Normen
BAO §135;
BAO §235;
BAO §236;
BDG 1979 §124 Abs3;
BDG 1979 §125a Abs3;
BDG 1979 §134 Z2;
BDG 1979 §43 Abs1;
BDG 1979 §91;
VwRallg;
BAO §135;
BAO §235;
BAO §236;
BDG 1979 §124 Abs3;
BDG 1979 §125a Abs3;
BDG 1979 §134 Z2;
BDG 1979 §43 Abs1;
BDG 1979 §91;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der im Jahr 1930 geborene Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er war bis 31. Dezember 1995 als Amtsvorstand des Finanzamtes St. Pölten (Beamter der Verwendungsgruppe A der Dienstklasse VIII) tätig. Mit 1. Jänner 1996 wurde der Beschwerdeführer in den Ruhestand versetzt.
Mit dem im Instanzenzug (in nichtöffentlicher Sitzung) ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Disziplinarerkenntnis der belangten Behörde vom 18. November 1998 wurde der Beschwerdeführer wie folgt schuldig erkannt:
"Hofrat in Ruhe Dr. J ist schuldig, in seiner damaligen Funktion als Vorstand des Finanzamtes X 1. am 18. 10. 1995 in den Fällen W (Steuer-Nummer a) und H (Steuer-Nummer b) ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 235 Abs. 1 BAO die Löschung von Abgabenschuldigkeiten im Ausmaß von je
S 300.000,-- verfügt zu haben, obwohl die Rückstände auf Grund der insgesamt guten Einkommensverhältnisse der beiden Abgabenschuldner zur Gänze einbringlich gewesen wären.
2. am 10. 7. 1995 im Fall der A Gesellschaft m.b.H. (Steuer-Nummer c) die Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten im Ausmaß von
S 180.000,-- verfügt zu haben, obwohl die Voraussetzungen für eine Nachsicht gemäß § 236 Abs. 1 BAO nicht vorlagen;
- 3. ...
- 4. am 5. 4. 1995 im Fall der K-Gesellschaft mbH (Steuer-Nummer d) die Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten im Ausmaß von
S 40.000,-- verfügt zu haben, obwohl die Voraussetzungen für eine Nachsicht gemäß § 236 Abs. 1 BAO nicht vorlagen.
Er hat dadurch schuldhaft seine allgemeinen Dienstpflichten gemäß § 43 Abs. 1 BDG 1979 verletzt, nämlich seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen, und eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 91 BDG 1979 begangen."
Über den Beschwerdeführer wurde - in teilweiser Stattgebung seiner Berufung gegen das erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis vom 29. Mai 1998 - gemäß den §§ 126 Abs. 2 und 134 Z. 2 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von S 20.000,-- verhängt.
Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die belangte Behörde nach Darlegung des bisherigen Verfahrensverlaufes Folgendes aus:
"Zu Faktum 1 (Fall W/H):
Feststeht, dass die Steuerpflichtigen W und H für die Jahre ab 1986 die Stellung von Anträgen auf Anerkennung von Werbungskosten unterlassen haben, weil sie darauf vertrauten, ein von ihnen angestrengtes Verwaltungsgerichtshofverfahren betreffend einen vergangenen Zeitraum werde zum Erfolg führen. Die aufgelaufene Zinsenbelastung hat aus der Stundung während der langen Dauer des Rechtsmittelverfahrens (sechs Jahre) resultiert. Mit Eingabe vom 30. November 1994 ersuchten die Abgabenpflichtigen um Löschung von S 332.111,-- bzw. S 371.111,--. Hofrat in Ruhe Dr. J hat am 18. Oktober 1995 mit Bescheid die Löschung der Abgabenschuldigkeiten von je S 300.000,-- verfügt. Als Begründung dafür wurde angeführt, dass 'alle Möglichkeiten der Einbringung bisher erfolglos versucht wurden'. Tatsache ist auch, dass auf Grund der guten Einkommensverhältnisse der beiden Abgabenschuldner der aufgelaufene Rückstand zur Gänze einbringlich war.
...
Diese gesetzlichen Voraussetzungen (gemäß § 235 BAO) waren im vorliegenden Fall wegen der aktenmäßig dokumentierten guten Einkommensverhältnisse der Steuerpflichtigen nicht gegeben.
...
Der Beschuldigte führt in der Berufung aus, dass als unbillig die durch die ungewöhnlich lange Verfahrensdauer aufgelaufenen Stundungszinsen von je S 433.000,-- angesehen worden wäre. Die von ihm gewährte Teillöschung von je S 300.000,-- hätte eine Gefährdung des Ansehens der Finanzverwaltung verhindern und die entstandene, relativ hohe Belastung vermindern sollen. In diesem Punkt schließt sich der erkennende Senat den Ausführungen der Disziplinarkommission erster Instanz dahingehend an, dass auf Grund der Aktenlage eine Unbilligkeit im Sinne des § 236 Abs. 1 BAO nicht vorgelegen ist und auch keine Voraussetzungen für die Nachsichtgewährung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben erfüllt gewesen sind.
Auch der Hinweis des Beschuldigten, dass er im Verlauf des Verfahrens niemals die 'Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz der Abgabenpflichtigen' behauptet hätte, ist ohne Bedeutung, denn die ersatzweise gewählte Formulierung, dass der Beschuldigte lediglich auf die wirtschaftliche Belastung infolge der Rückzahlung hoher Bankverbindlichkeiten hingewiesen hätte, könnte weder bei einer Maßnahme nach § 235 BAO noch nach § 236 BAO zu einer anders lautenden Beurteilung führen.
Das Argument des Beschuldigten, dass er bei der Übernahme des Amtes im Februar 1989 unerwartet große Arbeitsrückstände übernehmen hätten müssen und im Jahr 1990 durch die Fertigstellung des Finanzamts-Neubaus und die Übersiedlung aus bisher vier Stellen mangels organisatorisch geeignetem Personal ganz besonders überlastet gewesen sei und durch diese Überlastung im Jahre 1995 die Erledigung der Steuerfälle durch Löschung statt durch Nachsicht durchführte, kann deshalb nicht zum Erfolg führen, weil - wie oben dargestellt - in den vorliegenden Steuerfällen weder eine Löschung noch eine Nachsicht auf Grund der gesetzlichen Voraussetzungen durchgeführt hätte werden dürfen, noch eine bestehende Überlastung dazu führen kann, dass gesetzlich nicht gedeckte Maßnahmen ergriffen werden.
Zu Faktum 2 (Fall A Gesellschaft mbH):
Anlässlich einer Lohnsteuerprüfung für die Jahre 1990 bis 1992 wurden als Trennungsgelder bezeichnete Zahlungen an Arbeitnehmer nur teilweise (zu 50 %) als steuerfrei anerkannt. Der Geschäftsführer der Abgabenschuldnerin hatte mit Eingabe vom 13. Juni 1995 um Nachsicht der daraus entstandenen Nachforderung von S 413.046,-- angesucht und habe dies damit begründet, dass die Zahlung zur Erhaltung des Personalstandes erforderlich wäre, da die Arbeiter sonst zu Großfirmen abwandern würden, von denen sie Trennungsgelder erhielten. Der Beschuldigte hatte in einem Aktenvermerk vom 5. Juli 1995 auf die Bedeutung des relativ kleinen Baubetriebes für die Gegend und auch die erforderliche gleichmäßige Behandlung im Vergleich zu einem weiteren, im Bereich eines anderen Finanzamtes gelegenen Baubetrieb des Geschäftsführers hingewiesen. Weiters ist angeführt, dass eine Teilnachsicht von S 180.000,-- gleichsam als 'außergerichtlicher Ausgleich' angemessen wäre.
Mit nicht begründeten Bescheid vom 10. Juli 1995 wurde eine Abgabennachsicht für diesen Betrag bewilligt.
Der Beschuldigte führt in der Berufung aus, dass der im Verfahren zugezogene Sachverständige auf die unklare Rechtslage bei der Besteuerung von Trennungsgeldern verwiesen habe und die Entscheidung des Beschuldigten als rechtmäßig bezeichnet habe. Die im Disziplinarerkenntnis erster Instanz angeführte Verweisung der Firma auf den Rechtsweg zur Klärung der Rechtslage gehe deshalb am Sachverhalt vorbei, da gerade die Besteuerung von Trennungsgeldern eine unklare Rechtslage enthielte.
Der erkennende Senat ist entgegen den Feststellungen des zugezogenen Sachverständigen der Ansicht, dass es hinsichtlich der Frage der Besteuerung von Trennungsgeldern keine unklare Rechtssituation gibt und in diesem Bereich eine einvernehmliche Schätzung festgelegt werden kann. Dadurch, dass der Beschuldigte eine Nachsicht gemäß § 236 BAO bewilligte, kam es zu einer Korrektur des Festsetzungsverfahrens durch das Einhebungsverfahren. Einer der tragenden Grundsätze der Finanzverwaltung ist es jedoch, dass eine solche Korrektur unzulässig ist. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Nachsichtgewährung waren im vorliegenden Fall nicht gegeben. Dem Argument des Beschuldigten, bei einem ähnlich gelagerten Fall (Firma L) sei die Tatsache der Einbringlichkeit ohne Belang gewesen, kann deshalb nicht gefolgt werden, weil die Ermittlung von Trennungsgeldern im Bereich eines anderen Finanzamtes, die zu einem abweichenden Ergebnis geführt hat, nicht zur Begründung einer Abgabennachsicht im gegenständlichen Fall führen kann, da immer von den Umständen des Einzelfalles auszugehen ist. Der erkennende Senat kann der von der Disziplinarkommission vertretenen Ansicht, dass wirtschaftspolitische Erwägungen und Maßnahmen zur Arbeitsplatzsicherung nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Unbilligkeit im Sinne des § 236 BAO begründen können, folgen. Im vorliegenden Steuerfall war die Erteilung der Nachsicht nicht durch das Gesetz gedeckt.
...
Zu Faktum 4 (Fall K-Gesellschaft mbH)
Im Fall der K Gesellschaft mbH wurde wegen verspäteter Abgabe von Steuererklärungen für das Jahr 1991 von einem C-Beamten ein Verspätungszuschlag in der Höhe von 2,6 % verhängt, der in weiterer Folge vom Beschuldigten im Wege der Nachsicht abgeschrieben wurde.
Der Beschuldigte stellte in seiner Berufung zu diesem Punkt den Antrag, einen Vertreter des Bundessteuer-Inspektorrates zur maßgeblichen Dienstvorschrift für die Veranlagung einzuvernehmen, ob eine Ergänzung dahingehend für erforderlich erachtet werde, dass die Frage der Entschuldbarkeit vom Leiter der Veranlagungsleitstelle zu entscheiden sei. Nach Darstellung des Beschuldigten hätte er sich zur Nachsicht veranlasst gesehen, weil der mit der Bearbeitung der Verspätungsfälle betraute C-Beamte den Verspätungszuschlag nach rein formaler Überprüfung festgesetzt hätte, ohne sich mit der Entschuldbarkeit auseinander zu setzen bzw. mit einer derartigen Beurteilung auch überfordert gewesen wäre.
Diesem Antrag des Beschuldigten wurde entsprochen und eine Stellungnahme des Bundessteuer-Inspektorates eingeholt. In dieser Stellungnahme wird ausgeführt, dass die Dienstvorschrift zur Veranlagung eine Ermessensentscheidung unter Bedachtnahme auf die Umstände des Einzelfalles vorsehe. Im konkreten Fall ist festzustellen, dass der eingehobene Verspätungszuschlag lediglich 2,6 % beträgt und daher weit unterhalb der oberen Grenze eines zu verhängenden Verspätungszuschlages in der Höhe von 10 % liegt. Der zuständige Sachbearbeiter hat daher durchaus von dem ihm eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht. Eine Lücke in der Dienstvorschrift für die Veranlagung, wie sie der Beschuldigte dahingehend in der Berufung behauptet, dass die Frage der Entschuldbarkeit der Verspätung lediglich vom Leiter der Veranlagungsleitstelle zu entscheiden sei, besteht nicht.
Darüber hinaus folgt der erkennende Senat den Ausführungen im erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnis dahingehend, dass die Voraussetzungen für die Gewährung einer Nachsicht gemäß § 236 BAO aus dem Akt nicht erkennbar sind und daher das Ansuchen abzuweisen gewesen wäre. Weiters hat im gegenständlichen Fall der steuerlich Bevollmächtigte die Abgabenerklärung zu spät eingebracht, weshalb auf Grund der Zurechnung dieses Fehlverhaltens an den Vertretenen dieser gegenüber seinem Vertreter zivilrechtlich Regress hätte nehmen können. Auf Grund des gegebenen Regressanspruches liegt die vom Gesetz geforderte Unbilligkeit nicht vor. Die Gewährung der Nachsicht durch den Beschuldigten war auf Grund der zum Entscheidungszeitpunkt gegebenen Sachlage daher unzulässig.
Für den erkennenden Senat steht daher insgesamt fest, dass der Beschuldigte in den Steuerfällen W/H, A Gesellschaft mbH sowie K-Gesellschaft mbH eine nicht gesetzlich gedeckte Löschung bzw. Nachsichten durchgeführt hat.
...
Jedoch ist nicht jede fehlerhafte und nachlässige Arbeitsweise eines Beamten als Dienstpflichtverletzung zu werten. Auf Grund der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Tatbestandsverwirklichung Voraussetzung, dass es sich um Verhaltensweisen handelt, die ein gewisses Gewicht haben und damit die Schwelle zur disziplinarrechtlichen Erheblichkeit überschreiten. Nach Ansicht des erkennenden Senates ist dies hier der Fall. In den drei oben angeführten Löschungs- und Nachsichtfällen hat der Beschuldigte Maßnahmen gesetzt, die nicht durch das Gesetz gedeckt gewesen waren. Dies sind jedoch Fehlleistungen, die das Maß der Fehlleistung eines vergleichbaren durchschnittlichen Beamten der Verwendungsgruppe A der Dienstklasse VIII überschreiten. Durch den Beschuldigten wurde in den genannten Steuerfällen einer der tragenden Grundsätze der Finanzverwaltung, dass nämlich Maßnahmen des Festsetzungsverfahrens nicht im Einhebungsverfahren korrigiert werden dürfen, durchbrochen. Dies ist jedoch Wissen jedes Finanzbeamten. Weiters wurde gegen das Grundprinzip der Finanzverwaltung, dass die Gründe für stattgebende Nachsicht- und Löschungsentscheidungen ausreichend zu dokumentieren seien, verstoßen, da in allen Fällen die Gründe, die zu den Löschungen und Nachsichten geführt haben, nicht in den Akten festgehalten sind bzw. nur unzureichend oder in nicht nachvollziehbarer Weise festgehalten wurden. Der Beschuldigte konnte im Verfahren keine stichhältigen Argumente liefern, die für ihn exkulpierend gewirkt hätten."
Zur Strafbemessung führte die belangte Behörde Folgendes aus:
"Im gegenständlichen Fall liegen mehrere Dienstpflichtverletzungen vor, die die Grenze von gelegentlichen Fehlleistungen überschreiten und somit disziplinarrechtlich zu werten sind. Dessen ungeachtet ist bei der Strafbemessung vom erkennenden Senat jedoch zu berücksichtigen gewesen, dass von der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland bestätigt wurde, dass der Beschuldigte ansonsten eine gute und korrekte Amtsführung aufwies. Weiters war bei der Strafbemessung zu berücksichtigen, dass die Schwere der Dienstpflichtverletzungen dadurch reduziert wird, dass der erkennende Senat hinsichtlich des Steuerfalles von Y zu der Ansicht kam, dass ein Freispruch zu erfolgen hat. Im Hinblick auf die vom Beschuldigten vorgebrachte Tatsache, dass durch eine erhöhte Arbeitsbelastung seine schwere Erkrankung ausgelöst wurde, kam der erkennende Senat zu der Auffassung, dass eine Disziplinarstrafe in der Höhe von S 20.000,--
auch im Hinblick auf die vom Beschuldigten monatlich zu leistenden Ratenzahlungen in der Höhe von S 17.000,-- (für den Bau des Wohnhauses) als angemessen angesehen werden kann."
Gegen diesen Bescheid - erkennbar jedoch nur im Umfang seines Schuld- und Strafausspruches - richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Beschwerdeführer erachtet sich nach seinem gesamten Beschwerdevorbringen erkennbar durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, nicht der ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen schuldig erkannt und dafür bestraft zu werden. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid - im angefochtenen Umfang seines Schuld- und Strafausspruches - wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Beschwerdeführer replizierte auf diese Gegenschrift mit Schriftsatz vom 12. Juni 1999.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 43 Abs. 1 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) ist der Beamte verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.
Der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, ist gemäß § 91 BDG 1979 nach dem 9. Abschnitt (Disziplinarrecht) dieses Gesetzes zur Verantwortung zu ziehen.
Beamte des Ruhestandes sind gemäß § 133 BDG 1979 nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes wegen einer im Dienststand begangenen Dienstpflichtverletzung oder wegen gröblicher Verletzung der ihnen im Ruhestand obliegenden Verpflichtungen zur Verantwortung zu ziehen.
Gemäß § 134 BDG 1979 sind Disziplinarstrafen (für Beamte des Ruhestandes)
- 1. der Verweis,
- 2. die Geldstrafe bis zur Höhe von fünf Ruhebezügen, unter Ausschluss der Kinderzulage,
3. der Verlust aller aus dem Dienstverhältnis fließenden Rechte und Ansprüche.
Gemäß § 125a Abs. 3 Z. 5 BDG 1979 (in der zufolge § 278 Abs. 31 Z. 4 in Verbindung mit § 243 Abs. 6 im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der 1. Dienstrechts-Novelle 1998, BGBl. I Nr. 123/1998) kann von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der Disziplinaroberkommission ungeachtet eines Parteiantrages Abstand genommen werden, wenn der Sachverhalt nach der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung geklärt erscheint.
Der Beschwerdeführer macht in seiner Beschwerde als "Verfahrensmangel" geltend, dass eine Bekanntgabe der Zusammensetzung des Senates im Sinne des § 124 Abs. 3 BDG 1979 im Verfahren vor der belangten Behörde unterlassen und er derart in seinem Recht auf Ablehnung eines Senatsmitgliedes verletzt worden sei. In seinem ergänzenden Schriftsatz bringt er dazu weiters vor, er habe in seiner Berufung Beweisanträge gestellt. Der Sachverhalt sei demnach nicht hinreichend geklärt gewesen und es sei die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung (vor der belangten Behörde) zu erwarten gewesen.
Dem Beschwerdeführer ist zu erwidern, dass die belangte Behörde in nichtöffentlicher Sitzung entschieden und von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung (erkennbar) gemäß § 125a Abs. 3 Z. 5 BDG 1979 Abstand genommen hat. Das Recht des Beschuldigten, gemäß § 124 Abs. 3 zweiter Satz BDG 1979 ein Senatsmitglied ohne Angaben von Gründen abzulehnen, setzt allerdings die Durchführung einer mündlichen Verhandlung voraus und konnte daher vorliegend jedenfalls vor dem Hintergrund des § 125a Abs. 3 BDG 1979 nicht in Betracht kommen, weil die belangte Behörde keine mündliche Verhandlung durchführte, sondern in nichtöffentlicher Sitzung entschieden hat. Insoweit der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde hätte eine mündliche Verhandlung durchführen müssen, lässt er unberücksichtigt, dass er in seiner Berufung die Sachverhaltsfeststellungen der Disziplinarkommission (erster Instanz) nicht bestritten hat. Die belangte Behörde durfte demnach im Sinne des § 125a Abs. 3 Z. 5 BDG 1979 davon ausgehen, dass der Sachverhalt nach der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung geklärt war. Daran vermögen die über Antrag des Beschwerdeführers von der belangten Behörde im Berufungsverfahren eingeholten Stellungnahmen der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland betreffend die Beurteilung der Dienstleistung des Beschwerdeführers (ab 1972 bis zur Ruhestandsversetzung) und des Steuer-Landesinspektorrates (Abteilung IV/2 des Bundesministeriums für Finanzen) betreffend das Vorliegen oder Nichtvorliegen von Beanstandungen gegen den Beschwerdeführer in seiner Funktion als Amtsvorstand bzw. das Bestehen etwaiger Lücken der Dienstvorschriften für die Veranlagung nichts zu ändern, kommt diesen eingeholten Stellungnahmen doch für die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Auch ohne Einholung dieser Stellungnahmen war der Sachverhalt geklärt. Der eingeholte Grundbuchsauszug betrifft keinen Tatvorwurf des Schuldspruches (sondern vielmehr den erfolgten Freispruch).
Es erübrigt sich daher auf die Behauptung des Beschwerdeführers, die belangte Behörde hätte ihm zu diesen eingeholten Stellungnahmen Parteiengehör gewähren müssen, weiter einzugehen, weil diesen Stellungnahmen keine inhaltliche Relevanz zukommt und ihre Einholung ebenso hätte unterbleiben können.
Mit dem Vorwurf, es sei ihm "vor Erstattung der Disziplinaranzeige" kein Parteiengehör gewährt worden und dies habe "vermutlich Einfluss auf die Formulierung der Disziplinaranzeige gehabt", rügt der Beschwerdeführer das dienstbehördliche Disziplinarverfahren. Er macht damit allerdings keinen Mangel des vor der Disziplinarkommission erster Instanz und vor der belangten Behörde durchgeführten Verfahrens bzw. auch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend. Dem "illustrativen" Beschwerdevorbringen betreffend die "Einlassung in der Verhandlung vom 14.5.1998" ist zu erwidern, dass weder der Verhandlungsschrift über diese Verhandlung noch der Berufung des Beschwerdeführers ein Hinweis zu entnehmen ist, dass er "kaum mehr in der Lage war, der Verhandlung zu folgen". Dieses - jedenfalls in der Berufung nicht erstattete - Beschwerdevorbringen stellt eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung dar (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG).
Das unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erstattete Vorbringen des Beschwerdeführers erweist sich insgesamt als unbegründet.
Gemäß § 235 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) können fällige Abgabenschuldigkeiten von Amts wegen durch Abschreibung gelöscht werden, wenn alle Möglichkeiten der Einbringung erfolglos versucht worden oder Einbringungsmaßnahmen offenkundig aussichtslos sind und auf Grund der Sachlage nicht angenommen werden kann, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt zu einem Erfolg führen werden.
Durch die verfügte Abschreibung erlischt zufolge Abs. 2 dieser Gesetzesstelle der Abgabenanspruch.
Gemäß § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.
Die Bestimmungen des § 235 Abs. 2 und 3 gelten zufolge Abs. 3 der vorgenannten Bestimmung auch für die Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten.
Hinsichtlich der Anschuldigung 1 (Faktum W/H) bestreitet der Beschwerdeführer in tatsächlicher Hinsicht nicht, dass er mit Bescheiden vom 18. Oktober 1995 die Löschung von Abgabenschuldigkeiten in der Höhe von je S 300.000,-- gemäß § 235 Abs. 1 BAO jeweils mit der Begründung verfügte, "weil alle Möglichkeiten der Einbringung bisher erfolglos versucht worden sind", und dass diese Abgabenschuldigkeiten dennoch zur Gänze einbringlich waren. In der mündlichen Verhandlung vom 14. Mai 1998 hat der Beschwerdeführer zu dieser Anschuldigung lediglich ausgesagt, dass "keine Einbringungsschritte gesetzt wurden".
Die vom Beschwerdeführer von Amts wegen durchgeführten Löschungen der Abgabenschuldigkeiten hätten allerdings nur unter der Voraussetzung rechtmäßig verfügt werden dürfen, dass Uneinbringlichkeit dieser Abgabenverbindlichkeiten tatsächlich vorgelegen ist. Der Beschwerdeführer - dem, wovon die belangte Behörde ausgegangen ist, die wahre Sach- und Rechtslage bekannt sein musste - hat demnach rechtswidrig die Löschung der Abgabenansprüche verfügt. Auf die Eingaben der Abgabenpflichtigen vom 30. November 1994 konnte der Beschwerdeführer sich dabei nicht stützen, weil darin eine Uneinbringlichkeit der Abgabenverbindlichkeiten nicht einmal behauptet wird. Die verfügte Löschung konnte nicht über Antrag der Abgabenpflichtigen, sondern nur von Amts wegen erfolgen. Der Beschwerdeführer hat somit initiativ (aus eigenem) rechtswidrig gehandelt. Insoweit der Beschwerdeführer auf andere Nachsichtfälle verweist bzw. das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Nachsichtgewährung gemäß § 236 Abs. 1 BAO behauptet, ist ihm zu erwidern, dass er damit einen theoretischen (hypothetischen) Sachverhalt ins Treffen führt, weil er tatsächlich keine solche Nachsicht gewährte. Im Übrigen hätten die Abgabenpflichtigen mit ihren Anträgen vom 30. November 1994 eine derartige Nachsicht nur erlangen können, wenn sie ein bewilligungsfähiges Vorbringen erstattet hätten. Die Eingaben der Abgabenpflichtigen enthalten allerdings kein derartiges Sachvorbringen; das Vorliegen von Unbilligkeit im Sinne des § 236 Abs. 1 BAO ist den Eingaben sachverhaltsmäßig nicht zu entnehmen, sodass der - an sich theoretischen - Überlegung des Beschwerdeführers, er hätte in beiden Fällen eine Nachsicht gemäß § 236 Abs. 1 BAO gewähren können, schon die tatsächliche Grundlage fehlt.
Hinsichtlich der Anschuldigung 2 (Faktum A Gesellschaft mbH) lässt der Beschwerdeführer unberücksichtigt, dass die Abgabenpflichtige in ihrem Ansuchen um Nachsichtgewährung vom 13. Juni 1995 bloß behauptete, eine Versteuerung der von ihr bezahlten Trennungsgelder stelle für sie "eine besondere Härte dar". Eine Unbilligkeit der Einhebung wird von der Abgabenpflichtigen damit allerdings nicht einmal behauptet. Der Beschwerdeführer hat jedoch, obwohl die Abgabenpflichtige allein die Abgabenfestsetzung kritisierte, dennoch die Nachsicht bewilligt und damit in rechtswidriger Weise eine rechtskräftige Abgabenfestsetzung nachträglich "korrigiert". Zu dieser Nachsichtgewährung war der Beschwerdeführer - zumal nach der Aktenlage eine bewilligungsfähige Sach- und Rechtslage nicht vorgelegen ist - nicht ermächtigt. Der Beschwerdeführer vermag in seiner Beschwerde bzw. seinem ergänzenden Schriftsatz eine gesetzliche Ermächtigung für seine Vorgangsweise nicht darzutun.
Hinsichtlich der Anschuldigung 4 (Faktum K-Gesellschaft mbH) bestreitet der Beschwerdeführer nicht, dass der Abgabenpflichtigen mit Bescheid vom 1. Juli 1993 ein Verspätungszuschlag rechtskräftig vorgeschrieben wurde. Entgegen der Darstellung im Antrag um Nachsichtgewährung vom 29. März 1995 wurde der Zuschlag allerdings nicht in der Höhe von 10 % sondern von 2,6 % festgesetzt. In ihrem Nachsichtsansuchen hat die Abgabenpflichtige kein bewilligungsfähiges Vorbringen erstattet, sondern allein auf "Billigkeitsgründe" und "Ausführungen unseres Steuerberaters mit dem Vorstand des Finanzamtes" verwiesen.
Der Beschwerdeführer bewilligte dennoch - ohne dass nach der Aktenlage eine bewilligungsfähige Sach- und Rechtslage vorlag - mit Bescheid vom 5. April 1995 gemäß § 236 Abs. 1 BAO die Nachsicht der rechtskräftig festgesetzten Abgabenverbindlichkeit des Verspätungszuschlages.
Insoweit der Beschwerdeführer meint, der Verspätungszuschlag sei der Abgabenpflichtigen zu Unrecht vorgeschrieben worden, weil eine entschuldbare Verspätung vorgelegen sei (vgl. § 135 BAO), lässt er unberücksichtigt, dass er nicht ermächtigt war, eine rechtskräftig erfolge Abgabenfestsetzung nachträglich zu "korrigieren". Die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Vorschreibung des Verspätungszuschlages hätte nämlich die Abgabenpflichtige durch die Ergreifung eines Rechtsmittels gegen die Vorschreibung des Zuschlages herbeiführen können und müssen. Im Übrigen ist dem Beschwerdeführer zu erwidern, dass die Abgabenpflichtige in ihrem Ansuchen nicht behauptet, die Verspätung sei entschuldbar gewesen, oder die Vorschreibung des Zuschlages sei rechtswidrig erfolgt.
Der Ansicht des Beschwerdeführers, seine im Sinne der Anschuldigungen 1, 2 und 4 gesetzten Handlungen hätten nicht als schuldhafte Dienstpflichtverletzungen sondern vielmehr als "entschuldbar" gewertet werden müssen, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu folgen. Dem Beschwerdeführer ist nämlich anzulasten, dass er aufgrund der jeweils gegebenen Sach- und Rechtslage eindeutig nicht dazu ermächtigt war, ein Erlöschen der Abgabenansprüche zu verfügen. Der Beschwerdeführer hat - ohne dass entsprechendes Parteivorbringen erstattet worden war bzw. ohne das Vorliegen von Einbringungsschritten oder Uneinbringlichkeit - initiativ (aus eigenem) rechtswidrig Abgabenfestsetzungen nachträglich "korrigiert". Es war somit nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde hinsichtlich der Anschuldigungen 1, 2 und 4 das Vorliegen schuldhafter Dienstpflichtverletzungen bejahte.
Mit seinem gegen die Strafhöhe gerichteten Beschwerdevorbringen rügt der Beschwerdeführer, die belangte Behörde habe gegen die Bestimmung des § 129 BDG verstoßen.
Dieser Vorwurf ist unberechtigt. Die belangte Behörde hat die in erster Instanz über den Beschwerdeführer verhängte Geldstrafe nicht erhöht, sondern vielmehr von S 30.000,-- auf S 20.000,-- herabgesetzt.
Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Strafbemessungsgründe, nämlich seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, der Freispruch von der Anschuldigung 3 sowie seine ansonsten gute und korrekte Amtsführung hat die belangte Behörde bei der Festsetzung der Geldstrafe ohnedies berücksichtigt. Insoweit der Beschwerdeführer meint, auf Grund dieser Strafzumessungsgründe ergebe sich "logisch ein Strafbetrag von S 10.000,-- bis S 12.000,--", ist zu erwidern, dass die Festsetzung der Strafhöhe innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens im Ermessen der belangten Behörde lag. Der Verwaltungsgerichtshof vermag allerdings im Rahmen der ihm bei der Strafbemessung zukommenden Prüfungsbefugnis auch vor dem Hintergrund des Vorbringens des Beschwerdeführers nicht zu erkennen, dass die belangte Behörde dabei von dem ihr eingeräumten Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat.
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 3. September 2002
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)