VwGH 2001/17/0082

VwGH2001/17/008224.10.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerden 1. der VP und

2. des Mag. AP, beide in L, beide vertreten durch Rechtsanwälte Neudorfer Griensteidl Hahnkamper Stapf & Partner in 1010 Wien, Eßlinggasse 9, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 10. April 2001, Zl. 17.314/97-I A 7c/01, betreffend Kulturpflanzenausgleich und EU-Hartweizenzuschlag, jeweils der Ernte 1999, zu Recht erkannt:

Normen

31992R3508 Integriertes Verwaltungssystem Beihilferegelungen Art1 Abs1 lita;
31992R3508 Integriertes Verwaltungssystem Beihilferegelungen Art1 Abs4;
31992R3508 Integriertes Verwaltungssystem Beihilferegelungen Art1;
31992R3508 Integriertes Verwaltungssystem Beihilferegelungen Art2 litd;
31992R3508 Integriertes Verwaltungssystem Beihilferegelungen Art6;
31992R3887 gemeinschaftliche Beihilferegelungen DV Art2 Abs2;
ABGB §1175;
ABGB §26;
ABGB §916 Abs1;
AMA-Gesetz 1992 §29 Abs1;
AVG §8;
AVG §9;
EGVG 2008 Art2 Abs4;
31992R3508 Integriertes Verwaltungssystem Beihilferegelungen Art1 Abs1 lita;
31992R3508 Integriertes Verwaltungssystem Beihilferegelungen Art1 Abs4;
31992R3508 Integriertes Verwaltungssystem Beihilferegelungen Art1;
31992R3508 Integriertes Verwaltungssystem Beihilferegelungen Art2 litd;
31992R3508 Integriertes Verwaltungssystem Beihilferegelungen Art6;
31992R3887 gemeinschaftliche Beihilferegelungen DV Art2 Abs2;
ABGB §1175;
ABGB §26;
ABGB §916 Abs1;
AMA-Gesetz 1992 §29 Abs1;
AVG §8;
AVG §9;
EGVG 2008 Art2 Abs4;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit einem "Mehrfachantrag-Flächen 1999" vom 10. Mai 1999 beantragte der Zweitbeschwerdeführer als "Vertreter" unter Verwendung einer Firmenstampiglie "D-Hof L Mag. A und VP", welches Gebilde in diesem Antrag als Gesellschaft nach bürgerlichem Recht bezeichnet wird, u.a. die Zuerkennung des Kulturpflanzenausgleiches nach der allgemeinen Regelung (mit Stilllegung) sowie die Zuerkennung des EU-Hartweizenzuschlages.

Mit einem "Mehrfachantrag-Flächen 1999" vom 12. Mai 1999 beantragte der Zweitbeschwerdeführer, ebenfalls als "Vertreter" unter Verwendung der Firmenstampiglie "Biologischer Land- und Forstwirtschaftsbetrieb U-Dorf Mag. AP GesnbR" unter anderem die Zuerkennung des Kulturpflanzenausgleiches nach der allgemeinen Regelung (mit Stilllegung).

Auf Grund dieser Anträge adressierte der Vorstand für den Geschäftsbereich II der AMA am 28. Oktober 1999 an "PV und Mag. A" zwei Bescheide; in dem einen Bescheid wurde ihnen ein EU-Hartweizenzuschlag in der Höhe von EUR 3.159,06, im anderen Bescheid wurde ihnen ein Kulturpflanzenausgleich im Rahmen der allgemeinen Regelung in der Höhe von EUR 83.333,95 gewährt. Die Zustellung je einer Ausfertigung dieser Bescheide erfolgte an die Beschwerdeführer in jeweils an sie als natürliche Personen adressierten Rückscheinbriefen.

In der Begründung dieser Bescheide wird zunächst die Berechnung der Förderbeträge der Höhe nach aufgeschlüsselt. Sodann heißt es in den beiden Bescheiden weiters, die Beschwerdeführer hätten getrennte Anträge für mehrere Betriebe gestellt. Im Hinblick auf die Bestimmungen des Art. 1 Abs. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 und des Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 sei vom Vorliegen eines einzigen Betriebes mit mehreren Produktionseinheiten auszugehen. Die getrennt gestellten Anträge seien daher rechnerisch zusammengeführt worden.

Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer Berufung, in welcher sie ausführten, die Anträge vom 10. bzw. vom 12. Mai 1999 seien von getrennten Betrieben gestellt worden. Insbesondere wiesen die als Inhaber der jeweiligen Betriebe genannten Gesellschaften nach bürgerlichem Recht unterschiedliche Eigentümerstrukturen auf. Weiters wurde ausgeführt, dass der Betrieb in L Ackerbau mit Schwerpunkt auf Tierhaltung nach biologisch-dynamischen Richtlinien durchführe, während der Ackerbaubetrieb in U nach organisch-biologischen Grundsätzen arbeite und ausschließlich Getreide und Gemüse anbaue. Weiters wurde vorgebracht, dass die Rechtsnachfolger der derzeitigen Eigentümer der beiden Betriebe in Zukunft ebenfalls unterschiedlich sein würden und nichts miteinander zu tun hätten. Die Betriebe seien mit zwei Hauptbetriebsnummern versehen, hätten beim Finanzamt zwei unterschiedliche Steuernummern und seien gebäudemäßig und geografisch vollkommen getrennt. Mitarbeiter seien entweder bei dem einen oder bei dem anderen Betrieb angestellt. Jeder Betrieb verfüge über einen eigenen Maschinenpark. Die jeweiligen Mitarbeiter würden auch gesondert eingeschult bzw. ausgebildet. Die derzeitige Eigentümerstruktur sei nicht unmittelbar vor Österreichs Eintritt in die Europäischen Gemeinschaften bewirkt worden, sondern bestehe schon seit mehr als eineinhalb Jahrzehnten. Die Eigentümerstruktur der in Rede stehenden Gesellschaften sei daher nicht etwa im Hinblick darauf geschaffen worden, Betriebsteilungen zur Erlangung höherer Förderungen vorzunehmen.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 10. April 2001 wies diese - nach Durchführung von Erhebungen hinsichtlich der Eigentümerstruktur der von den Beschwerdeführern als getrennte Betriebe angesehenen Produktionseinheiten in L bzw. in U - deren Berufung gegen die erstinstanzlichen Bescheide vom 28. Oktober 1999 gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

Begründend führte die belangte Behörde nach Schilderung des Verfahrensganges und der angewendeten Verordnungsbestimmungen aus, die erstinstanzlichen Bescheide seien lediglich im Hinblick auf die Zusammenrechnung der beiden in Rede stehenden Produktionsstätten angefochten worden. Die zahlenmäßige Feststellung des Kulturpflanzenausgleichs sowie des EU-Hartweizenzuschlages sei hingegen nicht angefochten worden. Weiters sei ausdrücklich festzuhalten, dass die Beurteilung, ob die genannten Betriebe zusammenzurechnen oder jeweils als getrennte Betriebe zu behandeln seien, keinerlei Auswirkung auf die Höhe des Kulturpflanzenausgleichs des Jahres 1999 sowie die Höhe des EU-Hartweizenzuschlags 1999 habe.

Es sei daher ausschließlich zur Frage des Betriebsbegriffes Stellung zu nehmen. Die belangte Behörde vertrat in diesem Zusammenhang zunächst die Auffassung, die in den Anträgen als Betriebsinhaber angeführten Gesellschaften nach bürgerlichem Recht verfügten über keine Rechtspersönlichkeit. Bei der Prüfung der "Bewirtschaftersituation" sei daher nicht auf die Gesellschaften, sondern auf die Gesellschafter derselben abzustellen. In den folgenden Ausführungen ging die belangte Behörde dann davon aus, dass die Eigentümerstruktur der beiden Gesellschaften nach bürgerlichem Recht unterschiedlich sei. An der die Produktionsstätte L betreibenden Gesellschaft seien beide Beschwerdeführer sowie eine dritte Person beteiligt. An der die Produktionsstätte U betreibenden Gesellschaft seien nach dem Berufungsvorbringen der Zweitbeschwerdeführer sowie zwei weitere Personen beteiligt. Freilich seien die beiden nunmehr als Mitgesellschafter des Zweitbeschwerdeführers bezeichneten Personen nach dem Tod ihrer Mutter im Februar 1994 an deren Stelle in die ursprünglich von der Mutter mit dem Zweitbeschwerdeführer geführte Zweimanngesellschaft eingetreten. § 1207 ABGB sehe jedoch die Auflösung von Zweimanngesellschaften nach dem Tod eines Gesellschafters vor. Nach dem Tod der Mutter der beiden Mitgesellschafter sei die Gewinnverteilung in einer näher dargestellten Form neu geregelt worden. Entscheidend sei, dass dem Zweitbeschwerdeführer in beiden Gesellschaften nach bürgerlichem Recht eine "dominierende Stellung" zukomme. Auch führe er persönlich diese Betriebe. Die bloße Konstruktion zweier namentlich unterschiedlicher Gesellschaften nach bürgerlichem Recht führe aber nicht per se zur Annahme zweier Betriebe im Sinne der INVEKOS-Regelung. Es sei daher im europarechtlichen Verständnis nicht von einer unterschiedlichen Betriebsinhabersituation hinsichtlich der beiden Produktionsstätten auszugehen. Dem Gemeinschaftsrecht komme gegenüber dem nationalen Recht Priorität zu. Der Sinn der Förderungsvorschriften des Gemeinschaftsrechtes bestehe darin, sämtliche Produktionseinheiten eines Betriebsinhabers für Zwecke der Beihilfengewährung zusammenzuführen, um die Umgehung von Beihilfebeschränkungen hintanzuhalten. Dabei werde auf faktische Umstände der Bewirtschaftung und nicht auf den rechtlichen Status einer Vereinigung auf Grund der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften abgestellt. Im Übrigen sei auch die Trennung der Bewirtschaftung der beiden Produktionsstätten nicht vollständig durchgeführt worden. Insbesondere seien bei Arbeitsspitzen Arbeiten von Beschäftigten der einen Produktionsstätte mit Maschinen der jeweils anderen Produktionsstätte durchgeführt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Aus den unter "Beschwer" erstatteten Ausführungen ergibt sich, dass sich die Beschwerdeführer in ihren Rechten ausschließlich durch die auch in der Begründung des angefochtenen Bescheides vertretene Auffassung der belangten Behörde, bei den Produktionseinheiten L und U handle es sich um einen einheitlichen Betrieb, verletzt erachten. Die Beschwerdeführer machen inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides mit dem Antrag geltend, ihn aus diesem Grunde aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Art. 1 Abs. 1 lit. a und Abs. 4, Art. 2 lit. d und Art. 6 der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 des Rates vom 27. November 1992 zur Einführung eines integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen lauten:

"Artikel 1

(1) Jeder Mitgliedstaat richtet ein integriertes Verwaltungs-

und Kontrollsystem - nachstehend 'integriertes System' genannt -

ein, und zwar

a) im Sektor der pflanzlichen Produktion für

- die Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter

landwirtschaftlicher Kulturpflanzen gemäß der Verordnung (EWG)

Nr. 1765/92,

...

(4) Unbeschadet spezifischer Bestimmungen im Rahmen der in Absatz 1 vorgesehenen Regelungen bedeutet im Sinne dieser Verordnung:

- 'Betrieb': die Gesamtheit der vom Betriebsinhaber

verwalteten Produktionseinheiten, die sich im Hoheitsgebiet eines

Mitgliedstaates befinden;

...

Artikel 2

Das integrierte System umfasst folgende Bestandteile:

...

d) Beihilfeanträge,

...

Artikel 6

(1) Ein Betriebsinhaber kann eine oder mehrere Gemeinschaftsregelungen gemäß dieser Verordnung nur in Anspruch nehmen, wenn er für jedes Jahr einen Beihilfeantrag 'Flächen' abgibt, der folgende Angaben enthält:

- landwirtschaftlich genutzte Parzellen,

einschließlich Futterflächen, landwirtschaftlich genutzte

Parzellen, die Gegenstand einer Flächenstilllegungsregelung sind,

und Brachflächen;

- gegebenenfalls alle sonstigen erforderlichen

Angaben, die entweder in den Vorschriften über die

Gemeinschaftsregelungen oder von dem betreffenden Mitgliedstaat

vorgesehen sind."

Die vorliegenden Beihilfenanträge vom 10. Mai 1999 bzw. vom 12. Mai 1999 wurden namens verschiedener Gesellschaften nach bürgerlichem Recht gestellt.

Es war daher zunächst zu prüfen, ob diesen Gesellschaften als solchen im Verfahren zur Erlangung der Beihilfen Parteistellung zukam.

Gemäß § 29 Abs. 1 des AMA-Gesetzes 1992, BGBl. Nr. 376, in Verbindung mit Art. II Abs. 4 EGVG hatten die Verwaltungsbehörden vorliegendenfalls das AVG anzuwenden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 17. August 1998, Zl. 98/17/0020).

Die Frage der persönlichen Rechtsfähigkeit - welche im Bereich des Verfahrensrechts Parteifähigkeit heißt - und Handlungsfähigkeit von Beteiligten ist von der Behörde, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, gemäß § 9 AVG nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Parteifähigkeit bestimmt sich somit primär nach den Verwaltungsvorschriften. Nur wenn diese keine Bestimmungen enthalten, sind subsidiär die Normen des bürgerlichen Rechts maßgebend. Im Bereich des Verwaltungsverfahrens kann also auch Gebilden, denen nach bürgerlichem Recht keine Rechtsfähigkeit zukommt, Parteifähigkeit und somit eine partielle Rechtsfähigkeit zukommen (vgl. hiezu etwa den hg. Beschluss vom 14. September 2001, Zl. 2001/19/0068, und das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1993, Zl. 92/17/0172).

Der belangten Behörde ist nun zuzubilligen, dass einer Gesellschaft nach bürgerlichem Recht nach herrschender Auffassung im Bereich des Zivilrechts keine Rechtsfähigkeit zukommt (vgl. hiezu Strasser in Rummel II2, Rz 13 zu § 1175 ABGB).

Vorliegendenfalls treffen jedoch die Verwaltungsvorschriften des Art. 1 Abs. 1 lit. a und Abs. 4 im Zusammenhalt mit Art. 2 lit. d und Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 eine abweichende Anordnung. Nach Art. 1 Abs. 1 lit. a dieser Verordnung hat der Mitgliedstaat ein integriertes Verwaltungs- und Kontrollsystem im Sektor der pflanzlichen Produktion u.a. für die Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen einzurichten. Ein Bestandteil des integrierten Systems sind nach Art. 2 lit. d die Beihilfeanträge. Art. 6 der Verordnung sieht die Antragstellung auf Förderung der einzelnen Förderungsobjekte durch den Betriebsinhaber vor. Betriebsinhaber wiederum sind nach Art. 1 Abs. 4 dieser Verordnung physische oder juristische Personen oder Vereinigungen von physischen oder juristischen Personen, ohne dass es auf den rechtlichen Status dieser Vereinigungen und ihrer Mitglieder auf Grund der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften ankommt. Die Anführung von Vereinigungen natürlicher oder juristischer Personen als eigenen Fall eines "Betriebsinhabers" in Art. 1 Abs. 4 dieser Verordnung macht jedoch nur dann Sinn, wenn es sich bei dieser Vereinigung nicht ihrerseits um eine juristische Person handeln würde. Es kann folglich keinem Zweifel unterliegen, dass die Vereinigung natürlicher Personen zu einer Gesellschaft nach bürgerlichem Recht zum Zwecke der Führung eines landwirtschaftlichen Betriebs unter den dritten Fall des Art. 1 Abs. 4 der in Rede stehenden Verordnung fällt und damit als "Betriebsinhaber" in Betracht kommt. Dem "Betriebsinhaber" ist aber das Antragsrecht und damit auch die Parteifähigkeit im Verfahren zur Erlangung einer Beihilfe im Rahmen der Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen eingeräumt.

Da wiederum der Betrieb die Gesamtheit der vom Betriebsinhaber verwalteten Produktionseinheiten im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates umfasst, ergibt sich, dass Betriebe, die von verschiedenen Gesellschaften nach bürgerlichem Recht als Betriebsinhaber verwaltet werden, keinen einheitlichen Betrieb bilden können.

In diesem Zusammenhang wird vom Verwaltungsgerichtshof nicht verkannt, dass gemäß Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 die Mitgliedstaaten die notwendigen Maßnahmen treffen, um zu vermeiden, dass die Umwandlung bestehender Betriebe oder die Bildung von Betrieben nach dem 30. Juni 1992 zu einer offensichtlich missbräuchlichen Umgehung der Bestimmungen über die Begrenzung des Prämienanspruches oder über die Bedingungen der Flächenstilllegung führt, die im Rahmen der in Art. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 (INVEKOS) genannten Regelungen vorgesehen sind. Die in § 916 Abs. 1 erster Satz ABGB getroffene Anordnung der Nichtigkeit von Scheingeschäften stellt ein solches Instrument dar.

Die in Rede stehenden Anträge wurden - wie oben dargelegt - namens jeweils verschiedener näher bezeichneter Gesellschaften nach bürgerlichem Recht gestellt. Unter der Voraussetzung, dass die Gesellschaften nach innerstaatlichem Recht gültig zu Stande gekommen sind, also nicht auf Scheingeschäften im Sinne des § 916 Abs. 1 erster Satz ABGB beruhten, wäre diesen Gesellschaften selbst die Parteifähigkeit im Verwaltungsverfahren zugekommen. Diesfalls wären die Verwaltungsbehörden daher gehalten gewesen, gegenüber diesen Gesellschaften eine materielle Entscheidung über die von ihnen gestellten Beihilfenanträge zu treffen. Im Falle der Stattgebung der Anträge träfen auch die damit korrespondierenden Obliegenheiten die jeweiligen Gesellschaften.

Wären die Gesellschaften, in deren Namen die Anträge gestellt wurden, jedoch nach innerstaatlichem Recht nicht als Gesellschaften nach bürgerlichem Recht zu Stande gekommen, so hätte die erstinstanzliche Verwaltungsbehörde mit einer Zurückweisung dieser - dann namens nicht parteifähiger Gebilde gestellten - Anträge vorzugehen gehabt.

Keinesfalls war die erstinstanzliche Behörde aber berechtigt, auf Grund dieser namens näher genannter Gesellschaften nach bürgerlichem Recht gestellten Anträge Bescheide gegenüber "PV und Mag. A" zu erlassen. Da es keine Hinweise darauf gibt, dass eine Gesellschaft nach bürgerlichem Recht mit dieser Bezeichnung existiert oder im vorliegenden Fall überhaupt eine Rolle spielt, geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass die undeutliche Adressierung in diesem Bescheid dahingehend auszulegen war, dass die erstinstanzliche Behörde Bescheide gegen den Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin jeweils als natürliche Personen erlassen wollte. Für diese Deutung spricht auch die Zustellung dieser Bescheide durch Rückscheinbriefe, welche an beide Beschwerdeführer als individuelle Personen adressiert waren. Die von den Beschwerdeführern als natürliche Personen dagegen eingebrachte Berufung erwies sich daher als zulässig.

Die belangte Behörde als Berufungsbehörde wäre daher gehalten gewesen, die zu Unrecht gegenüber den beiden Beschwerdeführern als natürliche Personen erlassenen erstinstanzlichen Bescheide ersatzlos aufzuheben. Es wäre dann Sache der erstinstanzlichen Behörde gewesen, über die namens der jeweiligen Gesellschaft nach bürgerlichem Recht gestellten Beihilfenanträge, sei es meritorisch, sei es durch Zurückweisung mangels Parteifähigkeit im Falle des Nichtbestehens dieser Gesellschaften, zu entscheiden.

Indem die belangte Behörde die Unzuständigkeit der erstinstanzlichen Behörde zur Erlassung der gegenständlichen Beihilfenbescheide gegenüber den Beschwerdeführern ohne Vorhandensein eines diesbezüglichen Antrages derselben nicht wahrnahm, belastete sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit und verletzte die Beschwerdeführer in ihrem subjektiven Recht auf Einhaltung der Behördenzuständigkeit.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Für das Verfahren vor der erstinstanzlichen Behörde über die Anträge der jeweiligen Gesellschaften sei noch weiters anzumerken, dass allein auf Basis der von der Berufungsbehörde getroffenen Bescheidfeststellungen von einem Scheingeschäft nicht ausgegangen werden könnte. Ein Missbrauch im Verständnis des Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 würde überdies voraussetzen, dass die Bildung dieser Betriebe (durch Umwandlung) in einem zeitlichen Naheverhältnis zum Inkrafttreten von Bestimmungen über die Begrenzung von Prämienansprüchen oder über die Bedingungen der Flächenstilllegung für die Republik Österreich erfolgt wäre. In Ansehung der Ausführungen der Berufungsbehörde zum Betrieb U ist festzuhalten, dass § 1207 ABGB zwar vorsieht, dass eine Zweimanngesellschaft durch den Tod eines Gesellschafters erlischt. Dadurch wird aber nicht ausgeschlossen, dass zwischen dem verbleibenden Gesellschafter und den Erben des verstorbenen Gesellschafters die Fortführung der Gesellschaft vereinbart werden kann. Die von der belangten Behörde getroffene Feststellung über eine zwischen den Erben und dem Zweitbeschwerdeführer getroffene Vereinbarung über die Gewinnaufteilung würde auf eine solche Fortführung hindeuten, sodass der Hinweis auf § 1207 erster Satz ABGB nicht ausreichen würde, um das Nichtbestehen der Gesellschaft, namens derer der Antrag vom 12. Mai 1999 gestellt wurde, zu begründen. Diese in zeitlicher Nähe zum Beitritt Österreichs getroffene Fortsetzungsvereinbarung könnte wiederum nur dann als rechtsmissbräuchlich im Verständnis des Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 angesehen werden, wenn für sie im Wesentlichen keine anderen Gründe sprächen als die Erlangung höherer Agrarprämien.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 24. Oktober 2001

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