Normen
ABGB §26;
AVG §8;
AVG §9;
Statut Linz 1992 §69;
VwGG §34 Abs1;
ABGB §26;
AVG §8;
AVG §9;
Statut Linz 1992 §69;
VwGG §34 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Am 1. Juni 2001 erließ der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz einen Bescheid, dessen Spruch wie folgt lautet:
"Der Antrag der Bürgerinitiative gemäß § 69 StL 1992 i.d.g.F. 'Neue Galerie - Verfügung eines Baustopps und neuerliche Standort-Diskussion', unterfertigt von Frau Mag. J (der Beschwerdeführerin), ..., für die Bürgerinitiative, unter gleichzeitiger Namhaftmachung von Herrn Dr. R, ..., als Bevollmächtigten, vom 18.5.2001 auf Einleitung des Verfahrens einer Bürgerinitiative 'Neue Galerie - Verfügung eines Baustopps und neuerliche Standort-Diskussion' gem. § 69 StL 1992 i.d.g.F. wird gemäß § 69 Abs. 4 StL 1992 i.d.g.F. und § 5 der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom 29.4.1993 betreffend die Neufassung der Verordnung über die Durchführung von Bürgerinitiativen, Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz Nr. 10/1993, als unzulässig zurückgewiesen."
Der Bescheid enthält den Betreff "Bürgerinitiative 'Neue Galerie - Verfügung eines Baustopps und neuerliche Standort-Diskussion'; Verlangen gem. § 69 StL 1992 i.d.g.F.".
Die Zustellungsverfügung des in Rede stehenden Bescheides lautet:
"Ergeht an:
Bürgerinitiative 'Neue Galerie - Verfügung eines Baustopps
und neuerliche Standort-Diskussion' z.Hd.
1. Antragstellerin:
Frau Mag. J
...
2. Zustellungsbevollmächtigter:
Herr Dr. R
..."
In der Begründung dieses Bescheides heißt es, mit Schreiben vom 15. März 2001 habe die Beschwerdeführerin für die Bürgerinitiative die Einleitung einer Bürgerinitiative "Kunstmuseum Lentos" begehrt. In diesem Zusammenhang seien 70 Eintragungslisten im Original vorgelegt worden. Dieses Begehren sei mit Bescheid der belangten Behörde vom 26. März 2001 als unzulässig zurückgewiesen worden, wobei festgestellt worden sei, dass lediglich 606 zählbare Unterstützungen im Sinne des § 69 Abs. 3 des Statutes für die Landeshauptstadt Linz, LGBl. Nr. 7/1992 (im Folgenden: StL), vorgelegen seien. Dieser Bescheid sei in Rechtskraft erwachsen.
Mit Schreiben vom 18. Mai 2001 habe die Beschwerdeführerin für die Bürgerinitiative die Einleitung einer Bürgerinitiative "Neue Galerie - Verfügung eines Baustopps und neuerliche Standort-Diskussion" begehrt. Der den Antrag unterzeichnenden Personenmehrheit komme als solcher Parteistellung im Verfahren gemäß § 69 StL und damit in diesem Bereich Parteifähigkeit (Rechtsfähigkeit) zu, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15. November 2000, Zl. 99/01/0324, ausgeführt habe. Gleichzeitig sei in diesem Schreiben Dr. R als Bevollmächtigter genannt. Die antragstellende Bürgerinitiative habe die Auffassung vertreten, der Antrag sei von 842 Unterfertigern unterstützt worden.
In der Folge legte die belangte Behörde mit näherer Begründung dar, dass sie die Auffassung vertrete, bei der Antragstellung vom 18. Mai 2001 handle es sich um eine neue Bürgerinitiative, welche sich von jener unterscheide, die mit Bescheid vom 26. März 2001 als unzulässig zurückgewiesen worden war. Mit näherer Begründung gelangte die belangte Behörde weiters zum Ergebnis, die Bürgerinitiative enthalte lediglich 171 Unterschriften von Bürgern im Verständnis des § 69 Abs. 3 StL. Die Bürgerinitiative sei daher gemäß § 69 Abs. 4 StL als unzulässig zurückzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde der Beschwerdeführerin vor dem Verwaltungsgerichtshof.
Die Beschwerde ist aus folgenden Erwägungen unzulässig:
§ 69 StL lautet:
"§ 69
Bürgerinitiative
(1) Das Recht der Bürgerinitiative umfasst das Verlangen auf Erlassung, Abänderung oder Aufhebung von Beschlüssen des Gemeinderates in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Stadt.
(2) Die Bestellung der Organe der Stadt, Personalangelegenheiten, Abgaben, Entgelte (Tarife), behördliche Entscheidungen und Verfügungen sowie Verordnungen können nicht Gegenstand einer Bürgerinitiative sein.
(3) Der Antrag muss schriftlich eingebracht werden, die betreffende Angelegenheit genau bezeichnen, hat eine Begründung zu enthalten und muss von mindestens 800 Bürgern unterschrieben sein. Der Antrag hat ferner die Bezeichnung eines (einer) zur Vertretung der Antragsteller (Antragstellerinnen) Bevollmächtigten (Familien- und Vorname, Geburtsdatum, Wohnadresse) zu enthalten.
(4) Entspricht eine Bürgerinitiative nicht den Erfordernissen nach Abs. 1 bis 3, so hat sie der (die) Bürgermeister (Bürgermeisterin) binnen zwei Wochen mit schriftlichem Bescheid als unzulässig zurückzuweisen.
(5) Entspricht eine Bürgerinitiative den Erfordernissen nach Abs. 1 bis 3, so hat der (die) Bürgermeister (Bürgermeisterin) binnen zwei Wochen die Einbringung der Bürgerinitiative unter Anführung ihres Wortlautes durch öffentlichen Anschlag an den Amtstafeln während zweier Wochen sowie überdies in ortsüblicher Weise mit dem Hinweis kundzumachen, dass es allen Bürgern (Bürgerinnen) freisteht, sich der Bürgerinitiative binnen vier Wochen vom Tag der Kundmachung an durch Eintragung ihres Familien- und Vornamens, ihres Geburtsdatums, ihrer Wohnadresse und ihrer Unterschrift in die beim Magistrat aufzulegenden Eintragungslisten anzuschließen.
(6) Jeder Antrag gemäß Abs. 1 und 3, dem sich gemäß Abs. 5 weitere 3.000 Bürger angeschlossen haben, ist vom (von der) Bürgermeister (Bürgermeisterin) dem Gemeinderat zur geschäftsordnungsgemäßen Behandlung vorzulegen.
(7) Im übrigen ist die Durchführung der Bürgerinitiative unter sinngemäßer Bedachtnahme auf das O.ö. Bürgerrechtsgesetz durch Verordnung des Gemeinderates mit der Maßgabe zu regeln, dass das Eintragungsverfahren vom (von der) Bürgermeister (Bürgermeisterin) im eigenen Wirkungsbereich der Stadt und das Ermittlungsverfahren von der Stadtwahlbehörde, die nach der O.ö. Kommunalwahlordnung für die Wahl des Gemeinderates eingerichtet ist, durchzuführen ist.
(8) § 55 Abs. 1 des O.ö. Bürgerrechtsgesetzes ist sinngemäß anzuwenden."
Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges.
Voraussetzung für das Vorliegen der Beschwerdelegitimation ist also, dass der angefochtene Bescheid gegenüber der Beschwerdeführerin erlassen wurde.
Dies ist jedoch nicht der Fall, weil die belangte Behörde nach dem ausdrücklichen Inhalt ihrer Zustellverfügung den Bescheid nicht an die Beschwerdeführerin, sondern vielmehr an die Bürgerinitiative "Neue Galerie - Verfügung eines Baustopps und neuerliche Standort-Diskussion", dies zu Handen sowohl der Beschwerdeführerin als auch des Zustellbevollmächtigten Dr. R, verfügt hat. Die Zustellung dieses Bescheides an die Beschwerdeführerin erfolgte daher in der von der belangten Behörde angenommenen Eigenschaft der Beschwerdeführerin als (neben dem namhaft gemachten Zustellbevollmächtigten weitere) Vertreterin der genannten Bürgerinitiative.
Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend erkannte, kommt im Verfahren gemäß § 69 Abs. 4 StL der Bürgerinitiative selbst Parteistellung zu:
Die Frage der persönlichen Rechtsfähigkeit - welche im Bereich des Verfahrensrechts Parteifähigkeit heißt - und Handlungsfähigkeit von Beteiligten ist von der Behörde, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht Anderes bestimmt ist, gemäß § 9 AVG nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Parteifähigkeit bestimmt sich somit primär nach den Verwaltungsvorschriften. Nur wenn diese keine Bestimmungen enthalten, sind subsidiär die Normen des bürgerlichen Rechts maßgebend. Im Bereich des Verwaltungsverfahrens kann also auch Gebilden, denen nach bürgerlichem Recht keine Rechtsfähigkeit zukommt - wie z.B. "Bürgerinitiativen" ohne vereinsmäßige Organisation -, Parteifähigkeit und somit eine partielle Rechtsfähigkeit zukommen. Gemäß § 69 StL handelt es sich bei einer "Bürgerinitiative" um einen von mindestens 800 Personen unterfertigen Antrag auf Beschlussfassung im Gemeinderat. Die Unterfertiger haben einen Vertreter namhaft zu machen. Bei Fehlen der - formellen und materiellen - Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 bis Abs. 3 StL ist "die Bürgerinitiative" zurückzuweisen. Die Durchführung der "Bürgerinitiative" ist gemäß § 69 Abs. 7 StL unter Bedachtnahme auf das O.ö. Bürgerrechtsgesetz, LGBl. Nr. 44/1994, durch Verordnung des Gemeinderates zu regeln. Nach § 47 Abs. 1 des O.ö. Bürgerrechtsgesetzes kann der "Zustellbevollmächtigte" der Unterzeichner einer - mit der "Bürgerinitiative" gemäß § 69 StL vergleichbaren - "Landesverwaltungs-Initiative" u.a. Einspruch gegen die Feststellung der Gesamtzahl der Unterstützungsunterschriften erheben. Aus diesen Regelungen ergibt sich, dass der Gesetzgeber der den Antrag unterzeichnenden Personenmehrheit als solcher Parteistellung im Verfahren gemäß § 69 StL und damit in diesem Bereich Parteifähigkeit (Rechtsfähigkeit) eingeräumt hat. Bei einer "Bürgerinitiative" gemäß § 69 StL handelt es sich nämlich um ein Mittel der direkten Demokratie, dem nur dann Bedeutung zukommen soll, wenn eine größere Anzahl von Personen dahinter steht. Der Antrag muss daher von mindestens 800 - durch einen gemeinsamen Vertreter repräsentierten - Bürgern, die damit mit einheitlichem Willen auftreten, unterschrieben werden. Beim Recht der "Bürgerinitiative" gemäß § 69 StL handelt es sich daher nicht um ein Recht jedes einzelnen Unterzeichners, sondern um das Recht aller Unterzeichner in ihrer Gesamtheit. Daraus folgt, dass auch die Parteienrechte im Verfahren gemäß § 69 StL einschließlich der Anfechtung von Bescheiden nach dieser Gesetzesbestimmung vor dem Verwaltungsgerichtshof nur der Personenmehrheit als solcher und nicht den einzelnen Personen zukommen soll (vgl. hiezu das zur entsprechenden Bestimmung des § 69 des Statutes für die Stadt Steyr ergangene hg. Erkenntnis vom 15. November 2000, Zl. 99/01/0324, mit weiteren Hinweisen).
An diesem Ergebnis vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die belangte Behörde hier das Vorliegen der Voraussetzungen des § 69 Abs. 3 StL verneinte, zumal gerade dies nach Abs. 4 leg. cit. die Zurückweisung "der Bürgerinitiative" als unzulässig zur Folge hat. Die Bürgerinitiative genießt daher auch im Streit darüber Parteistellung, ob sie die Voraussetzung, von mindestens 800 Bürgern unterschrieben zu sein, erfüllt oder nicht.
Die belangte Behörde hat daher ihren Bescheid zu Recht an die Bürgerinitiative und nicht etwa an einzelne Unterzeichner der Bürgerinitiative, wie die Beschwerdeführerin, gerichtet.
Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass zwischen der Beschwerdeführerin und der genannten Bürgerinitiative etwa Identität bestünde, hat erstere doch den gegenständlichen Antrag nicht im eigenen Namen, sondern im Namen der genannten Bürgerinitiative, die ihrerseits aus einer - zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens strittigen - Zahl von Unterzeichnern besteht, gestellt. Der Umstand, dass die belangte Behörde den Bescheid der genannten Bürgerinitiative nicht nur zu Handen des namhaft gemachten Zustellbevollmächtigten, sondern auch zu Handen der Beschwerdeführerin zugestellt hat, führt, wie bereits oben ausgeführt, nicht zu einer Bescheiderlassung gegenüber der Beschwerdeführerin als natürliche Person.
Da der angefochtene Bescheid daher nicht gegenüber der Beschwerdeführerin, sondern gegenüber der genannten Bürgerinitiative ergangen ist, hätte auch nur die genannte Bürgerinitiative Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof erheben können. Die vorliegende Beschwerde war gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 14. September 2001
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