die Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit beeinträchtigenden gesetzwidrigen und zweckwidrigen Gebrauch machen werde und dadurch Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährdet werden könnte. Auf das vom Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte psychologische Gutachten ging die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht ein.
Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
In der Beschwerde wird im Wesentlichen nur geltend gemacht, dass die belangte Behörde sich mit dem "positiven Gutachten bezüglich der Verlässlichkeit" nicht auseinander gesetzt habe. Es sei nicht nachvollziehbar, warum trotz der durch dieses Gutachten festgestellten Verlässlichkeit des Beschwerdeführers ein Waffenverbot ausgesprochen worden sei, obwohl dieses doch an strengere Voraussetzungen geknüpft sei als eine Feststellung fehlender Verlässlichkeit nach § 8 WaffG.
§ 12 Abs. 1 WaffG lautet:
"Die Behörde hat einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte."
Die Verhängung eines Waffenverbotes dient der Verhütung einer missbräuchlichen Verwendung von Waffen. Dabei genügt es, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erwecken, dass von der Waffe ein gesetz- oder zweckwidriger Gebrauch gemacht werden und dadurch eine Gefährdung der in § 12 Abs. 1 WaffG genannten Rechtsgüter eintreten könnte. Hierbei ist nach dem dem Waffengesetz allgemein innewohnenden Schutzzweck ein strenger Maßstab anzulegen. Eine schon erfolgte missbräuchliche Verwendung von Waffen ist nicht Voraussetzung für die Verhängung eines Waffenverbotes. Hat ein missbräuchlicher Gebrauch von Schusswaffen bereits in der Vergangenheit stattgefunden, so wird die Besorgnis, dass in der Zukunft von der Waffe ein die Interessen an den gesetzlichen Schutzgütern beeinträchtigender gesetz- oder zweckwidriger (missbräuchlicher) Gebrauch im Sinne des § 12 Abs. 1 WaffG gemacht werden könnte, aber wesentlich verstärkt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Juli 2002, Zl. 99/20/0189), wobei diese Verhaltensprognose sich durchaus auch bloß auf einen einzigen Vorfall stützen kann (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 18. Februar 1999, Zl. 98/20/0020, und vom 26. Februar 2002, Zl. 2000/20/0076); ob der Betroffene wegen des Vorfalles strafgerichtlich verfolgt oder verurteilt wurde, ist nicht ausschlaggebend (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 2001, Zl. 99/20/0541).
Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde das Abfeuern eines gezielten - mit Verletzungsvorsatz abgegebenen - Schusses auf einen Hund, um diesen aus dem Garten des Beschwerdeführers zu vertreiben, zum Anlass für die Verhängung eines Waffenverbotes genommen. Im Zeitpunkt der Abgabe des Schusses befand sich der Halter des Hundes - für den Beschwerdeführer sichtbar - nur wenige Meter entfernt, sodass der Beschwerdeführer den Hundehalter jederzeit dazu hätte auffordern können, den Hund aus dem Garten des Beschwerdeführers zu rufen. Dass der Beschwerdeführer diese naheliegende Vorgangsweise nicht wählte, sondern den Hund statt dessen durch einen auf diesen gezielten Schuss vertreiben wollte, ist eine - möglicherweise von den bereits vorangegangenen Störungen durch denselben Hund und dem vom Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme erwähnten andauernden Streit mit dem Hundehalter verursachte - besonders unverhältnismäßige Reaktion, die die belangte Behörde zu Recht als missbräuchlich qualifiziert hat. Es kann der belangten Behörde auch nicht entgegen getreten werden, wenn sie ungeachtet des untadeligen Vorlebens des Beschwerdeführers aufgrund dieses offensichtlich unangemessenen, mit Verletzungsvorsatz in Bezug auf fremdes Eigentum gesetzten Gebrauches einer Waffe angenommen hat, dass dem Beschwerdeführer auch künftig die missbräuchliche Verwendung von Waffen zuzutrauen sei. Mit Blick auf das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2000/20/0425, ist hinzuzufügen, dass zwar auch im vorliegenden Fall eine verhältnismäßig geringfügige strafgerichtliche Verurteilung vorliegt, die ohne nähere Auseinandersetzung mit den konkreten Umständen nicht einmal ausreichen würde, um die waffenrechtliche Verlässlichkeit zu verneinen. Da der Beschwerdeführer bei dem zugrundliegenden Vorfall eine Schusswaffe missbraucht hat, fehlt es aber nicht an einem waffenrechtlichen Bezug im Sinne der in dem erwähnten Erkenntnis dargestellten Judikatur.
Auf dasselbe Erkenntnis ist auch hinsichtlich der Ausführungen der Beschwerde über das Verhältnis der waffenrechtlichen Verlässlichkeit zu den Voraussetzungen des Waffenverbotes zu verweisen. Aus dem psychologischen Gutachten vom 5. Jänner 1999, um dessen Berücksichtigung es bei diesen Ausführungen geht, ist für den Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang nichts zu gewinnen. Dieses - nur auf bestimmten formalisierten Mehrfachwahltests beruhende - Gutachten, das demzufolge auch keine sachverständige Auseinandersetzung mit dem Vorfall vom 1. November 1998 enthält, hatte nämlich - wie darin auch ausdrücklich festgehalten wird - nur die Prüfung der Neigung des Beschwerdeführers zu unvorsichtigem oder leichtfertigem Waffengebrauch zum Gegenstand (vgl. § 3 der 1. Waffengesetz-Durchführungsverordnung, BGBl. II Nr. 164/1997 idF BGBl. II Nr. 313/1998) und es ging daher nicht auf die Frage der Gefahr eines (neuerlichen) bewussten Missbrauchs einer Waffe ein. Das Gutachten bezieht sich somit nicht auf diejenige (weitere) Voraussetzung der waffenrechtlichen Verlässlichkeit (das Fehlen einer Missbrauchsgefahr), ohne deren Verneinung ein Waffenverbot nicht verhängt werden kann (vgl. im Ergebnis ähnlich schon das hg. Erkenntnis vom 30. November 2000, Zl. 98/20/0425).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.
Wien, am 12. September 2002
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