Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde den Berufungen der Beschwerdeführerin gegen sechs Bescheide des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien keine Folge. Das Finanzamt schrieb für die vorgelegten Verträge jeweils eine Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z. 1 GebG vor.
Die vorliegenden formularmäßigen Vertragsurkunden sind jeweils mit dem Wort "Servicevertrag" überschrieben (in einem Fall weist die Vertragsurkunde einen englischen Text auf). Der Bestandgegenstand wird im Absatz 3 mit seiner Büronummer beschrieben; weiters enthält der Vertrag dort die ziffernmäßige Festlegung der monatlichen "Grundmiete" und die vereinbarte Benützungsdauer. Wörtlich ist folgender Text jeweils enthalten:
"Dieser Servicevertrag (im Folgenden 'SV') besteht zwischen dem Kunden ... und der Firma R. (= Beschwerdeführerin) ... Gemäß diesem Benützungsvertrag bietet er dem Kunden ein breites Spektrum an Serviceleistungen, einschließlich der Verwendung von Büroräumen (im Folgenden 'Geschäftsräume') gemäß der in Abs. 3 enthaltenen Vereinbarung (auf die monatlich zu leistenden Gebühren wird gleichfalls in Abs. 3 Bezug genommen) und in Übereinstimmung mit den Vereinbarungen und Bestimmungen auf der Rückseite dieses Vertrages, welche sich auf den Standort der R. beziehen (im Folgenden: R-Firmengelände)."
Aus den umfangreichen "Servicebedingungen" auf der Rückseite dieses Vertragsformulars ist hervor zu heben, dass der Kunde die Geschäftsräume für allgemeine Bürozwecke zu nützen hat und für keine anderen Zwecke, insbesondere weder für den Einzelhandel noch als Werkstatt eines Handwerkers, verwenden darf.
In ihren Berufungen gegen die Gebührenvorschreibung auf Basis des als "Grundmiete" ausgewiesenen Betrages machte die Beschwerdeführerin geltend, der "Servicevertrag" sei ein gemischter Vertrag, weil auch Dienstleistungen zur Verfügung gestellt würden. Die Serviceleistungen würden einen Anteil von 40 % der monatlichen Grundmiete ausmachen und sich wie folgt aufschlüsseln:
a) Sortieren und verteilen der Eingangs- | |
und Ausgangspost; umgehende Verteilung | |
und Weiterleitung der einlangenden Nachrichten | |
und Telefaxübermittlungen | 15 % |
b) Begrüßung der Gäste in den Empfangsräumlichkeiten | |
und Entgegennahme aller externer Anrufe | |
während der Geschäftszeiten von | |
8.30 Uhr bis 18 Uhr | 15 % |
c) Tägliche Reinigung der Büros | |
(an Werktagen) | 10 % |
_____ | |
40 % |
Diese Serviceleistungen gingen über die bloße Überlassung des Gebrauches der Bestandsache hinaus und dienten nicht lediglich der Erleichterung der Ausübung des bestimmungsgemäßen Gebrauches der Büroräumlichkeiten. Es handle sich um eigenständige Dienstleistungen, die zur Erleichterung der Ausübung des bestimmungsgemäßen Gebrauches des Bestandgegenstandes nicht notwendig seien, sodass der für die Serviceleistung vorgesehene Betrag in die Bemessungsgrundlage nicht einzubeziehen sei.
In einem der sechs Fälle hat die Beschwerdeführerin mit der Berufung ein an einen Kunden gerichtetes Angebot vorgelegt, mit welchem der Kunde zwischen einer 12-monatigen Laufzeit um S 17.850,--/Monat und einer 3-monatigen Laufzeit um S 21.000,-- wählen konnte. Erwähnt wird in diesem Anbot, dass die tatsächliche monatliche Mietbelastung 60 % umfasse und im Grundmietpreis 40 % Dienstleistungen inkludiert seien. Enthalten ist in diesem Anbot eine (nur verbale) Aufstellung der Mietleistungen einerseits und der Serviceleistungen andererseits.
Die belangte Behörde begründete ihre Berufungsentscheidung damit, dass nach dem vorliegenden Servicevertrag ein näher bestimmtes Büro gegen eine monatlich Grundmiete auf eine bestimmte Zeit überlassen werde. Bei diesem Vertrag würden die Elemente des Bestandvertrages überwiegen. Die angegebenen Serviceleistungen seien im Wesentlichen Dienstleistungen, welche den Gebrauch des Bestandgegenstandes erleichterten und somit dem Mietvertrag zuzuordnen seien. Ansonsten lägen untergeordnete Nebenleistungen vor.
Mit der vorliegenden Beschwerde beantragt die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z. 1 GebG unterliegen Bestandverträge (§§ 1090 ff ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, einer Rechtsgebühr von 1 v.H. nach dem Wert.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. März 1994, Zl. 92/16/0129) umfasst § 33 TP 5 Abs. 1 GebG die "lupenreinen" Bestandverträge im Sinne der §§ 1090 ff ABGB und Verträge, die sich ihrem Wesen nach "als eine Art Bestandvertrag" darstellen, d.h. Verträge, die zwar von den Regeln der §§ 1090 ff ABGB abweichen, aber auf Grund von für Bestandverträge charakteristischen Merkmalen noch als "Bestandverträge" im weiteren Sinn anzusprechen sind.
Beim hier zu beurteilenden Vertragsverhältnis steht zunächst unzweifelhaft fest, dass eine unverbrauchbare (und unbewegliche) Sache auf eine gewisse Zeit gegen einen bestimmten Preis zur Verfügung gestellt wird, sodass jedenfalls ein Bestandverhältnis anzunehmen ist. Zusätzlich zur bloßen Überlassung werden aber noch andere Leistungen vom Vermieter erbracht, die, würden sie allein ohne Gebrauchsüberlassung angeboten werden (wie z.B. die tägliche Reinigung), dem Typ eines Werkvertrages zugeordnet werden können. Allerdings wurde ein gemeinsamer, als "Grundmiete" bezeichneter Preis für alle Leistungen des Vermieters vereinbart, ohne dass eine Aufschlüsselung erfolgt wäre. Es handelt sich bei dem von der Beschwerdeführerin mit 40 % bewerteten Leistungen auch nur um Leistungen, wie sie typischerweise von einem Mieter einer Büroräumlichkeit nachgefragt werden, sodass insofern ein Zusammenhang mit der Hauptleistung (die ja auch von der Beschwerdeführerin mit 60 % beziffert wird) gegeben ist. Die vorliegende so genannte Vertragskoppelung ist daher weniger als gemischter Vertrag (im engeren Sinne), denn als Hauptvertrag mit anderstypischen Nebenverpflichtungen anzusehen (siehe Rummel in Rummel3, § 859 RZ 22).
Ein Vergleich mit den vom Verwaltungsgerichtshof schon beurteilten Bestandverträge über Messestände bietet sich an: In dem bei Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren, Band I10, 30X beschriebenen Fall des Erkenntnisses vom 17. November 1983, Zl. 82/15/0105, 0106, gelangte der Verwaltungsgerichtshof zum Ergebnis, dass die von der Vermieterin erbrachten Organisations- und Werbeleistungen weder der Qualifikation der mit den einzelnen Ausstellern abgeschlossenen Rechtsgeschäfte als Bestandverträge abträglich waren, noch den für die Gebührenbemessung jeweils maßgeblichen Wert zu mindern vermochten.
Zum Teil anders war die Sachlage jedoch im Falle des oben zitierten Erkenntnisses vom 24. März 1994. Dort wurden neben einer Rahmenvereinbarung über eine Datenverarbeitungsanlage einzelne Liefervereinbarungen getroffen, für die gesonderte Preise ausgemacht waren. Neben als Bestandverträge zu wertenden Liefervereinbarungen qualifizierte der Verwaltungsgerichtshof andere Liefervereinbarungen als Kaufverträge und sprach aus, dass sie nicht der Gebührenpflicht unterlägen.
Andererseits wurde gerade in jenem Erkenntnis auch, soweit in einzelnen Liefervereinbarungen Softwareunterstützungsleistungen gegenständlich waren, auf deren Nebenleistungsqualifikation zur (in anderen Punkten vereinbarten) Gebrauchsüberlassung abgestellt und wörtlich ausgeführt:
"Übernimmt der Bestandgeber dem Bestandnehmer gegenüber neben der bloßen Überlassung des Gebrauches der Bestandsache auch anderstypische Verpflichtungen, die der Sicherung, der Erhaltung der Bestandsache oder der Erleichterung der Ausübung des bestimmungsmäßigen Gebrauches dieser Sache dienen, dann ist das Entgelt, das der Bestandnehmer für die Übernahme der sonstigen Verpflichtungen des Bestandgebers leisten muss, gleichfalls ein Teil des "Preises" und damit auch der Gebührenbemessungsgrundlage (vgl. hg. Erkenntnis vom 22. Juni 1987, Zl. 86/15/0138, samt Literatur und Rechtsprechung)."
Sämtliche der hier gegenständlichen Serviceleistungen dienen der Erleichterung der Ausübung des bestimmungsgemäßen Gebrauches der vermieteten Büroräumlichkeiten, sodass das (hier in der Grundmiete enthaltene) Entgelt einen Teil des Preises damit der Gebührenbemessungsgrundlage bildet.
Damit erweist sich die Beschwerde aber als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war. Auf Basis der zitierten Rechtssprechung konnte die Entscheidung in einem gem. § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 21. März 2002
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