VwGH 2001/15/0057

VwGH2001/15/005727.6.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zehetner, über die Beschwerde der A GmbH in M, vertreten durch Dr. Wolfgang Schimek, Rechtsanwalt in Amstetten, Graben 42, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 24. Februar 2000, Zlen. RV/467- 06/05/99 und RV/24-06/05/2000, betreffend u.a. Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 1994 bis 1998 sowie des hiermit verbundenen Säumniszuschlages, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §22 Z2;
FamLAG 1967 §41 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs3;
EStG 1988 §22 Z2;
FamLAG 1967 §41 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Beschwerdefall ist die Vorschreibung von Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und von Zuschlägen zum Dienstgeberbeitrag samt den hiermit verbundenen Säumniszuschlägen strittig. Die Vorschreibung betraf die in den Jahren 1994 bis 1998 an den wesentlich (zu 100 %) beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer Anton D bezahlten Geschäftsführervergütungen.

Im angefochtenen Bescheid wird ausgeführt, anlässlich von Lohnsteuerprüfungen sei festgestellt worden, dass an den Geschäftsführer Bezüge von 600.000 S (1994), 650.000 S (1995) sowie 700.000 S (1996 bis 1998) ausbezahlt worden seien, ohne den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag hiezu zu entrichten. Die gegen die Abgabenvorschreibung für den Zeitraum 1994 bis 1995 eingebrachte Berufung und die Vorhaltsbeantwortung vom 5. August 1998 führten aus, dass sich der Geschäftsführer in seiner Tätigkeit nicht vertreten lassen könne. Die Entlohnung erfolge in 14 Teilbeträgen von je 50.000 S und sei nicht erfolgsabhängig. Beim Urlaubsanspruch bestehe keine Beschränkung und im Krankheitsfall bestehe Anspruch auf Weiterzahlung der Entlohnung. In der Berufung betreffend die Vorschreibung für den Zeitraum 1996 bis 1998 sei auf den Abschluss eines Werkvertrages hingewiesen worden. Demnach sei der Geschäftsführer an keine Weisungen und keine feste Arbeitszeit gebunden. Er habe keinen Urlaubsanspruch und aus seiner Vertretung dürften der Beschwerdeführerin keine Kosten entstehen. Das Honorar von 700.000 S (ab 1996) sei in monatlichen Teilbeträgen (ohne Sonderzahlungen) auszubezahlen. Die Sozialversicherungsbeiträge nach dem GSVG seien vom Geschäftsführer selbst zu tragen und die Vorschriften über Dienstnehmerschutz und Entgeltfortzahlung nicht anzuwenden.

Im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides wird im Ergebnis die Auffassung vertreten, die Beschäftigung des Geschäftsführers weise ungeachtet seiner gleichzeitigen Eigenschaft als Alleingesellschafter mit Ausnahme der Weisungsgebundenheit sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses im Sinn des § 47 Abs. 2 EStG 1988 auf. Der Gesellschafter-Geschäftsführer erziele aus der Geschäftsführertätigkeit demnach Einkünfte nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988, weshalb er im Sinn der Bestimmung des § 41 Abs. 2 FLAG in der ab dem Jahr 1994 anzuwendenden Fassung Dienstnehmer sei. Dies habe die Pflicht der Beschwerdeführerin ausgelöst, von den Bezügen des Geschäftsführers den Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag abzuführen.

Den auch im Beschwerdefall vom Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG gestellten Antrag auf Aufhebung bestimmter, im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 14. März 2001, G 148/00 u.a., als unzulässig zurückgewiesen, weil er über die vorgetragenen Bedenken bereits in einem anderen Verfahren mit dem Erkenntnis vom 7. März 2001, G 110/0, unter Verweis auf sein Erkenntnis vom 1. März 2001, G 109/00, entschieden hatte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im erwähnten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. März 2001, G 109/00, wurde unter Zitierung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes darauf hingewiesen, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis sind, im Fall der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung zur Bestimmung des durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichneten Typusbegriffes des steuerlichen Dienstverhältnisses verlieren, gehören vor allem folgende: fixe Arbeitszeit, fixer Arbeitsort, arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit, Anwendbarkeit typischer arbeitsrechtlicher Vorschriften wie Arbeits- Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz, sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten (vgl. dazu und zu den folgenden Ausführungen insbesondere die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. April 2001, 2001/14/0052, 2001/14/0054, und vom 10. Mai 2001, 2001/15/0061, jeweils mwN).

Insgesamt stellt somit das in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 für wesentlich beteiligte Gesellschafter normierte Vorliegen der sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses - abgesehen vom hinzuzudenkenden Merkmal der Weisungsgebundenheit - vor allem auf die Kriterien der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft und das Fehlen des Unternehmerwagnisses ab. Von Bedeutung ist noch das Merkmal der laufenden (wenn auch nicht notwendig monatlichen) Entlohnung. Eine laufende Entlohnung liegt auch dann vor, wenn der Jahresbezug nicht in monatlich gleich bleibenden Monatsbeträgen ausbezahlt wird. Ausgehend von diesen Kriterien ist bei Anwendung des § 22 Z 2 Teilstrich 2 leg.cit. zu beurteilen, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die für ein Dienstverhältnis sprechenden Kriterien im Vordergrund stehen.

Um dem gerade bei wesentlich beteiligten Gesellschaftern wegen des häufig vorzufindenden Umstandes des Selbstkontrahierens notwendigen Objektivierungserfordernis Rechnung zu tragen, ist der nach außen in Erscheinung tretenden tatsächlichen Abwicklung der Leistungsbeziehung die wesentliche Bedeutung zuzumessen. Der strittige Steuertatbestand stellt nicht darauf an, welchem Vertragstyp das Zivilrecht das konkrete Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers zuordnet.

Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spricht für diese Eingliederung.

Unternehmerwagnis liegt vor, wenn der Erfolg der Tätigkeit des Steuerpflichtigen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der persönlichen Geschicklichkeit sowie von den Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens abhängt und der Steuerpflichtige für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkommen muss. Auch hier kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Im Vordergrund dieses Merkmales steht, ob den Steuerpflichtigen tatsächlich - in seiner Stellung als Geschäftsführer - das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmensschwankungen trifft. In die Überlegungen einzubeziehen sind auch Wagnisse, die sich aus Schwankungen aus nicht überwälzbaren Ausgaben ergeben.

Wenn in der Beschwerde geltend gemacht wird, dass von der belangten Behörde unberücksichtigt gelassen worden sei, dass "eine völlige wirtschaftliche Identität" zwischen Anton D als Geschäftsführer und als Eigentümer der Beschwerdeführerin bestehe, welche jedenfalls eine von der "Behörde vorgenommene Unterteilung in personaldifferente Dienstgeber- und Dienstnehmerfunktionen" ausschließe, übersieht die Beschwerdeführerin, dass die Rechtsordnung der Beschwerdeführerin als GmbH eigene Rechtspersönlichkeit zubilligt. Aus der Rechtspersönlichkeit der Kapitalgesellschaft leitet sich für das Steuerrecht das Trennungsprinzip ab, das auch steuerlich wirksame Leistungsbeziehungen zwischen dem Gesellschafter (auch dem Alleingesellschafter) und der Kapitalgesellschaft ermöglicht. Der Gesellschafter-Geschäftsführer ist nicht für den eigenen Betrieb, sondern für den der Kapitalgesellschaft und somit für einen fremden Betrieb tätig. Da gerade das Merkmal der Weisungsgebundenheit bei Prüfung der Voraussetzungen des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 auszublenden ist, ist die in der Beschwerde betonte Weisungsfreiheit (mit auch fehlenden Kontrollmechanismen) des Gesellschafter-Geschäftsführers nicht von Bedeutung. Dasselbe gilt auch für die mit der Weisungsungebundenheit in Zusammenhang stehenden Merkmale der freien Arbeitszeit, des fixen Arbeitsortes und der Nichtanwendbarkeit arbeitsrechtlicher Vorschriften wie Urlaubsregelung oder einer Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

Der Verwaltungsgerichtshof kann insgesamt nicht finden, dass die belangte Behörde im Hinblick auf die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin, das Fehlen eines relevanten Unternehmerrisikos und die laufende (zumindest jährliche) Entlohnung zu Unrecht die Betätigung des Geschäftsführers als solche iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 qualifiziert und daraus die Rechtsfolgen hinsichtlich Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag gezogen hätte. Darauf, welchem Vertragstyp das Zivilrecht das konkrete Anstellungsverhältnis zuordnet (die Beschwerde verweist hier auf den in der Berufung betreffend den Zeitraum 1996 bis 1998 angesprochenen Werkvertrag), kommt es - wie erwähnt - nicht entscheidend an.

Die für die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin wesentliche kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung ist im Beschwerdefall unbestritten. Zur Beurteilung des Unternehmerrisikos ist neuerlich auf die notwendige Trennung der Gesellschafts- und Geschäftsführersphäre aufmerksam zu machen. Wirtschaftliche Folgen einer schlechten Geschäftsführung treten auch unabhängig davon ein, ob der Geschäftsführer an der Gesellschaft beteiligt ist oder nicht (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 23. April 2001, 2001/14/0054, mwN). Warum die belangte Behörde zur Annahme hätte kommen müssen, dass die Entlohnung des Gesellschafters-Geschäftsführers tatsächlich "jedenfalls gewinn- bzw. verlustorientiert gestaltet ist und war", zeigt die Beschwerde nicht auf. Soweit die Beschwerde der belangten Behörde zur Frage der laufenden und kontinuierlichen Entlohnung Feststellungsmängel vorwirft, ist etwa auf die Vorhaltsbeantwortung vom 5. August 1998 zu verweisen, die eindeutig eine laufende Entlohnung von 50.000 S (14 mal jährlich) ausweist, wobei eine derartige kontinuierliche erfolgsunabhängige Entlohnung auch der Berufungsschrift betreffend die Jahre 1996 bis 1998 zu entnehmen war (Aufteilung des Jahreshonorars von 700.000 S auf monatliche Teilbeträge). Inwiefern es in diesem Zusammenhang von Bedeutung sein sollte, dass sich der Geschäftsführer etwa am 7. Jänner 1998 einen Bezug für Dezember 1997 von 40.000 S "gewährt" habe, wobei diesbezüglich lediglich 10.000 S bar entnommen worden seien, macht die Beschwerde nicht deutlich (vgl. im Übrigen dazu z.B. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Juli 1999, 99/14/0136). Dass in der Tragung der auf den Geschäftsführerbezügen lastenden Sozialversicherungsbeiträge kein relevantes Unternehmerwagnis zu sehen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen (vgl. beispielsweise die Erkenntnisse vom 25. November 1999, 99/15/0188, und vom 22. September 2000, 2000/15/0075). Welche ins Gewicht fallenden Auslagen der Geschäftsführer ansonsten hätte tragen müssen, führt die Beschwerde nicht bestimmt aus, wobei das ebenfalls nicht weiter konkretisierte Vorbringen betreffend Nutzung des Privatautos für dienstliche Zwecke (Reisekosten) auch dem Neuerungsverbot nach § 41 Abs. 1 VwGG unterliegt. Zur Frage der Vertretungsbefugnis ist schließlich fest zu halten, dass es nicht unüblich ist und einem Dienstverhältnis nicht entgegen steht, wenn sich leitende Angestellte, insbesondere Geschäftsführer, bei bestimmten Verrichtungen vertreten lassen können (vgl. beispielsweise die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. September 2000, 2000/15/0089, und vom 10. Mai 2001, 2001/15/0061). Dass im Beschwerdefall tatsächlich vom Geschäftsführer selbst zu tragende Kosten für seine Vertretung angefallen wären, behauptet im Übrigen auch die Beschwerde nicht.

Da der angefochtene Bescheid somit der Rechtslage entspricht und auch mit keinen wesentlichen Verfahrensmängeln belastet ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. Juni 2001

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