VwGH 99/11/0276

VwGH99/11/027629.9.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des JS in St. Kanzian, vertreten durch Dr. Franz Grauf und Dr. Bojan Vigele, Rechtsanwälte in Völkermarkt, Hans-Wiegele-Straße 3, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 12. Juli 1999, Zl. 8 B-KFE-112/1/1999, betreffend vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

KFG 1967 §66 Abs2 litf idF 1994/654;
KFG 1967 §66 Abs2 litf idF 1994/654;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A, B und F vorübergehend für die Dauer von sechs Monaten (gerechnet ab der am 5. Dezember 1996 erfolgten Zustellung des erstinstanzlichen Mandatsbescheides) entzogen.

Diesem Bescheid lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 9. Juni 1997 schuldig erkannt worden war, am 15. November 1996 als Lenker eines Pkws auf einer näher bezeichneten Straßenstelle im Ortsgebiet von U. durch Außerachtlassen der im Straßenverkehr erforderlichen Vorsicht und Aufmerksamkeit, insbesondere dadurch, dass er das Fahrzeug in alkoholisiertem, wenn auch 0,8 %o Blutalkoholgehalt nicht erreichenden Zustand mit weit überhöhter Geschwindigkeit sowie kurvenschneidend gelenkt habe und gegen einen anderen Pkw gestoßen sei, unter besonders gefährlichen Verhältnissen eine näher bezeichnete Person schwer und zwei Personen leicht verletzt zu haben. Über ihn wurde deshalb wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1, 3 und 4 (zweiter Deliktsfall) StGB eine Geldstrafe verhängt.

Die belangte Behörde vertrat dazu die Auffassung, aufgrund dieses Urteiles stehe fest, dass der Beschwerdeführer bei dem Vorfall vom 15. November 1996 durch Außerachtlassung maßgebender Verkehrsvorschriften ein Verhalten gesetzt habe, das besonders gefährliche Verhältnisse herbeigeführt habe. Im Hinblick auf die Bindung an dieses Urteil sei es ihr verwehrt, den Sachverhalt neuerlich zu überprüfen. Es liege damit eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. f KFG 1967 vor, die die Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers indiziere. Die Wertung dieser bestimmten Tatsache führe unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Beschwerdeführer eine Vorstrafe wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung aus dem Jahr 1993 aufweise, zu dem Ergebnis, dass der Beschwerdeführer für die Dauer von sechs Monaten als verkehrsunzuverlässig anzusehen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Die Beschwerde richtet sich gegen die Annahme der belangten Behörde, es liege eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. f KFG 1967 vor. Der Beschwerdeführer vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, die belangte Behörde hätte ohne Bindung an das rechtskräftige Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 9. Juni 1997 selbstständig beurteilen müssen, ob besonders gefährliche Verhältnisse vorgelegen seien. Das ihm anzulastende Befahren einer Fahrbahn im Ortsgebiet mit einer Geschwindigkeit von 79 km/h schaffe noch keine besonders gefährliche Verkehrssituation. Das ihm gleichfalls anzulastende "Kurven schneiden" habe im konkreten Fall die Gefahr nicht erhöht, sondern vermindert, weil die Unfallgegnerin unter Missachtung des Vorranges nach links abgebogen sei.

Gemäß § 66 Abs. 2 lit. f KFG 1967 (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der 17. KFG-Novelle) hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn jemand als Lenker eines Kraftfahrzeuges durch Übertretung der maßgebenden Verkehrsvorschriften ein Verhalten setzt, das an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen hat; als Verhalten, das geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, gelten insbesondere erhebliche Überschreitungen der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit vor Schulen, Kindergärten u. dgl., auf Schutzwegen oder das Übertreten von Überholverboten bei besonders schlechten oder bei weitem nicht ausreichenden Sichtverhältnissen.

Während es nach der vor der genannten Novelle geltenden Fassung darauf ankam, dass "unter besonders gefährlichen Verhältnissen" gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen wurde, genügt es nach der oben wiedergegebenen Fassung, dass durch Übertretung der maßgebenden Verkehrsvorschriften ein Verhalten gesetzt wird, das an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, wobei bestimmte Beispiele dafür genannt werden. Der Grund dafür, auch ein Verhalten, das (bloß) geeignet ist, gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, als bestimmte Tatsache im Sinne der genannten Gesetzesstelle gelten zu lassen, lag darin, dass man auch Fälle, in denen gefährliche Verhältnisse im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 66 Abs. 2 lit. f KFG 1967 nicht gegeben waren, erfassen wollte (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1996, Zl. 95/11/0290, mwN).

Soweit sich die Beschwerdeausführungen auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 66 Abs. 2 lit. f KFG 1967 in der Fassung vor der 17. KFG-Novelle stützen, gehen sie im Hinblick auf die Änderung der Rechtslage ins Leere.

Aufgrund der Bindung an das rechtskräftige Strafurteil hatte die belangte Behörde davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer die ihm angelastete Straftat in der im Spruch des Urteiles umschriebenen Weise begangen hat. In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob der im § 81 Z. 1 StGB verwendete Begriff "besonders gefährliche Verhältnisse" identisch ist mit dem im § 66 Abs. 2 lit. f KFG 1967 verwendeten und daher schon deshalb die Eignung des Verhaltens, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, aufgrund der rechtskräftigen Bestrafung angenommen werden müsste. Denn selbst wenn diese gleich lautenden Formulierungen verschiedene Begriffsinhalte haben sollten, gelangte man zu dem Ergebnis, dass das im Spruch des Strafurteiles umschriebene konkrete Verhalten des Beschwerdeführers, nämlich die erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung im Ortsgebiet (eine Geschwindigkeit von 79 km/h wird vom Beschwerdeführer zugestanden) in Verbindung mit der Fahrweise des Beschwerdeführers ("Kurven schneiden") jedenfalls im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. f KFG 1967 geeignet gewesen ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen. Inwieweit das "Kurven schneiden" für das Ausmaß der Unfallsfolgen kausal gewesen ist, ist im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers nach dem oben Gesagten unerheblich. Der belangten Behörde kann daher nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie vom Vorliegen einer bestimmten Tatsache gemäß § 66 Abs. 2 lit. f KFG 1967 ausgegangen ist.

Gegen die von der belangten Behörde im Grunde des § 66 Abs. 3 KFG 1967 vorgenommene Wertung der bestimmten Tatsache und die darauf gegründete Auffassung, der Beschwerdeführer sei für die Zeit von sechs Monaten ab Zustellung des Mandatsbescheides verkehrsunzuverlässig gewesen, bringt der Beschwerdeführer nichts Konkretes vor. Der Verwaltungsgerichtshof vermag in diesem Zusammenhang eine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers nicht zu erkennen.

Da nach dem Gesagten bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 29. September 1999

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