Normen
AZG §28 Abs3;
AZG §28 Abs4;
AZG §28;
VStG §44a Z1;
VStG §45 Abs1 Z2;
AZG §28 Abs3;
AZG §28 Abs4;
AZG §28;
VStG §44a Z1;
VStG §45 Abs1 Z2;
Spruch:
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Hinsichtlich der Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 2001, Zlen. 2000/11/0292, 0293, verwiesen. Mit diesem wurden die (zwei) Bescheide der belangten Behörde vom 14. September 2000 - mit denen ein Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 27. Dezember 1999, das die mitbeteiligte Partei wegen Übertretungen von Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr vom 31. Dezember 1985 iVm Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes schuldig erkannt und hiefür bestraft hatte, aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt worden ist - wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Mit den nun angefochtenen (Ersatz-)Bescheiden eines Einzelmitgliedes der belangten Behörde vom 9. April 2001 und einer Kammer der belangten Behörde vom 10. April 2001 wurde erneut der Berufung der mitbeteiligten Partei hinsichtlich des Faktums 2 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses (erstangefochtener Bescheid) und hinsichtlich der Fakten 1 und 3 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses (zweitangefochtener Bescheid) Folge gegeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis wurde erneut behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG eingestellt.
Die belangte Behörde vertrat zur Begründung ihrer Entscheidungen im Wesentlichen (gleichlautend) die Auffassung, sie sei zwar an die Rechtsmeinung des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom 20. Februar 2001, Zlen. 2000/11/0292, 0293, wonach bei Verstößen gegen § 28 Abs. 1a und 1b AZG, die bei Fahrten in Drittländer begangen werden, die Verfolgungsverjährungsfrist abweichend von § 31 Abs. 2 VStG ein Jahr betrage, gebunden. Dennoch sei der Berufung der mitbeteiligten Partei (erneut) Erfolg beschieden, weil der Schuldspruch des Straferkenntnisses erster Instanz nicht den Erfordernissen des § 44a Z. 1 VStG entspreche. Aus § 28 Abs. 4 AZG ergebe sich nämlich als wesentliches Tatbestandsmerkmal, dass die Fahrt "im internationalen Straßenverkehr" begangen sein müsse. Diesen Tatvorwurf enthalte das erstinstanzliche Straferkenntnis nicht und es könne auch nicht saniert werden, weil es erst nach Ablauf der einjährigen Verfolgungsverjährungsfrist erlassen worden sei. Es sei die mitbeteiligte Partei nicht rechtswirksam zum verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG bestellt worden. In seiner Eigenschaft als Bevollmächtigter im Sinn des § 28 AZG sei aber gegen den Mitbeteiligten keine verwaltungsstrafrechtliche Verfolgungshandlung gesetzt worden, sondern er sei mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis als verantwortlicher Beauftragter belangt worden. Wegen nicht ausreichender Tatumschreibung innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist sei somit das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG einzustellen. Im Übrigen hätte aber das Strafverfahren jedenfalls gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 erster Fall VStG eingestellt werden müssen, weil die Verantwortlichkeit eines Bevollmächtigten gemäß § 28 AZG nur zum Tragen komme, wenn der Arbeitgeber verwaltungsstrafrechtlich belangt wurde und nachweisen konnte, dass ihn kein Verschulden trifft, wovon hier nicht ausgegangen werden könne.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, die Bescheide gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragt die Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Was die Frage der rechtzeitigen Verfolgungshandlung auch in Ansehung des Tatbestandselementes "internationaler Straßenverkehr" anlangt, ist die belangte Behörde zunächst auf das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 2001, Zlen. 2000/11/0294 u.a., gemäß § 43 Abs. 2 VwGG zu verweisen, worin der Verwaltungsgerichtshof unter anderem zum Ausdruck gebracht hat, dass diesbezüglich eine rechtzeitige Verfolgungshandlung auch durch Vorhalt der entsprechenden Tachografenscheiben der Fahrten, aus denen sich die Fahrtstrecke ergibt, erfolgen kann. Dass das gegenständliche Straferkenntnis erster Instanz im hier zu beurteilenden Fall erst nach Ablauf des Verfolgungsverjährungsfrist erlassen wurde, hindert die Bestrafung der mitbeteiligten Partei nicht, weil diese schon anlässlich der ersten Verfolgungshandlung, nämlich der Ladung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 27. April 1999 (der mitbeteiligten Partei zugestellt am 4. Mai 1999) anlässlich des Vorhaltes der einzelnen Tathandlungen auch auf die "Tachoscheiben" hingewiesen und zum Ausdruck gebracht wurde, dass die Tatumschreibung auf Grund der Auswertung der Tachoschaublätter erfolge. Diese der Anzeige angeschlossenen Tachografenscheiben enthielten - im einzelnen genannte - Abfahrts- und Zielorte. Damit wurde im Sinne der genannten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und ausgehend von einer Tatbegehung im August 1998 eine rechtzeitige Verfolgungshandlung innerhalb der vom Verwaltungsgerichtshof in seinem Vorerkenntnis genannten Verfolgungsverjährungsfrist von einem Jahr gesetzt.
Was den weiteren von der belangten Behörde angenommenen Mangel des erstinstanzlichen Straferkenntnisses anlangt, nämlich dass darin der mitbeteiligten Partei vorgehalten worden sei, die Taten als verantwortlicher Beauftragter begangen zu haben und nicht als Bevollmächtigter im Sinne des § 28 AZG, ist die belangte Behörde auf das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1996, Zl. 95/11/0087, hinzuweisen, wonach der Umstand, ob der Beschuldigte die Tat in der Eigenschaft als Arbeitgeber, als zur Vertretung nach außen Berufener, als Geschäftsführer, als verantwortlicher Beauftragter oder als Bevollmächtigter zu verantworten hat, nicht Sachverhaltselement der ihm angelasteten Tat ist. Insoweit diesbezüglich dem erstinstanzlichen Straferkenntnis ein Mangel anhaftete, hätte die belangte Behörde ihn beseitigen können und müssen. Der Rechtsauffassung der belangten Behörde, die Verantwortlichkeit des Bevollmächtigten im Sinn des § 28 AZG komme nur zum Tragen, wenn der ebenfalls verwaltungsstrafrechtlich verfolgte Arbeitgeber sich nicht zu entschuldigen vermag und hier, da nicht davon ausgegangen werden könne, dass gegen den Arbeitgeber ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet worden sei, das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 erster Fall VStG hätte eingestellt werden müssen, ist entgegenzuhalten, dass die von der belangten Behörde zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnisse vom 27. September 1988, Zl. 88/08/0088, und vom 19. September 1989, Zl. 88/08/0095) Fälle betroffen hat, in denen der Arbeitgeber belangt wurde. Eine Aussage des Inhaltes, das Strafverfahren gegen einen Bevollmächtigten sei einzustellen, wenn nicht auch ein Strafverfahren gegen dessen Arbeitgeber eingleitet worden sei, findet sich in den genannten Erkenntnissen nicht.
Da somit die mit den angefochtenen Bescheiden ausgesprochene Aufhebung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses und die Verfügung der Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens auf einer unzutreffenden Rechtsauffassung der belangten
Behörde beruhten, waren die angefochtenen Bescheide gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.
Wien, am 20. September 2001
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