VwGH 86/15/0138

VwGH86/15/013822.6.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Großmann, Dr. Närr, Dr. Wetzel und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Scheinecker, über die Beschwerde der prot. Firma I Ges.m.b.H in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Lenneis, Rechtsanwalt in Wien I, Singerstraße 8, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 18. September 1986, Zl. GA 11-1209/82, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1090;
GebG 1957 §33 TP5 Abs1 Z1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1987:1986150138.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin hat am 18. April 1981 mit der S Aktiengesellschaft einen als Rahmenvertrag bezeichneten Vertrag abgeschlossen. Die Präambel lautet - soweit sie noch für das gegenständliche Beschwerdeverfahren von Bedeutung ist - wie folgt:

Zwischen den Vertragsteilen herrscht Einverständnis, daß folgende Vereinbarungen einen integrierten Bestandteil dieses Vertrages bilden:

Mietvertrag bezüglich der Geräte (Beilage A)

Geräteschein

Wartungsvertrag (Beilage B) ....

Bei Auslegung der Bestimmungen der vorstehend angeführten Vereinbarungen ist davon auszugehen, daß diese eine Einheit bilden. Im Falle etwaiger Unklarheiten oder Widersprüchlichkeiten gelten die Bestimmungen dieses Vertrages vor jenen der vorstehend angeführten Vereinbarungen.

Zwischen den Vertragsteilen herrscht Einverständnis, daß bei Kündigung eines dieser Verträge die Vertragspartner das Recht haben, die anderen Verträge auch zu kündigen.

Alle im gegenständlichen Vertrag erwähnten Vereinbarungen .... werden auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Jeder Vertragsteil hat das Recht, das Vertragswerk schriftlich unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Ende eines jeden Kalendermonates zu kündigen, und zwar insgesamt, oder für einzelne Lieferungen und Leistungen. S verzichtet jedoch auf die Ausübung jeglichen Kündigungsrechtes bis 30. September 1984, I bis zum 30. September 1982.

Desweiteren wurde in diesem Rahmenvertrag in Punkt IV. festgehalten, daß der monatlich zu entrichtende Mietzins 263.225 Schilling exclusive Mehrwertsteuer und die monatliche Wartungsgebühr 36.195 Schilling exclusive Mehrwertsteuer beträgt.

Der diesem Rahmenvertrag als Beilage A angeschlossene Mietvertrag enthält im Punkt II. 3. folgende Verpflichtung des Mieters (der Beschwerdeführerin):

Der Mieter läßt die Beseitigung von Störungen, Umstellungen und Änderungen der Geräte sowie eine allfällige Erweiterung der Gerätekonfiguration nur durch Siemens oder mit deren Zustimmung ausführen .....

Der als Beilage B dem Rahmenvertrag angeschlossene Wartungsvertrag lautet im Punkt I. 2.:

S verpflichtet sich, die im Geräteschein bezeichneten Geräte zu warten. Die Wartung umfaßt die vorbeugenden Wartungsarbeiten, die Beseitigung von Störungen und Schäden sowie die Durchführung technischer Änderungen .....;

Und im Punkt II. 5.:

I läßt alle Arbeiten zur Beseitigung von Störungen und Schäden, sowie Änderungen der Geräte und Gerätekonfigurationen nur durch S ausführen .....

Für diesen Vertrag setzte das Finanzamt für Gebühren- und Verkehrsteuern in Wien mit Bescheid vom 6. Juli 1981 gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 GebG eine Gebühr von 368.919 S fest, wobei es in die Bemessungsgrundlage das von der Beschwerdeführerin für die Wartung zu zahlende Entgelt einbezog.

In der von der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid, letztlich nur wegen der Einbeziehung des Entgeltes für die Wartung in die Bemessungsgrundlage erhobenen Berufung wendete sie im wesentlichen ein, der Vertrag über die Wartung von Geräten stelle kein gebührenpflichtiges Rechtsgeschäft dar. Es handle sich beim Wartungsentgelt nicht um Nebenleistungen zum Mietentgelt. Im konkreten Fall könne, wie der Vertragspartner bestätige, ohne weiteres die Wartung unabhängig von der Miete von Geräten vereinbart werden. Dies ergebe sich auch aus dem Vertragswerk auf Seite V 4.

Mit dem nunmehr mit Beschwerde bekämpften Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung im wesentlichen mit der Begründung ab, nach dem Inhalt der Wartungsvereinbarung sei die Vermieterin verpflichtet, die von ihr in Bestand gegebenen Geräte zu warten, während die Beschwerdeführerin verpflichtet sei, für diese Wartung ein Wartungsentgelt zu entrichten. Es handle sich bei dieser Vereinbarung um eine Nebenvereinbarung zum Bestandvertrag, weil der Sinn dieses Wartungsvertrages offenbar nur darin liege, der Beschwerdeführerin die bessere bestimmungsgemäße Benützung der Bestandsache zu ermöglichen. Derartige Leistungen gehörten aber zum Preis für den Gebrauch der Bestandsache und somit zur Bemessungsgrundlage für den Bestandvertrag (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Juni 1979, Zl. 2330/78). Der Umstand, daß die Wartungsvereinbarung selbständig gekündigt werden könne, würde an dieser Beurteilung nichts ändern.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht werden.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z. 1 des Gebührengesetzes 1957, BGBl. Nr. 267, in der Fassung der Gebührengesetznovelle 1976, BGBl. Nr. 668, unterliegen Bestandverträge (§§ 1090 ff ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, einer Rechtsgebühr von 1 v.H. nach dem Wert.

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist lediglich strittig, ob das von den Vertragspartnern bei Abschluß des Bestandvertrages vereinbarte, für die Wartung zu leistende Entgelt in die Bemessungsgrundlage der Gebühr für den Bestandvertrag einzubeziehen ist oder nicht. Im Einklang mit ihrem Vorbringen im Abgabenverfahren hält die Beschwerdeführerin daran fest, daß die Vertragsurkunde zwei materiell-rechtlich und urkundsmäßig getrennte Verträge, nämlich einen Mietvertrag und einen Wartungsvertrag enthalte, die nicht bloß deshalb, weil sie gemeinsam abgeschlossen worden seien, gebührenrechtlich derartig vermengt werden dürften, daß das Entgelt aus dem Wartungsvertrag als Nebenleistung aus dem Bestandvertrag in die Bemessungsgrundlage für die Bestandvertragsgebühr miteinbezogen werde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nun, da § 33 TP 5 GebG selbst nichts darüber aussagt, was unter "Wert" zu verstehen ist, in ständiger Rechtsprechung die Ansicht vertreten, daß zum "Wert", von dem die Gebühr für Bestandverträge zu berechnen ist, alle Leistungen zählen, zu deren Erbringung sich der Bestandnehmer verpflichtet hat, um in den Genuß des Gebrauchsrechtes an der Bestandsache zu gelangen (siehe u.a. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. September 1970, Zl. 1043/69, vom 8. Februar 1973, Zl. 622/71 und vom 20. September 1977, Slg. Nr. 5158/F). Übernimmt der Bestandgeber dem Bestandnehmer gegenüber der bloßen Überlassung des Gebrauches der Bestandsache auch anderstypische Verpflichtungen, die der Sicherung, der Erhaltung der Bestandsache oder der Erleichterung der Ausübung des bestimmungsmäßigen Gebrauches dieser Sache dienen, dann ist das Entgelt, das der Bestandnehmer für die Übernahme der sonstigen Verpflichtungen des Bestandgebers leisten muß, gleichfalls ein Teil des "Preises" und damit auch der Gebührenbemessungsgrundlage (siehe Frotz-Hügel-Kopp, Kommentar zum Gebührengesetz, B II 1 c und d zu § 33 TP 5, und das eben erwähnte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. September 1970, Zl. 1043/69).

Diese Grundsätze wurden erkennbar von der belangten Behörde auf den gegenständlichen Fall angewendet. Dem wird von der Beschwerdeführerin lediglich entgegengehalten, daß die Aufnahme der Bestandverträge und der Wartungsabreden in den Rahmenvertrag keineswegs bedeute, daß nur ein einziger Vertrag vorliege, während sich aber aus dem konkreten Rahmenvertrag überdies mehrfach die völlig klare Trennung von Miet- und Wartungsvertrag vor allem schon daraus ergebe, daß einerseits das Wartungsentgelt getrennt vom Bestandzins angegeben und andererseits das Recht beider Vertragsteile auf getrennte Aufkündigung der einzelnen vereinbarten Lieferungen und Leistungen ausdrücklich festgehalten sei.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag der Auffassung der Beschwerdeführerin indes nicht zu folgen.

Gemäß § 17 Abs. 1 GebG 1957 ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Abs. 2 leg. cit. bestimmt überdies, daß dann, wenn aus der Urkunde die Art oder Beschaffenheit eines Rechtsgeschäftes oder andere für die Festsetzung der Gebühren bedeutsame Umstände nicht deutlich zu entnehmen sind, bis zum Gegenbeweis der Tatbestand vermutet wird, welcher die Gebührenschuld begründet oder die höhere Gebühr zur Folge hat. Im gegenständlichen Fall wird nicht einmal von der Beschwerdeführerin behauptet, daß der Vertragsurkunde die Art der Beschaffenheit des Rechtsgeschäftes oder andere für die Festsetzung der Gebühren bedeutsame Umstände nicht deutlich zu entnehmen wären, weshalb für die Festsetzung der Gebühren zufolge § 17 Abs. 1 GebG 1957 der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift maßgebend war. Die Beschwerdeführerin kann auch, angesichts der im Verwaltungsakt erliegenden Vertragsurkunde, nicht ernstlich bestreiten, daß in dieser sogar als Rahmenvertrag bezeichneten Urkunde sämtliche Vereinbarungen über die Inbestandnahme und auch über die Wartung der in Bestand genommenen Objekte enthalten sind. Da somit bei Festsetzung der Gebühren nur der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Urkunde und damit nur das im konkreten Fall tatsächlich Vereinbarte maßgebend ist, muß zunächst schon der an die belangte Behörde gerichtete Vorwurf der Verletzung von Verfahrensvorschriften, die darin erblickt wird, daß die belangte Behörde den Einwand der Beschwerdeführerin, die Vertragspartnerin könne bestätigen, daß sie auch Wartungsverträge unabhängig von den Bestandverträgen abschließe, unberücksichtigt gelassen habe, ins Leere gehen.

Aber auch die von der Beschwerdeführerin erhobene Rechtsrüge

ist unbegründet. Betrachtet man nämlich den Inhalt des

Rahmenvertrages vom 18. April 1981 samt den als Beilagen A und B

integrierten als "Mietvertrag" und "Wartungsvertrag" bezeichneten

Bestandteilen des Rahmenvertrages - und dabei insbesondere die

eingangs angeführten Vertragspassagen - kann keineswegs davon

gesprochen werden, daß zwei völlig voneinander getrennte Abreden

über einen Bestandvertrag und jenem, einen reinen Werkvertrag

darstellenden Wartungsvertrag in der Vertragsschrift beurkundet

worden sind. Gerade die eingangs erwähnten Passagen der

Vertragsurkunde sprechen sowohl ausdrücklich (diese Vereinbarungen

bilden einen integrierten Bestandteil dieses Vertrages) als auch

inhaltlich deutlich aus, daß diese eine Einheit bildenden

Verträge, wozu auch der Wartungsvertrag gezählt wurde, eine so

ineinander verzahnte Einheit bilden, daß im konkreten Fall der

eine ohne den anderen nicht denkbar wäre. Wenn auch - worauf die

Beschwerdeführerin besonders hinweist - den Vertragspartnern im

Rahmenvertrag grundsätzlich das Recht eingeräumt ist, den Vertrag

"insgesamt, oder für einzelne Lieferungen und Leistungen"

aufzukündigen, so wird dieses Recht durch andere Vertragsklauseln

(den Vertragspartnern steht das Recht zu, bei Kündigung eines

dieser Verträge auch die anderen Verträge zu kündigen, der Mieter

hat die Beseitigung von Störungen, Umstellungen und Änderungen der

Geräte .... nur durch den Vermieter ausführen zu lassen, die

Wartung umfaßt die vorbeugenden Wartungsarbeiten, die Beseitigung

von Störungen und Schäden .... und außerdem läßt die

Beschwerdeführerin alle Arbeiten zur Beseitigung von Störungen und Schäden sowie Änderungen der Geräte und Gerätekonfigurationen nur durch S ausführen) jedenfalls für den Bereich des Wartungsvertrages wieder außer Kraft gesetzt. Daraus ist einerseits erkennbar, daß es für die Bestandnehmerin im gegenständlichen Fall von besonderer Bedeutung ist, daß die gemietete EDV-Anlage ständig durch die Bestandgeberin so gewartet wird, daß sie jederzeit störungsfrei benutzt werden kann und andererseits, auch die Bestandgeberin ein eminentes Interesse daran hat, daß die ihr gehörige EDV-Anlage durch sie stets fachkundig gewartet wird. Selbst wenn man daher der Beschwerdeführerin darin folgen wollte, daß auf dem Gebiet des EDV-Wesens auch von anderen Verträgen unabhängige Wartungsverträge möglich wären, kann im konkreten Fall keine Rede davon sein, daß der gegenständliche Vertrag so geartet ist. Es ist daher der belangten Behörde durchaus beizupflichten, daß die vereinbarte Wartung durch den Bestandgeber eine Leistung darstellt, die dem besseren (störungsfreien) Gebrauch des gemieteten Bestandobjektes dient. Das dafür entrichtete Entgelt ist daher als Teil jener Leistungen zu betrachten, zu deren Erbringung sich die Bestandnehmerin verpflichtet hat, um in den Genuß des ungestörten Gebrauchsrechtes an der Bestandsache zu gelangen. Wenn die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Juni 1979, Zl. 2330/78, beispielhaft hingewiesen hat, bedarf es schon deshalb keiner weiteren Auseinandersetzung mit den von der Beschwerdeführerin dagegen vorgebrachten Bedenken, weil, gleichgültig ob das Erkenntnis einen vergleichbaren Sachverhalt aufweist oder nicht, seine Schlußfolgerungen auch auf den gegenständlichen Fall zutreffen. Nach dem Gesagten kann der belangten Behörde keine Rechtswidrigkeit zum Vorwurf gemacht werden, wenn sie bei Festsetzung der Rechtsgebühr das für die Wartung des Bestandobjektes vereinbarte Entgelt der Bemessungsgrundlage hinzugerechnet hat.

Der sohin in allen Punkten unbegründeten Beschwerde mußte daher ein Erfolg versagt bleiben, wobei es sich erübrigt, auf das weitere, von der Beschwerdeführerin vorgetragene, hier aber nicht zu beurteilende Fallbeispiel eines Kauf- und Wartungsvertrages näher einzugehen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 22. Juni 1987

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