VwGH 98/12/0522

VwGH98/12/052230.1.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, in der Beschwerdesache des M in I, vertreten durch Dr. Arne Markl, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Adolf-Pichler Platz 10, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 6. November 1998, Zl. 08 3000/48-Pr.3/98, betreffend Aussetzung des Verfahrens in Angelegenheit einer Aufwandsentschädigung nach § 20 Abs. 2 des Gehaltsgesetzes 1956, den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §38;
DVG 1984 §1 Abs1;
AVG §38;
DVG 1984 §1 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Der Bund (vertreten durch den Bundesminister für Finanzen) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Mit Weisung vom 2. April 1996 übertrug die Generaldirektion für die Post- und Telegraphenverwaltung dem Beschwerdeführer die Leitung des Personalamtes Innsbruck.

Gemäß § 17 Abs. 3 des Poststrukturgesetzes (= Art. 95 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201; in der Folge kurz:

PTSG), wurde zur Wahrnehmung der bisher den Post- und Telegraphendirektionen zukommenden Funktion einer nachgeordneten Dienstbehörde unter anderem (Z. 2) das Personalamt Innsbruck für Beamte bei Betriebsstellen der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft in Tirol und Vorarlberg eingerichtet.

Die Generaldirektion der Post und Telekom Austria AG verfügte mit Weisung vom 7. Februar 1997, dass die Leitung der Personalämter von den Präsidenten der Direktionen der Post und Telekom Austria AG wahrzunehmen sei und die bisherigen Personalamtsleiter mit der Stellvertretung zu beauftragen seien.

In seiner Eingabe vom 13. Februar 1997 begehrte der Beschwerdeführer die bescheidmäßige Absprache über diese angebliche Verwendungsänderung. Mit Bescheid vom 11. März 1997 sprach das beim Vorstand der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft eingerichtete Personalamt die Feststellung aus, dass die Beauftragung des Beschwerdeführers mit der stellvertretenden Leitung des Personalamtes Innsbruck an Stelle der Leitung dieser Behörde eine Weisung und keine Versetzung gemäß § 40 Abs. 2 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 darstelle.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof verbunden mit dem Eventualantrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 30. November 1999, B 836/97 (Slg. 15.656), wies der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, der bekämpfte Bescheid sei ausdrücklich und auch der Sache nach unter anderem auf § 40 Abs. 2 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 gestützt. In solchen Angelegenheiten sei aber gemäß der Verfassungsbestimmung des § 41a Abs. 6 leg. cit. ein (administrativer) Instanzenzug an die Berufungskommission eröffnet, welche über Berufungen gegen - wie im vorliegenden Fall - in erster Instanz ergangene derartige Bescheide zu entscheiden habe.

Bereits vorher, nämlich mit seiner Eingabe vom 31. Jänner 1997 beantragte der Beschwerdeführer - als Leiter des Personalamtes Innsbruck - die Zuerkennung einer Aufwandsentschädigung gemäß § 20 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 ab 1. Mai 1996 in der Höhe, wie sie dem Leiter der aufgelösten Post- und Telegraphendirektion für Tirol und Vorarlberg seinerzeit zuerkannt worden sei. Mangels Entscheidung darüber beantragte der Beschwerdeführer in seiner Eingabe vom 30. April 1998 den Übergang der Zuständigkeit auf die belangte Behörde als (damals) sachlich in Betracht kommende Oberbehörde.

Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde die Aussetzung dieses Verfahrens gemäß § 38 AVG bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes (gegebenenfalls des Verwaltungsgerichtshofes) über die Frage der Betrauung des Beschwerdeführers mit der Leitung des Personalamtes Innsbruck bzw. seiner späteren Abberufung aus dieser Funktion aus. Nach Darlegung des bisherigen Verfahrensganges führte die belangte Behörde begründend aus, Kernfrage des nunmehr anhängigen Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof sei, wie die Betrauung des Beschwerdeführers mit der Leitung des Personalamtes Innsbruck und seine später erfolgte Abberufung rechtlich zu qualifizieren sei. Von der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes sei somit die allfällige Zuerkennung einer Aufwandsentschädigung abhängig. Da die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes (gegebenenfalls des Verwaltungsgerichtshofes) als Vorfrage im Sinn des § 38 AVG zu werten sei, sei das laufende Verfahren betreffend die allfällige Zuerkennung einer Aufwandsentschädigung auszusetzen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Ungeachtet der Frage der Rechtmäßigkeit des Vorgehens der belangten Behörde entfaltet der angefochtene Bescheid im Hinblick auf den zitierten Beschluss des Verfassungsgerichtshofes keine Rechtswirkungen mehr. Der Beschwerdeführer und die belangte Behörde wurden mit Verfügung vom 7. Dezember 2001 um Stellungnahme darüber ersucht, ob noch ein Rechtschutzbedürfnis an der Erledigung der vorliegenden Beschwerde fortbestehe.

Der Beschwerdeführer bringt in seiner Äußerung vom 28. Dezember 2001 vor, dass nach wie vor sein Rechtschutzbedürfnis bestehe. Bislang sei im vorliegenden Beschwerdeverfahren weder eine Klaglosstellung des Beschwerdeführers erfolgt noch habe dieser die Beschwerde zurückgezogen. Durch die Beschwerde seien ihm Kosten in Gestalt der Pauschalgebühren und des an seinen Rechtsvertreter zu leistenden Honorars entstanden. Der Beschwerdeführer habe daher nach wie vor insofern ein Rechtschutzbedürfnis, als ihm ein Ersatz seiner Kosten bzw. seines Aufwandes für das Verfahren nicht zugesprochen worden sei. Bislang sei der angefochtene Bescheid weder beseitigt worden noch sei inhaltlich eine Sachentscheidung über die Aufwandentschädigung getroffen worden. Der Beschwerdeführer sehe sich dadurch beschwert, dass über seinen Antrag vom 31. Jänner 1997 nach wie vor keine Entscheidung vorliege. Die zur Entscheidung zuständige Behörde warte offenkundig auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes und werde daher das Verfahren zu einem früheren Zeitpunkt nicht fortsetzen. Ein Rechtschutzbedürfnis bestehe auch deswegen, weil dem Recht des Beschwerdeführers auf bescheidmäßige Erledigung seines Antrages nicht entsprochen worden sei.

Die belangte Behörde bringt in ihrer Stellungnahme vom 2. Jänner 2002 vor, dass aus ihrer Sicht im Hinblick auf den in der Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes dargelegten Sachverhalt kein Rechtschutzbedürfnis des Beschwerdeführers an der Erledigung seiner Beschwerde erkannt werden könne, weil einer allfälligen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die Rechtmäßigkeit einer Aussetzung nur mehr theoretische Bedeutung zukommen könne. Abschließend verweist die belangte Behörde darauf, dass sie durch zwischenzeitliche Änderungen des Poststrukturgesetzes nicht mehr als oberste Dienstbehörde zuständig sei.

Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde. Wie der Verwaltungsgerichtshof dazu in ständiger Rechtsprechung erkennt, tritt eine Klaglosstellung nur dann ein, wenn der beim Verwaltungsgerichtshof angefochtene Bescheid formell aufgehoben wird. Wurde hingegen der angefochtene Bescheid durch keinen formellen Akt aus dem Rechtsbestand beseitigt, kann eine zur Verfahrenseinstellung führende Gegenstandslosigkeit der Beschwerde auch dann eintreten, wenn durch Änderung maßgebender Umstände das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt. Es ist nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichtshofes, in einer Beschwerdesache zu entscheiden, wenn der Entscheidung nach der Sachlage praktisch überhaupt keine Bedeutung mehr zukommt (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 4. Juli 2001, Zl. 98/12/0233, mwN).

Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Beschwerdefall gegeben:

Verfahrensgegenstand ist die mit dem angefochtenen Bescheid im Hinblick auf das damals anhängige Verfahren beim Verfassungsgerichtshof (betreffend die angebliche Verwendungsänderung des Beschwerdeführers) verfügte Aussetzung des Verfahrens.

Ausgehend davon, dass der Verfassungsgerichtshof mit dem zitierten Beschluss vom 30. November 1999 die Beschwerde gegen den Bescheid des beim Vorstand der Post und Telekom Austria AG eingerichteten Personalamtes vom 11. März 1997 - betreffend die Frage der Betrauung des Beschwerdeführers mit der Leitung des Personalamtes Innsbruck bzw. seiner späteren Abberufung - zurückwies (und somit auch eine Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ausscheidet), kann der angefochtene Bescheid keine Rechtswirkungen mehr entfalten (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, (1998) unter E 131 zu § 38 AVG zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

Auch die vom Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 28. Dezember 2001 aufgezeigten Gesichtspunkte vermögen ein rechtliches Interesse an einer Entscheidung über seine Beschwerde gegen den Aussetzungsbescheid nicht darzutun, ist doch von seinem geltend gemachten Interesse am Kostenersatz ein Interesse an der Kassation des angefochtenen Bescheides, das einzig ausschlaggebend wäre, genauso zu unterscheiden wie die Frage des Rechtes auf Sachentscheidung in dem ausgesetzten Verfahren. Dadurch, dass der angefochtene Bescheid keine Rechtswirkungen mehr entfalten kann, steht er einer allfälligen Sachentscheidung über die Aufwandsentschädigung auch nicht mehr entgegen, sodass einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über den angefochtenen Bescheid nur mehr theoretische Bedeutung zukäme. Auch durch eine Aufhebung des in seinen Rechtswirkungen erschöpften Bescheides über die Aussetzung würde sich die verfahrensrechtliche Stellung des Beschwerdeführers im Verfahren über seine Aufwandsentschädigung nicht ändern, insbesondere bliebe sein Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung seines Antrages auf Aufwandentschädigung hievon unberührt.

Die vorliegende Beschwerde war daher in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. b VwGG gebildeten Senat für gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 1 und 2, § 59 und § 58 Abs. 2 erster Satz VwGG (in der Fassung BGBl. I Nr. 88/1997) in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501.

Im Hinblick darauf, dass der Bescheid des beim Vorstand der Post und Telekom Austria AG eingerichteten Personalamtes vom 11. März 1997 durch die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (verbunden mit dem Eventualantrag auf Abtretung der Beschwerde) seiner Rechtskraft(-wirkung) nicht entkleidet wurde, lag bereits eine rechtskräftige Entscheidung der Verwaltungsbehörde vor, sodass es jedenfalls an einer Voraussetzung für die Anwendung des § 38 AVG mangelte. Die möglichen Auswirkungen einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes (allenfalls des Verwaltungsgerichtshofes) über eine bei ihm anhängige Bescheidbeschwerde, in der die Rechtmäßigkeit des bei ihm angefochtenen Bescheides zu prüfen war, auf den Ausgang eines anderen Verwaltungsverfahrens berechtigte die belangte Behörde nicht, in diesem Verfahren § 38 AVG anzuwenden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1992, Zl. 91/12/0255, mwN).

Aus der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt - ohne unverhältnismäßigen Aufwand im Sinn des § 58 Abs. 2 zweiter Satz VwGG -, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben gewesen wäre. Demnach sind dem Beschwerdeführer die beantragten Kosten zuzusprechen.

Zur Kostenträgerschaft des Bundes wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 2001, Zl. 94/12/0048, verwiesen.

Die im Betrag von S 2.500,-- entrichtete Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG war im Betrag von EUR 181,68 zuzusprechen.

Für die Zustellung dieses Beschlusses - und für die Fortführung des Verfahrens über die Aufwandsentschädigung - wird bemerkt, dass gemäß der am 1. Jänner 1999 in Kraft getretenen Übergangsbestimmung des § 21 Abs. 2 PTSG an dem genannten Tag anhängige Dienstrechtsverfahren von der am 31. Dezember 1998 zuständigen Dienstbehörde weiter zu führen sind. Da der Aussetzungs-Bescheid die Anhängigkeit des Verfahrens über die Aufwandsentschädigung unberührt ließ, blieb die belangte Behörde für dieses Verfahren zuständig.

Wien, am 30. Jänner 2002

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