VwGH 2001/11/0130

VwGH2001/11/013020.9.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des W in L, vertreten durch Dr. Irene Pfeifer, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Riemergasse 10, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 3. Februar 2000, Zl. RU6-St-T-0001, betreffend Zurückweisung einer Vorstellung in einer Angelegenheit des Führerscheingesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

ZustG §17 Abs1;
ZustG §17 Abs3;
ZustG §17 Abs1;
ZustG §17 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Mandatsbescheid vom 13. September 1999 entzog die Bezirkshauptmannschaft Krems dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für 16 Monate, gerechnet ab Zustellung dieses Bescheides. Nach den Angaben auf dem im Verwaltungsakt erliegenden Rückschein erfolgte am 22. September 1999 ein erster Zustellversuch an der Adresse des Beschwerdeführers in S, das Einlegen der Ankündigung eines zweiten Zustellversuchs in den Briefeinwurf, ein zweiter Zustellversuch am 23. September 1999, das Einlegen einer Verständigung über die Hinterlegung in den Briefeinwurf sowie die Hinterlegung beim Zustellpostamt 3553. Als Beginn der Abholfrist ist auf dem Rückschein der 23. September 1999 angegeben.

Am 25. Oktober 1999 überreichte der Beschwerdeführer persönlich eine Vorstellung gegen den Mandatsbescheid. Wörtlich wird darin ausgeführt: "Da ich beruflich in Deutschland unterwegs war, konnte ich den Brief nicht früher abholen."

Laut einer im Verwaltungsakt erliegenden Auskunft des Postamtes 3553 S vom 28. Oktober 1999 habe der Beschwerdeführer dem Postamt eine Abwesenheit vom 21. September 1999 bis zum 5. Oktober 1999 nicht bekannt gegeben.

Laut einem Aktenvermerk vom 9. November 1999 teilte der Beschwerdeführer im Zuge einer Vorsprache mit, dass er zwischen 21. September 1999 und 5. Oktober 1999 keine Möglichkeit gehabt hätte, den angefochtenen Bescheid zu beheben, weil er immer spät abends nach Hause gekommen und sehr zeitig in der Früh des nächsten Tages wieder fortgefahren sei. In einer weiteren schriftlichen Stellungnahme vom 16. November 1999 führte der Beschwerdeführer aus: "Den Bescheid vom 13.09.1999 konnte ich auch nicht früher holen, da ich zu den Öffnungszeiten der Post nicht ortsanwesend war."

Die Bezirkshauptmannschaft Krems wies die Vorstellung des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 17. Dezember 1999 gemäß § 57 Abs. 2 AVG als verspätet eingebracht zurück. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe in seiner Vorstellung lediglich ausgeführt, er habe den "Brief" nicht früher abholen können, weil er beruflich in Deutschland unterwegs gewesen sei. Das Postamt S habe mit Schreiben vom 28. Oktober 1999 mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer seine Abwesenheit für den Zeitraum 21. September 1999 bis 5. Oktober 1999 dort nicht bekannt gegeben habe. Im Zuge einer mündlichen Vorsprache am 9. November 1999 habe der Beschwerdeführer mitgeteilt, dass er zwischen dem 21. September 1999 und dem 5. Oktober 1999 keine Möglichkeit gehabt habe, den Bescheid zu beheben, weil er immer spät abends nach Hause gekommen und sehr zeitig in der Früh des nächsten Tages wieder fortgefahren sei. Aus der Sicht der Behörde sei eine berufliche Abwesenheit von der Wohnung während des Tages, auch wenn sie von 5.00 Uhr bis 20.00 Uhr dauere, keine vorübergehende Abwesenheit. Der Zustellvorgang sei sohin ordnungsgemäß durchgeführt. Die tägliche berufliche Abwesenheit habe nicht die rechtswirksame Hinterlegung des Schriftstückes gehindert. Die erst am 25. Oktober 1999 persönlich eingebrachte Vorstellung sei sohin als verspätet zurückzuweisen.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, er sei nicht nur "von der Wohnung abwesend" gewesen, sondern auch "von der Republik Österreich abwesend". Der Postzusteller sei von der ehemaligen Ehefrau des Beschwerdeführers darauf aufmerksam gemacht worden, dass dieser im Ausland sei und habe ihn gefragt, "was man da machen könnte", die Antwort sei jedoch gewesen, dass er zu warten hätte, bis der Brief zurückgehe.

Der Landeshauptmann von Niederösterreich wies die Berufung mit Bescheid vom 3. Februar 2000 gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. In der Begründung führte der Landeshauptmann von Niederösterreich nach Wiedergabe der Berufung, der einschlägigen Rechtslage sowie der Angaben auf dem Rückschein aus, aus dem am 9. November 1999 von der Erstbehörde aufgenommenen Aktenvermerk gehe hervor, dass der Beschwerdeführer in der Zeit zwischen dem 21. September 1999 und dem 5. Oktober 1999 immer spät abends nach Hause gekommen und sehr zeitig in der Früh des nächsten Tages wieder fortgefahren sei, "demnach hatte der Zusteller durchaus Grund zur Annahme". Ein von einem Postbediensteten ordnungsgemäß ausgestellter Rückschein über die Zustellung eines Poststücks durch Hinterlegung mache als öffentliche Urkunde Beweis über die Rechtswirksamkeit der Zustellung. Es sei Sache des Empfängers Umstände vorzubringen, die geeignet seien, Gegenteiliges zu beweisen oder zumindest berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zustellvorgangs aufkommen zu lassen. Die sterotyp wiederholte, aber weder zeitlich konkretisierte noch in irgendeiner Weise "berechtigte" Behauptung, ortsabwesend gewesen zu sein, genüge hiefür nicht. In seiner Vorstellung habe der Beschwerdeführer die Unwirksamkeit der Zustellung des Mandatsbescheides mit einer beruflichen Tätigkeit in Deutschland, in seiner Eingabe vom 16. November 1999 damit begründet, dass er zu den Öffnungszeiten der Post nicht ortsanwesend gewesen sei, in seiner Berufung habe er dies schließlich mit der Tatsache, von der Republik Österreich abwesend gewesen zu sein, begründet, ohne jeweils über die von ihm behauptete Ortsabwesenheit konkrete Angaben gemacht zu haben. Es liege aber in der Natur der Sache, dass Angaben darüber, wo sich eine Person während eines bestimmten Zeitraumes befunden habe, in erster Linie von dieser selbst gemacht werden können. Der Beschwerdeführer habe sich jedoch sowohl im erstinstanzlichen Verfahren als auch im Berufungsverfahren darauf beschränkt, seine Ortsabwesenheit in diesem Zeitraum bloß zu behaupten, ohne konkrete Angaben über Zeitraum und Grund der Abwesenheit zu machen. Für die Berufungsbehörde bestünden daher keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zustellvorgangs. Auf Grund dessen sehe sie sich auch nicht veranlasst, von Amts wegen Nachforschungen darüber anzustellen, ob der Beschwerdeführer in jenem Zeitraum, in dem der Mandatsbescheid beim zuständigen Postamt hinterlegt war, nicht ortsabwesend gewesen sein könnte. Die zweiwöchige Rechtsmittelfrist habe am 23. September 1999 zu laufen begonnen. Die Vorstellung hätte demnach bis spätestens 7. Oktober 1999 zur Post gegeben werden müssen. Die erst am 25. Oktober 1999 eingelangte, wenngleich mit 20. Oktober 1999 datierte, Vorstellung sei somit verspätet eingebracht worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 17 Abs. 1 des Zustellgesetzes ist dann, wenn eine Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinn des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, das Schriftstück im Fall der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt zu hinterlegen. Gemäß § 17 Abs. 3 des Zustellgesetzes ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereit zu halten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten jedoch nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinn des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte. Allerdings wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

Die belangte Behörde hat sich wie bereits die Erstbehörde auf den am 9. November 1999 von dieser aufgenommenen Aktenvermerk gestützt, aus dem hervorgehe, dass der Beschwerdeführer in der Zeit zwischen dem 21. September 1999 und dem 5. Oktober 1999 immer spät abends nach Hause gekommen und sehr zeitig in der Früh des nächsten Tages wieder fortgefahren sei. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die Richtigkeit des Inhalts des bereits mehrfach erwähnten Aktenvermerks vom 9. November 1999. Der Beschwerdeführer geht in seiner Beschwerde auf diesen von der belangten Behörde ihrer Sachverhaltsfeststellung zu Grunde gelegten Aktenvermerk überhaupt nicht ein. Er bringt, wie schon im Verwaltungsverfahren, nur undeutlich vor, da er sich "zum Zeitpunkt der Zustellversuche" bedingt durch seine berufliche Tätigkeit im Ausland befunden habe, "hätte er nicht anwesend sein können". Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Es ist im Beschwerdefall zunächst unbestritten, dass der Zusteller im Sinn des § 17 Abs. 1 des Zustellgesetzes davon ausgehen durfte, dass sich der Beschwerdeführer regelmäßig an der Abgabestelle aufhält. Die Vornahme einer Hinterlegung durch den Zusteller war demnach zulässig. Eine vorübergehende Abwesenheit, welche die Anwendung des letzten Satzes des § 17 Abs. 3 des Zustellgesetzes nach sich ziehen würde, liegt aber nur dann vor, wenn der Empfänger dadurch gehindert ist, Zustellvorgänge im Bereich des Zustellortes wahrzunehmen, wie z.B. im Fall einer Reise, eines Urlaubes oder eines Krankenhausaufenthaltes. Die "berufliche" Abwesenheit von der Wohnung während des Tages ist keine vorübergehende Abwesenheit (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 16. Februar 1994, Zl. 93/03/0128, sowie vom 20. Juni 1994, Zl. 94/10/0022; jeweils mwN). Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kommt es daher nicht darauf an, ob er sich zum genauen Zeitpunkt (Uhrzeit) der Zustellversuche im Ausland aufgehalten hat. Mangels sachverhaltsbezogener Bestreitung des Inhaltes des auf seinen eigenen Angaben beruhenden Aktenvermerks vom 9. November 1999 gelingt es dem Beschwerdeführer aber nicht aufzuzeigen, dass in den Tagen ab 21. September 1999 eine vorübergehende Abwesenheit im Sinne der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorgelegen ist. Es kann daher auch nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde die Zustellung mit dem Zeitpunkt des Beginns der Abholfrist, dem 23. September 1999, und damit das Ende der Rechtsmittelfrist mit 7. Oktober 1999 angenommen hat. Die unbestritten erst danach eingebrachte Vorstellung erweist sich vor diesem Hintergrund als verspätet.

Soweit der Beschwerdeführer mangelnde Manuduktion durch die Behörde nach § 13a AVG rügt, ist ihm entgegen zu halten, dass die Behörde nach dieser Bestimmung nicht gehalten ist, den Parteien Unterweisungen zu erteilen, wie sie ihr Vorbringen zu gestalten haben, um einen von ihnen angestrebten Erfolg zu erreichen (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), E 10 zu § 13a AVG angegebene hg. Rechtsprechung).

Da sich auf Grund der verspäteten Erhebung der Vorstellung die Zurückweisung derselben durch die belangte Behörde nicht als rechtswidrig erweist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 20. September 2001

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte