Normen
FSG 1997 §24 Abs1 Z1;
FSG 1997 §25 Abs1;
FSG 1997 §25 Abs3;
FSG 1997 §7 Abs1;
FSG 1997 §7 Abs3 Z3;
FSG 1997 §7 Abs5;
StGB §81 Z1;
FSG 1997 §24 Abs1 Z1;
FSG 1997 §25 Abs1;
FSG 1997 §25 Abs3;
FSG 1997 §7 Abs1;
FSG 1997 §7 Abs3 Z3;
FSG 1997 §7 Abs5;
StGB §81 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 31. Juli 1998 entzog die Bezirkshauptmannschaft Voitsberg gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1, § 7 Abs. 1 und Abs. 3 Z. 3, § 25 Abs. 3 und § 35 Abs. 1 des Führerscheingesetzes (FSG) dem Beschwerdeführer die Erlaubnis zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B auf die Dauer von fünf Jahren gerechnet vom 19. Dezember 1997, dem Tag der Zustellung des Mandatsbescheides, bis einschließlich 19. Dezember 2002. Begründend wurde nach Wiedergabe der erwähnten Rechtsvorschriften ausgeführt, der Beschwerdeführer sei mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 26. Februar 1998 wegen fahrlässiger Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen gemäß § 81 Z. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten bedingt auf drei Jahre sowie einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen a S 80,-- verurteilt worden, weil er fahrlässig den Tod einer Person unter besonders gefährlichen Verhältnissen herbeigeführt habe, indem er am 11. Dezember 1997 in Voitsberg als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws dadurch, dass er auf der G Straße, "die im Bereich der Unfallstelle mit 50 km/h (Ortsgebiet) beschränkt" sei, mit einer Geschwindigkeit von ca. 110 bis 125 km/h, somit mit extrem überhöhter Geschwindigkeit gefahren sei, wobei er lediglich das Abblendlicht eingeschaltet hätte und sein Sichtbereich auf lediglich ca. 40 m eingeschränkt gewesen sei, wodurch er auf Höhe des Hauses Nr. 61 die diesen Fahrstreifen überquerende M. zu spät bemerkt und sie niedergestoßen habe. Dem Beschwerdeführer sei am 12. September 1997 die Lenkberechtigung für die Klasse B auf Probe bis 12. September 1999 erteilt worden. Bereits am 29. September 1997 habe er als Lenker eines Pkw in Bärnbach einen Verkehrsunfall mit Personenschaden verursacht, indem er einen vor ihm abbiegenden Radfahrer erfasste, wodurch dieser zu Sturz kam. Am 16. November 1997 habe der Beschwerdeführer um 17.00 Uhr einen Pkw auf der K Gasse in Voitsberg gelenkt und mit diesem einen Plastikkübel und einen Holzmast der Straßenbeleuchtung beschädigt, wobei er sein Fahrzeug nicht sofort angehalten habe, nicht an der Feststellung des Sachverhaltes mitgewirkt und nicht die nächste Gendarmeriedienststelle verständigt habe. Dieses Verhalten lasse befürchten, dass der Beschwerdeführer auch in Hinkunft als Lenker von Kraftfahrzeugen eine Gefahr für die öffentliche Verkehrssicherheit darstelle. Die wiederholten gravierenden "Verkehrsanfälligkeiten" in der Probezeit, insbesondere die durch nichts zu rechtfertigende Raserei am 11. Dezember 1997 und eine neuerliche Begehung von schweren Verkehrsvergehen nach diesem Unfall am 12. April 1998, als der Beschwerdeführer laut einer Anzeige des Gendarmeriepostenkommandos in S. innerhalb einer 30 km-Zone vor einer Diskothek in Bärndorf mit einer Geschwindigkeit von 65 km/h mit seinem Moped unterwegs gewesen sei, ließen den Schluss zu, dass der Beschwerdeführer die Verkehrszuverlässigkeit für einen Zeitraum von fünf Jahren nicht besitze.
Die dagegen erhobene Berufung, in der der Beschwerdeführer im Wesentlichen vorbrachte, zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalls im Dezember 1997 sei die Sicht nicht auf 40 m eingeschränkt gewesen, die Straße sei vielmehr durch Peitschenleuchten ausreichend erleuchtet gewesen, wurde vom Landeshauptmann von Steiermark mit Bescheid vom 2. November 1998 gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens, insbesondere des Inhaltes des erstinstanzlichen Bescheides sowie der Berufung, führte der Landeshauptmann von Steiermark aus, bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit, bei deren Begriffsauslegung ein strenger Maßstab anzulegen sei, gehe es um die Frage, wie sich eine Person voraussichtlich im Straßenverkehr verhalten werde, wobei die Behörde aus dem bisherigen Verhalten des zu Beurteilenden die entsprechenden Schlüsse zu ziehen habe. Da es sich bei der Verkehrszuverlässigkeit um einen charakterlichen Wertbegriff handle, sei die charakterliche Veranlassung des Betreffenden einer Prüfung und Beurteilung bzw. einer Wertung zu unterziehen. Für die Wertung der erwiesenen bestimmten Tatsachen im Sinne des § 7 Abs. 5 FSG sei auszuführen, dass dem Beschwerdeführer am 12. September 1997 die Lenkberechtigung für die Klasse B auf Probe erteilt worden sei und er bereits am 29. September 1997 den ersten Verkehrsunfall mit Personenschaden verschuldet habe. Am 16. November 1997 habe er einen weiteren Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht, einen Monat später sei es zum gegenständlichen Vorfall gekommen, bei dem er fahrlässig den Tod einer Person unter besonders gefährlichen Verhältnissen herbeigeführt habe. Dieses Verhalten des Beschwerdeführers, nämlich das wiederholte Missachten von Verkehrsvorschriften, welches letztendlich schwere Folgen nach sich gezogen habe, sei nach Auffassung der Berufungsbehörde als überaus schwer wiegend und besonders verwerflich anzusehen. Schließe man von diesen vorliegenden erwiesenen bestimmten Tatsachen auf die charakterliche Einstellung des Berufungswerbers bezüglich seines zukünftigen Verhaltens, müsse unbedingt und ohne Zweifel angenommen werden, dass er auf Grund seiner zum Ausdruck gebrachten Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen auch in Hinkunft die Verkehrssicherheit durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr gefährden werde. Die von der Erstbehörde verfügte Entziehungszeit finde die Berufungsbehörde gerechtfertigt und angemessen. Der Berufung habe daher der Erfolg versagt werden müssen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet verlangt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Die maßgeblichen Bestimmungen des FSG lauten (auszugsweise):
"§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:
...
2. verkehrszuverlässig sind (§ 7),
...
§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 5) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr, Trunkenheit oder einen durch Suchtgift oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand.
...
(3) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:
...
3. Als Lenker eines Kraftfahrzeuges durch Übertretung von Verkehrsvorschriften ein Verhalten setzt, das an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen hat; als Verhalten, das geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, gelten insbesondere erhebliche Überschreitungen der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit vor Schulen, Kindergärten und vergleichbaren Einrichtungen sowie auf Schutzwegen oder Radfahrerüberfahrten, das Übertreten von Überholverboten bei besonders schlechten oder bei weitem nicht ausreichenden Sichtverhältnissen oder das Fahren gegen die Fahrtrichtung auf Autobahnen;
...
(5) Für die Wertung der in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.
...
§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit
1. die Lenkberechtigung zu entziehen
...
§ 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.
...
(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.
... ."
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die - mit der Aktenlage übereinstimmenden - Feststellungen der belangten Behörde zur gerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers sowie zu seinen verwaltungsbehördlichen Bestrafungen. Der Verwaltungsgerichtshof legt diese Feststellungen seiner rechtlichen Beurteilung zu Grunde.
Zunächst ist festzuhalten, dass auf Grund der Bindung an das rechtskräftige strafgerichtliche Urteil die belangte Behörde - entgegen dem Beschwerdevorbringen - davon auszugehen hatte, dass der Beschwerdeführer die ihm angelastete Straftat in der im Spruch des Urteiles umschriebenen Weise begangen hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 29. September 1999, Zl. 99/11/0276, und vom 9. November 1999, Zl. 98/11/0257). Vor diesem Hintergrund erweist sich die Subsumtion des Verhaltens des Beschwerdeführers am 11. Dezember 1997, welches zu einem Verkehrsunfall mit tödlichem Ausgang führte, unter § 7 Abs. 3 Z. 3 FSG und damit die Annahme des Vorliegens einer bestimmten Tatsache im Sinn des § 7 Abs. 1 FSG als unbedenklich.
Die belangte Behörde hat in ihre Wertung der bestimmten Tatsache im Sinn des § 7 Abs. 1 FSG zu Recht die außerordentliche Geschwindigkeitsüberschreitung im Ortsgebiet bei schlechten Sichtverhältnissen einfließen lassen. Da fast während der gesamten Dauer der seit der Tat verstrichenen Zeit das Entziehungsverfahren anhängig war, kam dem Verhalten des Beschwerdeführers seit der Tat jedenfalls nicht zu seinen Gunsten Bedeutung zu. Wie der Beschwerdeführer nunmehr selbst einräumt, ist auch die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer werde wegen seiner Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden, weshalb er als nicht verkehrszuverlässig im Sinne des § 7 Abs. 1 FSG anzusehen sei, unbedenklich.
Auf der Grundlage der von der Behörde getroffenen Feststellungen erweist sich allerdings, und hierin ist der Beschwerdeführer im Recht, eine Entziehung der Lenkberechtigung für die Dauer von fünf Jahren als bei weitem überhöht. Aus einer im Verwaltungsakt erliegenden Strafregisterauskunft ergibt sich, dass der Beschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten war. Ungeachtet des Umstandes, dass der Beschwerdeführer kurz vor dem in Rede stehenden schweren Verkehrsunfall wegen massiv überhöhter Geschwindigkeit, und zwar bereits unmittelbar nach Erteilung der Lenkberechtigung einen Verkehrsunfall mit Personenschaden zu verantworten hatte, hätte die belangte Behörde mit einer erheblich kürzeren Entziehungszeit als fünf Jahre das Auslangen finden müssen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 15. Jänner 1991, Zl. 90/11/0175, zu einem Fall außerordentlicher Geschwindigkeitsüberschreitung unter Alkoholeinfluss im Ortsgebiet bei Dunkelheit). Nicht zuletzt ist die belangte Behörde mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darauf hinzuweisen, dass es im gegebenen Zusammenhang auf das Ausmaß der Unfallsfolgen nicht ankommt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1998, Zl. 97/11/0217).
Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 20. Februar 2001
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