VwGH 2000/15/0089

VwGH2000/15/008922.9.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der G Gesellschaft m.b.H. in U, vertreten durch Dr. Arnold, Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 11. Jänner 2000, RV/1-06/2000, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichsfonds und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum 1. Jänner 1994 bis 31. Dezember 1996 sowie Säumniszuschlag, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1151;
EStG §22 Z2;
EStG §22;
EStG §23;
EStG §25 Abs1 Z1 lita;
EStG §25 Abs1 Z1 litb;
EStG §25;
FamLAG 1967 §41 Abs1;
FamLAG 1967 §41 Abs2 idF 1993/818;
FamLAG 1967 §41 Abs3 idF 1993/818;
GmbHG §15;
GmbHG §18;
GmbHG §27;
ABGB §1151;
EStG §22 Z2;
EStG §22;
EStG §23;
EStG §25 Abs1 Z1 lita;
EStG §25 Abs1 Z1 litb;
EStG §25;
FamLAG 1967 §41 Abs1;
FamLAG 1967 §41 Abs2 idF 1993/818;
FamLAG 1967 §41 Abs3 idF 1993/818;
GmbHG §15;
GmbHG §18;
GmbHG §27;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach einer bei der Beschwerdeführerin durchgeführten Lohnsteuerprüfung wurden vom Finanzamt Dienstgeberbeiträge in Höhe von S 630.655,-- und Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag in Höhe von S 68.145,-- für die Bezüge ihres zu 100 % (nach dem Beschwerdevorbringen zu 90 %) am Stammkapital beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers für den Zeitraum 1. Jänner 1994 bis 31. Dezember 1996 sowie ein Säumniszuschlag in Höhe von S 13.976-- zur Zahlung vorgeschrieben. Dem wurden ausgezahlte Bezüge in Höhe von S 4.729.648,-- (12 mal S 313.118,05 zuzüglich Sonderzahlungen) im Jahr 1994, von S 4.571.898,-- im Jahr 1995 und von S 4.716.004,-- im Jahr 1996 zu Grunde gelegt.

Die Beschwerdeführerin berief gegen den Bescheid mit der Begründung, dass die Merkmale eines Dienstverhältnisses nicht vorlägen. Sie führte zum Unternehmerwagnis aus, dass der Geschäftsführer weder einen Abfertigungsanspruch erworben noch Entgelt für nicht konsumierte Urlaube ausgezahlt erhalten habe. Ein 100 %-iger Gesellschafter-Geschäftsführer könne sich außerdem bei seiner Arbeitsleistung jederzeit vertreten und über die Vertretung uneingeschränkt selbst bestimmen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Der sich aus dem Gesetz ergebende unbeschränkte und unbeschränkbare Umfang der Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers führe zu seiner Eingliederung in den betrieblichen Organismus der Beschwerdeführerin. Die freie Zeiteinteilung sowie das Fehlen eines Urlaubsanspruchs stünden im Zusammenhang mit der auf Grund gesellschaftsrechtlicher Beziehungen fehlenden Weisungsgebundenheit. Sie seien für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses nicht wesentlich, da auch bei Angestellten in leitender Funktion Freiheiten hinsichtlich der Aufgaben-, Arbeits- und Zeiteinteilung üblich seien. Eine Tragung des Unternehmerrisikos durch den Geschäftsführer sei nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht ersichtlich. Die genannten Sachverhaltsfeststellungen über die fixen, monatlich ausbezahlten Bezüge seien von der Beschwerdeführerin nicht bestritten worden. Die Ansprüche auf Abfertigung und Entgelt für nicht konsumierte Urlaube hätten ihre Wurzeln im Arbeitsrecht und seien daher im gegenständlichen Fall nicht von Bedeutung. Die Tragung der Sozialversicherungsbeiträge sei ebenso wenig von Bedeutung, da auch jeder Dienstnehmer die Sozialversicherungsbeiträge selbst zu tragen habe.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde lehnte der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 15. März 2000, B 299/00, ab. Mit Beschluss vom 9. Mai 2000 hat er die Beschwerde nach Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Behandlung abgetreten. Vor dem Verwaltungsgerichtshof behauptet die Beschwerdeführerin eine Verletzung der Rechte auf Freiheit vom Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und vom Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag sowie des Rechtes, nicht mit Säumniszuschlag belastet zu werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 41 Abs. 1 FLAG haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu entrichten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.

Gemäß § 41 Abs. 2 FLAG in der ab 1994 geltenden Fassung BGBl. Nr. 818/1993 sind Dienstnehmer alle Personen, die in einem Dienstverhältnis iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen iSd § 22 Z. 2 EStG 1988.

Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG idF BGBl. Nr. 818/1993 ist der Dienstgeberbeitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen. Arbeitslöhne sind dabei Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art iSd § 22 Z. 2 EStG 1988.

Gemäß § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 gehören zu den Einkünften aus selbstständiger Arbeit die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2) aufweisende Beschäftigung gewährt werden.

Die Regelung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag, der von der in § 41 FLAG festgelegten Bemessungsgrundlage zu erheben ist, findet sich in § 57 Abs. 4 und 5 HKG idF BGBl. Nr. 958/1993 bzw. § 57 Abs. 7 und 8 HKG idF BGBl. Nr. 661/1994.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkennt, ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 und aus dem Zusammenhang mit der Bestimmung des § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. b EStG 1988, dass der Formulierung "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" in § 22 Z. 2 das Verständnis beizulegen ist, dass es auf die Weisungsgebundenheit nicht ankommt, wenn diese wegen der Beteiligung an der Gesellschaft nicht gegeben ist, im Übrigen aber nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Voraussetzungen eines Dienstverhältnisses gegeben sein müssen. Dabei ist die auf Grund des gesellschaftsrechtlichen Verhältnisses fehlende Weisungsgebundenheit hinzuzudenken und dann zu beurteilen, ob die Merkmale der Unselbstständigkeit oder jene der Selbstständigkeit im Vordergrund stehen. Dem Vorliegen bzw. dem Fehlen des Unternehmerwagnisses kommt in diesem Zusammenhang wesentliche Bedeutung zu (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 2000, 98/14/0188). Ein deutlich ins Gewicht fallendes Unternehmerrisiko des an der Kapitalgesellschaft Beteiligten steht Einkünften iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 entgegen. Das Unternehmerrisiko liegt vor, wenn der Steuerpflichtige sowohl die Einnahmen- als auch die Ausgabenseite maßgeblich beeinflussen und damit den materiellen Erfolg seiner Tätigkeit weitgehend selbst gestalten kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1990, 89/13/0131).

Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach ihr Geschäftsführer ein Unternehmerrisiko trage, weil er jedes arbeits- und sozialrechtlichen Schutzes beraubt sei, ist entgegenzuhalten, dass das Unternehmerrisiko in der maßgeblichen Beeinflussbarkeit der betrieblich bedingten Einnahmen und Ausgaben besteht (vgl. das hg Erkenntnis vom 26. Juli 2000, 2000/14/0061).

Die Beschwerdeführerin tritt der Feststellung der belangten Behörde nicht entgegen, dass dem Gesellschafter-Geschäftsführer für seine kontinuierliche Geschäftsführungstätigkeit laufend gleich bleibende monatliche Bezüge ausgezahlt worden sind. Für den Beschwerdefall ist entscheidend, dass die belangte Behörde diese Fixbezüge als wesentlichen Umstand gegen das Vorliegen eines Unternehmerrisikos des Gesellschafter-Geschäftsführers werten durfte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. April 2000, 99/14/0339). Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Bezüge des wesentlich beteiligten Geschäftsführers, der ohne Unternehmerrisiko laufend die Geschäftsführungstätigkeit erbringt, als solche iSd § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 qualifizierte.

Die belangte Behörde ist zutreffend davon ausgegangen, dass eine freie Zeitdisposition des Geschäftsführers im Zusammenhang mit dem aus der gesellschaftsrechtlichen Beziehung resultierenden Fehlen einer Weisungsgebundenheit steht und daher im gegebenen Zusammenhang nicht von entscheidender Bedeutung ist (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis 98/14/0188).

Das Fehlen eines Abfertigungsanspruchs sowie eines Urlaubsersatzanspruchs ist insoweit ebenfalls unbeachtlich, als Einkünfte iSd § 22 Z. 2 EStG 1988 nicht davon abhängen, ob ein Arbeitsverhältnis iSd Arbeitsrechts gegeben ist. Einkünfte können daher auch dann unter diese Bestimmung fallen, wenn sie aus Tätigkeiten resultieren, auf welche arbeitsrechtliche Vorschriften, wie etwa die Abfertigungs- oder die Urlaubsregelung, die arbeitsrechtliche Kündigungsregelung oder die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, keine Anwendung finden (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis 99/14/0339). Die in der Beschwerde angesprochenen Sozialversicherungsbeiträge haben im Übrigen nicht nur Selbstständige zu tragen, sondern (hinsichtlich der Arbeitnehmeranteile) auch "klassische" Dienstnehmern iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988.

Zur Frage der Vertretungsbefugnis ist fest zu halten, dass es nicht unüblich ist und einem Dienstverhältnis nicht entgegen steht, wenn sich leitende Angestellte, insbesondere Geschäftsführer, bei bestimmten Verrichtungen durch einen anderen Angestellten vertreten lassen können (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis 99/14/0339).

Eigenständige Ausführungen zum Säumniszuschlag bringt die Beschwerdeführerin nicht vor.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 22. September 2000

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